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Nachbereitung zum 1.Mai 2008 in Hamburg -[a²]

[a²] - Hamburg 02.06.2008 14:12
„Wir werden nicht akzeptieren, dass sich uns jemand in den Weg stellt!“ [a²]-Hamburg
Zu den Antifaschistischen Aktionen am 1. Mai, die sich nicht auf staatliche Stellen verlassen haben!
We’re breaking the rules. Ignore the machine.

„Wir werden nicht akzeptieren, dass sich uns jemand in den Weg stellt!“ [a²]-Hamburg

Für den 1. Mai mobilisierten sog. „Freie Nationalisten“ und NPD bundesweit nach Hamburg-Barmbek, um den internationalen Kampftag der Arbeiter_innenklasse in ihrem Sinne umzudeuten und von Rechts zu besetzen. Dieser Versuch endete für sie, wie auch für die Hamburger Polizei in einem Fiasko. Auch wenn Nazis und Polizei, sowie eine reaktionäre Medienlandschaft dies umzudeuten versuchen, bestimmten die antifaschistischen Gegenaktivitäten, welche sich in einem breiten, sich ergänzenden Aktionsrahmen widerspiegelten, den Tag. Nazis und Polizei konnten lediglich in dem ihnen vom Protest vorgegebenen Rahmen agieren.

Die Nazis konnten weder auf der ihnen zugesagten Route noch zu ihrer anvisierten Startzeit marschieren. Außerdem konnten mindestens 200 Nazis aufgrund von polizeilichen, vor allem aber antifaschistischen Platzverweisen, den Kundgebungsort gar nicht erst erreichen. Die Nazis sind erst nach mehreren Stunden Stillstand an der Alten Wöhr mit massivstem Polizeieinsatz auf der kürzesten Route nach Hause geschickt worden. Während die Polizei am U/S-Bahnhof Ohlsdorf bemüht war, die Nazis schnellstmöglich in die Bahn zu bringen, wussten diese noch nicht, dass alle ihre Reisebusse bereits Glasbruch erlitten hatten und einige ihrer Autos in Flammen aufgegangen waren. Die defekten Busse hatten zu dem Zeitpunkt bereits ohne sie den Heimweg angetreten. Der Tag war für die Nazis alles, nur kein Erfolg!

Es gab viele Faktoren welche, sich ergänzend, den antifaschistischen Erfolg ermöglicht haben. Der Reihe nach…

Faktor 1:
Das Hamburger Bündnis gegen Rechts (HBgR) und autonome Antifaschist_innen mobilisierten ab Februar massiv zur antifaschistischen Bündnisdemo nach Hamburg-Barmbek. Während das HBgR und die Kampagne „Keine-Stimme-den-Nazis“ sich stark um die Mobilisierung im Stadtteil bemühten und einen Info Stand nach dem anderen, eine Veranstaltung nacheinander abhielten, konzentrierten sich autonome Gruppen vor allem auf die Mobilisierung autonomer Antifaschist_innen. Bereits Ende März war klar, daß die Demonstration wesentlich größer werden würde als alle antifaschistischen Demos der letzten Jahre. Es gab enorm viel Interesse und Zuspruch.

Faktor 2:
Die genauen Routen der beiden Demonstrationen standen bis Mitte der Woche vor dem 1. Mai noch nicht sicher fest. Die Innenbehörde bestätigte schließlich kurzfristig die Route der Nazis mitten durch Barmbek und verbot die antifaschistische Gegendemonstration. Dies bedeutete, dass Barmbek im Prinzip zu einer Art „polizeilich national befreiten Zone“ geworden wäre. Hinzu kamen die üblichen Hamburger Auflagen, zuzüglich einer neuen: Verbot des Mitführens von Glasflaschen. In Hamburg ist es üblich, dass die Polizei derart Auflagen und Verbote sehr kurzfristig rausgibt, damit eine erfolgreiche Klage dagegen nahezu unmöglich gemacht wird. Diese Verzögerungstaktik ging diesmal nach hinten los und war ausschlaggebend für das polizeiliche Versagen am 1. Mai. Das HBgR zog, von polizeilicher Seite unerwartet, bis zum Oberverwaltungsgericht (OVG). Dieses genehmigte die Route, welche die Naziroute kreuzte und hob Teile der Auflagen auf: das Flaschenverbot wurde gekippt und es durften in Hamburg erstmals seit Jahren wieder Seitentransparente über 1,50 m getragen werden.
Die Bullen hatten hierfür offensichtlich keinen Plan B.

