Große Flüchtlingsdemonstration in Zürich

ClandesTino 20.04.2008 20:12 Themen: Weltweit
Ca. 3000 Flüchtlinge und Sympathisanten haben gestern Nachmittag in Zürich für ein generelles Bleiberecht demonstriert. Sie forderten radikale Veränderungen in der der Asylpolitik.
Kritik an der nicht statt findenden öffentlichen Debatte

Im Gegensatz zu anderen Ländern sei ein Bleiberecht für Papierlose in der Schweiz nicht einmal ein Thema in der öffentlichen Debatte, kritisiert die Menschen. Ob als papierlose Billiglohnarbeiter, als abgewiesene Flüchtlinge oder vorläufig aufgenommene - es könne nicht sein, dass Menschen über zehn Jahre in einem Dauerprovisorium leben müssten. Dieser Zustand mache krank und sei inakzeptabel. Gefordert wurde zudem eine humane Umsetzung der Härtefallregelung. Getragen wurde die Manifestation von einem breiten Bündnis von Menschenrechts- und Migrantenorganisationen, dem unter anderem die Alternative Liste Zürich, die Organisation "Augenauf" und "SOS Rassismus Deutschschweiz" angehören.


Probleme mit der Versorgung

In der Schweiz leben 80'000 bis 300'000 Ausländerinnen und Ausländer ohne Aufenthaltsbewilligung. Diese Sans-Papiers sind somit auch selten krankenversichert. In letzter Zeit sind Anlaufstellen entstanden, die Sans-Papiers medizinische Hilfe bieten. Private Organisationen füllen damit eine Versorgungslücke. Im Land gibt es rund 20 Stellen, die Sans-Papiers in Gesundheitsfragen beraten. So betreibt «Ärzte ohne Grenzen» in Zürich seit 2006 die Anlaufstelle Meditrina. Das kleine medizinische Angebot nehmen pro Monat rund 100 Personen in Anspruch, wobei Sans-Papiers eine Mehrheit stellen. Im bernischen Wabern betreibt auch das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) seit einem knappen Jahr eine Anlaufstelle. Bis jetzt suchen monatlich rund 20 Sans-Papiers dort medizinische Hilfe, Tendenz steigend. Die Erfahrung zeigt, dass Sans-Papiers spät einen Arzt aufsuchen, obwohl sie dieselben medizinischen Probleme haben wie die übrige Bevölkerung. Ihre unsichere Lebenssituation fördert überdies psychische Erkrankungen. Das gilt vermehrt auch für Patienten, die aus Krisen-Regionen stammen. Das Projekt in Wabern bietet im Rahmen des Möglichen nicht nur medizinische, sondern auch psychotherapeutische Hilfe an. Ein großes Problem sind stets die Kosten. Besonderen Schutz können und dürfen die medizinischen Anlaufstellen ihren Patienten nicht bieten. Das Schweizerische Rote Kreuz hat sich aber durch ein Rechtsgutachten bestätigen lassen, dass es legal ist, Sans-Papiers medizinisch zu versorgen.


Hälfte aller Haushaltshilfen illegal

Laut einer Radiosendung auf DRS leben die Hälfte der Haushaltshilfen in der Schweiz illegal als so genannte Sans-Papiers. Mit ihrer Arbeit ermöglichen sie vor allem auch vielen Schweizerinnen eine berufliche Karriere. "Seit die Verschärfung des Asyl- und Ausländergesetzes per 01.01.08 nun definitiv in Kraft ist, weht für viele Migrantinnen und Migranten ein noch eisigerer Wind im Land. Menschen werden als Illegal deklariert und durch bewusste Taktiken mürbe gemacht, damit sie auf Biegen und Brechen die Schweiz verlassen", kritisiert das Zürcher Bleiberecht Kollektiv. Dies betreffe vor allem abgewiesene Asylsuchende und solche, auf deren Asylgesuch nicht eingetreten wurde (NEE). Sie bekommen mit dem neuen Asylgesetz nur noch eine minimale Nothilfe. Im Kanton Zürich wird diese lediglich in Form von Fr. 10.- Migros-Gutscheine ausgehändigt. Migros gehört mittlerweile zum grösste Einzelhandelsunternehmen in der Schweiz.


Radiobeitrag auf:
 http://www.drs.ch/www/de/drs/sendungen/rendez-vous/2751.bt10028196.html

Bericht aus der Schweiz:
 http://ch.indymedia.org/de/2008/04/59276.shtml

Siehe auch:
 http://www.bleiberecht.ch/
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Ergänzungen

Fehlende Bilder

ClandesTino 20.04.2008 - 21:24
2 fehlende Fotos

Weitere Bilder der Demo

Luchadora 21.04.2008 - 03:01

Noch mehr Bilder

Leute aus Zürich 21.04.2008 - 19:04

Streik in Frankreich weitet sich aus

Solix 21.04.2008 - 20:08
Der erste organisierte Streik ausländischer Arbeiter ohne Bleiberecht in Frankreich weitet sich aus. Am fünften Streiktag hätten sich bereits mehr als 500 Arbeiter beteiligt, berichtete die Zeitung "Le Journal du dimanche" (Sonntag). Insgesamt 14 Betriebe, in denen Ausländer ohne Papiere arbeiten, seien bestreikt worden, darunter auch ein bekanntes Café im feinen Pariser Vorort Neuilly, in dem zahlreiche Politiker verkehren. Für die Streikenden ist die Aktion riskant, da sie fürchten müssen, bei nächster Gelegenheit abgeschoben zu werden. Mehrere Arbeitgeber unterstützen die Protestbewegung und fordern die Regierung auf, fest angestellten Ausländern das Bleiberecht zu gewähren.

Das Einwanderungsministerium hält sich bislang bedeckt. "Wir haben nicht vor, für dieses Problem eine Globallösung zu finden", heisst es im Ministerium. Es bleibe den örtlichen Behörden überlassen, im Einzelfall über das Bleiberecht zu entscheiden. Die französische Regierung hat für 2008 das Ziel vorgegeben, mindestens 25 000 Ausländer ohne Papiere abzuschieben. In Frankreich leben schätzungsweise 200 000 bis 400 000 illegale Einwanderer. Viele von ihnen arbeiten in schlecht bezahlten Jobs auf Baustellen, in Reinigungsunternehmen und im Gastgewerbe.