Antifademo in Wurzen massiv von Nazis gestört

aal 16.03.2008 23:14 Themen: Antifa
Am heutigen Samstag haben bis zu 50 Menschen gegen die Präsenz von Nazis und rechten Versandhandel in Wurzen (Sachsen) demonstriert. Nachdem bereits in den Jahren zuvor im Rahmen des "antirassistischen Sonntagsspazierganges" AntifaschistInnen auf die unerträglichen Zustände in der Stadt aufmerksam machten, galt es diesmal den Versandhandel "Front Records" von Thomas Persdorf tz thematisieren.
Nach kurzer Verzögerung begann die Demonstration, vorwiegend junge TeilnehmerInnen zogen mit Sprechchören wie "Nazis gibts in jeder Stadt - bildet Banden macht sie blatt" oder "Gegen jeden Antisemitismus, nieder mit Deutschland und für den Kommunismus" durch die Wurzener Innenstadt. Die Stadt Wurzen ist ca. 25km von Leipzig entfernt und ist ein gutes Beispiel für den normalen Alltag im sächsischen, ländlichen Raum. Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit baut der Nazi Thomas Persdorf seinen Versandhandel "Front Records" aus. Dieser zählt zu einem der größten seiner Art in Deutschland und beherbergt diverse Nazibands und vertreibt Unmengen an Kleidung und anderen Nazistuff. Persdorf tritt außerdem als Förderer nationaler Projekte wie dem "Fest der Völker" in Jena auf und engagiert sich auch in Städten wie Leipzig.
Bereits zu Beginn der heutigen Demonstration war klar, dass mensch an diesem Tage nicht alleine bleiben würde, vereinzelnde Gruppen von Nazis waren präsent und einige Autos patroulierten durch die Stadt. Unbeirrt ließen sich die AntifaschistInnen nicht von ihrem Zeil abbringen ein deutliches Zeichen gegen die Hegemonie von rechter Jugendkultur und Unterstützung bzw. Duldung durch die Bevölkerung Wurzens zu setzen. In verschiedenen Redebeiträgen machten die DemonstrantInnen darauf aufmerksam, dass gerade der ländliche Raum oft unentdeckt von Zivilgesellschaft und Öffentlichkeit Möglichkeiten bietet, rechte Strukturen auf- und auszubauen. Des weiteren wurde kritisiert dass die in Wurzen ansässige Beratungstelle für Opfer rechtsextremer Gewalt, AMAL, keine weitere Förderung durch Landesmittel erhalten wird. Gerade im Kontext des Wurzener Alltags eine Katasstrophe, haben doch hier wie auch in vielen anderen Teilen Sachsens, Menschen, die den Nazis nicht ins Weltbild passen, wie z.B. sog. MigrantInnen, Linke und alternative Jugendliche ein schweres Leben und sind tagtäglich den Bedrohungen und Übergiffen ausgesetzt.
Kurz vor Ende der Demonstration gesellten sich neben den ca. 15 Nazis, welche von Anfang an die Demo begleiteten weitere 50-60 Nazis hinzu. Diese versuchten die Veranstaltunmg anzugreifen, konnten aber durch die Polizeipräsenz daran gehindert werden. Immer wieder versuchten die Nazis zu stören und riefen Sprechchöre. Seitens der AntifaschistInnen wurde darauf reagiert jedoch nicht ohne dem Ziel, die Demo zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Am Ort der Abschlusskundgebung wäre die Situation jedoch beinahe eskaliert. Mindestens 80 Nazis versuchten von mehreren Seiten die Antifa Demo zu attackieren bzw. an diese heran zu gelangen. Die völlig überforderte und unterbesetzte Polizei versuchte die Nazis abzudrängen, was schließlich auch gelang.
Gleichwohl es den Nazis am heutigen Tag gelungen ist mittels starker Präsenz die Demonstration zu begleiten, wird es auch in Zukunft AntifaschistInnen geben die sich durch angebliche "National berfeite Zonen" nicht abschrecken lassen. Auch Wurzen wird bald spüren dass der Spuk der Nazis nicht endlos ist. Dennoch muss bemerkt werden dass die Zusammmenarbeit zwischen der Bevölkerung Wurzens und den organiserten Nazis bestens funktioniert. So haben kaum BürgerInnen gezeigt dass sie diese Zuständen nicht länger dulden wollen, außerdem haben sich keine Menschen aus Wurzen zusammengefunden, mit Ausnahme der DemonstrantInnen, den mehr als 100 Nazis zu zeigen, dass in Wurzen kein Platz für national-sozialistisches, ausländerfeindliches Gedankengut ist. Vielmehr zeigte sich dass eine Stadt wie Wurzen nur deswegen eine breite Nazisszene beherbergen kann, weil diese bestens mit der städtischen Bevölkerung verankert ist und auf eine gute Zusammenarbeit mit den WurzenerInnen zählen kann. Diese Zustände gilt es anzugreifen.
Wir lassen uns durch die Bedrohung von 100 Nazis nicht abschrecken, auch in Zukunft gilt es in Wurzen und überall antifaschistische Akzente zu setzen.
Kritisch muss jedoch auch die schwache Mobilsierung gesehen werden, so ist es kaum nachvollziehbar dass aus einer Stadt wie Leipzig nur wenige AntifaschistInnen den weg in die knapp 30min. entfernte Kleinstadt finden. Die "Insel" Leipzig wird sich in Zukunft öfter auch mal um die Regiuon kümmern müssen.