Faktor 3:
Die antifaschistische Bündnidemonstration, welche sich um 10 Uhr am U/S Bahnhof Barmbek versammelte, stieg schnell auf eine Teilnehmer_innen Zahl von über 10.000 Menschen an. Allein der autonome Antifa Block war mit über 4000 Menschen präsent. Selbst wenn die Bullen ihre übliche Taktik hätten anwenden wollen (das Absperren ganzer Stadtteile), hätte dies aufgrund der Masse und der Entschlossenheit der Antifaschist_innen am 1. Mai nicht geklappt. Es waren lediglich 2500 Bullen im Einsatz. In Hamburg arbeiten die Bullen bei Demos jedoch seit der „Schill-Ära“ mit einem Betreuungsverhältnis von etwa 1:1 bei Demonstrationen. Sind sie in Unterzahl, sind sie überfordert. Ob diese Fehleinschätzung bei den Bullen oder dem VS lag, ist nicht klar – soll uns aber auch scheißegal sein!

Faktor 4:
Noch bevor sich die Demonstration in Bewegung setzte, waren Rauchschwaden am Horizont über Barmbek zu sehen. Ab dem Moment überschlugen sich die Ereignisse und die Polizei konnte lediglich Schadensbegrenzung betreiben.
Auf den Gleisen der S-Bahn brannten Barrikaden. Folge: der Strom musste abgestellt werden. Die Nazis, welche sich diesmal im Norden Hamburgs getroffen hatten, konnten nun nicht mehr mit der S-Bahn zu ihrem Kundgebungsort gelangen. Stattdessen machten sie sich zu Fuß auf den Weg, so dass eine geordnete und koordinierte Anreise im Sinne der Bullen nicht mehr möglich war. Dazu an späterer Stelle noch mehr.

Faktor 5:
Die Situation in Barmbek sah nun so aus, das überall Gruppen und Grüppchen von Nazis alleine versuchten den Kundgebungsort zu erreichen. Der Autonome Antifa Block hielt es in dieser Situation für falsch, weiter polizeibegleitet durch die Straßen geleitet zu werden. Dieser löste sich dementsprechend frühzeitig auf, um die Nazis auf eigene Art und Weise nach Hause zu schicken. Auch damit hatte die Polizei nicht gerechnet – Die Nazis auch nicht.

Faktor 6:
Die Bündnisdemo blockierte die Route der Nazis einige hundert Meter nach ihrem Startpunkt. Die Bewohner_innen des Stadtteils, die Menschen auf der Route der Nazis sowie in den anliegenden Straßen haben nicht nur dafür gesorgt, dass für Bullen und Nazis kein Durchkommen war, sie haben zudem Polizeikräfte gebunden. Militante, direkte antifaschistische Aktionen wurden dadurch unterstützt.

All diese Faktoren haben dazu geführt, dass
- die Naziroute, sowie die geplanten Ausweichrouten blockiert wurden;
- Polizeikräfte gebunden waren und damit die öffentliche Sicherheit im polizeilichen Sinne nicht mehr zu gewährleisten war;
- die Nazis ihr gewalttätiges Gebaren, jenseits von bürgerlichem Auftreten zeigten;

…die Bullen keine andere Möglichkeit sahen, als die Nazis zum nächstgelegenen, funktionstüchtigen U/S-Bahnhof durchzuprügeln!

