Mietdemo: Teilverbot der Demostrecke (Berlin)

Eine Wütende 26.11.2008 01:05 Themen: Soziale Kämpfe
Beim heutigen Vorgespräch mit der Polizei wegen des Ablaufes der
Demonstration gegen steigende Mieten am 29.11.08 wurde seitens des für die Demonstration verantwortlichen Polizeibeamten, Herr Günter (2. Bereitschaftspolizei), mitgeteilt, daß die Polizei das letzte Stück der Wegstrecke durch die Versammlungsbehörde verbieten lassen wird.
Ursprünglich hätte die Demonstation nach ihrer Route durch Kreuzberg und Neukölln direkt vor dem Gebäude der sogenannten "CarLofts" (Reichenberger Str. Ecke Liegnitzer) enden sollen. Von der Polizei wurde nun das Verbot des letzten Teiles der Wegstrecke angekündigt, die Demo soll bereits über 100 Meter vor dem angestrebten Ort der Abschlußkundgebung (auf Höhe des Hausprojektes Reichenberger 114) gestoppt werden.

Es ist mal wieder zum Kotzen, wie hier, und nicht zum ersten Mal, von der Polizei das Versammlungsrecht mit den Füßen getreten wird. Die "CarLofts", extrem luxuriöse Eigentumswohnungen, stehen exemplarisch für eine Entwicklung, bei der im Reichenberger Kiez Menschen mit geringen Einkommen seit einigen Jahren durch die steigenden Mieten flächendeckend vertrieben werden, während gleichzeitig Luxuswohnungen aus dem Boden schießen.

Mit diesen Demoverbot soll offensichtlich gleichzeitig ein Stück Zukunft in die Gegenwart geholt werden. Schließlich lautet das
Motto der Luxus-Auto-Lofts ja "Luxus, Komfort und Sicherheit". Und
Sicherheit bedeutet hier anscheinend nicht nur einen Parkplatz für den Luxusschlitten vor dem Schlafzimmer, sondern auch Polizeischutz vor den Protesten wütender Anwohner_innen, private Sicherheitsdienste und Kameraüberwachung.

Bei der Demonstration sollen die für ihre Gewalt gegen friedliche
Demonstrant_innen bekannte Hundertschaften der Bereitschaftspolizei zum Einsatz kommen sollen (22., 23., 24. Hunderschaft). Der jüngste
Polizei-Skandal der letzten Tage hat gezeigt, daß von Polizisten
bestimmter Einheiten nicht nur gelegentlich, sondern geradezu
systematisch auch als verbotene Waffe klassifizierte Gegenstände wie mit Quarzsand gefüllte Handschuhe gegen friedliche Demonstrant_innen
eingesetzt wurden. Dies deckt sich auch mit unseren Erfahrungen bei
unseren letzten Aktionen (Kiezspaziergang gegen MediaSpree im April,
Eröffnung der O2-Halle im September), bei der es wiederholt zu brutaler und grundloser Gewaltanwendung seitens der Polizei gegen friedliche Demonstrant_innen gekommen ist.

Die Demonstration am Samstag, die von über 30 lokalen Gruppen,
Initiativen und Projekten unterstützt wird, richtet sich gegen die
ständig steigenden Mieten in Kreuzberg, Neukölln und ganz Berlin, gegen die Verdrängung von Menschen mit geringen Einkommen aus der Innenstadt, gegen die Vertreibung und Zerstörung alternativer Projekte und eine Stadtpolitik, die ausschließlich an den Interessen der profitierenden Firmen und Konzerne ausgerichtet ist.

