Situation in Bolivien weiter dramatisch

Anna von Roten 15.09.2008 00:09 Themen: Weltweit
Droht ein zweites Chile in Bolivien? Der militärische Arm der Crucenistas grüsst schon mal mit Sieg-Heil, Wagen mit Hakenkreuz fahren herum. Was Klaus Barbie, der Schlächter von Lyon, jahrelang in Bolivien mit Unterstützung des CIA aufgebaut hat, trägt jetzt Früchte. Die US-Regierung hat damals und heute ihre Hände im Spiel.
Die Oligarchie versucht ihre Interessen in den von ihnen befehligten Gebieten gewaltsam durchzusetzen, um die Regierung unter Druck zu setzen: durch Ermordung, Verfolgung, Erniedrigung Indigener, VertreterInnen von sozialen Organisationen, RegierungsunterstützerInnen, allen, die nicht mit der
Oligarchie einverstanden sind oder nur so aussehen. Unterbrechungen der Gaseoductos nach Brasilien und Argentinien, Zerstörung oder Besetzung staatlicher und regierungsfreundlicher Einrichtungen, Radio-Stationen, Flughäfen. Blockaden der Strassen und Flüsse in Richtung Hochland. Rettungsflugzeuge des roten Kreuzes und Diplomaten, um die Schwerverletzten aus dem Pando rauszuholen, konnten dort zunächst nicht landen, jetzt dürfen sie den Flughafen nicht verlassen; der gestern ausgerufene Ausnahmezustand für Pando wird einfach ignoriert; vom Prefect bezahlte Killergruppen aus Bolivien, Brasilen und Peru sind schwerbewaffnet unterwegs; unterstützende, regierungfreundliche Militärgruppen dürfen dort nicht landen.
Am 11. September jährte sich der Putsch in Chile zum 35. Mal. Wird jetzt mit Bolivien wieder eine fortschrittliche gewählte Regierung mit Gewalt entfernt? Hier noch mal eine kurze Schilderung der Ereignisse:

Die Oligarchie in Brasilien versucht ihre Interessen in den von ihnen befehligten Gebieten gewaltsam durchzusetzen, um die Regierung unter Druck zu setzen: durch Ermordung, Verfolgung, Erniedrigung Indigener, VertreterInnen von sozialen Organisationen, RegierungsunterstützerInnen und allen, die nicht mit der Oligarchie einverstanden sind oder nur so aussehen. Unterbrechungen der Gaspipeline nach Brasilien und Argentinien, Zerstörung oder Besetzung staatlicher und regierungsfreundlicher Einrichtungen, Radio-Stationen, Flughäfen. Blockaden der Strassen und Flüsse in Richtung Hochland, all dies geschah in den Tagen um den 11. September. Rettungsflugzeuge des roten Kreuzes und Diplomaten, um die Schwerverletzten aus dem Pando rauszuholen, konnten dort zunächst nicht landen, später durften sie den Flughafen nicht verlassen. Der am Freitag ausgerufene Ausnahmezustand für Pando wurde einfach ignoriert, vom Präfekt bezahlte Killergruppen aus Bolivien, Brasilen und Peru sind schwerbewaffnet unterwegs. Unterstützende, regierungfreundliche Militärgruppen durften dort nicht landen.
Im Hochland finden Solidaritäts-Demos statt, es gibt eine beginnende Knappheit an Gas und Lebensmitteln.

Inzwischen hat die Armee Boliviens in der Nacht zum Sonntag, 15.9. (Ortszeit) die Hauptstadt des Departements Pando, Cobija, besetzt. Wie der Rundfunksender Radio Erbol meldet, stießen die Regierungstruppen dabei nur auf schwachen Widerstand bewaffneter Gruppen, die den Präfekten der Region, Leopoldo Fernández, unterstützen. Am Vortag hatte die Zentralregierung seine Verhaftung angekündigt.
Informationen von Radio Erbol zufolge soll der Präfekt zusammen mit den Mördern nach Brasilien geflüchtet sein. Fernández wird für ein Massaker verantwortlich gemacht, bei dem am Donnerstag nahe der Ortschaft Porvenir jüngsten Angaben zufolge bis zu 30 Bauern ermordet worden waren. Veimar Becerra, ehemaliger Generalsekretär der verfassunggebenden Versammlung Boliviens, sprach sogar von bis zu 70 Opfern, die wie Tiere abgeschlachtet worden seien. Die Regierung Boliviens bezeichnet die Vorgänge als das "größte Massaker" in der demokratischen Geschichte. 16 Leichen wurden bisher geborgen, doch eine genaue Zahl kann noch nicht angegeben werden, weil immer noch Tote in der Umgebung gefunden oder aus dem Fluss Tahuamanu geborgen werden.

