Aids im Strafvollzug

Thomas Meyer-Falk 17.02.2009 19:43 Themen: Repression
Über die gesundheitliche Lage von Inhaftierten in Deutschland existieren keine zusammenfassende Erkenntnisse, deshalb gibt es auch keine Statistiken über HIV-positive Gefangene. Die Landesjustizverwaltungen gehen von einer geringen bis rückläufigen Anzahl HIV-positiver Gefangener aus (vgl. Feest, AK-Strafvollzugsgesetz, 5. Auflage, vor § 56 Ziffer 48).
Bei AIDS/HIV handelt es sich um eine schwere Schwächung des körpereigenen Abwehrsystems. Das Virus macht letztlich den Körper wehrlos gegen viele Krankheitserreger.

Die Stigmatisierung von HIV-positiven Menschen in Freiheit findet ihre Fortsetzung hinter den Knastmauern. Das fängt an, indem man diese Gefangenen von bestimmten Arbeitsplätzen (z.B. Küche) fernhält, zwecks "Vermeidung einer Beunruhigung bei den Mitgefangenen" (so die Argumentation in NRW) oder aus "psychologischen Gründen" (so in Baden-Württemberg) und sich faktisch der Status nicht geheim halten lässt. D.h. das Outing erfolgt systemimmanent zwangsläufig, wenn bspw. "Sonderkost" (also Ernährungszulagen und -ergänzungen) die nur die HIV-positiven Gefangenen erhalten vor aller Augen verteilt wird; was sich im Alltag einer Haftanstalt letztlich nicht vermeiden lässt.

Gab es bis Ende 2007 noch regelmäßige finanzielle Unterstützung der Deutsche AIDS-Stiftung ( http://www.aids-stiftung.de) für "positive" Gefangene, damit diese sich gerade im Bereich Ernährung mit dem erforderlichen Zusatzbedarf versorgen konnten, strich die Stiftung mit Schreiben vom 19.12.2007 diese "Ernährungsbeihilfen" und unterließ es nicht, in ihrem Informationsbrief "beste Wünsche für ein entspannendes und besinnliches Weihnachtsfest und ein glückliches neues Jahr" zu übermitteln, was betroffene Gefangene nicht wirklich erheiterte.

Inhaftierte im Allgemeinen und HIV-positive im Besonderen sind in aller Regel arm! Sie haben keinerlei finanzielle Polster, sind sogar verschuldet. Vor diesem Hintergrund diente die finanzielle Unterstützung durch die AIDS-Stiftung der Sicherung einer vollwertigen Ernährung. Bedenkt man, daß gerade dann wenn das AIDS-Vollbild ausbricht die Betroffenen kaum mehr (voll) arbeitsfähig sind und dann von der JVA mit 31,50 Euro Taschengeld im Monat ausgestattet, davon jegliche Ausgaben bestreiten müssen (angefangen bei Stromkosten von bis zu 5 Euro/Monat; TV-Kabelgebühr: 5 Euro -in manchen Anstalten auch gerne mal 10 Euro-; über Körperpflegemittel; vielleicht auch mal Tabak und Kaffee), wird schnell deutlich, daß die Streichung ein existenzieller Einschnitt war. Dir Ortsgruppen der AIDS-Hilfe versuchen die Aktion der Stiftung zu kompensieren, z.B. durch Einwerbung von Spenden. Aber für Gefangene zu werben ist nicht besonders lukrativ.

Die ärztliche Behandlung von "positiven" Gefangenen ist von Anstalt zu Anstalt unterschiedlich, je nach Bereitschaft des ärztlichen Dienstes mit externen Personen zu kooperieren. Dabei sind die Inhaftierten vollständig abhängig vom "good will" der Anstaltsärzte, denn eine freie Arztwahl besteht hinter Gittern nicht.

In der JVA Sehnde (Niedersachsen) wollte die Anstalt auch schon mal einen in Isolationshaft sitzenden Gefangenen für die Regelmäßige Blutentnahme auf einer Liege festketten; erst nach Intervention der AIDS-Hilfe wurde hiervon Abstand genommen. Ein Gefangener der offenbar gedroht hatte Dritte zu infizieren wurde in der JVA Heilbronn in Einzelhaft gehalten und Wärter betraten dessen Zelle nur in Ganzkörperanzug und mit Schild und Knüppel: Tag um Tag, Monat um Monat, Jahr um Jahr. Als er dann in Haft verstarb hielt es die Anstalt nicht für notwendig seinen Verteidiger zu informieren (diese Geschichte kenne ich, da wir den selben Verteidiger hatten und er mir empört über das Verhalten der Anstalt berichtete).