In diesem Sinne, Kampf dem Hinderland, Deutsche Zustände angreifen!
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Ergänzungen

SOWAS

geht nicht. 17.03.2008 - 03:27
Was hier passiert ist, wird uns im Osten vermutlich noch öfter passieren, respektive passierte uns ja auch schon auf der Dresden Demo. Nur: Da kamen Faschos aus ganze Europa, hier sind das Kleinstadtspacken.
Wenn wir glaubwürdig bleiben wollen:
SO GEHT DAS NICHT.
ES GIBT KEIN RUHIGES HINTERLAND.
In der Nähe gibt es genug Leute, die mobilisieren können.

Ich würde mir wünschen, dass auf eine solche Demo, die gegen Nazis in der Unterzahl bleibt, mindestens zwei folgen, in denen wir Präsenz zeigen und ein paar Aktionen, wo den örtlichen Nasen auf die Finger gehauen wird. (Wo sind sie denn jetzt, die eifrigen Parolenschreier: Kein Vergeben, kein Vergessen - Nazis haben Namen und Adressen)

Wenn das irgendjemand liest, der Kontakte zu den entsprechenden Gruppen hat - und diese Leute lesen hier - mobilisiert mal nach Wurzen.
Das geht insbesondere an die Antifas in Berlin, Leipzig, Dresden, Magdeburg - das ist ein erreichbares Ziel.
Während wir uns mit unseren Bundesgenossen die Köppe einschlagen ob Anti-D/Anti-Imp oder Antidogmatisch, mischen uns im Hinterland die Nasen auf.

Zeigen wir denen, dass es sich nicht lohnt unsere Leute anzugreifen.
Zeigen wir denen, dass es keine national befreiten Zonen GIBT, solange wir am Start sind.
Zeigen wir denen, dass es keine "deutschen Normalitäten" gibt.
Zeigen wir den Bürgern, dass sich Widerstand lohnt.

ALERTA, ALERTA - ANTIFASCISTA.

Keine hohlen Parolen mehr auf sicheren Demos. Holen wir uns das Hinterland zurück.

