Transformation der Bundeswehr und Widerstand

Antimilitaristische Infotour aus Hannover 01.08.2008 16:51 Themen: Militarismus
Dieser Artikel soll aufzeigen weshalb eine vermehrte Auseinandersetzung mit der Bundeswehr von linksradikaler Seite nötig ist. Dazu werden zunächst die sog. Transformation der Bundeswehr und ihrer Hintergründe erläutert. Im Anschluss sollen einige antimilitaristische Interventionsmöglichkeiten im allgemeinen und der geplante Aktionstag gegen Krieg und das Sommerbiwak der 1. Panzerdivision Hannover am 22. August 2008 näher beleuchtet werden.
DIE TRANSFORMATION DER BUNDESWEHR

„Als rohstoffarmes, Exportorientiertes Land ist Deutschland auf Stabilität und Sicherheit angewiesen.“

Dieser Satz könnte vielleicht aus dem Entwicklungsministerium stammen, vor 30 Jahren wäre er es vielleicht auch, hier und heute ist er es aber nicht. Es handelt es sich um die Abschlusserklärung des Celler Trialogs, der sich selbst als das nationales Forum für den Austausch zwischen Wirtschaft, Politik und Bundeswehr bezeichnet. In der Tat hat sich die deutsche Außenpolitik in den letzten 20 Jahren massiv verändert.
Von den Einsätzen in Somalia und Kambodscha über den Angriff auf das ehemalige Jugoslawien im Jahr 1999, bis hin zum aktuellen Kriegseinsatz in Afghanistan - Schritt für Schritt wurde die Außenpolitik Deutschlands militarisiert. Dies ist weder Zufall, noch dem bösen Willen einzelner PolitikerInnen geschuldet. Doch was sind die Gründe dafür?
Im Allgemeinen folgt auf diese Frage, der Verweis auf geostrategische Interessen und die Verfügungsgewalt über Rohstoffe, insbesondere Öl. In der Tat sind die meisten Interventionen seit Anfang der 90er in Ländern und Regionen erfolgt, die in dieses Muster passen. Aber wir denken, dieser Verweis ist nicht ausreichend. Er erklärt nicht, warum diese Verfügungsgewalt zunehmend militärisch hergestellt wird und eben nicht mit Mitteln der ökonomischen Einbindung oder der Diplomatie.
Nach dem Ende des Warschauer Paktes wurde die BRD wieder ein so genannter souveräner Staat, der selbstverständlich auch militärische Mittel zur Durchsetzung seiner Interessen einsetzen würde.
Erst der Zusammenbruch des real-existierenden Sozialismus schaffte die Möglichkeiten solcher Interventionen, ohne die ganz große Auseinandersetzung, inklusive eines Atomkrieges, zu riskieren. Aber die Notwendigkeiten einer Militarisierung der Außenpolitik entstehen aus Veränderungen im Kapitalismus selbst. Egal ob man diese Veränderung nun mit Begriffen wie Postfordismus, finanzmarktgesteuerten Kapitalismus, oder Globalisierung kennzeichnet, immer deutlicher wird, dass dieser Kapitalismus nicht mehr das Versprechen auf immer mehr Wohlstand und Entwicklung einhält. Schon die Sprache verrät diese Veränderung: aus Entwicklungsländern sind zerfallende Staaten geworden, aus Schwellenländern, Konkurrenten. Es gibt keine Perspektive von Entwicklung und Wohlstand. Das führt dazu, dass der gesellschaftliche Zusammenhang, aber auch der zwischen Staaten zunehmend gewalttätig, in letzter Konsequenz militärisch hergestellt wird. Die Interventionen der so genannten westlichen Staatengemeinschaft folgen dieser Logik. Als Reaktion auf den zunehmenden Hunger und Elend für immer größere Teile dieser Welt, sowie die knapper werdende Ressourcen, etablieren die Metropolen eine Sicherheitsarchitektur, die nach außen abschottet – mit Grenzregimen, Lagern, Zäunen und zugleich mit Interventionen, die den Zugriff auf Rohstoffe und die Freiheit der Handelswege sichern.
Humanitäre Anliegen verkommen zur bloßen Propaganda, denn diese Sicherheitsarchitektur hält die weltweiten Verhältnisse, die Hunger und Elend hervorbringen, aufrecht. Sie stabilisieren die gegenwärtige Weltwirtschaftsordnung. Sie stabilisieren sie um den Preis der Destabilisierung ganzer Regionen, eine Destabilisierung, in der jeder Gedanke an gesellschaftliche Veränderung und Entwicklung im Keim zu ersticken droht. Der 11. September und der Vorwand des Krieges gegen den Terror beschleunigten diese Entwicklungen nur.
Die weltweiten Interventionen sind Teil des Problems, nicht dessen Lösung.


