Athen: Angriffe auf Homosexuelle

Ludwig Börne 08.06.2008 20:18 Themen: Weltweit
Gestern Nacht haben zumeist Rechtsradikale in Athen eine Demonstration in Athen versucht zu stören. Sie warfen dabei Steine und Eier auf die Versammelten. Das Motto der Demonstration lautete unter anderem: „Für die Legalisierung der standesamtlichen Trauungen von Gleichgeschlechtlichen.“ Vergangene Woche hatte der Bürgermeister der kleinen Insel Tilos zwei homosexuelle Paare standesamtlich getraut...
Angriffe auf Homosexuelle in Athen

In der Nacht zum Sonntag haben Rechtsextremisten eine Demonstration, mit anschließender Party von rund 3000 Homosexuellen im Zentrum der griechischen Hauptstadt Athen gestört. Sie warfen Eier und Steine und beschimpften die Versammelten. Die Polizei musste vorübergehend Schlagstöcke einsetzen, um die rund 50 Rechtsradikalen auseinander zu treiben, berichtete ein Radiosender. Die Homosexuellen demonstrierten unter dem Motto „Es ist unser Recht - für die Legalisierung der standesamtlichen Trauungen zwischen Menschen gleichen Geschlechts in Griechenland.“


Kirche und Staatsanwaltschaft gegen gleichgeschlechtliche Liebe

Vergangene Woche hatte der Bürgermeister der kleinen Insel Tilos in der Südostägäis zwei homosexuelle Paare standesamtlich getraut. Gegen den Willen der orthodoxen Kirche, des Justizministers und des Staatsanwalts von Athen hatte der Bürgermeister zwei Männer und zwei Frauen standesamtlich getraut. Die Staatsanwaltschaft zeigte daraufhin den Bürgermeister an, weil er eine illegale Trauung vollzogen habe. „Was auf Tilos stattgefunden hat ist illegal und ungültig. Trauungen dieser Art sind nicht vorgesehen", sagte der griechische Justizminister. Die orthodoxe Kirche hat gleichgeschlechtliche Ehen wiederholt als eine Bombe in den Fundamenten der Gesellschaft bezeichnet.


Bürgermeister nutzt Gesetzeslücke

In Griechenland, wo es noch keine Möglichkeit für die Eintragung einer Lebenspartnerschaft gibt, wird mit einem langen juristischen Tauziehen für die Legalisierung von Homosexuellen-Ehen gerechnet. Anastasios Aliferis, Bürgermeister des 64 Quadratkilometer Eilands mit gut 300 Einwohnern, sah in einem Gesetz von 1982 eine Lücke, die es ihm möglich machte, homosexuelle Menschen zu trauen. Wörtlich heißt es dort, dass die Ehe zwischen „zwei Menschen“ geschlossen werden dürfe. Damit ist die Ehe nicht auf Mann und Frau beschränkt. Der Bürgermeister verteidigte die Trauung. "Ich habe nur meine Pflicht als Mensch getan. Alle Menschen haben Anspruch auf Glück und zu definieren, wie sie und mit wem sie leben wollen." Der auch als Arzt arbeitende Bürgermeister gilt seit Jahren als einer der fortschrittlichsten Bürgermeister Griechenlands. Die Zeremonien fanden aus Angst vor Reaktionen von religiösen Fanatikern um sieben Uhr morgens statt.


Positiver Schritt in Richtung Gleichberechtigung

Der Verband der griechischen Homosexuellen (OLKE) geht davon aus, dass der griechische Staat auf juristischem Weg früher oder später das Problem zugunsten der Homosexuellen lösen muss. Diese Überlegung basiert auf den Verträgen, die Griechenland als EU-Mitglied unterzeichnet hat. Griechenland hat als EU-Mitglied Verträge unterzeichnet, nach denen es keine Diskriminierung geben darf. Notfalls werde das Thema bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte getragen, heißt es. "Wir haben einen großen Schritt in die Richtung der Gleichberechtigung und der Menschenrechte gemacht" , sagte Evangelia Vlami, eine der zwei Frauen, die auf Tilos heirateten im griechischen Rundfunk.


Ein Land mit "Tradition"

Homosexualität galt in der griechischen Antike als eine völlig normale Beziehung. Das Wort lesbisch, im Sinne von weiblich homosexuell, wird vom Namen der Insel abgeleitet, da die berühmte antike Lesvonierin Sappho in ihren Gedichten u. a. von der Liebe zu Frauen sang. Wegen dieser Anspielung ist Lesbos heute häufig touristisches Ziel von Lesben. Dies sehen die lesviotischen Behörden mit großer Skepsis, sie verweigerten früher Passagierschiffen teilweise die Einreise. In der heutigen Zeit liegt das Herzstück der Lesbenbewegung in der im Westen gelegenen Stadt Eresos, nach antiken Sagen zugleich auch Geburtsort von Sappho. Ihre Dichtung trägt homosexuelle Züge. Daher wird seit den 60er Jahren das Wort lesbisch für weibliche Homosexualität gebraucht. Auf Lesbos finden jedes Jahr mehrmals Treffen lesbischer Frauen statt. Viele Inselbewohner sehen darin ein willkommenes und positives Ereignis, da die Insel auch vom Tourismus lebt. Die Insel Mykonos gilt als Treffpunkt für homosexuelle Männer.


Bilder aus Athen:
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Ergänzungen

Gerichtsverhandlung

http://de.news.yahoo.com 11.06.2008 - 11:00
Lesbos-Bewohner ziehen gegen Begriff "Lesben" vor Gericht

Eine Art Urheberrecht beanspruchen die Einwohner der Insel Lesbos auf den Namen ihrer Heimat, dessen Gebrauch zur Bezeichnung weiblicher Homosexueller sie verbieten möchten. Die griechische Justiz befasst sich derzeit mit der Klage mehrerer Einwohner, die die Benutzung des Namens als "beleidigende Anmaßung" empfinden. "Meine Mutter, meine Tochter, meine Schwester, sie alle schämen sich zu sagen, dass sie Lesbierinnen sind, also aus Lesbos stammen", sagte Iannis Axlopitas vor dem Gericht in Athen.

In Internet und Zeitungen werde die Zweideutigkeit des Namens verstärkt, "das ist für unser Heimatland beleidigend", sagte Axlopitas, der aus Lesbos stammt, aber in der kanadischen Stadt Montreal lebt. Von den drei Klägern stammen zwei aus Lesbos, ein dritter gibt eine nationalistische Zeitung heraus. Der Verleger verlangt in seiner Klage außerdem, dass der griechische Schwulen- und Lesbenverband OLKE diesen Namen nicht mehr tragen darf. Der Verband wird von einem Anwalt aus Lesbos vertreten, der die Nutzung der Bezeichnung seit dem 18. Jahrhundert geltend macht, die deshalb nicht von OLKE erfunden worden sein könne.

Während die OLKE-Vertreterin Evangelia Vlami die Klage als "rassistische" Attacke verurteilte, sorgte sich OLKE-Anwalt Vassilis Chirardis vor allem drum, "dass diese Art Angelegenheit unser Land lächerlich macht".

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