LVZ-Artikel und Ergänzung...

jemand von vor Ort 17.03.2008 - 08:40
An dieser Stelle sei vorweg geschickt, dass durchaus versucht wurde, in größerem Rahmen zu mobiliseren. Viele Gruppen aus der Region hatten auch ursprünglich zugesagt, zu der Demo zu kommen. Leider ließ sich dann doch niemand blicken. Wir als Antifaschisten aus der Region haben uns deshalb auch entsprechend allein gelassen gefühlt.
In unseren Augen ist es aber auch wichtig, dass wir zeigen, dass es für die Nazis kein ruhiges Hinterland gibt. Während die Nazis im Vorfeld der ursprünglich für Samstag in Leipzg geplanten Demo skandalierten, "die Provinzen sind befriedet", wollten wir dies nicht so stehen lassen. Es ist ja auch nicht so, dass auf Indy nie etwas gestanden hätte. In diversen Ergänzungen zu Leipzig-Artikeln wurde immerwieder auf die Wurzen-Demo hingewiesen. Entsprechend der Moderationskriterien bei Indy haben wir davon abgesehen, den Aufruf als eigenständigen Artikel zu posten.

Hier der LVZ-Artikel von heute aus der Muldentaler Kreiszeitung:

„Eine Frage der Menschlichkeit“

Antirassistischer Spaziergang in Wurzen / Polizeipräsenz verhindert Angriff Rechtsextremer



Wurzen. Ein paar Köpfe in Fensterrahmen, einige neugierige Körper in Türleibungen: Unter nur geringer Anteilnahme der Wurzener begann am gestrigen Nachmittag der vierte von der Linksjugend Westsachsen organisierte und von einigen sächsischen Initiativen unterstützte antirassistische Sonntagsspaziergang.
Demo-Teilnehmerin Ina A. sagte: „Es darf im Muldentalkreis kein zweites Colditz geben.“ Damit nahm die Bürgerin Bezug auf den rechtsextremen Überfall am 23. Februar in der Schlossstadt. „Ich bin mir sicher, dass viele Menschen so denken wie ich, es jedoch vorziehen wegzuschauen. Auf diese Weise ist auch die Weimarer Republik untergegangen. Sich einem solchen Protest anzuschließen, ist weniger eine Frage des Parteibuches als vielmehr eine der Menschlichkeit.“
Neben dem Überfall in Colditz hatte der diesjährige Sonntagsspaziergang auch den in Wurzen ansässigen Versandhandel Front-Records zum Thema, einen nach Auskunft der Veranstalter bundesweit größten Anbieter rechtextremistischer Devotionalien. „Solange deutsche Richter Lieder nicht verbieten, die die Waffen-SS verherrlichen, solange dürften auch Läden dieser Art weiterexistieren“, erregte sich Demo-Teilnehmer Lothar F., der mit seiner Präsenz in Wurzen auch gegen die Schließung des ebenfalls hier ansässigen Vereins „AMAL – Hilfe für Betroffene rechter Gewalt“ protestierte. „AMAL hat hervorragende Arbeit geleistet“, so Linksjugend-Sprecher Marcel Gürnth. „Mit der Schließung laufen wir im ländlichen Raum Gefahr, dass Opfer von Nazigewalt nun noch verlassener sind als dies so schon der Fall war.“
Begleitet wurde die Demo ab Marktplatz von etwa 15 Anhängern der rechtsextremen Szene, die laut Aussage von Ingo Stange (AMAL) und Miro Jennerjahn (NDK Wurzen) die Spaziergänger provozierten und die Demo fotografierten. Am Wettiner Platz bewegte sich dann eine größere Gruppe von 60 bis 70 zum Teil vermummten augenscheinlich rechtsextremen Jugendlichen auf die Demonstranten zu. Vor allem durch die Polizeipräsenz vor Ort konnte ein möglicher Angriff auf den antirassistischen Spaziergang verhindert werden. Roger Dietze