UMSTRUKTURIERUNG

Eine Armee, die weltweit interventionsfähig sein will, muss allerdings eine andere sein, als die, die noch vor 20 Jahren in den Krieg gegen den Warschauer Pakt ziehen wollte. Diese massive Umstrukturierung läuft unter dem Stichwort Transformation.
Vor dieser Transformation war die Bundeswehr unterteilt in Luftwaffe, Heer und Marine. Jetzt kommt eine neue Unterteilung hinzu.
Die nach Eingreifkräften, Stabilisierungskräften und Unterstützungskräften.
Bei einer Gesamtstärke der Bundeswehr von 211.000 entfallen dabei 35.000 auf die Eingreifkräfte, 70.000 auf die Stabilisierungskräfte und 106.000 auf die so genannten Unterstützungskräfte.
Nach offiziellem Sprachgebrauch wird als Unterscheidung bei den Eingreifkräften gerne von friedenserzwingenden Maßnahmen geredet, und im Falle der Stabilisierungskräfte von friedenserhaltenden Maßnahmen. Hier wird die Unterscheidung deutlich. Friedenserzwingende Maßnahmen sind Interventionen und Angriffskriege auf bzw. in ein anderes Land. Während friedenserhaltende Maßnahmen auf die Etablierung eines Besatzungsregimes abzielen.
Wenn wir uns jetzt die Größenordnung anschauen, dann betont das Militär selbst, dass sich die Zahl von 35.000 Soldaten und Soldatinnen, die zu den Eingreifkräften gehören, aus den eingegangenen Verpflichtungen gegenüber der EU und NATO ergibt.
Diese internationale Einbindung wird innerhalb des Militärs auch gerne als Katalysator bezeichnet. So ist die Bundeswehr sowohl in der NATO (NATO Response Force NRF) als auch in der EU (European Battlegroups) maßgeblich an dem Aufbau so genannter schneller Eingreiftruppen beteiligt.
Die starre Unterteilung der Bundeswehr lässt sich nun aber im realen Einsatz nicht aufrechterhalten. Die Übergänge zwischen Stabilisierungs- und Eingreifoperationen sind fließend. An anderer Stelle wird auch von „Three-Block Operations“ geredet, die Kriegshandlungen, Stabilisierungsoperationen und humanitäre Hilfsleistungen umfassen.
Der Begriff der fließenden Übergänge hat aber weitere Folgen. Er führt dazu, dass das Bild einer Parlamentsarmee, die rein politischen Vorgaben mit klar abgesteckten Mandaten folgt, ins Rutschen gerät. Es sind militärische Vorgaben, mit ihren eigenen Sachzwängen, die eine immer weitere Eskalation des Kriegseinsatzes nötig machen.
Doch zurück zur Transformation der Bundeswehr.
Das Heer hat seinen Schwerpunkt in den Bereichen Stabilisierungs- und Eingreifkräfte. Diese umfassen zusammen 70% der Landstreitkräfte.
Andererseits sind 60% der Eingreifkräfte, nämlich 20.500 Soldaten und Soldatinnen, Angehörige des Heeres.
Von diesen 20.500 Soldaten sind nun wiederum 19.500 Angehörige der 1. Panzerdivision, die ihren Stabssitz in Hannover hat. Sie ist damit im eigenen Selbstverständnis die gepanzerte Speerspitze des deutschen Heeres.


