Hausbesetzungen in Teltow
In der vergangenen Nacht vom Sonntag zu Montag wurden in der Stadt Teltow im Rahmen der Berliner „Wir Bleiben Alle – Freiräumekampagne“ mehrere Häuser kurzzeitig besetzt. Diese Aktion soll sowohl die Forderung nach einem alternativen, linken Jugendzentrum in der Stadt, auch nach einer erfolgreichen Demonstration mit 350 TeilnehmerInnen vor zwei Wochen, weiter öffentlich präsent halten, als auch ein Zeichen der Solidarität mit den bedrohten Hausprojekten in Berlin und Potsdam darstellen. Zudem soll durch die klare antifaschistische Akzentuierung verdeutlicht werden, dass es ein massives Neonaziproblem in der Stadt gibt, dem vor allem der Stärkung einer alternativen Jugendkultur entgegengewirkt werden kann.
Die AutorInnen führten ein Interview mit den linken AktivistInnen:
BesetzterInnen: Hallo, wir haben Sonntagnacht mehrere Häuser in Teltow scheinbesetzt, das heißt wir haben leerstehende Objekte betreten und an diesen politische Transparente und Fahnen angebracht um unsere Forderungen nach außen zu tragen. Der Unterschied zu einer „echten“ Besetzung ist, das wir das Haus danach wieder freiwillig verlassen haben.
Mit dieser Aktion wollten wir uns für ein alternatives Jugendzentrum in Teltow stark machen, und zwar aus verschiedenen Gründen:
In Teltow gibt es eine starke rechtsextreme Szene. Diese hat hier vor Ort sogar mehrere Rückzugsräume und Treffpunkte und ist permanent bestrebt, alle Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen, zu terrorisieren. Jugendliche, die potentielle Opfer aufgrund ihres Äußeren, ihrer Weltanschauung, etc. sind, haben in der Stadt keine Möglichkeit sich ungestört zu treffen. Dabei kann nur die Förderung und Stärkung von alternativen, antifaschistischen Jugendkulturen die von Neonazis angestrebte rechte Hegemonie erfolgreich zurückdrängen. In Teltow jedoch begnügen sich Politiker stattdessen damit, Erklärungen gegen „Menschen mit rechts- und linksradikalem Gedankengut“ zu verfassen und somit beides gleichzustellen.
Außerdem lehnen wir die kapitalistische Verwertungslogik, die eben solche Erscheinungsformen reproduziert, ab. Wir wollen einen nichtkommerziellen Freiraum schaffen, in dem wir uns ausprobieren, selbstorganisiert leben und alternative, emanzipatorische Gesellschaftsmodelle entwickeln können. Diese Aktion richtet sich also auch gegen die herrschenden Verhältnisse.
Wir erklären uns solidarisch mit den bedrohten Freiräumen in Berlin und Potsdam und haben deswegen nicht grundlos diese Aktion gerade in diesem Zeitraum durchgeführt – am letzten Tag der Freiräumekampagne „Wir bleiben alle!“.
A: Wie bringt euch diese Aktion den gewünschten Zielen näher? Immerhin habt ihr dadurch immer noch kein Jugendzentrum.
B: Das stimmt. Diese Aktion soll dreierlei wirken: Zum einen hat sie einen appellativen Charakter. Wir wollen den politisch Verantwortlichen der Stadt Teltow klarmachen, das es dringend nötig ist, auf unsere Forderungen einzugehen. Es soll ihnen verdeutlichen, das wir nicht gewillt sind, die derzeitige Situation so hinzunehmen und uns wenn nötig ganz unbürokratisch nehmen, was wir brauchen. Zudem wollen wir unsere Forderung weiter in die Öffentlichkeit tragen um zu zeigen, die Probleme sind nicht verschwunden, trotz einer erfolgreichen Demonstration. Nicht zuletzt wollten wir auch den Menschen in Teltow und Umgebung, die mit den herrschenden Verhältnissen unzufrieden sind, von den Nazis gestresst werden usw. zeigen, dass sie nicht alleine sind. Es soll ein Impuls geben, selbst aktiv zu werden.