Grund zur Ernüchterung

Jean Cremet 17.03.2008 - 10:04
Es gibt allen Anlass zur Ernüchterung und Reflexion nach diesem 4. Antirassistischen Sonntagsspaziergang in Wurzen.
1.) Eine Teilnehmendenzahl von ca. 50 Personen wird sicherlich auch von den Veranstaltenden nicht als Erfolg eingeschätzt werden. Gruppen wie Bon Courage aus Borna, die selbst aufgerufen hatten, waren überhaupt nicht nicht vertreten. Wenn sich die ohnehin schwachen Kräfte des ländlichen Raums nicht einmal gegenseitig unterstützen, können wir kaum darauf hoffen, dass aus den Großstädten mobilisiert wird, die ohnehin höchstens nur noch dann aktiv werden, wenn ihr eigenes Terrain betroffen ist.
2.) An mangelnder Mobilisierung und Werbung - wie von Kommentator_Innen behauptet - kann die dünne Beteiligung eigentlich nicht liegen. Verteilung von Flyern bei einschlägigen Konzerten, Artikel in der Lokalpresse wie auch in linken Medien, Postings auf diversen Mailinglisten, Ankündigungen in Plena - was erwartet mensch eigentlich noch von einer kleinen örtlichen Gruppe?
3.) Die Nazis sprechen inzwischen selbstbewusst davon, dass die Provinz weitestgehend befriedet sei und jetzt die Großstädte an der Reihe seien. Die diversen Aktionen in Leipzig, Chemnitz, Plauen und Zwickau in den vergangenen Wochen sprechen eine deutliche Sprache und zeigen, dass hier leider nicht nur einige Nazis das Maul ziemlich voll genommen haben, sondern dass bei ihnen ein gewachsenes Selbstbewusstsein festzustellen ist. Wäre es in einer solchen Situation nicht noch notwendiger, Aktionen in der Provinz wenigstens durch Präsenz zu stärken?
4.)Gleichzeitig haben die Angriffe von Nazis in der Provinz eine neue Qualität erreicht. Gerade in den letzten Wochen zeigt sich, dass eine enge Vernetzung und Zusammenarbeit der Nazistrukturen, eine hohe Mobilisierungsfähigkeit und ein hoher Grad an Konspirativität vorhanden sind. Die Führungsfiguren sind nicht mehr dumpfe Schlägertypen à la Tom Woost von Sturm 34, sondern vielmehr oftmals junge Studenten, die teilweise über Funktionärserfahrung in der NPD verfügen. Ich stelle die These auf, dass diese neue Qualität unmittelbar mit der Etablierung und Entwicklung des so genannten "Freien Netzes" zu tun hat.
5.) Immerhin ist mit dem Antirassistischen Sonntagsspaziergang der Nachweis gelungen, dass vor Ort der Kreis um Thomas Persdorf (Front Records), der zu einer Grillparty auf seinem Gelände eingeladen hatte, den "Nationalen Sozialisten Muldental" und die NPD eng zusammenarbeiten. NPD-Funktionäre wie der Stadt- und Kreisrat Wolfgang Schroth (*1946) oder der Torwart des örtlichen Fußballvereins, Matthias Möbius, versuchten im Umfeld der Demonstration sich als Anti-Antifa-Fotografen zu betätigen.
6.)Die übliche Reaktion in der Szene besteht erfahrungsgemäß darin, die Schuld auf die örtlichen Organisator_Innen abzuwälzen und sich im nächsten Jahr erst recht fernzuhalten.
Es besteht also Grund genug zur Ernüchterung und zur kritischen (Selbst-)Reflexion. Ich bin mir sicher, dass es im nächsten Jahr den 5. Antirassistischen Sonntagsspaziergang geben wird. Ich bin mir nicht sicher, ob sich bis dahin etwas am Verhalten der sächsischen Antifa-Strukturen geändert haben wird.

Es muss Sonntag heißen

ich 17.03.2008 - 10:10
natürlich muss es in der Überschrift Sonntag heißen. Das ganze ereignete sich am 16.03.08 also Sonntag. Vielleicht könnten das die Moderatoren ja mal ändern, andernfalls wissen es nun auch alle. Sorry für die Rechtschreibfehler, der Artikel entstand unter einer gewissen Hektik.
In diesem Sinne, es gibt kein ruhiges Hinterland!