DIE 1. PANZERDIVISION HANNOVER

Um die Bedeutung der 1. Panzerdivision noch mal deutlich zu machen: Die 1. Panzerdivision ist der Teil des deutschen Heeres, der die Eingreifkräfte stellt. Sie „ist vor allem für einen Einsatz hoher Intensität gegen einen vorwiegend militärisch organisierten Gegner optimiert.“
Im Rahmen dieser Transformation ist sie von 10.000 auf 19.000 Soldatinnen aufgestockt worden. Sie besteht fast ausschließlich aus so genannten Längerdienenden (Freiwilligen). Damit ist ihre Einsatzfähigkeit erhöht worden. Sie ist am Aufbau der NATO Responce Force und der European Battlegroups beteiligt. Momentan sind 4.500 SoldatInnen der 1. Panzerdivision auf drei Kontinenten im Auslandseinsatz, unter anderem als Quick Reaction Force (QRF) in Afghanistan.
Und last but not least. Die Fennek Spähpanzer die letztes Jahr in Heiligendamm im Einsatz waren, gehörten zur 1. Panzerdivision.
Die 1. Panzerdivision hat ihren Sitz bzw. ihre Stabskompanie in Hannover, die ihr unterstellten Einheiten sind auf mehre Bundesländer verteilt.


WIDERSTAND

Wie bereits vorher schon ausführlich behandelt, befindet sich die Bundeswehr in einer Phase der inhaltlichen und strukturellen Neuausrichtung, die auf weltweite Einsatzfähigkeit abzielt. Obwohl sich die sog. Transformation noch in der Umsetzung befindet, ist die Bundeswehr spätestens seit 1999 mit dabei, wenn es um internationale Kriegseinsätze geht.
Mittlerweile hat sich an verschiedenen Orten Protest und Widerstand gegen diese Kriegseinsätze und die voranschreitende Militarisierung entwickelt.
Dazu sind unterschiedliche Mittel und Wege gefunden worden. Sehr bekannt geworden sind z.B. die aktuell Verfahren gegen einige Berliner Genossen, denen das in Brand setzen von Bundeswehrfahrzeugen vorgeworfen wird (  http://soli.blogsport.de/ ). Doch auch anderswo wird versucht, der Bundeswehr Sand ins Getriebe zu streuen. In und um Husum wurden z.B. im vergangenen Jahr vermehrt Waffentransporte auf der Schiene blockiert (  http://husuma.punk-am-ring.de/ ). In der Kyritz-Neu-Ruppiner Heide verhindern der entschlossene Widerstand der Bevölkerung und die entstandene Republik Rosa Heide seit Jahren das Entstehen und die Inbetriebnahme des größten Bombenabwurfübungsplatzes Europas. (  http://www.g8andwar.de/ )Alle drei Beispiele greifen aktiv in die Interessen der Bundeswehr und die militärischen Abläufe bei Nachschub Organisation oder Kriegsvorbereitung ein und sind in diesem Sinne SABOTAGE der Kriegsfähigkeit und der Militarisierung.
In einigen Städten macht seit einiger Zeit die Kampagne “Bundeswehr wegtreten!” von sich reden (  http://www.bundeswehr-wegtreten.org/ ). Diese Kampagne hat es sich zum Ziel gemacht die BW mit ihren Werbeveranstaltungen aus den Arbeitsagenturen zu vertreiben. In Göttingen wurde aber z.B. auch Nachwuchswerbung an einer Berufsbildenden Schule verhindert. Die Nachwuchsrekrutierung zu verhindern bzw. auch Kriegsdienstverweigerer aktiver zu unterstützen halten wir für einen weiteren wichtigen Schritt um die Bundeswehr zu schwächen. Wir rufen zur DESERTION auf!

