Von Kathrein, Zwangsarbeit und Hochschulrat

Rosenheimer Provinzgeschichten 20.10.2008 12:56 Themen: Antifa Bildung
Am 29.10.08 findet in Rosenheim eine Veranstaltung unter dem Titel "Kathrein und Döser - Profiteure der Nazis?" statt. Grund genug sich etwas näher mit dem "Schüssel-Toni" (Anton Kathrein) und seinen Umtrieben auseinanderzusetzen - nicht zuletzt ist er auch Vorsitzender des Hochschulrates der FH Rosenheim.
Ob in Bayern angesichts der Wahlniederlage der CSU von Frühlingserwachen die Rede sein kann, sei dahingestellt. Fakt ist, dass diese Region immer ein wenig "hinten nach" ist - und Rosenheim ist hier keine Ausnahme, sondern vieles ist hier noch viel schlimmer. Zum Beispiel die Aufarbeitung geschichtlicher Fakten. Während die große deutsche Unternehmen 2000 einen Stiftungsfond zur Entschädigung der Zwangsarbeit einrichteten und damit zumindest symbolisch ihre Schuld an der Zwangsarbeit im Nationalsozialismus einräumten, zahlte das größte und bekannteste Rosenheimer Unternehmen nicht ein.

Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass dort zahlreiche Zwangsarbeiter_innen eingesetzt wurden. Veronika Diem reisst dies 2005 in ihrer Publikation "Fremdarbeit in Oberbayern. Studien zur Geschichte der Zwangsarbeit am Beispiel Kolbermoor und Rosenheim. 1939 bis 1945." bereits an. Deutlich sichtbar auf einem Foto das Hakenkreuz, das von den Kathreinwerken prangt. Sichtbar auch in den online-Ausgaben regionaler Medien das Bild eines Festsaals, der mit langen Hakenkreuzfahnen geschmückt ist. Kein Wort aber, dass es sich dabei um die Kathrein-Betriebs-Weihnachtsfeier gehandelt hat. Sichtbar in Chroniken schon seit Jahren ein Bild mit der Unterschrift "Das gemütliche Eck", in dem Arbeiter den Stürmer lesen. Ebenso kein Wort dazu, dass dieses in den Kathreinwerken lag.

Die Kathreinwerke sollten zum Nationalsozialistischen Musterbetrieb ausgebaut werden. Und sie wurden das nicht ohne Zwangsarbeit. Und zur Tatsache, dass die Kathrein AG heute bei 1,3 Milliarden Euro Jahresumsatz steht, ist untrennbar damit verknüpft, dass sie sich während des NS an Zwangsarbeit bereichert hat.

Neben 1,3 Milliarden Jahresumsatz bedeutet Kathrein für Rosenheim heute noch einiges mehr: Als das März-Schlachterei-Imperium Marox Mitte der 90er endgültig den Bach runtergeht zieht es nicht zuletzt den damaligen Spitzeneishockey-Club mit hinunter. Nach kurzer Zeit springt ein anderer Mäzen dafür ein: die Kathrein AG und ihr Schüsseltoni, Anton Kathrein. Danach wird das Stadion benannt, der Firmenschriftzug prangt einige Jahre von den Trikots. Ein paar "Lutscherl" dürfte es den Toni gekostet haben - unbezahlbar für das Ego aber dürfte es gewesen sein, dass er jede Woche im Stadion angekündigt wurde, aufstehen durfte und 2000 Zuschauer/innen ihm auf Kommando zujubelten. Das ist nur der bekannteste Fall - aber auch sonst gibt es wohl kaum eine Sportstätte in und um Rosenheim, wo nicht irgendwo das Kathreinlogo sichtbar ist.

Auch akademische Titel dienen ja nicht zuletzt dem Aufpolieren des Egos, der Strahlkraft des Mäzens. Und davon hat Kathrein auch einige anzubieten. Zweimal Doktor - einmal davon wohl ehrenhalber, bei zweiten hält sich das Gerücht, er sei in Osteuropa erworben worden hartnäckig. Und neu: jetzt auch Professor. Und dabei kommt Kathrein zu Gute, dass Honorarprofessuren nicht als solche gekennzeichnet werden müssen. So kommt mensch ohne nennenswerte wissenschaftliche Leistungen auch zum "Prof. Dr. Dr. h.c." - Titel, es reicht ein bis zwei Lehrveranstaltungen der Form halber anzubieten.
"Berufen" dazu hat ihn freilich die Fachhochschule Rosenheim. Deren Studiengang Elektro- und Informationstechnik wird liebevoll auch Kathreinwissenschaften genannt. An der FH Rosenheim ist Kathrein zugleich Vorsitzender des Hochschulrates - dem höchsten Gremium, das bspw. über die Einrichtung und Aufhebung von Studiengängen befindet und den/die Präsident/in wählt (übrigens: ist ab Sep 2009 zu besetzen). Und er ist Vorsitzender des "Vereins der Freunde und Förderer der Fachhochschule Rosenheim e.V.".
"Ein Schelm, wer dabei böses denkt" ist auf der Kampagnenseite  http://kathreindoeser.blogsport.de ein Artikel zur Rechtslastigkeit des OVB überschrieben. Ein Schelm, wer dabei an Spetzlwirtschaft und Korruption denkt, könnte hier zutreffen. Die Provinz-Fachhochschulen Bayerns als Selbstbedienungsladen für lokale Wirtschaftsgurus darzustellen wäre ja eine Beleidigung des Wissenschaftsstandortes!

