Berlin: Demo wegen homophoben Angriff

Antifa Bündnis Marzahn-Hellersdorf 03.11.2008 01:25 Themen: Antifa Gender
Am 01. November 2008 demonstrierten etwa 150 Menschen in Hellersdorf gegen Homo- und Transphobie, gegen Diskriminierung und für die Respektierung verschiedenster Lebens- und Liebesformen.
Am vergangenen Montag, dem 27. Oktober, griffen zwei Männer am U-Bhf. Kaulsdorf-Nord zwei Frauen an, da die Angreifer sie als vermeintlich Homosexuelle identifizierten. Zuerst wurde das lesbische Pärchen als "Schwuchteln" beschimpft, anschließend mit roter Farbe besprüht und eine von beiden zu Boden geschlagen und dann weiter auf sie eingetreten, wodurch diese Prellungen im Gesicht und am Oberkörper, sowie Verletzungen am rechten Ohr erlitt. Die als im "Schlabberlook und mit Basecaps" beschriebenen Angreifer konnten unerkannt flüchten.

Dass dieser Angriff kein Einzefall ist, muss nicht lang erklärt werden. Bereits am 18. Oktober wurde ein Mann wegen seiner Homosexualität am U-Bhf. Hallesches Tor in Kreuzberg brutal zusammengeschlagen, wobei er einen doppelten und gesplitterten Kieferbruch erlitt, operiert werden musste und aufgrund von stabilisierenden Metallplättchen und Verdrahtungen derzeit nur flüssige Nahrung zu sich nehmen kann.

Auch Hellersdorf reiht sich in die homophobe Normalität ein: Es gehört zur Alltagskommunikation Begriffe wie "schwul" und "homosexuell" in abwertender Bedeutung zu verwenden; die Beleidigung "Schwuchtel" stellt mit unter einen Grundbestandteil der Satzbildung einiger Hellersdorfer dar. Nicht zuletzt bildet die rassistische und sexistische Hegemonie in der größten Plattenbausiedlung Europas die Grundlage für Angriffe auf alles, was nicht in das beschränkt xenophobe Weltbild der hier lebenden Menschen passt.

So wurde am 11. Mai 2008 eine bisexuell-orientierte Frau an der Kreuzung Cecilienstraße / Lilly-Braun-Straße, ebenfalls in Kaulsdorf Nord, von drei Unbekannten angegriffen. Die Drei, unter denen sich eine mit Thor Steinar bekleidete Person befand, bezeichneten die Betroffene zunächst als "Frauenklauerin" und als "Lesbe". Im Anschluss schlugen sie ihr ins Gesicht und traten auf sie ein. Die Angegriffene konnte sich in eine nahegelegene Kneipe flüchten.

Um dem jüngsten Angriff am vergangenen Montag zu begegnen und "Zeichen gegen Diskriminierung jeglicher Art zu setzen" rief das Queer-Referat des AStA zusammen mit Einzelpersonen der Alice-Salomon-Fachhochschule in Hellersdorf zu einer Demonstration am 01. November 2008 ausgehend vom Tatort am U-Bhf. Kaulsdorf Nord auf. Im Aufruf hieß es: "wir wollen und können nicht dulden, dass Menschen, die nicht der Heteronormativität entsprechen, diskriminiert und attackiert werden!"
Ab 14 Uhr folgten etwa 150 Menschen aus unterschiedlichsten politischen Spektren - Antifas, Linkspartei- und Grünen-Politiker, Schwulen- und Lesben-Verbände, Hausis - dem Aufruf und hielten eine Kundgebung auf dem Cecilienplatz ab. Anschließend demonstrierten diese durch die Hellersdorfer Plattenbaukieze bis zum U-Bhf. Cottbusser Platz.

Während der Demonstration wurden die Anwohner immer wieder durch Ansagen aus dem Lautsprecherwagen über die Hintergründe der Demonstration informiert. Daneben wurde zur antihomophoben Demonstration am kommenden Dienstag in Kreuzberg sowie zur Verhinderung des Naziaufmarsches am 06. Dezember in Berlin aufgerufen. Einige gewöhnliche Hellersdorfer Proleten ließen es sich nicht nehmen, aus ihrem Fenster an der Ecke Erich-Kästner-Straße / Peter-Huchel-Straße die Demonstration zu verspotten und zu provozieren (siehe Foto). Ansonsten verlief diese störungsfrei, einige wenige zustimmende und solidarische Reaktionen der Anwohner ließen sich jedoch auch wahrnehmen.
Kritisch anzumerken bleibt der schleppend-müde Charakter der Demo, sowie das oft vermisste Gespühr für die Zeitpunkte der Ansagen.