+++ Ausführliche Infos zur Demo:  http://www.kreuzberg-info.de/pirati
+++ zu den steigende Mieten:  http://de.indymedia.org/2008/11/233847.shtml
+++ zu den CarLofts:  http://www.de.indymedia.org/2008/09/227175.shtml
+++ zu den "Schlägern vom Dienst" (tsp) bei der Berliner Polizei:  http://www.tagesspiegel.de/berlin/Polizei-Justiz-Polizei-Koerperverletzung;art126,2666536
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Ergänzungen

quartzi

sandsack 26.11.2008 - 11:54
aloha erstmal.

dieser artikel bezieht sich leider nicht, wie eigentlich sinvoll wäre auf die car-lofts, sondern auf die erwähnung der quartzhandschuhe bei den beteilligten polizisten.

aus eigener schmerzhafter erfahrung und szenen, die ich beobachten musste kann ich diesen vorwurf nur bestätigen.

jeden freitag kommt es zu szenen, bei denen beamte vorwiegend der 23 hundertschaft am alexanderplatz regelrecht "jagd" auf punker machen und unter fadenscheinigesten begründungen platzverweise und (oft gewalttätige) ingewahrsamnahmen vornehmen.

bereits 2 mal konnte ich beobachten, wie infolge des oft dreisten, beleidigenden und alles andere als deeskalierenden verhaltens der beamten und beamtinnen insbesondere der 23 und f1 (ich wäre dankbar für eine erläuterung - was oder wer ist die f1) punks sich den maßnahmen widersetzten und extrem gewaltsam in die bereitstehenden wannen, oder gewahrsamsbusse geworfen wurden.

dabei kommen regelmäßig quartzis zum einsatz.

in einem fall (ungefähr februar) wurde dabei ein punk noch in der wanne von mindestens 4 beamten mit den handschuhen zusammengeschlagen und anschließend wieder auf freien (humpelnden) fuß gesetzt.

meine erfahrung beschränkt sich auf eine eigene gewahrsamnahme, bei der ich einen schlag in den magen erhielt und einen platzverweis und eine verbringung nach hohenschönhausen, wo ich nicht in ein polizeigewahrsam gebracht wurde, sondern vor einer kneipe ausgesetzt wurde, in der es vor offensichtlich rechten nur so wimmelte.

auf die frage, ob die beamten mich nicht selber verprügeln wollen wurde nicht reagiert.
(war wohl eine lange schicht und alle freuten sich auf das feierabendbier!)

einige wochen später, bei einer späteren ingewahrsamnahme wurde ich auf dem weg in das polizeigewahrsamauf dem revier aufgefordert 100 mal assi zu schreiben, was ich ablehnte...daraufhin bekam ich ebenfalls quartz zu spüren.

diese beamte sind sich teilweise auch nicht zu schade unter ihrer uniform thor-steinar u.ä. zu tragen und die situation zusätzlich anzuheizen.

einer von ihnen ist im rocker millieu aktiv, dessen verbindungen in das rechte lager in manchen fällen ja leider unübersehbar geworden sind.

leider muss ich hinzufügen, das sich insbesondere unter den punks am alexanderplatz auch einige befinden, die mensch getrost als nazipunks bezeichnen kann.

dies soll keine entschuldigung für das verhalten der polizistten und polizistinnen herhalten, da diese sich gezielt einzelne aus den menschenmengen heraus suchen und offensichtlich lieber auf einen linken als auf einen rechtsoffenen "einwirken" (rein präventiv versteht sich), im sinne des jugendschutzes.

hooligangruppen, die sich ja leider auch auf dem alex treffen sind von diesen maßnahmen kaum, oder gar nicht betroffen, was ein noch gravierenderes bild auf die dortigen vorgänge wirft!

mfg der sandsack

Offizielle Begründung?

codeispoetry 26.11.2008 - 12:43
Wie ist denn die offizielle Begründung für die Einschränkung?

@ sandsack

anton 26.11.2008 - 12:59
Hallo sandsack,

klaro gehören Quarzies seit mehreren Jahren zum Standardrepertoire Berliner Einsatzhundertschaften. Wer sich im Internet Bilder von Polizeieinsätzen ansieht, wird immer wieder auf mit Quarzsand "gepolsterte" Handschuhe treffen. Wen Wundert's... dass die polizeiinternen Ermittlungen hier mal wieder im trüben Fischen und bei den aktuellen Untersuchungen außerhalb der Direktionshundertschaft 5 keine weiteren Handschuhe mehr zu finden waren, ist ein Hohn.

