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Enteignung und Vergesellschaftung

initiative k 13.06.2008 11:00
Warum die Kampagne zur Enteignung und Vergesellschaftung von Energiekonzernen für die (radikale) Linke Sinn macht.
Als im Frühjahr der E.ON Konzern bei seiner Bilanz-Pressekonferenz in Düsseldorf einen erneuten Netto-Rekordgewinn von mehr als fünf Milliarden Euro bekannt gab, konnte er dies nicht ungestört tun. AktivistInnen aus verschiedenen linken Gruppen konfrontierten die JournalistInnen mit einer Kritik der Konzernpolitik und der Forderung nach Enteignung und Vergesellschaftung.

Die initiative k, eine Mitgliedsgruppe des Koordinierungskreis antifaschistischer Gruppen aus Düsseldorf und dem Umland (ANTIFA-KOK)argumentiert zur Sinnhaftigkeit einer Kampagne zu Thema Vergesellschaftung wie folgt.

Sehr kurze Bestandsaufnahme.
Nach dem Zusammenbruch des Realsozialismus schien es in dem Köpfen der Mehrheit der Bevölkerung des größer gewordenden Deutschlands einige Zeit so, als bedürfe es keiner Alternative zum Kapitalismus. Die seitdem ununterbrochene Offensive des Kapitals und seiner Regierungen, der Angriff auf soziale und demokratische Errungenschaften hat jedoch dazu geführt, dass die bestehende gesellschaftliche Situation als bedrohlich empfunden wird – und das nicht nur bei einem "ausgegrenzten Zehntel", sondern bis tief in die "Mittelschichten" hinein.

Die Angriffe führten und führen sowohl zu Abwehrkämpfen als auch zur Resignation. Doch selbst die wenigen offensiv geführten Kämpfe wie die der streikenden LokführerInnen waren nicht in der Lage, strukturelle Verbesserungen im Sinne des klassischen Reformismus durchzusetzen. Das bestehende Unzulängliche oder zu Bekämpfende wird – auch deshalb - vorwiegend als unüberwindlich wahrgenommen. Wenn es denn wahrgenommen wird.

Die Proteste, an denen auch wir beteiligt sind, schaffen es selten, gesellschaftliche Alternativen aufzuzeigen, geschweige denn solche, die von vielen Menschen für realisierbar gehalten werden. Wir denken jedoch, dass solche Alternativen sowohl für das erfolgreiche Führen der Alltagskämpfe hilfreich als auch für eine wie auch immer geartete Strategie notwendig sind.

Warum die Eigentumsfrage?
In der kurzen Zeit, in der wir zum Thema Enteignung und Vergesellschaftung von Energiekonzernen arbeiten, sind wir zu unserem Erstaunen von Menschen aus der radikalen Linken gefragt worden, was denn die Eigentumsfrage mit radikal linker Politik zu tun habe. Für uns ist die Eigentumsfrage die Grundfrage in Hinblick auf die Überwindung der kapitalistischen Ökonomie. Ohne Überwindung des Privateigentums an (zumindest den zentralen) Produktions- und Distributionsmitteln kann u.E. keine nachkapitalistische, emanzipatorische Gesellschaft entstehen.

Dabei wissen wir, dass die Enteignung notwendig, aber nicht hinreichend ist. Wir benutzen daher das Wortpaar Enteignung und Vergesellschaftung (*)in unserer Arbeit, um den demokratischen und emanzipatorischen Charakter unseres Ziels zu beschreiben.

Warum die Energiekonzerne?
Weil anhand der Strom- und Mineralölkonzernen exemplarisch die Schädlichkeit des Kapitalismus für die Mehrheit der Bevölkerung demonstriert werden kann – und weil es jede Menge Anknüpfungspunkte für (radikal) linke Politik gibt.

Wir denken, dass die Energiekonzerne berechtigterweise verhasst sind. Ihre Oligopole sorgen für Extraprofite, herausgepresst aus den Millionen von Strom, Öl, Gas und Benzin abhängigen Menschen in diesem Land. Jede Nachzahlung, jede Preiserhöhung sorgt für Ärger – dem stehen satte Profite gegenüber.