Auch in Hannover haben in den vergangenen Jahren die Aktivitäten gegen die Bundeswehr zugenommen (  http://antimilitarismus.blogsport.de/berichte/ ).
Hannover ist die Patenstadt der 1. Panzerdivision.
Die Bundeswehr im Allgemeinen - und die 1. Panzerdivision als ein maßgeblich Kriegsführender Teil im Besonderen - braucht die Unterstützung der Bevölkerung. Sie ist ein wesentlicher Faktor, um bei SoldatInnen die Bereitschaft herzustellen, in den Krieg zu ziehen. Deshalb ist die Konfrontation der 1. Panzerdivision, an jedem Ort an dem Sie öffentlich auftritt, mit Protest und Widerstand unsere strategische Linie.
Unser Ziel ist es, die 1. Panzerdivision zu ÄCHTEN und aus dem öffentlichen Raum zu verbannen. Ihr somit die gesellschaftliche Akzeptanz zu entziehen und sie letztendlich kriegsunfähig zu machen.
Dazu versuchen wir auf unterschiedlichen Ebenen aktiv zu sein. Einmal wollen wir die Bevölkerung Hannovers dafür sensibilisieren, was für eine Mördertruppe in ihrer Nachbarschaft beheimatet ist. So wurde versucht, mit einer Antimilitaristischen Zeitung oder auch der Beteiligung am Afghanistankongress über die deutschen Kriege, die dahinter stehenden Interessen, die Transformation der Bundeswehr und die Rolle der 1. Panzerdivision bei alledem zu informieren.
Ansonsten wollen wir alle erreichen, die im Moment noch mit der 1. Panzerdivision zusammenarbeiten, bzw. ihr Raum für öffentliche Auftritte bieten. Ob es nun Hannovers Marktkirche ist, in der die 1. Panzerdivision ihr Adventskonzert veranstaltete oder die Stadt Hannover die dieses Jahr das 25-jährige Jubiläum der Patenschaft mit der 1. Panzerdivision feierte. Sie alle sollen damit konfrontiert werden, dass die 1. Panzerdivision Krieg führt und dass dies auch massiven Widerspruch hervorruft. Das hat bisher schon ganz gut geklappt. So haben z.B. auch die Grünen beim Festakt des Jubiläums der Patenschaft im Rat der Stadt Hannover nicht teilgenommen. Wir werten das als ein Zeichen, dass auch bei den grünen Kriegstreibern mittlerweile angekommen ist, dass die 1. Panzerdivision nicht gerade eine Feder ist, mit dem sich die ehemals pazifistische Partei vor den Wählern schmücken kann.
Und die Aktion des zivilen Ungehorsams, die Marktkirche nicht freiwillig zu verlassen solange Militär anwesend ist, löste eine groß aufgemachte Presseberichterstattung auf den Titelseiten - unter dem Tenor Autonome bzw. Chaoten stürmen Marktkirche - aus.
Die Mischung aus einer offensiven Aktion in einer Kirche, die die Presse so derartig aufdrehen ließ, und die massiven auch innerkirchlichen Proteste, die durch Kontakte der Friedensbewegung zu Stande kamen, führten dazu, dass sich die Kirche gezwungen sah Gesprächsbedarf anzumelden. Rund drei Monate nach der Aktion kam es zu einer Podiumsdiskussion zwischen VertreterInnen unserer Initiative und der Marktkirche; an der laut Presse 250 Menschen teilnahmen. Letztendlich sprachen sich zwei von drei anwesenden Kirchenvorstandsmitgliedern für eine Rücknahme der Anzeigen wegen Hausfriedensbruch aus und ob dieses Konzert nach dem diesjährigen Amtsende des Oberpastors Puschmann noch einmal stattfinden wird, bezweifeln wir.
Auch wurden in den vergangenen zwei Jahren z.B. mehrfach Messe- und Infostände der Bundeswehr angegangen und in der Nacht vor der Verabschiedung der Soldaten der 1. Panzerdivision nach Afghanistan wurden mehrere Soldatendenkmäler beschmiert.
Zu guter Letzt wollen wir in einem gewissen Sinn auch die 1.Panzerdivision selbst erreichen. Sie soll wissen, dass sie nicht ohne Widerspruch öffentlich auftreten kann. Sie soll in eine Situation gebracht werden, in der sie sich jeden öffentlichen Auftritt zweimal überlegt, aus Angst nicht den gewünschten Werbeeffekt sondern nur mehr negative Schlagzeilen zu produzieren. Letztendlich wollen wir auch den/die einzelnen SoldatIn erreichen. Wir wollen den SoldatInnen, die von der 1. Panzerdivision mittels Adventskonzerten oder Sommerbiwaks hergestellte, emotionale Rückversicherung nach dem Motto „Du kämpfst für eine Gute Sache. Die Bevölkerung, Gott, Hannover oder wer auch immer, steht hinter dir.“ entziehen.
Mittlerweile ist es in Hannover nach jahrelanger Arbeit gelungen, dass das Thema Antimilitarismus sowohl szeneintern als auch in der medialen Aufmerksamkeit deutlich präsent ist.


