Budapest: Polizei verbietet CSD !

Lisa László 12.06.2008 13:59 Themen: Gender Weltweit
Die Polizei von Budapest hat erstmals die CSD-Parade verboten - Grund sei angeblich das hohe Verkehrsaufkommen, teilte sie mit.
Verkehrshindernis ?!

Der CSD würde "den Verkehr in der betroffenen Gegend in hohem Maße ungünstig beeinflussen", erklärte die Polizei nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa. Laut ungarischem Recht ist ein Verbot wegen Verkehrsbeeinträchtigungen zwar zulässig, allerdings sprechen die Veranstalter von einer "willkürlichen Auslegung des Versammlungsrechts". Seit der demokratischen Wende vor 19 Jahren hatten die Veranstalter kein Problem mit ihrer Gay-Pride-Parade durch Budapest, das Verbot könnte auch an einem veränderten Gesellschaftsklima liegen.


Letztes Jahr war es zu Ausschreitungen gekommen

In den letzten Jahren haben nationalistische und religiöse Kräfte in Ungarn an Macht gewonnen. Sie haben heftig gegen die Einführung von Eingetragenen Partnerschaften polemisiert, die vom Parlament Ende 2007 beschlossen worden war. Das ungarische Parlament hatte damals mit 185 gegen 154 Stimmen der Einführung von Eingetragenen Partnerschaften zugestimmt. Im letzten Jahr kam es beim CSD zu Ausschreitungen - mehrere hundert Skinheads und Neonazis hatten die Paradeteilnehmer mit faulen Eiern und Rauchbomben attackiert.


Für ein besseres Ungarn ?!

Angeheizt hatte die homophoben Proteste der "Bewegung für ein besseres Ungarn" und der "Ungarischen Nationalen Front" das Selbst-Outing des ungarischen Staatssekretärs Gabor Szetey am vergangenen Donnerstag. Die Polizei der ungarischen Hauptstadt nahm mehrere Randalierer fest, verletzt wurde damals niemand. Der CSD erinnert an den ersten, bekannt gewordenen Aufstand von Homosexuellen und anderen sexuellen Minderheiten gegen die Polizeiwillkür in der New Yorker Christopher Street im Stadtviertel Greenwich Village.


Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse

Das verhängte Verbot der Schwulen-Parade könnte mit der Veränderung des gesellschaftlichen Klimas in Ungarn in Zusammenhang gebracht werden. Rechtsextreme und ultra-klerikale Kreise, die eine "reine ungarische Nation" fordern, erfreuen sich wachsender Zustimmung. Ende Juli gründete Jobbik-Partei-Chef Vona die "Ungarische Garde", und sorgte vor allem in Rumänien und der Slowakei für Aufregung. Mit dieser Einheit hat die Ultranationalisten-Partei Jobbik sei dem letzten Jahr eine paramilitärische Gruppe geschaffen, die das „Vaterland“ auch mit Waffengewalt verteidigen will.


Krise seit 2006

Seit September 2006 befindet sich Ungarn in einer innenpolitischen Krise. Seit Gyurcsány eingestanden hatte, vor den Wahlen im April 2006 gelogen zu haben, fordert die Opposition seinen Rücktritt. Im September und Oktober 2006 kam es vor allem in Budapest wiederholt zu gewalttätigen Ausschreitungen, die auch die Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag des Volksaufstands von 1956 überschatteten. Nationalistische Extremisten waren bei der Stürmung des Gebäudes des öffentlich-rechtlichen ungarischen Fernsehens am 19. September 2006 beteiligt, als auch bei den Ausschreitungen.
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Ergänzungen

CSD Budapest: Doch kein Verbot

http://www.queer.de 13.06.2008 - 23:45
Das von der Polizei verhängt CSD-Verbot ist nach Protesten wieder aufgehoben worden, berichten Agenturen. Nach heftigen Protesten von Homo-Organisationen aus dem In- und Ausland erklärte sich Polizeichef Gábor Tóth aber bereit, mit den Veranstaltern zu verhandeln. Dabei soll die Route ein wenig verändert worden sein, um den Verkehr nicht zu stören.

Ungarische Medien berichten mit Verweis auf Polizeiquellen, dass die Behörden Übergriffe von Rechtsradikalen fürchteten. Nach dem Proteststurm von Homo-Gruppen stellten sie allerdings die Versammlungsfreiheit über diese Befürchtungen. ILGA-Europe hatte die Behörden beschuldigt, "vor den Drohungen von Ultranationalisten" zurückzuweichen.

Verwirrungen um CSD

http://prideone.serveftp.org 13.06.2008 - 23:47
Auf Druck von in- und ausländischer Organisationen erklärte sich nun die Polizei bereit den Pride stattfinden zu lassen, jedoch müsste die Routenführung geändert werden. Zeitungen zitierten Polizeiquellen, wonach die Behörden Übergriffe von Rechtsradikalen befürchtetetn. Nun stellten sie allerdings die Versammlungsfreiheit über diese Befürchtungen.

Nach Gesprächen am Freitag zwischen Polizei und Veranstalter steht nun fest: die bisherige Route bleibt. "Wir hoffen, dass die Polizei verstanden hat, dass es ihre Aufgabe ist die Demonstration vor Angriffen zu schützen. Die Auschreitungen durch ein Verbot der Demo zu verhindern, wiederspricht dem demokratischen Gedanken", sagte Gabor Kuszing vom Budapest-Pride.