Die Energiekonzerne werden von vielen Menschen aus sozialer, ökologischer und demokratischer Sicht als ein Übel ersten Ranges begriffen, was uns die Argumentation für ihre Enteignung und Vergesellschaftung erleichtert. Darüber hinaus denken wir, dass die Lösung der ökologische Frage (Klimakatastrophe, AKWs etc.) für die Menschheit überlebenswichtige Bedeutung hat – und dass das Zeitfenster für die Lösung stetig kleiner wird. Und, nicht zuletzt sind auch wir individuell von den ständig steigenden Preisen betroffen.

Anhand der Energiekonzerne zeigen wir Themen wie

  • Verflechtung von Staat und Kapital
  • Ausbeutung von Mensch und Natur
  • Kapitalistische Konzentrationsprozesse und Extraprofite
  • Demokratieabbau
  • Materielle und psychische Ausgrenzung und Verelendung
    sowie die Alternativen dazu auf. Unter Umständen nützt uns dabei der Verweis auf das Beispiel Venezuela, dass die Möglichkeit belegt, die Gewinne von verstaatlichten Unternehmen in soziale Projekte zu transferieren.

Unsere Zielgruppe ist dabei heterogen. Es sind sowohl diejenigen, die stört, dass ca einer Millionen Menschen jedes Jahr der Strom abgestellt wird, als auch diejenigen, die sich gegen Kohlekraftwerke wehren und auch jene, die für mehr Demokratie oder Ökostrom kämpfen. Es sind wir selbst, denen das Leben immer kostspieliger gemacht wird zugunsten horrender Profite der Großkonzerne.


Was machen wir?
Erstmal nichts Neues oder Besonderes. Als lokale Initiative machen wir Veranstaltungen und Aktionen zum Thema. Aktionen anlässlich der Verkündigung der Gewinne der Energiekonzerne ebenso wie die Beteiligung an Protestaktionen vor der ARGE, Veranstaltungen zum Thema 'Klimakatastrophe' ebenso wie Veranstaltungen zum Thema 'Enteigung-wie geht das?'. Wir haben bzw. knüpfen Kontakte zu den Gegnern des Kohlekraftwerkbaus ebenso wie zu attac oder den Sozialinitiativen und Gewerkschaften. Wir machen mit oder initiieren selbst – und wir argumentieren dabei für unseren Lösungsvorschlag.

Uns ist klar, dass das Thema Enteignung und Vergesellschaftung nur langsam in die Köpfe vordringen wird. Deshalb sind konkrete Forderungen und Mittel notwendig. Elemente davon können sein:

  • Kampf gegen die Privatisierung von städtischen Energieunternehmen bzw für die Rekommunalisierung.
  • Kampf gegen Kohle- und Kernkraftwerke.
  • Kampf für Sozialtarife in der Energiegrundversorgung.
  • Kampf für die Durchsetzung alternativer Energien in der Region.
  • Kampf gegen die Verwendung von Nahrungsmittel als Biosprit.

Neben dem Versuch, materielle Folgen unseres Kampfes (z.B. durch Bürgerentscheide) zu erzielen, steht als zentrale Aufgabe jedoch das langfristige Ziel der Veränderung des Bewusstseins dahingehend, dass Vergesellschaftung als sinnvoll und notwendig aufgefasst wird.


Was regen wir an?
Unser Erfolg hängt davon ab, ob auch andere Gruppen bereit sind, die Eigentumsfrage aufzugreifen. Wir haben daher hohes Interesse an einer Zusammenarbeit mit anderen Gruppen. Auch könnte die laufende bundesweite attac-Kampagne zum gleichen Thema für Interesse sorgen – in der Öffentlichkeit, aber auch in der (radikalen) Linken. Eine Gelegenheit für Debatte und Aktion in Bezug auf Enteignung und Vergesellschaftung kann das Klimacamp in Hamburg sein.

Unsere nächste Veranstaltung findet am Montag, den 16. Juni zum Thema "Energiekonzerne enteignen - wie geht das?" mit dem Rechtsanwalt Roman Denter im Linken Zentrum [hinterhof] in Düsseldorf, Corneliusstr 108 statt. Ab 19 Uhr Kneipe auf, um 20 Uhr Vortrag

(*) Vergesellschaftung meint u.a. die Herstellung von dauerhafter demokratischer Kontrolle, partizipativen Gestaltungsmöglichkeiten, ökologisch und sozialer Zielorientierung und teilweiser Dezentralisierung.