Der militärische Arm der Crucenistas grüsst schon mal mit Sieg-Heil, Wagen mit Hakenkreuz fahren herum. Was Klaus Barbie, der Schlächter von Lyon, jahrelang in Bolivien mit Unterstützung des CIA aufgebaut hat, trägt jetzt Früchte. In einem der ostbolivianischen Sezessionsdepartements (Pando) haben sich nach Regierungsangaben inzwischen paramilitärische Gruppen formiert. Auch tritt die ultrarechte Jugendunion Santa Cruz (Unión Juvenil Cruceñista, UJC) als militärischer Arm des Bürgerkomitee Santa Cruz auf. Ihr Anführer Jorge Begner Hollweg gehört dem bolivianischen „Deutschtum“ an. Die US-Regierung hat damals und heute ihre Hände im Spiel.
Nach der Niederlage der faschistischen Staaten im Zweiten Weltkrieg ging ein großer Teil der NS-Eliten und ihrer Kollaborateure nach Südamerika ins Exil. Besonders die Region um Santa Cruz entwickelte sich zum Anlaufpunkt einer Reihe von Alt-Nazis aus Deutschland sowie italienischer und kroatischer Faschisten. In den jugoslawischen Sezessionskriegen spielten kroatische Exilantenfamilien aus Santa Cruz eine nicht unwichtige Rolle: Sie entwendeten Waffen aus den Beständen der bolivianischen Armee und schmuggelten sie mit Hilfe des bolivianischen Konsulats in Hamburg nach Kroatien. In den aktuellen Sezessionsbestrebungen sind sie erneut in hohem Maße aktiv. Berichten zufolge genießen sie die Unterstützung deutschstämmiger Exilantenfamilien, die nach wie vor auf besondere Fürsorglichkeiten aus Berlin vertrauen können („Deutschtum im Ausland“). „Und die deutsche Regierung unterhält mit Hilfe von Nichtregierungsorganisationen und der GTZ praktisch ein Viertel des Staatsapparats“ [7], heißt es in Bolivien: Ein Interessengeflecht, das die Parteilichkeit der deutschen Seite in den innerbolivianischen Auseinandersetzungen verstärkt.

Inzwischen gab es einige internationale Reaktionen: Brasilien hat erklärt, Lateinamerika "toleriert keinen Putsch" in Bolivien. Präsident Lula da Silva hat die "Freundschaftsgruppe mit Bolivien" reaktiviert, um in dem Konflikt zu vermitteln. Die Präsidentin von Chile hat für Montag einen Dringlichkeitsgipfel der Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR) einberufen. Mit dem Krisengipfel soll die Regierung Morales unterstützt und dazu beigetragen werden, dass der Konflikt "friedlich über Dialog und Verhandlungen" beigelegt wird. Einstimmig hätten die zehn Präsidenten der Mitgliedsstaaten ihre Teilnahme bestätigt, erklärte die chilenische Präsidentin Michelle Bachelet, die derzeit den Vorsitz von UNASUR führt.
Auch in Berlin wurde für Montag zu einer Kundgebung aufgerufen:
 http://www.redglobe.de/index.php?option=com_content&task=view&id=2544&Itemid=118
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Ergänzungen

Korrektur

Anna von Roten 15.09.2008 - 00:28
Im zweiten Absatz des eigentlichen Artikels heisst es "Oligarchie von Brasilien". Das ist natürlich falsch. Es muss heissen: "Oligarchie von Bolivien". Dies ist ein Fehler, für den ich mich entschuldige.

mehr stellungnahmen bitte

ich 15.09.2008 - 00:37
 http://arab.antifa.de/index.php/content/view/207/1/

Nein zum rechten Putschversuch in Bolivien

Das vom sozialistischen Präsidenten Evo Morales regierte Bolivien sieht sich seit Anfang der Woche(Stand 12.9.'08) einem Putschversuch rechter Oppositioneller in den Provinzen Santa Cruz, Beni, Pando, Tarija und Chuquisaca ausgesetzt.

Der us-amerikanische Botschafter Phillip Goldberg, der die rechte Opposition unterstützt, wurde inzwischen von der Regierung zur unerwünschten Person erklärt und des Landes verwiesen. Auch Venezuela entschied sich daraufhin den US-Botschafter aus zu weisen. Evo Morales regiert das südamerikanische Land mit der Partei Movimento al Socialismo nun seit 2005. Als erster indigener Präsident Boliviens bemüht er sich stark im Kampf gegen Rassismus, der sich nicht nur in Übergriffen gegen Indigene, sondern auch in den Besitzverhältnissen niederschlägt.
Auf Grund umfassender Reformen wurden Rohstoffkonzerne verstaatlicht und Sozialgesetzgebungen eingeführt und ausgebaut.
Die reichen Provinzen Santa Cruz, Beni, Pando, Tarija und Chuquisaca, in denen die rechte Opposition ihre Basis hat, versuchen gegen diesen Reformen zu arbeiten und diese zu blockieren. Nach einem Referendum über die Legitimität des Präsidenten und der Provinz-Präfekten hatte Evo Morales weiterhin das Vertrauen der Bevölkerung ausgesprochen bekommen, während einige rechte Präfekte abgesetzt wurden.