A: In welchen Straßen habt ihr die Aktion durchgeführt?
B: Die Objekte stehen in der Potsdamer Straße, in der Ritterstraße und in der Havelstraße.
A: Was waren die politische Inhalte auf euren Transparenten?
Auf unseren Transparenten an den Objekten stand: „Für ein alternatives Jugendzentrum in Teltow“, „Weg mit den Nazitreffs Nordic Thunder und Red Berry“, „Alles für alle – umsonst!“, „Für die Freiheit, Für das Leben, Nazis von der Straße fegen.“, „www.antifa-in-teltow.de.vu“ und „Linke Freiräume schaffen.“ Zudem haben wir rote Fahnen gehisst.
A: Wie bewertet ihr den Verlauf und die Aktion generell im Nachgang?
B: Die meisten Transparente waren zum Nachmittag hin bereits abgemacht. Wir haben aber auch gar nicht darauf spekuliert, dass diese ewig hängen. Es war ja eher was Symbolisches. Aber das unsere politischen Forderungen vom morgendlichen Berufsverkehr zur Kenntnis genommen werden mussten, lässt uns schon zu dem Schluss kommen, das die Aktion erfolgreich war. Wir konnten sie störungsfrei durchführen und die langfristige Wirkung können wir natürlich wenige Stunden später noch nicht abschätzen.
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Ergänzungen
Jaja, der Landkreis....
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
freiräume erkämpfen
freiräume erkämpfen,
nazis bekämpfen.
viel erfolg liebe genossInnen!!!
Wir bleiben alle!!
Ach ja, der Fläming. *seufz*
JETZ GEHTS LOS
Das schreibt der Tagesspiegel
Schon in den 80er Jahren hat Peer Schmidt-Paulus oft in der „Roten Harfe“ am Heinrichplatz gesessen. Damals applaudierte er den Steinewerfern, seine Freundin wohnte im besetzten Haus gegenüber. Heute trägt er Anzug und nennt seine Einstellung von damals „naiv“. Er ist Geschäftsführer in einer Werbeagentur gleich um die Ecke. Ihm erschließt sich nicht, was an den Protesten Autonomer in den vergangenen Tagen politisch sein soll, auch die Mittel kritisiert er: Anders als bei ihnen damals könne man heute mit Bezirksämter verhandeln. „Der 87. brennende Opel bringt doch nichts“, sagte er. Früher war Schmidt-Paulus in der linken Szene aktiv aus „Opposition zu den realexistierenden Verhältnissen“, wie er sagt. „Wir hatten zwei ehemalige Nazis als Lehrer an der Schule.“
Heute hingegen treibt jüngere Autonome nach Angaben von Sicherheitsexperten vor allem die Angst vor einer unsicheren Ausbildungs- und Arbeitsperspektive um . Der Kontrast zwischen der materiellen Sicherheit im Elternhaus und der Welt „da draußen“ ist deutlich härter als vor der Wiedervereinigung und wird als ungerecht empfunden. Den großen Unterschied aber zu den Autonomen der 80er Jahre sieht manch Links-Gebliebener nicht: Einer, der damals in einem besetzten Haus in der Nähe des Heinrichplatzes wohnte, findet, die heute Jungen seien genauso politisch oder unpolitisch wie vor zwanzig Jahren. Damals wie heute wollten manche einfach nur billig wohnen, andere suchen nach neuen Möglichkeiten sozialer Kommunikation, manche seien politische Punks, viele arbeitslos und manche auf Party aus. Dass die Jungen gegen die Privatisierungen in Kreuzberg protestieren, findet er richtig. Teilweise sei ihm die junge Szene aber „zu szenig“, zu sehr auf sich selbst und zu wenig auf die breite Bevölkerung bezogen: „Die müssten auf die Bevölkerung zugehen und deren soziale Lebensbedingungen einbeziehen“, sagt er.