ÄCHTUNG, SABOTAGE, DESERTION

- das sind für uns Wege, die Bundeswehr langfristig kriegsunfähig zu machen. Wobei wir nochmal betonen wollen, dass wir mit dem Bestreben die Bundeswehr kriegsunfähig zu machen nicht nur das Ziel verfolgen weitere Kriege zu verhindern bzw. die aktuellen zu beenden. Wenn wir davon ausgehen, dass diese Kriege Ausdruck der aktuellen Phase des Kapitalismus sind, heißt das im Umkehrschluss, dass eine kriegsunfähige Bundeswehr eine massive Einschränkung der Handlungsfähigkeit des kapitalistischen Staates BRD wäre.
Gerade Anbetracht des geschilderten Ausbaus der Bundeswehr zu einer weltweit einsetzbaren Interventionsarmee, sehen wir die Bekämpfung der Bundeswehr und ihrer Einsatzfähigkeit als einen wichtigen strategischen und inhaltlichen Schritt, den hegemonialen Machtbestrebungen Deutschlands etwas entgegen setzen zu können.


DAS SOMMERBIWAK DER 1. PANZERDIVISION

Am 22. August ist es wieder soweit: Die 1. Panzerdivision feiert ihr Sommerbiwak. Zum 35sten mal wird der Stadtpark zum Tummelplatz der Militärs. Es werden wieder Tarnnetze in die Bäume gehängt, ein Orchester spielt zum Tanze auf, VW präsentiert seine teuersten Modelle. Das Sommerbiwak soll für die Anwesenden ein recht unterhaltsamer Abend werden: Mit einer bunten Mischung aus Kleinkunst, Bühnenshow, Tanz, Illumination und pompösem Feuerwerk. 6500 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Militär feiern mit der Lokalprominenz und dutzenden Hofnarren ihr rauschendes Fest unter muffigen Tarnnetzen, im Schein der Fackeln, begleitet vom Schmiss fleißiger Militärkapellen, die mottogetreu einen ”Sommernachtstraum” in den lauen Sommerabend tröten und trommeln.
Wohl unvermeidlich sind auch die Grußworte des hannoverschen Oberbürgermeisters Weil, in denen die Verbundenheit der Bevölkerung mit der 1. Panzerdivision behaupten wird.
Das jährliche Sommerbiwak ist der öffentlichste Ausdruck dieser Verbrüderung von Militär und Stadtregierung.
Damit der ganze Humbug auch finanziert werden kann, schließlich sind auch in Hannover die Kassen knapp und die Bundeswehr hat nur 30 Milliarden zur Verfügung, bedarf es einer Reihe von Werbesponsoren. Der größte ist VW, da besteht die Konzernleitung höchst persönlich drauf. Aber auch die hannoversche Herrenhäuser-Brauerei oder öffentliche Betriebe, wie der Großraum Verband Hannover wollen sich präsentieren. Eine Reihe Hotels bieten Vergünstigungen für Gäste des Sommerbiwaks an und das eine oder andere Lokal bewirbt sich gerne im Programmheft.
Der Sinn des Sommerbiwaks ist es, immer wieder die aktive Unterstützung der gesellschaftlichen Eliten für das deutsche Militär zu demonstrieren.
Hannovers ehemaliger Oberbürgermeister Schmalstieg hat dies in einem Grußwort mal so zusammengefasst: „Dieser Rahmen ist alljährlich ein hervorragender Anlass, die guten Kontakte zwischen Bundeswehr, Wirtschaft und Politik noch weiter zu vertiefen.“
Und diese guten Kontakte braucht es, um Krieg führen zu können.
Wer also meint, „Sollen sie doch besser feiern als Krieg führen“, der irrt. Sie feiern, damit sie Krieg führen können!