Die Zahl derer die in Haft sterben, wird sich wohl erhöhen, oder man entlässt sie kurz vor dem Tod in ein Sterbehospiz. Da es jedoch schon Arbeitsgruppen in den Landesjustizverwaltungen gibt, welche sich mit "menschenwürdigem Sterben im Strafvollzug" befassen, darf man bezweifeln, daß ein Hospiz in einigen Jahren überhaupt noch erwogen werden wird.

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA-Z. 3113, Schönbornstr. 32, D-76646 Bruchsal

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Ergänzungen

Briefe aus dem Knast III - David Schwikal aus

supp0rt0r 18.02.2009 - 22:16


…wir werden hier genötigt mit einem Lappen auszukommen, Geschirr damit putzen, toilette reinigen und dann noch Staub damit wischen. Die Frauen, die hier einsitzen bekommen Staubtücher, Spüllappen und einen fürs WC!

Nahrungsmittel für Abendbrot und Teebottich stehen auf dem Boden. Tag für Tag der Hahn im Dreck und da soll man sich Tee holen??? Brot und Wurst ebenfalls auf dem Boden in Kisten. So viel zur Hygiene. Einfach widerlich und nur weil man zu Faul ist bis zum Wagen zu gehen um es dort drauf zustellen. und wenn man darauf aufmerksam macht, bekommt man nur Frechheiten zu hören.

Es geht noch weiter…wenn man zum Haare schneiden geht, geht es zu wie beim Schäfer! eigentlich müsste nach jedem schneiden die Maschine desinfiziert werden, ein Pickel oder was auch immer, aufgerissen was zwangsläufig passieren kann und beim nächsten auch wieder, hat man sich ganz schnell was eingefangen. Hepatitisviren sind sehr aggressiv und schnell übertragbar.

Auch kommt mir immer wieder zu Ohren, dass man Bluttests macht und sich nicht bei jedem frische Handschuhe anzieht, was ich in Wittlich auch feststellen musste. Genauso Zahnärzte, die ihre Handschuhe nicht wechseln. Klar die machen sich keine Gedanken, die sind ja auch geschützt.

Kenne einen gefangenen in Diez, der mit Drogen nie was zu tun hatte und hier auch getestet wurde und gesund war. In der JVA Diez hat man ihn später wegen Arbeit in der Küche erneut getestet mit dem Ergebnis Hepatitis-C.
Und nun Beweis mal, dass die JVA verantwortlich ist, durch ihre mangelnde Hygiene. Als Gefangener bist du einen Dreck wert. Jeder Hund im Tierheim lebt besser sowie hygienischer als ein gefangener in Rheinland-Pfalz.

Die Öffentlichkeit hat ein recht zu erfahren was hinter verschlossenen Türen der Justiz abläuft…

Das schlimme ist, das kein Gefangener den Arsch in der Hose hat sich zu beschweren, alle sagen zwar wir schreiben, aber zum Schluss sind auf 300 Leute zwei die etwas unternehmen, was ich sehr traurig finde. mit mir nicht, alles was unrecht ist, wird eine Beschwerde mit sich führen.

Für das Nette-gut habe ich auch schon einen Beschwerdebrief verfasst. Alle Elektrogeräte, die man sich hier angeschafft hat (JVA Koblenz, d. Abschreiberin ), über Bestellung der JVA und versiegelt sind, soll man sich dort neu bestellen. Begründung: Sicherheit und Ordnung. Was fadenscheinig ist, da sie ja schon hier gekauft sind über die Anstalt und alle versiegelt sind! Läuft wohl eher so: eine Bekannte von Angestellten des Nette-guts hat einen Quelleshop, worüber dann bestellt wird. wird so auch praktiziert in Wittlich, aber dort nicht mit Elektrogeräten sondern Bekleidung! Frau S hat Quelleshop und Beamter S. macht Bestellung im Knast!

Alles Vetternwirtschaft und geduldet von der Justiz!!

Jedes Büro hat hier jetzt auch computer und Zubehör, aber um neue Bettwäsche wo ein Teil immer mit Löchern übersät ist, oder für Lappen, hat man kein Geld.

Ist alles schon ganz schön link….

David ist inzwischen im Nette-Gut zur Therapie und freut sich über eure Zuschriften

David Schwikal
Suchttherapeutische Abteilung Nette-Gut
Am Nette-Gut 2
56575 Weißenthurm

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