@ Grund zur Ernüchterung

Diablo 17.03.2008 - 10:44
7) Der Hauptgrund der schwachen TeilnehmerInnenzahl führe ich auf eine andere Sache zurück. An diesem Sonntag fand in Leipzig das Rückspiel zwischen Sachsen Leipzig II und LOK statt (sprich ein Derby). Dort ist schon seit längerem bekannt, dass immer wieder rechte LOK Schläger versuchen linke und alternative Jugendliche vom Fanlager unseres Vereins anzugreifen. Da galt für uns als Diablos erstmal als höchste Pflicht, dort mit als Schutz zu stehen. Sprich, so Scheiße wie es auch klingt, wir wollten uns nicht in Wurzen ohne Gegenwehr die Beine vertreten, wo aber in Leipzig unsere Freunde und Mitfans von den Nasen die Mütze voll kriegen.
Ich hoffe, dass dies ein wenig nach zu voll ziehen ist.
Oder besser noch, passt im Vorfeld auf das sich solche Termine, wie an diesem letzten Sonntag, nicht überschneiden, denn da können wir dann wieder auch mitkommen.

In diesem Sinne mit solidarischen Grüßen aus Leipzig/Leutzsch

Anmerkung

XXX 17.03.2008 - 12:57
Ich würd mal sagen typisch Polizei. In Leipzig stehen sie sich zu Tausenden die Beine in den Bauch und ein paar Kilometer weg dürfen 50 Jugendantifas mit ihrer angemeldeten (!) Demonstration ins Messer laufen. Einfach zum Kotzen. Aber Fakt ist: für den Muldentalkreis (Wurzen/Colditz/Grimma...) muss möglichst bald mal wieder eine Demo mit größerer Mobi her. Den Aufruf für Sonntag konnte ehrlich gesagt wirklich nur finden, wer ganz genau suchte. Die geringe Teilnehmerzahl liegt nicht ausschließlich am Derby in Leipzig oder an Faulheit, sondern vor allem auch an schlichter Unkenntnis. Das nur als Hinweis. Ansonsten: konkretes Auswerten und das Planen von weiterem Vorgehen bitte intern machen!

Eindruck auf die Bevölkerung

Pedant 17.03.2008 - 14:51
Ich möchte mich zwei Meinungen anschliessen, die leider keine inhaltliche Ergänzung darstellen: Es ist gut und richtig mit der Antifa in solchen Orten Präsenz zu zeigen, nur muss man dabei genau darauf achten, wie man rüberkommt. Sicherlich kann man nicht immer konstruktive Arbeit leisten, wenn man derweil von Nazis attackiert wird, allerdings sollten zwei Hauptziele verfolgt werden:

a) den AktivistInnen vor Ort Mut machen für die Arbeit, die sie oft tagtäglich tun

Dazu ist es notwendig, dass man sich vorher mit denen abspricht, welche Aktionsformen sinnvoll sein könnten und welches Bild man hinterlassen will. Ich weiss nun keine Details in diesem Fall, aber lokale Anti-Rechts-AktivistInnen beschweren sich öfter darüber, dass alle paar Monate mal eine Horde Antifas aus anderen Städten kommt, mit Parolen durch die Stadt zieht und danach wieder abdampft, v.a. dabei einen eher negativen Eindruck bei der lokalen Bevölkerung hinterlässt, was den Aktiven vor Ort selten hilft.

b) der Bevölkerung klarmachen, dass Nazis in ihrem Ort eine erschreckend grosse Rolle spielen und deren Ideologie offenlegen

Dazu ist es äußerst kontraproduktiv, wenn man alle paar Monate mit einer Gruppe schwarz Gekleideter aufkreuzt, den Kommunismus bzw. "Nie wieder Deutschland" fordert und alle Nazis "plattmachen" will. Das mag in Euren Kreisen en vogue sein, aber ist von der Meinung der lokalen Bevölkerung vermutlich weiter entfernt als jene des netten Nazis von nebenan, der zwar im Suff gerne mal Leute verprügelt und Schwachsinn ins Netz schreibt, aber ansonsten in die Gemeinschaft integriert ist und es versteht, sich den Sorgen des Normalbürgers zu widmen - der Eindruck, den solche Aktionen hinterlassen, ist oftmals negativ gegenüber den Nazigegnern, da Leute von ausserhalb kommen, politische Parolen schreien, es an dem Tag oft Gewalt und Stress gibt (wer dafür wirklich verantwortlich ist, interessiert die meisten Ansässigen nicht immer genau) und dann wieder weg sind.