Das Sommerbiwak fand jahrzehntelang ohne die Aufmerksamkeit einer antimilitaristischen Linken statt.
Das liegt auch daran, dass erst seit Deutschland am Hindukusch verteidigt wird, solche Propagandaveranstaltungen eine angemessene mediale Aufmerksamkeit genießen – der Madsack-Verlag, der die beiden hannoverschen Tageszeitungen herausgibt, gehört übrigens auch zu den Unterstützern des Biwaks und gibt zu dem Anlass auch ein Extrablatt für die Gäste heraus.
Aber dank der Lokalpresse haben auch wir vor 3 Jahren endlich mitbekommen, dass sich einmal im Jahr 6.500 Militaristen und Militaristinnen in Hannover versammeln. Wir danken also für die Berichterstattung.
2005 haben wir uns mit ca. 15 Leuten vor den Eingang gestellt und solange gegen die prügelnden Feldjäger durchgehalten, wie es eben nur ging. Es war das Erste mal, dass sich die Anwesenden mit Protest konfrontiert sahen – um so aggressiver reagierten sie auf unsere Blockade.Obwohl wir nicht Viele waren und die Aktion nicht lange dauerte, war uns schnell klar, dass sich hier ein hervorragender Angriffspunkt gegen das öffentliche Auftreten der Bundeswehr bietet. Das hat uns Mut gemacht, die Panzerfreunde genau dort auch wieder zu belästigen.
Im nächsten Jahr waren wir schon 150 Leute. Wir haben eine Demo vom Sitz der 1. Panzerdivision bis vor den Haupteingang des Kuppelsaales, der auch der Eingang zum Sommerbiwak ist, durchgeführt und dort eine Kundgebung abgehalten.
Ziel war es, diese Kundgebung so offensiv wie möglich zu gestalten. Wir wollten die Dame mit Hut und den Herrn im Frack mit dem konfrontieren, was sie da abfeiern: Krieg. Mit Soundcollagen, Musik, Transparenten und Redebeiträgen wurden die Anreisenden belästigt. Es ging nicht darum, hier irgendjemandem die Welt zu erklären. Eine widerständige Kundgebung, die eine direkte Belästigung für die heraneilenden Kriegsfreunde darstellt – so wollten wir das. Allerdings haben die Bullen es uns nicht leicht gemacht: Wir mussten die Kundgebung in einem gitterumzäunten Karree abhalten, dass ca. 30 Meter vom Haupteingang des Biwaks entfernt ist. Es gab auch sehr repressive Auflagen, was die Benutzung von Lautsprechern und Lärminstrumenten angeht. Der Erfolg 2006 hatte uns Mut auf mehr gemacht.
So entwickelte sich im vergangenen Jahr ein Bündnis aus autonomen Gruppen mit Gruppierungen aus dem friedenspolitischen Spektrum.
Es wurden 2 Demos angemeldet und eine Art Umzingelungstaktik versucht – leider mit mäßigem Erfolg. Es beteiligten sich zwar noch mal etwas mehr Leute, aber es gelang im Wesentlichen nicht noch effektiver zu stören. Es gab aber auch Erfolge und eine Weiterentwicklung des Widerstandes: Es fanden im Vorfeld eine Critical Mass-Aktion, eine Fahrraddemo und weitere kleinere Aktionen statt. Außerdem war die Etablierung des Bündnisses ein wichtiger Fortschritt.
2007 war es uns auch gelungen, den Widerstand gegen das Sommerbiwak in Hannover zu verankern und ihn zum festen Bestandteil linker und linksradikaler Aktivität werden zu lassen. Auch ist es gelungen, über Hannover hinaus deutlich zu machen, dass Antimilitarismus hier politisch was bewegt. Deswegen trauen wir uns 2008 auch an eine überregionale Mobilisierung


