NPD gegen "Kapitalismus" ?

Antifa Westhavelland 17.03.2009 17:57 Themen: Antifa Antirassismus
[Erstveröffentlichung](Neo)nazis verteilten "Havelland Stimme" in Rathenow und Premnitz (Landkreis Havelland/Brandenburg) / Regionale NPD positioniert sich zum "Kapitalismus"
Im westlichen Havelland scheint die Welt für die (neo)nazistische NPD zumindest in Bezug auf die Aktionsfähigkeit sowie der inneren Harmonie noch in Ordnung zu sein. Weder das Damoklesschwert der Insolvenz noch die parteiinternen Flügelkämpfe scheinen dem lokalen Apparat so sonderlich zuzusetzen. Sogar die unberechenbaren und oftmals gegenüber der NPD aufmüpfigen so genannten „Freien Kräfte“ sind hier noch freimütig bestrebt diszipliniert ihren "Fron(t)dienst" für die Partei zu leisten.

In Rathenow verteilten so am Samstag, den 14. März 2009, beispielsweise fünf (Neo)nazis, die der im Jahr 2005 verbotenen Kameradschaft „Sturm 27“ bzw. ihrem Umfeld angehörten, flächendeckend das lokale NPD Organ „Havelland Stimme“. Herausragend dabei „Sturm 27“ – Führer Benjamin Kuhirt und sein Kamerad Marian Schneider, der inzwischen seinen Familiennamen seiner Gesinnung angepasst hat und nunmehr Marian Braun heißt.

Entsprechender Inhalt findet sich so auch in der "Havelland Stimme" wieder, in denen im Hintergrund der aktuellen „Finanzkrise“ (gemeint ist hier allerdings nicht die drohende Zahlungsunfähigkeit der NPD) einmal mehr gegen die „allseits propagierte Globalisierung“ und den „Turbokapitalismus“ zu Felde gezogen wird und als Alternative zur Ohnmacht gegenüber dem multinationalen Liberalismus ein „nationales Wirtschaftsmodell“ propagiert wird.

Allerdings wird bei näherem Hinblick auch erkennbar, dass die NPD, bei einer eventuellen Betrauung mit politischer Verantwortung, lediglich versuchen wird den internationalen Kapitalismus zu nationalisieren und nicht etwa grundlegend zu verändern. Klassenkampf und die Enteignung des Privateigentums an Produktionsmitteln hat die Partei nämlich trotz der offensichtlichen Verwendung von marxistischem Vokabular nicht im Sinn, da eine solche Linie mit der von ihr idealisierten Volksgemeinschaft inkompatibel ist.

In diesem Sinne projiziert die NPD hier lediglich die rassistischen Grundgedanken des Parteiprogramms in die Ökonomie, um eine in jeglicher Hinsicht „rassereine“ Volkswirtschaft zu erhalten.

Weitere Exemplare der "Havelland Stimme" wurden bereits am Sonntag, dem 1. März 2009, in der Rathenower Nachbarstadt Premnitz durch Mitglieder der so genannten „Nationalen Sozialisten Premnitz“ verteilt, die ebenso der regionalen NPD hörig sind. Ihre Fügung gegenüber dem lokalen Parteiapparat bietet den noch recht jungen Kameraden, den Anschluss ans bundesweite Milieu sowie Schutz bei heiklen Kampagnen.

Unlängst veröffentlichte so eine Suborganisation der "Nationalen Sozialisten Premnitz" eine so genannte "Anti Antifa Seite", die mit den hierfür gewählten Titel "Redwatch" bewusst an das britische Vorbild anknüpft um in der Region eine Drohkulisse gegen die Betroffenen zu erzeugen. Hier offenbart sich die eigentliche Intension des lokalen Milieus, jenseits der vorgegaukelten Politikfähigkeit.

Doch nicht nur beim kameradschaftlichen Fußvolk sind solche Tendenzen en vogue. Die parlamentarische Deputation der NPD im havelländischen Kreistag, allen voran der aktuelle Vorsitzende des NPD Stadtverband Rathenow, Dieter Brose, versucht ebenfalls Druck auf die lokalen Antagonisten des regionalen (Neo)nazimilieus auszuüben und durch als "Anfragen" getarnte Verbalaggressionen insbesondere Mitglieder des anti(rechts)extremistischen Aktionsbündnisses "Rathenow zeigt Flagge" einzuschüchtern.