Die erste Ziffer an den Wannen, steht für die Zugehörigkeit zur Direktion 6 (F= 6.Buchstabe im Alphabet), während die Zahl dahinter aussagt, um welchen Zug es sich handelt. Hundertschaften sind für gewöhnlich in Drei Züge unterteilt. Also sind die F1-Bullen vom 1. Zug der Direktionshundertschaft 6 (Marzahn/Hellersdorf).

Waffengesetz...

Besserwisser_in 26.11.2008 - 13:15
Nur kleine Anmerkung:
Das im Artikel erwähnte Verbot von Quarzhandschuhen exisitert meines Wissens nach nicht. "Natürlich" dürfen Demonstrant_innen auf Versammlungen keine tragen (analog zu z.B. Pfefferspray) und wenn mensch sie bei nem Überfall einsetzt, gilt dieser als bewaffnet. Aber verboten sind sie nicht...im Gegenteil, sie sind frei verkäuflich und in gut sortierten Infoläden erhältlich ;)

@ Besserwisser_in

anton 26.11.2008 - 13:48
Nach dem Waffengesetz verboten sind diese Handschuhe nicht. Da gibt's ja dieses zweifelhafte BKA-Gutachten, in dem wörtlich behauptet wird, dass diese Handschuhe nicht dazu bestimmt wärden, die Verteidigungsfähigkeit eines Menschen bzw. die Angriffsfähigkeit eines anderen, herabzusetzen bzw. zu steigern.

Dabei erhält sich mit der Masse der Faust auch die Wucht, des Schlages und die Protektoren im Knöchelbereich sind ausschließlich so angelegt, dass sie beim besonders harten Schlagen eigene Verletzungen vermeiden. So können Bullen praktisch mit einer Wucht los prügeln, die ihnen ansonsten nach dem ersten Schlag die Fingerknöchel brechen würde.

Und vemutlich aus den selben Gründen hat Glietsch das Tragen dieser Handschuhe seinen Untergeben auch Untersagt. BKA-Gutachten hin oder her, für Berliner Polizeibeamte besteht da erstmal ein VERBOT.

Gerade im Polizeieinsatz gibt es, zumindest offiziell, verschiedene Eskalationsstufen, die (abgesehen von "Notwehr") von der Führung angeordnet werden müssen. Und der Einsatz der Fäuste gehört dort offfizell zu den niedrigen Eskalationsstufen - das Anlegen von Quarzern hat hier also zur Folge, dass die unterste Eskalatonsstufe praktisch ausgehebelt wird.

Skandal um Prügelbullen in Quarzies...

Jason 26.11.2008 - 21:03
...breitet sich weiter aus.

 http://www.jungewelt.de/2008/11-27/043.php

Mieterhöhung Marzahn

Peter Lustig 27.11.2008 - 23:39
In Marzahn sind bei einigen Wohnungsbaugesellschaften jetzt auch die Mieten erhöht worden. Mir ist eine Erhöhung von nahezu 20 % bekannt. Übrigens müßte der Staat auch ein Interesse haben, Mieten gering zu halten, weil Hartzer, Grundsicherungsnehmer, Geringverdiener die Mieterhöhung komplett an den Staat weitergeben. Vielleicht sollte mensch noch die widerwärtigen Parteien motivieren, sich dort einzubringen.
Und die berliner Mietobergrenze für Transferleistungsempfänger von 360 Euro reicht eigentlich schon überhaupt nicht mehr aus, eine menschenwürdige Bleibe zu finden. Diese Mietobergrenze müßte angehoben werden.

Erste Bilder von der Demo:

Malibuuhhhh ^^ 30.11.2008 - 00:22
Auf der Demo waren heute so zwischen 1800 bis 2000 Leute. Relativ bunt gemischt und äußerst kämpferisch.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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miethaie — egal

Bullen unter sich... — veganxedge

Vorabdemo — Neuköllnerin

@hab ich — peter lustig