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Ergänzungen

was ist der Bezug zur radikalen Linken?

Anton 13.06.2008 - 14:10
Ich verstehe euch nicht und das ist wirklich ernst gemeint.

Ihr wendet euch an die radikale Linke, also an diejenigen, die diese Verhältnisse grundlegend umwälzen wollen. Dann aber wollt ihr eine Zusammenarbeit mit attac und beschreibt Vergesellschaftung als: "die Herstellung von dauerhafter demokratischer Kontrolle, partizipativen Gestaltungsmöglichkeiten, ökologisch und sozialer Zielorientierung und teilweiser Dezentralisierung."
Meint ihr das Ernst? Ist das wirklich euer Problem, dass Energiekonzerne nicht demokratisch(sic!) kontrolliert sind? Das ist doch nicht euer Ernst! Seid ihr wirklich der Meinung, dass eine Organsisation, deren Hauptproblem in der Kontrolle des Finanzkapitals liegt und die sich noch gegen jeden radikalen Widerstand ausgesprochen haben ein Bündnispartner sein kann und meint ihr das Ernst, etwas zu fordern, was im O-Ton auch von Lafontaine kommen könnte?
Seid ihr vielleicht einfach Bauchlinke, die für ihre komischen sozialdemokratischen Forderungen auch gerne Unterstützung aus der radikalen Linken hätten?

Attac, Buko und co, haben vielleicht was mit der evangelischen Kirche zu tun, der radikalen Linken, wenn sie sich Ernst nimmt, taugen sie aber nur als Antagonisten.

Marx oder Anton?

Svenja Buchar 13.06.2008 - 17:02
Schubidu,

vielleicht kann ich der Düsseldorfer initiative k beispringen und ebenso vielleicht läßt Anton ja Marx/Engels mit ihrem Kommunistischen Manifest als radikal links gelten? Dann würde er dort zwei Zitate finden, die ihm möglicherweise erhellen, was Enteignung und Vergesellschaftung mit der radikalen Linken zu tun haben.

Das erste Zitat entstammt dem Kapitel "Proletarier und Kommunisten", dort findet sich die antibürgerliche Polemik: "Ihr entsetzt euch darüber, daß wir das Privateigentum aufheben wollen. Aber in eurer bestehenden Gesellschaft ist das Privateigentum für neun Zehntel ihrer Mitglieder aufgehoben, es existiert gerade dadurch, daß es für neun Zehntel nicht existiert. Ihr werft uns also vor, daß wir ein Eigentum aufheben wollen, welches die Eigentumslosigkeit der ungeheuren Mehrzahl der Gesellschaft als notwendige Bedingung voraussetzt.Ihr werft uns mit einem Worte vor, daß wir euer Eigentum aufheben wollen. Allerdings, das wollen wir."

Das zweite Zitat entstammt dem Kapitel "Stellung der Kommunisten zu den verschiedenen oppositionellen Parteien" dort findet sich die breite(!) Bündnisorientierung sowie die abschließende Formulierungen: "Mit einem Wort, die Kommunisten unterstützen überall jede revolutionäre Bewegung gegen die bestehenden gesellschaftlichen und politischen Zustände.

In allen diesen Bewegungen heben sie die Eigentumsfrage, welche mehr oder minder entwickelte Form sie auch angenommen haben möge, als die Grundfrage der Bewegung hervor. Die Kommunisten arbeiten endlich überall an der Verbindung und Verständigung der demokratischen Parteien aller Länder.

Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, daß ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung. Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen.

Proletarier aller Länder, vereinigt euch!"

Würde Anton also so tolerant sein, die kommunistischen Klassiker als Teil der radikalen Linken zu akzeptieren (vielleicht will er das nicht, dann ist meine Argumentation absolet), dann könnte man konstatieren, daß die DüsseldorferInnen ihre Kampagnenorientierung durchaus in Übereinstimmung mit radikal-linker Theorie konzipiert haben. Der von Anton erhobene Vorwurf der Bauchlinken wird damit gegenstandslose, sofern er sich nicht sogar gegen Anton selbst wendet.

Banzai!

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