Das ist kein Sieg der Nazis und kann schon gar nicht mit „Der nationale Widerstand kämpfte sich erfolgreich durch Barmbek!“, wie in der Nachbereitung der Nazis geschehen, betitelt werden.

Was (für Hamburg) ungewohnt war…
By the way, how much is the fish?!!

Für die Hamburger Öffentlichkeit, für die Medien aber auch für viele Antifaschist_innen gab es einige neue Erfahrungen am 1. Mai.
Im Mittelpunkt vieler Diskussionen steht zunächst der „Schwarze Block“ der sogenannten „Autonomen Nationalisten“. Dieser ist in der Form in Hamburg zum ersten Mal in Erscheinung getreten. Bundesweit ist dieses Phänomen nicht neu. Vor allem im Ruhrpott ist dieser Trend massiv zu erkennen. Auch für die Polizei sollte dies keine Überraschung gewesen sein. In diversen Internetforen der Nazis war das für den 1. Mai zu erwartende Klientel nachzuvollziehen - so wurde z.B. deutlich angekündigt es werde „der militante Kern“ nach Hamburg reisen.

Diese angekündigte Gewalttätigkeit der Nazis war schließlich das nächste Phänomen. Auch dies ist nicht neu: Nazis sind stets gewalttätig! In den letzten Jahren gaben sie sich auf ihren Aufmärschen meist einen legalistischen Anstrich, um „Bürgernähe“ zu suggerieren und möglicher Repression aus dem Weg zu gehen. Aber allein schon ihr dort vertretenes Menschenbild macht sie, wenn auch nur verbal, gewalttätig. Außerhalb von Demonstrationen sind sie stets gewalttätig – das darf nicht vergessen werden!

Das gewalttätige Auftreten der Nazis lag unserer Einschätzung nach vor allem auch daran, dass sie geschlossen und aufmarschähnlich, ohne einschränkende Begleitung durch Bullen oder Protest, den Weg Richtung Barmbek antreten konnten. Für das kollektive Gefühl von Stärke in Kombination mit der damit verbundenen Eigendynamik war dieses Erlebnis mit Sicherheit ein enormer Auftrieb, welcher zu einer maßlosen Selbstüberschätzung geführt hat. Anders sind die Bewertungen, der 1. Mai sei ein Erfolg gewesen, nicht nachzuvollziehen.

In Bezug auf Gegenaktivitäten muss unsererseits darüber diskutiert werden, wie mit einem veränderten Auftreten der Nazis umgegangen wird. Wir als Antifaschist_innen können langfristig nicht die bisherigen Strategien fahren, wenn die Nazis ihre ändern.

Ein weiterer öffentlicher Diskussionspunkt war die Militanz von antifaschistischer Seite. Im Zuge direkter, militanter Aktionen sind mehrere Busse und Autos von Nazis angegriffen und teilweise vollkommen zerstört worden. Auch Polizeiwagen und weitere Müllbehälter wurden zerstört.

In der Medienberichterstattung wurden viele Dinge (bewusst) verschwiegen oder verdreht:
- aus brennenden Nazi-Karosserien wurden Autos von Stadtparkbesucher_innen
- Im Stadtpark soll ein Café von Antifas verwüstet worden sein. Obwohl sich schnell herausstellte, dass dies gelogen war, wurde es weiter in der Presse propagiert.
- Desweiteren soll ein Krankenhaus von Antifas „gestürmt“ worden sein. Auch das stimmt so nicht. Als die Polizei den Nazis die Straße frei prügelte, wurden einige Antifaschist_innen auf das Gelände eines Krankenhauses gejagt. Hierbei versuchten einige der Ingewahrsamnahme und vor allem den Schlägen der Bullen zu entkommen.