Von konkreten Konzepten gegen die allgegenwärtige Finanzkrise ist jedoch vom "staatlich geprüften Betriebswirt" und "Wirtschaftsberater" Dieter Brose hier weit und breit nichts zu spüren. Im Gegenteil, den permanenten Aggressionen gegen den politischen Gegner schlossen sich bisher nur Attacken gegen die im Landkreis Havelland untergebrachten Flüchtlinge aus dem Trikont an. Ihnen wird jeder Cent an Unterstützung streitig gemacht und ihre Anwesenheit zwischen den Zeilen als parasitär diffamiert. Auch dies ist ein Beispiel dafür, wie die NPD "Antikapitalismus" tatsächlich interpretiert.

Verbrecherischer tritt nur noch der pressrechtlich Verantwortliche der "Havelland Stimme", Michel Müller, in Erscheinung. Der Vorsitzende des NPD Kreisverband Havel - Nuthe ist so u.a. wegen Beihilfe zum versuchten Mord vorbestraft, weil er und weitere (Neo)nazis in Rathenow pakistanische Flüchtlinge gejagt und im Anschluss halb Tod geprügelt hatten.
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Ergänzungen

Studie

Fruls 17.03.2009 - 20:25
Dominierendes Thema heute in der Presse ist eine Studie, laut der Faschismus unter Jugendlichen in Deutschland weit verbreitet ist.
Beispielhafter Artikel:
 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,613844,00.html

Leseempfehlung

random woman 18.03.2009 - 10:13
eine ausführliche Auseinandersetzung gibts zu Antikapitalismus von Rechts von der Marburger "antifa gruppe 5" auf  http://www.ag5.antifa.net unter "theorie zur praxis"

antikapitalismus von rechts...

radio corax 18.03.2009 - 14:09
Längst ist Globalisierungskritik nicht mehr nur eine Domäne der Linken. NPD und Neonazis treten immer offensiver mit ihrer nationalistischen Variante von Globalisierungskritik auf, manchmal so geschickt verpackt, dass sie auf den ersten Blick nur schwer unterscheidbar ist von linker Globalisierungskritik. Christina Kaindl ist Psychologin, Lehrbeauftragte an der FH Stendal und Redakteurin der Zeitschrift „Das Argument“ und ausgewiesene Expertin auf diesem Gebiet-und: Judith sprach mit ihr...

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Genauso gegen Kapitalismus wie Hitler

Kstedt 18.03.2009 - 01:35
Nur Floskeln zum Dummenfang und sich ansonsten von diversen Banken und Konzernen, sowie reaktionären Politikern aufbauen lassen um den Kapitalismus zu retten. Man sollte die Naziparolen hinterfragen und denen nicht jeden scheiss abkaufen.

Copyright auf "Kapitalismuskritik"

Frank 18.03.2009 - 07:49
Ein Bild des Jammers: Da streiten Rinke und Lechte um die Autentizität des Labels Antikapitalistisch; dass bspw. zwischen Lafontaine und der NPD ein ververkürzte Kapitalismuskritik die politische Brücke ist, desgleichen verhält es sich mit attac, ist kein Wort wert; Antikapitalismus von Rechts muss ernst genommen werden: In den 1890er verlautbarte, die Lösung der Judenfrage ist die Lösung der sozialen Frage. Der Jude als Repräsentant der Moderne, des Zinses, der Kaufhäuser - mithin einiges, was im Kapitalismus vorhanden ist. Deshalb: Statt eines immer hohleren und idiotischeren Streits um das Prädikat Antikapitalismus die notwendige Auseinandersetzung mit antisemitischen Stereotype und Codes innerhalb einer vulgären Kapitalismuskritik.

Frank geh zurück auf dein PI-Forum

fdsgfh 18.03.2009 - 09:52
Dieses "Linke und Nazis sind dieselben"- und "Antikapitalismus ist böse"-Gelaber von CDU-Heinis ist nun wirklich nicht mehr originell.

seid wann

ist 18.03.2009 - 11:51
die npd gegen kapitalismus.das ist ein wiederspruch an sich.