Was tun?

Ich halte es für äußerst wichtig, solche Aktionen genau mit den Aktiven vor Ort abzustimmen. Holt Euch deren Meinung ein, was sie für sinnvoll erachten und schaut dann, was ihr für Ressourcen habt. Manchmal sind kleinere besser geplante Aktionen, die in erster Linie auf Information abzielen und nicht auf Protest per se, sinnvoller als isolierte 100 Personen-Demos. Beispiele sind:

In kleinen Gruppen "unbeteiligte" Bürger gezielt über besonders schlimme Nazi-Aktivitäten informieren, dabei in den Materialien unbedingt auf Parolen und Ideologie verzichten. Fakten und Argumente wirken manchmal Wunder...

Kreative Aktionen, z.B. Feste und Konzerte, aber mit klaren Standpunkten - davon dürften einige Leute aus Grossstädten ja Ahnung haben

Versuche, auch Kontakt zu Personen aufzubauen, die nicht unbedingt auf Eurer politischen Linie sind, aber sich gegen rechts engagieren, und einigermassen Rückhalt in der Bevölkerung haben.


Ich weiss, dass solche Aktionsformen durchaus mehr Arbeit und Ressourcen verlangen, aber es geht schliesslich darum, kontinuierliche und nachhaltige Arbeit gegen Rechts aufzubauen und aufrecht zu erhalten. Und den vermutlich grössten Kritikpunkt an meinen Vorschlägen nehme ich mal gleich selbst vorweg: Es ist natürlich weitaus gefährlicher, in kleinen Gruppen zu arbeiten als in Grossgruppen. Aber dies sind nichtsdestoweniger ein paar Vorschläge, wie man die Arbeit verbessern könnte.

@ Pedant

Jean Cremet 17.03.2008 - 17:49
Das sind alles liebe Anmerkungen des Pedanten wie aus dem Lehrbuch. Leider gehen sie am Kern der Sache vorbei. Es war bereits der 4. Antirassistische Spaziergang dieser Art, organisiert von Leuten vor Ort, die Kontakte und Bündnisgespräche mit - auch - zivilgesellschaftlichen Gruppen vor Ort geführt und die auch einbezogen, die einige vernünftige Arbeit mit der Lokalpresse gemacht haben. Eingebettet ist dieser Spaziergang in eine ganze Reihe von anderen Aktionsformen, die über das ganze Jahr verteilt sind. Wir laden dich gerne nach Wurzen ein, damit du dir auch mal ein Bild vor Ort machen kannst und nicht aus der Ferne gute Ratschläge geben musst.

pedant hat immer recht

muss ausgefüllt werden 17.03.2008 - 19:04
der pedant hat gar nicht so unrecht, wie ich finde.

aber mal n eigenen punkt: ihr macht einfach den fehler, euch auf eine linke szene in leipzig zu verlassen, die es so nicht gibt. ständig ist die rede von der leipziger antifa, aber was kriegen die denn auf die beine gestellt?
a) eine komplett schwarze demo in reudnitz, vor der jeder "bürger" wegläuft (um die faschos aus der stadt zu bekommen, muss man sachliche kritik gg rechts üben, so dass bürger das auch versteht um was es geht, dann ist bürger auch aktiver dabei, im kampf gegen rechts),
b) ein boykott der gegendemo von samstag, unter fadenscheinigen gründen, hervorgerufen durch SCHISS, und nix andres, oder
c) mit ach und krach 20 leute für wurzen abstellen, wenn überhaupt 20 aus LE waren.
das sind nur 3 beispiele, aber ich finde das zeigt schon recht deutlich, dass es in leipzig zu wenig struktur und koordination gibt, um auch noch das umland mit zu beachten.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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genau — @iam

also — junge

fotos — linse

ein paar — sachen

@??? — Mensch

Hallo Jean — Pedant

Aufruf — Wichtig