Demo gegen Homophobie // 04.11.08 // 18 Uhr // U-Bhf. Hallesches Tor

Naziaufmarsch verhindern // 06.12.08 // Berlin //  http://www.antifa-dezember.de.vu
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Fotos der Täter

Antifa 03.11.2008 - 02:58
Die Berliner Polizei fahndet mittlerweile mit diesen Aufnahmen aus einer Überwachungskamera der U-Bahn nach den Angreifern:

Auf Auf!

jawuc - jawuc.blogsport.de 03.11.2008 - 10:08

Naziaufmarsch am 06.12 verhindern!

Wenn das erste Lichtlein brennt... Antifa-Event statt Nazi-Advent! Naziaufmarsch am 6. Dezember in Berlin? Sabotieren! Blockieren! Verhindern! Seit 2003 marschieren pünktlich zur Weihnachtszeit hunderte Nazis durch Berlin, um für ein sogenanntes „Nationales Jugendzentrum“ zu werben. Auch in diesem Jahr bleibt uns dieser Naziaufmarsch nicht erspart. Daher rufen antifaschistische und linksradikale Gruppen dazu auf, den Naziaufmarsch am 6. Dezember 2008 in Berlin zu verhindern! Durch zahlreichen, vielfältigen und lautstarken Widerstand wollen wir gemeinsam die Route der Nazis blockieren. Machen wir den neonazistischen Ausflug zu einem Desaster! Der Aufruf Achtet auf Ankündigungen! weitere Infos Es gibt Informationsveranstaltungen und Plakate usw. liegen in den Buchläden "Schwarze Risse" aus. 6.12 Nazifrei Hingehen!

Idee zu den Nazis auf dem letzten Bild

Ideenhaber 03.11.2008 - 11:29
Bilder nehmen, lustigen Flyer draus machen und dann in der Gegend verkleben. Sollen ruhig alle Leute in Hellersdorf sehen, was da für geistig zurückgebliebene Schwachköpfe wohnen. Nach dem Motto: Berlin lacht die Deppen aus.

Bilder der Täter

Antifa 04.11.2008 - 17:22
@ fdwgda3:
Ist doch angegeben, dass es die Berliner Polizei ist, die mit diesen Fotos fahndet. Es ist keine große Schwierigkeit die dazugehörige Seite zu finden; soviele Seiten der Berliner Bullen existieren ja nun nicht... Mittlerweile werden diese auch in einem Spiegel-Video abgebildet:  http://www.spiegel.de/video/video-39345.html

@ Große Schwester:
Verschiedene Medien - und nicht nur die Bullen - bestätigen, dass die Angegriffenen die beiden Typen als Täter identifiziert haben. Wenn du sowenig Phantasie hast, dass du das Posten der Bilder ausschließlich als Fandungsunterstützung für die Bullen betrachtest, kann ich auch nix dafür. Andere können mit diesen Bildern vielleicht mehr anfangen, als nur das Wählen der 110 im Kopf zu haben. Und ansonsten sind mir solche Arschlöcher im Knast lieber, als auf der Straße (jaja, die ändern sich nicht, aber diese Gesellschaft ist weit davon entfernt, den Nährboden der Homophobie aufzulösen).
Und bloß weil auf dieser heterogenen Nachrichtenplattform und in liberalen bis linksradikalen Kreisen der Ausbau des Überwachungsstaates (schon mal mit staatsbürgerlicher Identitätsbildung im Allgemeinen auseinandergesetzt?) grundsätzlich abgelehnt wird, sollten wir auf das Verwenden der Ergebnisse verzichten und so tun, als wüssten wir nicht, wer die Täter sind?

Wer keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten!

Nur als Que(e)rverweis

thomas j effing 06.11.2008 - 00:19
Nur als Nebeninfo:

 http://de.indymedia.org/2008/10/229878.shtml

Für antihomophobe Aktionen bundesweit und transnational!

