Hannover: Zensur bei Radio Flora

radiored 13.07.2008 13:37 Themen: Medien
Was sich am 7.7.2008 bei Radio Radio Flora abspielte, dürfte in der Radiogeschichte Westdeutschlands nach 1945 Seltenheitswert besitzen. Als die verantwortliche Redakteurin der Redaktion International, Mechthild Dortmund, zehn Minuten vor Beginn der Sendung das Studio betrat, teilte ihr der Techniker mit: Auf Anweisung der Sendeleitung habe er ihre Moderation zu überprüfen ...
... Falls sie das geplante Feature "Die Kampagne – Beseitigung eines selbstverwalteten Rundfunkbetriebes in Hannover" ankündige, müsse er die Übertragung "auf Anordnung des Chefs" sofort abbrechen. Zunächst stand der Zensor direkt neben dem Mischpult neben der Redakteurin, dann zog er sich in die Technik zurück, um von dort die Sendung zu überwachen.

Mechthild Dortmund sprach zunächst über die Verfolgung von Journalisten und die Unterdrückung der Pressefreiheit in verschiedenen Ländern, kam dann auf die Situation in Deutschland zu sprechen und kündigte schließlich das Feature an. In diesem Augenblick würde die Übertragung abgeschaltet und Rockmusik eingeblendet.

siehe:
 http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=23224

Der Arbeitskreis Regionalgeschichte, der das Radiofeature zusammen mit der Redaktion International produzierte, protestiert gegen die Etablierung der Zensur bei Radio Flora, die Entmündigung der Redaktionen und die Aushebelung des Redaktionsstatuts. Offensichtlich soll der redaktionelle Teil des hannoverschen Bürgerradios zur Übernahme durch die Werbewirtschaft und den Kommerzfunk fit gemacht und über die Hintergründe geschwiegen werden. Das Vorgehen der Sendeleitung von Radio Flora bestätigt eindrücklich die Aussagen des Radiofeatures.

Am Dienstag, den 8.7.2008 konnten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Offenen Sendeplatzes "Interpol", auf den die neuen "Chefs" des Radios rechtlich keinen unmittelbaren Zugriff haben, das inkriminierte Feature senden. Inzwischen wurde es auch von Radios in Darmstadt, Dresden, Göttingen, Freiburg, Halle und Marburg ausgestrahlt. Andere Radios sendeten ausführliche Interviews mit dem Autor. "Die Kampagne" dürfte inzwischen zum weitverbreitetsten und bekanntesten Beitrag geworden sein, der je bei Radio Flora produziert wurde. Ein Hörer schickte ein Zitat des Dramatikers Frank Wedekind (1864-1918):
"Ein Zensor ist ein Beamter, der Dinge empfiehlt, indem er sie verbietet."

Im Internet zu hören ist "Die Kampagne" unter:
www.freie-radios.net/portal/content.php?id=23179

Und hier der Anfang der Textversion des Radiofeatures:


Die Kampagne
Beseitigung eines selbstverwalteten Rundfunkbetriebes in Hannover
ein Bericht von Hubert Brieden

I. Anfänge: Schaffung von Gegenöffentlichkeit
Die Idee war nahe liegend. Sie fand und entwickelte sich auf Bauplätzen und Straßen. Wollte man der Atomlobby und ihren Verbindungsleuten in Wirtschaft, Regierung und Massenmedien etwas entgegensetzen, mussten neue Wege der Öffentlichkeitsarbeit gesucht und gefunden werden. Das Schreiben von Flugblättern allein jedenfalls reichte nicht mehr aus. Umweltaktivisten aus dem Elsass hatten zum ersten Mal am 4. Juni 1977 einen grenzüberschreitenden – damals noch illegalen – Radiosender im Kampf gegen drei geplante Atommeiler bei Wyhl, Fessenheim und Kaiseraugst eingesetzt. Die Pilotsendung hatte nur 12 Minuten gedauert, aber sie war die Geburt von "Radio Verte Fessenheim", das später nach langen Auseinandersetzungen zu Radio Dreyeckland, dem ersten Freien Radio werden sollte ...
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Ergänzungen