Andere sehen deutlichere Unterschiede. Einer, der mit Spitznamen „Haller“ heißt und heute 53 Jahre alt ist, war in den 80er Jahren in der Hausbesetzer-Szene unterwegs. Früher sei man direkt aus der Kneipe auf die Straße gestürmt, wenn was los war. Das sei am Donnerstag, als wieder Autos brannten, nicht passiert. „Früher war die Szene im Kiez viel besser organisiert“, sagt er, es seien weniger Aktive geworden. Das Spektrum der Autonomen sei diffus und zum Teil überaltert, sagen Polizisten und Verfassungsschützer: Im Gegensatz zu den 80er Jahren, als die Autonomen noch wegen ihrer martialischen Auftritten für viele Junge attraktiv waren, mangele es der Szene heute an Nachwuchs. Auch nach den Massenprotesten gegen den G-8-Gipfel in Heiligendamm vor einem Jahr blieb der von Altautonomen erhoffte Zustrom junger Linker weitgehend aus. Außerdem sind die Juniorautonomen von heute deutlich weniger ideologisiert. Oft dominiert Sicherheitsexperten zufolge eine aggressive Punk-Attitüde, die sich im kaum reflektierten Hass auf den Kapitalismus, auf „Bullen“ und Nazis austobt – und manchmal gegen Autos."
@kotus
*kopfschuettel*
Wow
Brandanschläge in Rudow
Ein Richter erließ gegen den 16-jährigen Markus P. und den 18-jährigen Robert H. Haftbefehle, sie sitzen jetzt in Untersuchungshaft. Beide gehören nach Angaben der Polizei zur rechten Szene, sind jedoch nicht vorbestraft. Einer hat die Taten mittlerweile gestanden.
Robert H. gilt als wichtige Nachwuchskraft der Rudower Neonaziszene, die sich nach Informationen der Neuköllner Antifa jüngst zur „Division Rudow“ zusammengeschlossen hat. H. wohnt in Rudow genau zwischen den beiden Tatorten Fenchelweg und Orchideenweg, die nur wenige hundert Meter auseinanderliegen. Dass die Täter in Kauf nahmen, Menschenleben zu gefährden, diese Kaltblütigkeit ist für die Ermittler neu. Die Zahl der fremdenfeindlichen rechtsextremistischen Gewalttaten ist zuletzt von 45 auf 33 im Jahr 2007 zurückgegangen.
Vom ersten Anschlag im März hatte die Öffentlichkeit nichts erfahren: Die Pressestelle des Polizeipräsidiums hatte den Brandanschlag am Fenchelweg nicht gemeldet – obwohl es einen Monat zuvor den Großbrand in Ludwigshafen gegeben hatte. Dort waren neun türkischstämmige Bewohner eines Hauses im Feuer gestorben – zunächst war ein fremdenfeindlicher Hintergrund vermutet worden. Es sei ein „Fehler“ gewesen, nicht über den ersten Fall in Rudow zu informieren, sagte ein Polizeisprecher gestern. Da die Polizei nicht von einem fremdenfeindlichen Angriff ausgegangen ist, ermittelte ein Brandkommissariat. Davon wiederum erfuhr die Pressestelle nichts. Zudem sei die Fassade des Hauses nur wenig verrußt gewesen, hieß es zur Entschuldigung im Präsidium. Unklar blieb, ob die Brandermittler wussten, dass in dem Haus eine bosnische Familie wohnte.
