HH: SchülerInnendemo gegen Abschiebung

Hamburger 04.06.2008 21:54 Themen: Antirassismus
Vor Kurzem wurde eine in Hamburg lebende Familie durch die Abschiebebehörden zerrissen. Der Vater wurde zusammen mit seiner Tochter Liana (14) und seinem Sohn (10) in die "Heimat" Armenien abgeschoben, während die Mutter und ihre vierjährige Tochter vorerst weiter in der BRD geduldet werden.
MitschülerInnen der beiden abgeschobenen Kinder von der Heinrich-Hertz-Gesamtschule haben am 4.6. eine Demo organisiert, um gegen die unmenschliche Abschiebung zu protestieren.
Die Demo begann ca. um 16:15 am U-Bahnhof Borgweg, wo sich ca. 75 Menschen, größtenteils jüngere SchülerInnen der Heinrich-Hertz-Schule mit einigen LehrerInnen, nur wenige Jugendliche von außerhalb der Schule (DGB-Jugend und Linksjugend ['solid]), einige "Erwachsene" vom Flüchtlingsrat und so gut wie keine Antifa - wahrscheinlich aufgrund der kaum wahrnehmbaren Mobilisierung - versammelt hatten.
Die Route verlief durch einige Haupt- und viele Nebenstraßen nach Mundsburg zur Bildungsbehörde. Während der Demo, die sich sehr schnell fortbewegte (anfangs wurde der hintere Teil samt Lauti beinahe abgehängt) gab es viele kraftvolle und laute Sprechchöre, die sich jedoch fast nur auf die abgeschobene Mitschülerin bezogen, eine generelle Ablehnung aller Abschiebungen bzw. die Forderung nach dem Bleiberecht für alle war kaum zu hören. Fairerweise muss allerdings berücksichtigt werden, dass der Altersdurchschnitt der Demonstrierenden bei ca. 13 Jahren lag - dementsprechend wirkte die Aktion zeitweise auch mehr wie ein Klassenausflug im Gemeinschaftskundeunterricht als wie eine Demo.
Dem Alter der TeilnehmerInnen und den fast nur personenbezogenen Forderungen entsprechend waren unsere blaugekleideten Freunde und Helfer nur als Kleingruppe anwesend und verzichteten, anders als in Hamburg bei antirassistischen Veranstaltungen üblich, auf jede Art von Abriegelung gegenüber der Öffentlichkeit, die leider über weite Strecken kaum vorhanden war, vor allem in den Nebenstraßen nicht.
Nach wenig mehr als einer Stunde war der Endkundgebungsort erreicht, eine Verkehrsinsel gegenüber der hamburger Schulbehörde. Hier gab es dann Reden von der GEW, dem Flüchtlingsrat und von einer Lehrerin der Erich-Kästner-Schule (an der im Jahre 2006 die geplante Abschiebung von SchülerInnen nach Afghanistan durch Proteste verhindert werden konnte), außerdem wurde ein Brief von Liana verlesen, in dem sie ihre Abholung durch die Polizei in einer Nacht- und Nebelaktion zur Abschiebung sowie ihre schlechten Lebensumstände im "Heimatland" (das sie nicht als solches ansieht) beschreibt, so können sie und ihr Bruder z.B. nicht zur Schule gehen, da beide kaum Armenisch sprechen und die armenische Schrift weder lesen noch schreiben können. Während der Abschlusskundgebung war eine Delegation aus zwei Schülerinnen bei der Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) zu Gast, um ihre Unterstützung im Kampf für das Recht auf Rückkehr der abgeschobenen Familienmitglieder nach Deutschland einzuwerben. Überhaupt erhoffen sich die Demo-OrganisatorInnen (LehrerInnen wie SchülerInnen) offenbar viel von der Senatorin, die in einer Rede als "eine Gute" bezeichnet wurde - anscheinend wird hier (noch?) übersehen, dass der schwarz-grüne Senat zur Zeit der Abschiebung bereits so gut wie im Amt war und dass Goetsch als "Zweite Bürgermeisterin" für derartiges eine Mitverantwortung trägt.
Nach über einer Stunde Wartezeit kehrten die beiden "Bittstellerinnen" dann wie erwartet mit einem unverbindlichen Versprechen der Politikerin zurück, sich für die Migrantenfamilie einzusetzen und im Härtefallausschuss der Bürgerschaft auf eine Rücknahme der Abschiebung hinzuwirken. Damit endete dann die Demo, nachdem eine Schülerin zuvor noch (sinngemäß) gesagt hatte "Dies war bestimmt nicht die letzte Demo in der Angelegenheit, und die nächste wird hoffentlich dreimal so groß!". Mit ersterem könnte sie wie man den Hamburger Senat kennt recht behalten, was die Größe der Demo angeht bleibt zu hoffen das die Mobilisierung beim nächsten mal besser funktioniert - oder wie wärs mal mit einem Schulstreik?
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Ergänzungen

Bundesweiter Tag ohne Abschiebungen am 30.08.

antifa.sozialbetrug@web.de 05.06.2008 - 11:32
Dezentraler Aktions-Tag ohne Abschiebungen –gemeinsam legen wir das Abschiebesystem lahm!

Überall in Deutschland und Österreich werden wir um den 30. August 2008 herum blockieren, stören, verhindern. Unser Protest richtet sich gegen das System der Migrationskontrolle, gegen die Selektion von Einwanderern und gegen die Brutalität des Abschiebsystems.

Wir beharren dagegen auf dem Recht zu wandern, auf dem Recht zu bleiben, auf dem Recht auf Bewegungsfreiheit. Unsere Solidarität gilt den Verfolgten, den Illegalisierten, den Ausgebeuteten, den Abenteurern!

Wir legen das Abschiebesystem lahm – mit Aktionen an Abschiebeknästen und –lagern, bei Ausländerbehörden, auf Flughäfen und bei Profiteuren – bei allen Agenten der rassistischen Behandlung und Kontrolle von Menschen.

Wir erklären uns solidarisch mit allen, die für ein Bleiberecht kämpfen, die sich wehren gegen die Zumutungen der rassistischen Sondergesetze für Flüchtlinge und Migrant_innen, die Abschiebungen verhindern, die sich ihr Recht auf Bewegungsfreiheit nehmen. Mit dem Aktionstag reihen wir uns ein in die alltäglichen Kämpfe um Würde und Rechte.

Mit Demonstrationen, Blockaden, Ämterbesuchen und kreativen Protestaktionen werden wir Sand ins Getriebe streuen. So wollen wir den Blick auf die Unmenschlichkeit der Zuwanderungsverhinderung lenken, auf die rassistischen Schikanen und Angriffe von Behörden, Polizei und Nazis und die Diskriminierung durch Sondergesetze wie Residenzpflicht, Abschiebehaft und Lagerunterbringung.

Beteiligt euch mit eigenen Aktionen am Tag ohne Abschiebungen – damit das Migrationsregime Geschichte wird!

Wer hierbleiben will, soll bleiben dürfen! Wer kommen will, soll kommen dürfen! Gleiche Rechte und Bewegungsfreiheit für alle!

 http://antifasozialbetrug.siteboard.de/antifasozialbetrug-about223.html

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Studentische Nazis in HH — PI Antifa