DER AKTIONSTAG AM 22. AUGUST 2008

17 Uhr Kundgebung vor dem HCC
Den Auftakt zu unserem Aktionstag gegen Krieg, Militarisierung und das Sommerbiwak bildet um 17 Uhr eine Kundgebung vor Hannovers Congress Centrum (HCC).
Da sich der Stadtpark, in dem das Biwak stattfindet, direkt hinter dem HCC befindet, müssen die anreisenden Eliten wohl oder übel an unserer Kundgebung vorbei.
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben dazu geführt, dass wir dieses Jahr nicht zum HCC hindemonstrieren, sondern genau dort mit einer Kundgebung starten werden.
Der Kundgebungsplatz wird zwar immer mit Hamburger Gittern abgesperrt, so dass man wie in einem Käfig steht; Da aber alle TeilnehmerInnen einzeln zur Auftaktkundgebung kommen, eröffnet das die Möglichkeit, dass alle, die nicht in diese Umzäunung reinlaufen wollen dies nicht unbedingt tun müssen. Wir erhoffen uns davon einen größeren Bewegungsfreiraum. Schließlich gibt es ja keine Vorschriften aus welcher Richtung man sich zu der angemeldeten Kundgebung begibt - Vielleicht gibt es ja Leute, die direkt am Eingang oder rund um den Stadtpark aktiv werden wollen...
Gleichzeitig wird sich die Highsociety Hannovers herausgeputzt auf den Weg zu „Europas schönstem Gartenfest“ machen. Dabei wollen wir sie das erste Mal an diesem Tag mit dem konfrontieren, was sie gerne vergessen aber trotzdem tun: Kriege führen.
Die Kundgebung soll einerseits, wie schon die letzten Jahre, die Gäste mit Transparenten, Parolen und Redebeiträgen belästigen und sie mit unserem Widerstand konfrontieren. Andererseits soll sie auch Allen, die sich außenherum bewegen einen Bezugspunkt bieten. Wir wollen erreichen, dass kleinere Gruppen von DemonstrantInnen sich auch außerhalb des Kundgebungsortes, aufhalten können.
Der Charakter der Kundgebung soll durch alle ihre Beiträge offensiv sein und zu einer Beeinträchtigung der feierlichen Geselligkeit der Biwakgäste führen. Auch aus dem umzäunten Kundgebungsareal kann man ganz gut die Anreisenden beschimpfen.
Doch auch die Parkplätze und die Bahnstation an der die BiwakbesucherInnen ankommen, können belagert werden. BiwakbesucherInnen können z.b. beschimpft, belästigt oder behindert werden.
Gegen 19 Uhr, wenn der Großteil der Gäste im Stadtpark angekommen ist und drinnen die Eröffnungsreden gehalten werden, werden wir diesen Schauplatz erst einmal verlassen und uns geschlossen in einer Demonstration zum Freizeitheim Lister Turm bewegen. Auf dem Weg dorthin wollen wir noch einmal möglichst nah und möglichst laut am Stadtpark vorbei demonstrieren.

19:30 Uhr Friedensbiwak im Freizeitheim Lister Turm
Wir wollen mit einem "Friedensbiwak" ein Zeichen der Opposition gegen Krieg und Militär setzen.
Dazu wird es im und um das Freizeitheim Informationen zur 1. Panzerdivision und der BRD im Krieg geben und die verschiedenen, am antimilitaristischen Widerstand beteiligten Gruppen, haben Raum, sich und ihre Arbeit vorzustellen.
Auch für ein kulturelles Rahmenprogramm wird gesorgt sein.
Gleichzeitig soll uns das „Friedesbiwak“ als Rückzugs- und Vorbereitungsraum für weitere Aktionen dienen.
Deshalb wird es dort eine Vokü, eine Pennplatzbörse, Kontakt zum Ermittlungsausschuss (EA) und einen Infopunkt geben. Neben dem Infopunkt an dem Kartenmaterial usw. zu Verfügung steht, wird es auch noch eine „Aktionsmaterialienausgabestelle“ geben an der sich Leute mit Lärmgerät, Verkleidung, Transparenten und ähnlichem „Protestutensilien“ ausrüsten können.
Denn Abends geht es noch einmal zum Stadtpark.