Nun kam es in einigen Provinzen zu Angriffen auf Regierungsgebäude und des staatlichen Fernsehsenders, die von der rechten Opposition mit Unterstützung des US-Botschafters ausgingen. Die USA unterstützten in der Vergangenheit bereits Putschisten in Chile, Nicaragua, Guatemala, Kolumbien und Venezuela, als dort linke Regierungen über Wahlen an die Macht kamen.

Trotz unserer Kritik an der Konzeption dieser Regierungen, den Sozialismus über das Staatswesen und Reformen in die Gesellschaft einführen zu wollen, müssen die rechten Putschversuche und die damit verbundenen us-amerikanischen Bestrebungen zurück gewiesen und den linken, fortschrittlich gesinnten Kräften unserer Solidarität ausgesprochen werden.

Nein zum Putsch rechter Oppositioneller in Bolivien!
Für die soziale Revolution weltweit!

[ARAB]-Antifaschistische Revolutionäre Aktion Berlin
September 2008

Siehe auch

Ralf 15.09.2008 - 08:34
Bolivien ruft Ausnahmezustand in Pando aus

Ralf Streck 14.09.2008
Bei bewaffneten Angriffen der Opposition auf Sympathisanten der Regierung
sind mindestens 16 Menschen ermordet worden

Nach der Stürmung von Regierungsgebäuden im Departement Santa Cruz am
Wochenanfang (Bolivien: Opposition stürmt Behörden und blockiert Grenzen)
hat sich die Lage in Bolivien deutlich verschärft. Am Donnerstag hatten
paramilitärische Gruppen in Pando auf Sympathisanten der Regierung
geschossen (Bolivien: Konflikt zwischen reichen und armen Provinzen
gewinnt an Schärfe), worauf die Regierung den Ausnahmezustand über das
Departement verhängte. Anders als behauptet, handelte es sich offenbar
nicht um "Zusammenstöße zwischen beiden Seiten", sondern um ein gezieltes
"Massaker", bei dem Dutzende Menschen ermordet und verletzt wurden.
 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/28/28712/1.html

Hallo Anna

Ralf 15.09.2008 - 08:41
Wenn du ganze Teile wörtlich aus Texten von mir übernimmst, ist das schon ok, aber lege doch bitte einen Link auf das Original.

Mal zwei Beispiele aus:  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/28/28712/1.html

Inzwischen gab es einige internationale Reaktionen: Brasilien hat erklärt, Lateinamerika "toleriert keinen Putsch" in Bolivien. Präsident Lula da Silva hat die "Freundschaftsgruppe mit Bolivien" reaktiviert, um in dem Konflikt zu vermitteln. Die Präsidentin von Chile hat für Montag einen Dringlichkeitsgipfel der Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR) einberufen. Mit dem Krisengipfel soll die Regierung Morales unterstützt und dazu beigetragen werden, dass der Konflikt "friedlich über Dialog und Verhandlungen" beigelegt wird. Einstimmig hätten die zehn Präsidenten der Mitgliedsstaaten ihre Teilnahme bestätigt, erklärte die chilenische Präsidentin Michelle Bachelet, die derzeit den Vorsitz von UNASUR führt.

Die Regierung Boliviens bezeichnet die Vorgänge als das "größte Massaker" in der demokratischen Geschichte. 16 Leichen wurden bisher geborgen, doch eine genaue Zahl kann noch nicht angegeben werden, weil immer noch Tote in der Umgebung gefunden oder aus dem Fluss Tahuamanu geborgen werden

SORRY, Links

Anna von Roten 15.09.2008 - 13:54
@Ralf
Sorry, ich habe den Beitrag aus verschiedenen Texten zusammengestellt, unter anderem Redglobe, ABI, eine Mail von einer Companera aus Bolivien und Deinen Text, der hier zu finden ist:
 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/28/28712/1.html
ein anderer von Dir, der hier zu finden ist:
 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/28/28689/1.html
hat uns auch sehr gefallen.
redglobe ist hier zu finden:
 http://www.redglobe.de/index.php?option=com_content&task=view&id=2543&Itemid=70
ABI (Agencia Boliviana de Information) ist hier,
 http://abi.bo/
eine spanische Seite, mindestens die Bilder sind interessant, unten das hübsche Face des Leopoldo Fernández, von der Regierung angeklagt als Verantwortlicher des Massakers von Pando (Archivbild).
Da telepolis ja das normale Urheberrecht besitzt, was auch wichtig ist für freie Journalisten, muss es natürlich hier auch eingehalten werden.
Sorry also nochmal!

Kommunique von Socialismo o Barbarie Bolivia

Entdinglichung 15.09.2008 - 16:56