Im Nachhinein lässt sich festhalten, dass die Militanz überwiegend gezielt ausgerichtet war und nicht das Ziel hatte, unbeteiligte Menschen persönlich zu schädigen. Ohne militante Aktionen wäre aus antifaschistischer Sicht der Tag nicht so erfolgreich verlaufen!
Eine positive Darstellung des militanten Antifaschismus in öffentlichen Medien ist selbstverständlich nicht zu erwarten. Tut auch keiner! Dennoch täten diejenigen, welche Militanz als ihr Aktionsfeld nutzen, gut daran, sich mit der Vermittlung und Vermittelbarkeit ihrer Aktionen zu beschäftigen. Gerade im Bezug auf die ausgewählten Objekte und politischen Ziele.

zu guter letzt…
I want you back for the rhythm-attack. Get down in full effect!

Dass der 1. Mai in Hamburg ein Erfolg antifaschistischer Mobilisierung war, wurde bereits gesagt, kann hier aber gerne nochmal wiederholt werden: Die Nazis waren und sind in Barmbek unerwünscht! Ihnen wurde auf breiter Ebene Ablehnung entgegengebracht. Durch eine antifaschistische Mobilisierung, wenn auch als Reaktion auf einen Naziaufmarsch, hat man die Möglichkeit die Anwohner_innen der betreffenden Gegend gegen Naziaktivitäten und die Inhalte der Nazis zu sensibilisieren. Dies ist in Barmbek hervorragend gelungen!
Aus linksradikaler Sicht gibt es viel Diskussionsstoff für die Zukunft. Eine „Volksfront“ gegen Nazis, welche keinerlei emanzipatorischen Ziele verfolgt, kann nicht unser Ziel sein. Bei nahezu jeder antifaschistischen Demonstration stehen wir zusammen mit politischen Kräften, mit welchen wir nur geringe politische Schnittmengen haben.
Dennoch: Solidarität auf der Basis eines antifaschistischen Grundkonsens ist uns wichtig und nicht zu vergleichen mit dem inhaltslosen Hinterherlaufen hinter einem undefinierten, ausgrenzenden, diskriminierenden Gemeinschaftsgefühl.

KLASSENKAMPF statt „Volksgemeinschaft“!

Danke an alle die mit uns auf der Straße waren! Vor allem an alle Nicht-Hamburger_innen, die den weiten Weg auf sich genommen haben!

Danke! Transforming the tunes we need your support!

[a²]-Hamburg, Mai 2008
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Ergänzungen

Nachbereitung von AVANTI

antifa 02.06.2008 - 15:34
1. Mai 2008 – Eine erste Bilanz
 http://avanti-projekt.de/p_antifa/HH_080501.htm

Tatsächlich ein Erfolg!

xantifax 02.06.2008 - 15:38
Es war die grösste Niederlage der Nazis überhaupt das sie sich selbst ihre Saubermann Maske herunterrissen! Das war ihr grösster strategischer Fehler und wird auch in Zukunft Folgen haben! Die einzigen die sie mit ihrer Gewalt bekämpfen können und wollen sind sowieso Antifaschisten und Menschen welche nicht in ihr eindimensionales Weltbild passen. Nur die wissen soweiso um die Breitschaft zur Gewalt bei den Nazis. So ist es nicht neu, wie die Nazis es selbst behaupten! Die einzigen für die es neu erscheint sind die, welche die Nazis bisher immer verarschen und hinters Licht führen wollten, nämlich das Kleinbürgertum und das Bürgertum, welches zwar oftmals kleingeistig rassistisch sind aber meistens ebenso Gewalt verabscheuen. Diese Gruppe wird nun noch mehr auf Abstand zu NPD und anderen Nazis gehen und eher andere reaktionär rassistische Kleinparteien wählen.

Fazit ist und bleibt ein Erfolg auf allen Ebenen! Die Mobilisierung war grossartig, denn trotz eines riesigen autonomen Antifablocks gab es auch bundesweit noch viele 1000 autonome Demos und Aktionen. Hingegen die Nazis fielen im Vergleich zu Vorjahren teilweise sogar noch ab. Die Militanz und der autonome Aktivismus zeigte, wie man aktiv offenbar gewollte Naziaufmärsche massiv behindern oder gar verhindern kann. Das nebenbei einige Nazis es endlich schafften in der Öffentlichkeit endlich ihre letzte Maske zu verlieren, kann nur als weiterer Erfolg gewertet werden und wäre ohne die massive Mobilisierung autonomer wie bürgerlicher Anztifaschisten nicht möglich gewesen!