22:00 Uhr Demonstration vom FZH Lister Turm zum Stadtpark
Mit dieser Demonstration wollen wir erneut mit möglichst vielen Menschen zum Stadtpark gehen um die Gäste auch bei ihrer Abreise noch einmal zu belästigen und zu behindern.
Die Demonstrationsroute wird dabei vom FZH, dem Ort des „Friedensbiwaks“, starten und voraussichtlich durch das Zooviertel bis zum Stadtpark führen.
Dort wird dann das Feuerwerk für die Biwakgäste gerade vorbei sein, und die ersten Gäste machen sich auf den Weg nach Hause. Aber sie sollen nicht im lauen Sommerwind einen gelungenen Abend Revue passieren lassen können – das wollen wir ihnen vermiesen!
Die Demo wird möglichst nah an den Stadtpark heranführen.Es wird unterschiedlichste Möglichkeiten geben, aktiv zu werden. Es soll diesmal keine langes Rumgestehe geben. Wir wollen gemeinsam zum Stadtpark um den Gästen ihre Abreise zu versauen! Also soll jeder und jede aktiv werden. Ob in der eigenen Bezugsgruppe mit einem vorher ausgetüftelten Plan oder als Teil von vorbereiteten Aktionen, ob mit selbst mitgebrachten Material oder mit Hilfe der vorher ausgeteilten „Protestutensilien“, ob bunt verkleidet oder in schwarz, ob stinkend, laut oder wild schimpfend - Alles ist erwünscht und für jede/n soll etwas dabei sein. Wir wünschen uns eine chaotische Abreise, auf das die hohen Gäste nicht wieder kommen!
Natürlich lässt sich so etwas nicht komplett planen und es erfordert auch Eigeninitiative. Aber wir werden mit der Demo einen Rahmen schaffen, mit dem hoffentlich vielen Leuten gelingt, nochmals zum Stadtpark zu gelangen.
Auch für den Abend gilt: Wir lassen die 1. Panzerdivision und ihre Gäste nicht in Ruhe.

„Ziel ist es die 1. Panzerdivision aus der Öffentlichkeit zu
drängen, Interventionskriege unmöglich zu machen -- letztlich die
Bundeswehr abzuschaffen.“ (Amilitaristischer Aktionskreis Hannover AMAK)

Infoveranstaltungstermine:

Infotour
Zu dem Aktionstag gegen Krieg, Militarisierung und das Sommerbiwak am 22. August 2008 gibt es eine Infotour.
Die Infotourveranstaltung beinhaltet mehrere Teile zur Transformation der Bundeswehr, der Rolle der 1. Panzerdivision Hannover, antimilitaristischen Interventionsmöglichkeiten, Widerstandspraxis, dem Sommerbiwak und natürlich den geplanten Aktionstag am 22. August.

Termine

Do. 07.08.2008 20 Uhr Café Nexus in Braunschweig  http://www.dasnexus.de/

Fr. 08.08.2008 20 Uhr Nomadisches Antikriegscafé Berlin  antikriegscafe@riseup.net

Di. 12.08.2008 20 Uhr Projektwerkstatt Hildesheim
 http://www.janun.de/ueber_uns/mitglieder/prowe_hildesheim/

Mi. 13.08.2008 19 Uhr Sielwallhaus Bremen

Mi.13.08. 2008 20 Uhr UJZ Korn Hannover  http://www.ujz-korn.de/

Do. 14.08.2008 20 Uhr Wohnwelt Wunstorf  http://www.wohnweltwunstorf.de/

Do. 14.08.2008 20 Uhr Theaterkeller Göttingen  http://theaterkeller.cpunk.de/



Fundierte Analysen zur Transformation der Bundeswehr:
 http://www.imi-online.de/

Umgebung HCC bei google maps:
 http://maps.google.de/maps?f=q&hl=de&geocode=&q=hannover+congress+centrum&sll=51.151786,10.415039&sspn=13.989614,28.300781&ie=UTF8&t=h&z=16.

Offizielle Sommerbiwak Homepage:
 http://www.sommerbiwak.de/
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Ergänzungen

Mehr Fotos Sommerbiwak

Infotour 01.08.2008 - 17:26
einige Fotos vom Sommerbiwak 2007 um mal einen Eindruck zu gewinnen was das überhaupt ist, findet ihr unter folgendem link:
 http://server1a202.eventit.ag/data/bw/biwak07/gallery/index.php?city=all