übertrieben

abc 18.03.2009 - 15:16
zum thema die npd seie finanziell nicht angeschlagen. aus deinem bericht ist zu erkennen dass militante rechte flugblätter verteilen. dass dies völlig inakzteptabel ist, sollte ja allen klar sein. jedoch bedarf es keinerlei grösserer finanzieller mittel flyer zu drucken und dann zu verteilen. es handelt sich meines erachtens um ein kleines grüppchen rechter deppen, die wieder mal eine wirtschaftskrise als grund dafür nehmen mit fadenscheinigen begründungen die bürger auf ihre seite zu ziehen. dies ist unabhängig von finanziellem background. auch wenn eventuell aus einer parteikasse gezahlt sind die kosten hierfür sehr gering. jede private gruppe ist in der lage eine solche aktion durchzuführen. es fehlt hier einfach der zusammenhang zwischen geschwächter parteikasse und der aktion dieser rechten. weder unter- noch übertreibung ist sinnvoll innerhalb politischer arbeit. lasst uns also nicht den teufel an die wand malen. bleiben wir entschlossen und realistisch.

Standartwerk: Völkischer "Antikapitalismus"

AntifaschistIn 18.03.2009 - 15:41
Die, bezüglich der Thematik mittlerweile als Standartwerk geltende Broschüre "Nationaler Sozialismus - Antikapitalismus von völkischen Freaks" der linksradikalen Gruppe Theorie.Organisation.Praxis (TOP) B3rlin ist wieder erhältlich. Die bereits seit längerem vergriffene Broschüre mit Beiträgen u.a. von Marion Gondek, Joachim Bons und Stefan Trüb ist jetzt in einer aktualisierten Neuauflage wieder zu haben.

Die Broschüre kann europaweit zum Porto-Preis bei TOP bestellt werden:

TOP Berlin - c/o Schwarze Risse - Gneisenaustr. 2a - 10961 Berlin oder per Mail an mail[at]top-berlin.net.

Nazis sind die letzte Rettung fürs System

a 19.03.2009 - 09:49
Das war damals so wie heute. Krupp, Dresdner Bank und wie sie alle heissen haben die NSDAP ja nicht grundlos finanziert (Hitlers Reden waren entsprechend von Webeeinlagen für diese Firmen begleitet). Dasselbe passiert heute. Warum werden Nazis vom Staat und Teilen der Wirtschaft mehr unterstützt, je mehr Krise es gibt? Richtig: Die Teile&Herrsche-Ideologie der Nazis lenkt von den eigentlichen Ursachen ab, Nazis bekämpfen Antikapitalisten mit Mitteln, die sich der Staat derzeit noch nicht erlauben kann, Nazis bieten einen Vorwand für Repression usw. Wenn Pseudo-Linke (die meisten Antifas sind nicht links, sondern Konservative, denen das mit den Nazis nur irgendwie zu weit geht) behaupten, Nazis wären antikapitalistisch, dann sind sie auf die leicht durchschaubare Dummenfang-Propaganda der Nazis reingefallen. Merke: Faschismus ist die totale Vereinigung von Staat und Wirtschaft und das gilt auch für die Sonderform des Nationalsozialismus.

@a

Schwachsinn 19.03.2009 - 11:12
@a...

So einen Schwachsinn habe ich selten gehoert. Mal abgesehen von deinen Bemerkungen ueber Antifas, ist das mit Abstand der plakativste, undifferenzierteste Mist aller Zeiten.
1. Das "System" ist nicht etwas das honogen ist und in eine Richtung handelt. Kapitalismus und seien Charktermasken (Kapitalisten) haben unterschiedliche Interessen.
2. Faschismus ist ebenfalls etwas inhomogenes (siehe Faschismus in Italien, Dt, Osteuropa etc.)
3. Der deutsche STaat ist auf das kleine Haeufchen Nazis garnicht angewiesen, um seine Scheisze durchzusetzten (siehe Kriege, Repression, pol. Verurteilungen, Morde...)
4. Komm mal von deinerVerschwoerungstheorie runter "Nazis sind die Handlanger des Staates"
5. Es gab schon immer einen rechten Antikapitalismus (siehe STrasser Brueder)
6. Dieser rechte Antikapitalismus, der sich nur marginal vom Antikapitalismus der KPD unterschied, war der Schluessel warum es 1918 fast eine Revolution und 1932 den Nationalsozialismus gab.

Daraus folgt nicht, dass wir uns jetzt alle begraben sollten oder irgendwelche Querfrontscheisze anfangen sollten, sondern das sich die linke Bewegung auf eine fundierte Kapitalismuskritik stuetzen muss, die alle seine Bestandteile (Wert, abstrakte ARbeit, Fetischcharakter etc.) ablehnt.
Nur das unterscheidet uns von den Nazis.

Interessanterweise kaempfte Attac Polen lange mit Antikapitalistischen Nazis, welche Attac fast uebernommen haetten. Alles nur wegen einer verkuerzten Kapitalismuskritik.