2 Dinge

Ist deine Ergänzung als einfacher Text oder v 03.06.2008 - 11:28
1) Das Café

"Im Stadtpark soll ein Café von Antifas verwüstet worden sein. Obwohl sich schnell herausstellte, dass dies gelogen war, wurde es weiter in der Presse propagiert."

An verschiedenen Stellen im Netz wird ua von angeblichen Augenzeugen immer noch behauptet, es hätte diese Verwüstung gegeben; die einen sprechen von einer (sinnlosen) Aggression autonomer Antifas, die anderen von einem mackerhaft auftretenden Wirt, der die Situation sehr, sehr herausgefordert hat. Links habe ich gerade nicht griffbereit - Asche auf mein Haupt! Aber ebenso taucht die Meldung in der Pressemitteilung der Polizei auf:
"300 bis 500 Personen aus dem linken Spektrum griffen in einem Cafe den Wirt und seine Gäste an und beschädigten das Lokal."
 http://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/6337/1183082/polizei_hamburg

Die Presse propagiert also keine eigene Erfindung, sondern beruft sich insbesondere auf die Polizeipressemitteilung - unabhängig davon bleibt für mich unklar, ob die Geschichte überhaupt stimmt oder ggf. durch Übertreibung (300 - 500 Personen??) nur ein Wahrheitskern übrig lässt...

Ich persönlich finde, bei Nachbereitungen sollte sowas auch entsprechend dargestellt werden. Passiert das nicht, verlieren solche Richtigstellungen - wie oben - erheblich an Glaubwürdigkeit und Wert. Abgesehen davon könnte man die Aktionen Einzelner(300- 500 Personen ... hmmmm...) ohnehin nur schlecht dem Protest als solchem zurechnen.

2) zu Faktor 2 - Innenbehörde und OVG in Hamburg

"[...] Die Innenbehörde bestätigte schließlich kurzfristig die Route der Nazis mitten durch Barmbek und verbot die antifaschistische Gegendemonstration. [...] Hinzu kamen die üblichen Hamburger Auflagen, zuzüglich einer neuen: Verbot des Mitführens von Glasflaschen. In Hamburg ist es üblich, dass die Polizei derart Auflagen und Verbote sehr kurzfristig rausgibt, damit eine erfolgreiche Klage dagegen nahezu unmöglich gemacht wird. Diese Verzögerungstaktik ging diesmal nach hinten los. [... Das Oberverwaltungsgericht (OVG)] genehmigte die Route, welche die Naziroute kreuzte und hob Teile der Auflagen auf: das Flaschenverbot wurde gekippt und es durften in Hamburg erstmals seit Jahren wieder Seitentransparente über 1,50 m getragen werden." (s.o.)

Die OVG-Entscheidung ist ein ganz gewichtiger Punkt, den man in seiner Bedeutung für Hamburg keineswegs vernachlässigen sollte. Insbesondere, da die Hamburger Innenbehörde, damals noch vertreten von Herrn Nagel (Tschüss!), und der Hamburger Polizeipräsident sich gegenüber der Öffentlichkeit - mit Unterstützung des Hamburger Abendblattes - darauf zurückziehen, die "Krawalle" würden vornehmlich in den Verantwortungsbereich der entscheidenden Richter beim OVG fallen.
 http://www.abendblatt.de/daten/2008/05/03/876795.html

Ein verblüffend dreister Vorgang, wenn man das Urteil liest und die diesbezüglich klare Rechtsprechung des BVerfGs kennt, den man ggü. jeder nicht von vornherein abgeneigten Person richtigzustellen gedrängt ist:

Die Bullen achten - mal wieder - das Rechtssystem nicht, für das sie eigentlich einzustehen haben und diesmal fällt's sogar den Ober-Gerichten mal auf!!! Ein Träumchen!!!