21.+22.11. Kongress Berlin

Initiative Recherche 07.11.2008 - 05:30
Dem Hass keine Chance - Homophobie entschieden entgegentreten
Kongress am 21. und 22. November 2008 im Bundestag
 http://www.gruene-bundestag.de/cms/termine/dok/255/255147.html

Na Endlich

Lalalala 07.11.2008 - 17:30
Zwei Frauen am U-Bahnhof Kaulsdorf-Nord überfallen – Zwei Tatverdächtige festgenommen
Marzahn - Hellersdorf
# 3485
(PM # 3354 v. 28.10. und PM # 3416 v. 02.11.2008)

Der Überfall auf zwei Frauen am 27. Oktober dieses Jahres am U-Bahnhof Kaulsdorf-Nord ist aufgeklärt. Beamte des Polizeilichen Staatsschutzes, Spezialkräfte des Landeskriminalamtes und Angehörige der Fahndungsgruppe der Direktion 6 nahmen gestern zwei Männer im Alter von 27 Jahren fest.
Wie berichtet, hatten am 27. Oktober gegen 22 Uhr 45 zwei Männer die beiden Frauen im Alter von 19 und 21 Jahren auf der Fußgängerbrücke zunächst angesprochen und beleidigt. Im weiteren Verlauf schlug einer der Täter der 21-Jährigen mehrmals mit der Faust ins Gesicht. Als die 19-Jährige ihrer Freundin helfen wollte, besprühten die Angreifer beide Frauen mit roter Farbe, traten und schlugen weiter auf ihre Opfer ein. Die Täter flüchteten dann in Richtung Ludwigsfelder Straße.
Intensive Ermittlungen des Landeskriminalamtes in enger Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft sowie die engagierte Mithilfe der Berliner Verkehrsbetriebe führten auf die Spur der nun festgenommenen Tatverdächtigen. Nach der Veröffentlichung von Bildern aus Überwachungskameras der BVG gingen sieben Hinweise aus der Bevölkerung ein. Bei der Bearbeitung der ersten Hinweise ergab sich ein Anfangsverdacht gegen einen 27-jährigen Mann aus Marzahn-Hellersdorf. Durch die weiteren Ermittlungen konnte ein ebenfalls 27-Jähriger aus dem gleichen Bezirk namhaft gemacht werden.
Bei ihren Vernehmungen gestanden die Verdächtigen die Tat.
Beide Männer sollen heute einem Ermittlungsrichter mit dem Ziel vorgeführt werden, einen Haftbefehl zu verkünden bzw. einen Haftbefehl zu erwirken.

Eine Minderheit gegen die andere

http://www.tagesspiegel.de 07.11.2008 - 18:28
Häufen sich in Berlin Übergriffe von Migranten auf Schwule und Lesben? Und falls ja, was kann dagegen getan werden? Bali Saygili engagiert sich seit Jahrzehnten für den Kampf gegen Gewalt und stellt sowohl Politik als auch Migrantenverbänden ein schlechtes Zeugnis aus.

Weiterlesen auf:
 http://www.tagesspiegel.de/berlin/Homosexualitaet-Migration-Gewalt-Homophobie;art270,2655827

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 6 Kommentare

Guter Bericht...

...aber... 03.11.2008 - 04:19
...warum benutzt Du "Proleten" als abwertenden Begriff? Hast Du was gegen Menschen aus der ArbeiterInnenklasse?

gegen homophobie

p.p. 03.11.2008 - 14:30
hilft das Abschaffen von Ghettos, bessere Bildung für alle. + keine Armut.

Großer Bruder

Große Schwester 04.11.2008 - 12:19
Seit wann wird indy zur Fandungsplattform ala Bild und dann noch mit Bildern der Bullen die unhinterfragt übernommen werden.
Das Thema ist ernst, doch sich auf anderer Seite gegen Überwachung aussprechen und dann dies???

Fotos der Täter ???

fdwgda3 04.11.2008 - 14:40
Die Fotos der angeblichen Täter sind ja ganz nett.

Ich habe versucht zu recherchieren wo sie herkommen, das gelang mir aber nicht.

Wenn man solche Fotos ins Netz stellt sollte man unbedingt die Quelle angeben, so das man sich vergewissern kann das die Fotos das zeigen was behauptet wird.