Beschämend

Leo 16.07.2008 - 16:18
Es ist schon beschämend, wenn sich Menschen als Journalisten betätigen, dabei die geltenden Presse- und Mediengesetze missachten - inklusive des Pressekodex - und dann anderen Zensur vorwerfen, wenn sie ihren sog. Bericht redaktionell nicht durchsetzen können.
Sowas geht wohl nur im Amateurfunk!
Und, wen wundert's beim Neuen Deutschland und offenbat der TAZ.
Und die ganze Bande der Amateur-Funker schreit hurra.
Warum kommt eigentlich keiner der Betroffenen selbst zu Wort? Schon mal was von Sorgfaltspflicht und Wahrheitsgebot gehört?
Da hilft nur Abschalten!

Zensur bei Radio Flora - Teil 2

redradiohead 17.07.2008 - 06:59
hier geht die Geschichte weiter:
 http://de.indymedia.org/2008/07/222392.shtml

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Irgendwie lustig,

Exflorist 13.07.2008 - 14:12
dass die Leute (Redaktion International), mit daran beteiligt waren in einer Einheitsfront mit dem jetzigen Vorstand, alle Bemühungen zu behinderen bei Radio FLora eine Programmreform umzusetzen, jetzt merken, dass sie die falschen leute unterstützt haben.

Leider zeigt sich hier mal wieder, wohin die Politik des "der Feind meines Feindes ist mein Freund" führt. Anstatt sich in die Strukturen einzubringen haben gerade die namentlich erwähnten, immer nur zu Treffen bemüht, wenn ihre eigenen Interessen berührt waren. Anscheinend nach dem Motto "Selbstverwaltung heißt, dass sich alles von selbst verwaltet".

Peinlich wurde das Verhalten der jetzt zensierten aber in dem Moment, als sie nichts unternommen haben, um die Abschaffung der Basisdemokratie (Ausschaltung des Mitbestimmugnsrecht des Plenums durch den aktuellen Vorstand) zu verhindern. Besonders, da sie dem alten Vorstand, den sie teilweise als faschistisch bezeichnet haben, immer vorgeworfen haben die Basisdemokratie abschaffen zu wollen und mit Elan dagegen agitiert haben. Unter anderem mit den Leuten, die jetzt ihre Sendung haben zensieren lassen. Frisst da die Revolution etwa ihre Kinder?

Anyway - Radio Flora wird sowieso nur noch bis Mitte nächsten Jahres existieren, dann läuft die Sendelizens aus und es wird ein "richtiges" Lokalradio, ohne Mitbestimmung und unter Federführung derjendigen Leute geben, die jetzt das Messe- und Schützenfestradio machen. Wozu also die Aufregung? Redaktion Internationales sollte eher anfangen zu lernen, dass Zensur dann die Regel sein wird...

Alles in allem nur wieder ein Kapitel aus dem Buch "Antiimp-Politik für Anfaänger"

Personalunion

Noch eine, die Flora kennt! 13.07.2008 - 14:47
Auch immer wieder lustig, wie man versucht Masse zu machen. In diesem Fall ist der AK Regionalgeschichte und die Redaktion International absolute Personalunion. Aber das nur am Rande! Ansonsten kann ich dem EXfloristen nur bestätigen.

@exflorist

egal 13.07.2008 - 15:05
deinem sarkastischen ton entnehme ich das du regelrecht freusts über die zensur und das ende von radio flora.daher nehme ich mal ganz klar an das du aus der antideutschen ecke kommst.
die zerstörung linker strukturen liegt euch ja besonders am herzen.

Exflorist halts maul!

ai 13.07.2008 - 16:29
ihr antid's könnt echt nur rumstänkern... ihr seid echt arm.

Schon ne traurige Angelegenheit

Ralf 14.07.2008 - 09:18
Liebe Grüße an Mechthild aus dem Baskenland!