Hierzu aus den Entscheidungsgründen des OVG, die man sich ruhig mal anschauen kann:

"[Das Hamburger Bündnis gegen Rechts weist] zu Recht auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts hin, nach denen allein schon der Umstand, dass die behördliche Entscheidung verzögert wurde, zum Erfolg des beantragten Eilrechtsschutzes führen kann. [... D]ie Folgen von Anordnungen, die die Durchführung einer Versammlung beschränken, [sind] regelmäßig nicht reversibel (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.5.1985, BVerfGE 69, 315, 363 f.). Bei Versammlungen, die auf einen einmaligen Anlass oder einen bestimmten Zeitpunkt oder Zeitraum bezogen sind, haben deshalb die Verwaltungsgerichte [...] eine [...] intensive Prüfung der Rechtmäßigkeit der [...] behördlichen Maßnahme [vorzunehmen, um zu verhindern, dass sie] zur endgültigen Verhinderung der Versammlung in der beabsichtigten Weise führt." (S. 3f)

"Ein solcher Fall liegt hier vor. Die [Innenbehörde] hat die Entscheidung, beschränkende Verfügungen zu erlassen, in einer Weise verzögert, die einer Verweigerung des gebotenen Rechtsschutzes gleichkommt. [...S]pätestens am 25. April 2008 [hätte von Seiten der Innenbehörde über die Route der Gegendemonstration und über Auflagen] entschieden werden müssen. Tatsächlich hat [sie] jedoch erst im Laufe des 29. April 2008 entschieden. In der Folgezeit haben d[as Hamburger Bündnis gegen Rechts] sowie das Verwaltungsgericht unter unverhältnismäßigem Zeitdruck das Eilverfahren betrieben. Die Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts konnte d[as HBgR] erst am Nachmittag des 30. April 2008 begründen. [Ihm] konnte nur eine letzte knappe Frist zur Beschwerdeerwiderung eingeräumt werden. Denn der Senat muss seine Entscheidung am Abend vor dem am nächsten Vormittag beginnenden Aufzug, an dem nach den Prognosen de[s HBgR] bis zu 8.000 Teilnehmer erwartet werden, so rechtzeitig treffen, dass - im Falle eines Erfolges der Beschwerde - noch Zeit für die organisatorischen Vorbereitungen bleibt oder - im Falle eines Misserfolgs - ggf. die Möglichkeit besteht, einstweiligen Rechtsschutz beim Bundesverfassungsgericht zu beantragen. Dieser außerordentlich enge Zeitrahmen bedingt, dass dem Senat im Wesentlichen nur noch eine kursorische Entscheidung mit Elementen einer bloßen Folgenabwägung ermöglicht wird. Die gebotene Rechtsschutzfunktion kann ein solches Verfahren nicht erfüllen." (S. 4f)
 http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/justiz/gerichte/oberverwaltungsgericht/aktuelles/aktuelle-entscheidungen/entscheidungsarchiv-2008/4bs93-08-pdf,property=source.pdf

Das Gericht hat also der inzwischen üblichen Strategie der Hamburger Innenbehörde, die Bekanntgabe eines Verbots der beantragten Route und der Bekanntgabe ihrer Auflagen etc. derart zu verzögern, dass der Rechtsschutz faktisch nahezu unmöglich geworden ist, eine deutliche Absage erteilt. Das sollte man sich merken, auch in anderen Bundesländern:

Öfter mal gegen kurzfristig erteilte Auflagen über das VG hinaus beim OVG klagen!! Kohle gibt's größtenteils zurück!

Darüber hinaus kann man bei Gelegenheit dem/der geneigten BürgerIn klar machen, dass die Polizei ihr eigenes "Versagen" nur schlecht auf die Gerichte abwälzen kann, wenn sie mal wieder eklatant gegen fundamentale Rechtsstaatsprinzipien verstößt und versucht einen angemessenen Grundrechtsschutz zu vereiteln!

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