Das Opfer des zweiten Anschlags, der türkische Unternehmer Bayram Yildirim, war bereits am Tag der Tat – dem 20. April, dem Geburtstag von Adolf Hitler – von einem Neonaziangriff ausgegangen. Yildirim sollte recht behalten. Er hatte damals berichtet, dass in der Nachbarschaft mehrere bekannte Rechtsextremisten wohnen, bei denen sich häufig junge Aktivisten treffen. „Die trinken Bier, machen Radau, hören rassistische Musik und belästigen alle Anwohner, ob Deutsche oder Ausländer“, sagte Yildirim. Mehrmals hätten in der Vergangenheit Aufkleber der NPD am Briefkasten geklebt, berichtete der Inhaber einer Metallbaufirma im April. Und Yildirim war sich auch sicher, dass die Täter Ortskenntnisse gehabt haben müssen – sie waren an der einzigen Stelle auf sein Grundstück eingedrungen, die nicht durch Bewegungsmelder gesichert wird. Die bosnische Familie, die im März Ziel des Anschlages war, hatte sich kurz nach dem zweiten Anschlag bei Yildirim gemeldet. Und erst der 46-Jährige informierte den Staatsschutz über die erste Tat. Die Polizei klebte anschließend Fahndungsplakate und setzte eine Belohnung aus, schnell kamen Hinweise auf H.
Rudow hat eine der aktivsten Neonaziszenen in Berlin. Nachdem die NPD in die Bezirksverordnetenversammlung eingezogen ist, sei es viel schlimmer geworden, hat Yildirim beobachtet. Früher hätten die NPD-Kleber nur Rudow verschandelt, „jetzt sind die bis zur Grenzallee aktiv“. Mittlerweile hat der türkischstämmige Berliner Kameras installiert und einen Wachhund angeschafft.
Keine Verurteilungen nach Angriff auf Antifas
Mehr:
http://www.inforiot.de/news.php?topic=news&article_id=14850
Das Verfahren, zu dessen heutigen Termin anstelle der erwarteten zwei gleich fünf Zeug_innen geladen waren, wurde kurz nach Beginn für ein Rechtsgespräch unterbrochen. Nach zehnminütiger Beratung zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung, drangen erste Ergebnisse aus dem Besprechungsraum an die Öffentlichkeit:
Die Staatsanwaltschaft unterbreitete ein Angebot zur Einstellung des Verfahrens gegen Auflagen, das schließlich von allen Angeklagten akzeptiert wurde. Für Andreas Bressel bedeutet dies eine Zahlung von 2000 Euro an einen gemeinnützigen Verein, für Tobias Weinberg 1200 Euro. Der Verzicht auf eine mögliche Nachtragsanklage und die Einstellung des Verfahrens gegen Mario Lenz wurde durch die Zahlung von 250 Euro erwirkt. Die Angeklagten Mario Schreiber und Jonny Schmidt, verpflichteten sich zur Ableistung von 80 bzw. 40 Arbeitsstunden bei sozialen Diensten.
Die Einstellung des Verfahrens mag überraschen, bemerkte doch selbst die Richterin, dass die Vorwürfe sich bereits vor der Vernehmung der letzten geladenen Zeug_innen als glaubhaft erwiesen und für die Verurteilung des Großteils der Angeklagten zu Freiheitsstrafen auf Bewährung ausreichten. Auch in Hinblick auf die Vergangenheit der Angeklagten – Schmidt kann bereits zwölf Eintragungen wegen rechtskräftiger Verurteilungen im Bundeszentralregister aufweisen – erstaunt dieser Prozessausgang.
Vor allem eine erneute Vernehmung des Zeugen und an der Tat beteiligten Neonazis Tommy Keller dürfte aufschlussreich gewesen sein. Keller wurde zum selben Sachverhalt in einem abgetrennten Verfahren nach Jugendstrafrecht bereits zu 2 Jahren auf Bewährung verurteilt und zog eine eingelegte Berufung vor kurzem zurück. Das Urteil ist damit rechtskräftig und Keller hätte nicht wie am letzten Prozesstag von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen können.
Mehr Informationen zu Andreas Bressel, Mario Schreiber, Tommy Keller und weiteren Frankfurter Neonazis auf der Hompage der Antifaschistischen Recherchegruppe Frankfurt/Oder.
http://recherchegruppe.blogsport.de/
http://www.inforiot.de/news.php?topic=news&article_id=15000