Das soll keine Unterstellung sein, das Autor "Antifa" falsche Bilder verbreitet. Jeder Nazi, jeder Spinner, und überhaupt jeder kann hier aber einfach so, oder aus sehr schlechtem Humor, falsche Bilder posten welche dramatische Konsequenzen haben können. Das einzige was man dagegen tun kann ist als ehrlicher Autor die Quelle anzugeben.

Vieleicht kann man das ja noch nachholen.

Mein Jott

"Linksbürgerlicher" 05.11.2008 - 01:43
Der Artikel und die Ergänzungen offenbaren das ganze Dilemma linken Engagements. Streitigkeiten um Begriffe, Inhalte und Engagements. Nicht mehr und nicht weniger. "Proleten" sind von Proletariern zu unterscheiden. Proletarier sind im klassischen Sinn Angehörige der Arbeiterklasse, die es unter den modernen globalisierten Wirtschaftsbedingungen per se nicht mehr gibt, wenn es sie denn je als solche gegeben hat. Proleten findest du in allen Schichten und Gruppen einschließlich vermeintlich Linker, es sind all jene letztlich kleinbürgerliche Individuen, die aus dem Dunstkreis eigener Vorurteile gegen andere, vermeintlich besser Gestellte oder sonstige vom eigenen Weltbild abweichende Personen nicht herauskönnen und das auch hier heraushängen lassen. Was "Staatsbürgerlichkeit" angeht: ich gehöre zu den in einem CDU-Land typischen Grünen- und SPD-Wählern. Glücklich damit bin ich nicht, aber sorry, ich bin rational genug, vorläufig vermeintliche weiter linke Alternativen nicht wirklich unterstützen zu können.
Nazis und Staatswillkür mit allen Mitteln angreifen, aber auch mal ein bißchen Augenmaß und Empathie entwickeln!

@aNTIFA

Einfacher Text 06.11.2008 - 10:56
"Im Überwachungsstaat werden die Erkenntnisse aus der Überwachung hauptsächlich zur Verhinderung und Ahndung von Gesetzesverstößen, sowie zur Gewinnung von geheimdienstlichen Informationen über die einzelnen Individuen und Bevölkerungsgruppen genutzt.

Das Prinzip der allmählichen und nie endenden Hinführung leistet ein "Indoktrinationsprozess", der alle Beteiligten unentwegt in den Strudel eines übermächtigen Sicherheitsdenkens hineinreißt. Die Folgen sind prekär, jedoch im ideologischen Überschwang höchst folgerichtig – und kaum mehr wahrzunehmen.

Das Eingeschworensein auf Sicherheitsfragen führt, wie zu beobachten ist, nach kurzer Zeit nicht nur dazu, dass die Menschen sich je länger je weniger über das Unrecht, das durch Verletzung positiven Rechts begangen wird, erregen, insbesondere dann nicht, wenn es "Außenstehende oder Gegner trifft".

Zero Tolerance und Videoüberwachung sowie die damit einhergehenden Konsequenzen erobern unsere Städte, ohne jemals Gegenstand von politischer Diskussion gewesen zu sein.

Die Vervielfältigung der Kontrolltechniken – ein wirtschaftlich nicht unattraktiver Produktionszweig – ihrerseits führt durch spezialisierte und departementalisierte Interessen am kontrollierten Objekt zu dessen eigener Spaltung. Die ununterbrochene Propaganda und Zelebrierung von Techniken gegen unsichtbare Feinde und Gefahren 'beweist' deren allgegenwärtige Anwesenheit und erzwingt auf diese Weise allmählich die unterschwellige Zustimmung der hilflosen Subjekte, freudianisch formuliert, die Identifikation mit dem Aggressor.

Merkmal totalitärer Herrschaft, dass die Grenze zwischen Freund und Feind falle, dass jeder einzelne verdächtig sei und entsprechend dieser universalen Verdächtigkeit möglichst "alle Personen ständig unter Polizeiaufsicht gestellt" werden müssten, dass "alle Schichten der totalitären Gesellschaft auf die Methoden und Maßstäbe der Geheimpolizei abgestimmt" seien. Anders ausgedrückt, dass eine "Atmosphäre" herrsche, in der "jeder sich als Agent herausstellen" könne und "jeder sich ständig bedroht fühlen" müsse.
"