Mal sehen, ob ein Vortrag schon reicht, dass in Rosenheim etwas in Bewegung kommt. In jedem Falle wird ein Anfang gemacht.
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Ergänzungen

Irr

tum 20.10.2008 - 22:14
Es kann sich nicht um die Kathrein AG handeln. Die Firma Kathrein ist in einer Kommandit Gesellschaft organisiert. Es ist ein Familienunternehmen.

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- 21.10.2008 - 08:10
Es geht darum, dass die Kathrein KG
a) Die firmeneigenen Archive nicht öffnet und das Material nicht für die wissenschaftliche Untersuchung frei gibt.
b) Niemals in den Entschädigungsfond eingezahlt hat. Dies wäre moralische Geste und ein Schuldeingeständnis gewesen.

Unter diesen Aspekten ist es gelinde gesagt fragwürdig, ob A. Kathrein für ein Amt an einer Hochschule und die Ehrenprofessorwürde als Person geeignet ist.

artikel in der sz

Dein Name 29.10.2008 - 12:28
heute war auch ein artikel in der sz

Dr. Titel Anton Kathrein

Rosenheimer_in 08.10.2009 - 20:46
Ein ehemaliger Arbeiter des Kathrein Werks berichtete auf einer Folgeverantaltung im Juni 2009, dass der Doktortitel Anton Kathreins an der Universität Pilsen erworben wurde. Am Fließband wurde gespottet, er hätte lieber Brauereiwesen dort lernen sollen, dann könnte er wenigstens *irgendwas*.
Im Gegensatz zu seinem Vater, der als erfinderisch und technisch versiert beschrieben wird, gilt er den Arbeitern als unfähiger Schnösel. Eine seiner unbeliebtesten Maßnahmen muss die Schließung der Kantinen gewesen sein. Zunächst wurde unter dem Kostenargument das Angebot ständig verschlechtert, um die gesunkenen Absatzzahlen für die Schließung heranzuziehen.

Kathrein ist eine Person, die in ihrer Widerlichkeit symptomatisch für Rosenheim ist. Ein Kotzbrocken, so eklig wie die Heimat, von der hier alle sprechen.

Rosenheim stinkst!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Kathrein

no name 21.10.2008 - 00:35
Ja und, was wolltest du damit sagen? Klartext! Irgendein Unternehmen nur mal eben anzudissen, weil es auch mal ein Nazi-Unternehmen mit Zwangsarbeitern war, ist fragwürdig. Das soll keine Verharmlosung sein: Wichtig ist, ob sich die Erben ihrer Geschichte stellen oder nicht und dadurch - und nur dadurch - angreifbar sind! ´Tschuldigung - was haben eigentlich deine Großeltern damals gemacht? Bist DU dadurch in ähnlichem Stil angreifbar?

Antifaschistische Agitation at it's best

Mit mir schon! 21.10.2008 - 18:24
1. Homosexualität wäre kein Vorwurf.
2. Nazi-(Groß-)Eltern zu haben kann auch niemanden vorgeworfen werden - hat mensch sich ned ausgesucht. Der Umgang damit allerdings ist entscheidend.
3. Was spricht gegen die Schüler_innenzeitung einer Hauptschule?
4. Nach wie vor geht es darum wie die Firma Kathrein mit ihrer eigenen Geschichte umgeht zum einen.
5. Die Frage der wissenschaftlichen Leistungen, die jemand erbracht hat, sollte zum anderen durchaus gestellt werden, wenn jemand schon Hochschulratsvorsitzender ist, oder?
6. Es waren nicht nur ein paar Fähnchen. Das Hakenkreuz wurde bei Kathrein mit einem Durchmesser von geschätzten drei Metern aufs Werksgebäude gesetzt. Es wurde hier nicht nur ein bisschen, sondern ganz massiv "mit den Wölfen geheult", wie es Kathreins Anwalt vor der Spruchkammer ausdrückte.
7. Dass bei Kathrein Zwangsarbeiter_innen eingesetzt wurden kann nicht bestritten werden. Es bleibt die Frage offen, warum Kathrein also nicht in den Entschädigungsfond einbezahlt hat.
8. Nachdem die Bild erwähnt wurde: Jede Wahrheit braucht eine_n mutige_n, die_der sie ausspricht.

Und das Motiv des Artikels?

??? 23.10.2008 - 20:56
Was hast du denn mit dem Entschädigungsfonds?

Das hat sich doch auf biologische Weise längst erledigt, und das Geld dient Wallstreet-Spekulationen. Wem nützt das also?

Oder möchtest Du, daß Kathrein die Produktion verlagert und Rosenheim mangels Gewerbesteuer seine FH schlie0en muß?

Wir fühlen uns bedroht von diesen Leuten

n.n. 24.10.2008 - 03:52
von dissen Leuten.Was soll dsa sein ,ein Schlüssel -Toni ? Benutzen Sie das hier als Codemaschine ? Ichbin davon ausgegenagen ,das das ein seriöser Server ist ,und bitte nutzt ihn so.