Nazi-Aufmarsch in Nürnberg und Widerstand

eine Indymedia Reporterin 14.03.2008 00:04 Themen: Antifa Repression
„Wieder wollen die Stadt Nürnberg und staatliche Organe einen Naziaufmarsch zulassen!“

ein Interview mit der organisierten autonomie
Am 1. Mai will die faschistische NPD in Nürnberg aufmarschieren. Obwohl die NPD für den 1. Mai auch nach Hamburg mobilisiert, spricht die Nazi-Partei von einer bundesweiten Demonstration. Aufmärsche der NPD am ersten Mai in Nürnberg gab es auch im letzten Jahr und 2005. Beide Male waren es vor allem Linksradikale, die den direkten Protest gegen die Aufmärsche organisierten. Beide Male zog die revolutionäre 1. Mai-Demonstration, die von der organisierten autonomie vorbereitet und im Bündnis mit zahlreichen Gruppen durchgeführt wird, zum Treffpunkt der Nazis, während die VertreterInnen des „offiziellen Nürnberg“ am Abschlusskundgebungsplatz der Nazis „antifaschistische“ Reden schwangen. (siehe:  http://de.indymedia.org/2007/05/175619.shtml,  http://de.indymedia.org/2005/05/113739.shtml)

Dieses Jahr soll schon im Vorfeld des 1. Mai Druck auf die Verantwortlichen, die Naziaufmärsche ermöglichen, ausgeübt werden. Die organisierte autonomie (OA) hat deshalb die Initiative ergriffen und plant eine breite Bündnis-Demonstration im April, die den politisch Verantwortlichen zeigen soll, dass die Duldung der FaschistInnen und ihrer Aufmärsche nicht akzeptiert wird. Indymedia sprach mit Juliane, einer Vertreterin der organisierten autonomie (OA).

Indymedia: Wer sind die politisch Verantwortlichen, die Naziaufmärsche dulden?

Juliane (OA): Ganz generell gesagt die städtischen und staatlichen Verantwortlichen die faschistische Organisierung zulassen und durch Genehmigungen Naziaufmärsche mit dem Anstrich der Legalität versehen. Es ist wichtig, nicht zu vergessen, dass die NPD, obwohl sie offensichtlich in direkter Tradition zur NSDAP steht, in Deutschland Aufmärsche anmelden kann, ohne dass der Staat dagegen handelt. Im Gegenteil. Es werden, nachdem eine Anmeldung erfolgt ist, von den politisch Verantwortlichen alle Kräfte mobilisiert, um diese NS-Aufmärsche gegen Protest zu schützen und einen reibungslosen Verlauf, selbst gegen den Willen der Mehrheit, zu erzwingen. In Nürnberg ganz konkret sitzen politisch Verantwortliche im Rathaus. Zusätzlich hatte die Nürnberger Verkehrs-Aktiengesellschaft (VAG) immer wieder den Transport der Nazis mit U-Bahnen organisiert und die Polizei die Aufmärsche weisungsgemäß gegen den Widerstand von tausenden AntifaschistInnen durchgesetzt.

Indymedia: Dass die Polizei durch ihr Vorgehen gegen Antifas Naziaufmärsche ermöglicht, die sonst wohl für die Faschisten schwierig werden würden, verstehe ich. Und dass es auch eine große Unterstützung für die Nazis ist, wenn sie kostenlos U-Bahn fahren dürfen, ist auch klar. Aber warum das Nürnberger Rathaus verantwortlich für Nazi-Aufmärsche sein soll, musst Du mir mal genauer erklären. Immerhin ruft die Stadt Nürnberg doch seit Jahren selbst zu Gegenaktivitäten gegen Naziaufmärsche auf.

Juliane (OA): Immerhin regieren im Nürnberger Rathaus Mitglieder von SPD und CSU, der Parteien die im Moment in Berlin auch die Bundesregierung stellen. Die Ausrede, dass ihnen als KommunalpolitikerInnen die Hände gebunden wären, ist also allein deshalb falsch. Wir sagen es ganz deutlich: Es kann kein Recht auf faschistische Organisierung und Propaganda geben und wir werden es nicht länger hinnehmen, dass Stadt und Staat dieses den Nazis einräumen.
Sicher gibt es auch unter den Stadträten, die im Rathaus sitzen, einige Menschen, die sich aktiv gegen Nazis und Naziaufmärsche engagieren. Dennoch denken wir, dass der Hauptgrund, warum die Stadt zu Protesten aufruft ist, dass die antifaschistischen Aktivitäten von linksradikalen Gruppen und das Engagement aktiver GewerkschafterInnen sowie Teilen ihrer eigenen Basis sie politisch dazu zwingen. Es gilt das Gesicht zu wahren. Wenn Tausende in Nürnberg gegen Nazis auf die Straße gehen, muss auch die Stadt Nürnberg etwas tun. Die vom Stadtrat unter der Führung von OB Maly entwickelte Strategie, Nazis tot zu schweigen, oder wie Maly das nannte „aktiv zu ignorieren“ ist nicht aufgegangen. Der erste und letzte Versuch diese Strategie umzusetzen war 2003. Die Nürnberger Stadtspitze und die großen Lokalzeitungen hatten sich darauf geeinigt, kein Wort über einen Aufmarsch des Nazis Gerd Ittner zu verlieren – und natürlich auch nicht über antifaschistischen Protest. Dennoch demonstrierten Hunderte gegen den Aufmarsch und der OB geriet in die Kritik. Seit dem versucht die Stadt, Naziaufmärsche ohne Gesichtsverlust für die „Stadt der Menschenrechte“ über die Bühne zu bringen. Einen ernsthaften Versuch der Stadt, die Aufmärsche komplett zu verhindern, hat es jedoch nie gegeben. Selbst als sich die Stadtspitze 2001 zusammen mit Tausenden GegendemonstrantInnen den Nazis von der NPD ein Mal höchst persönlich in den Weg stellte, damals noch unter dem CSU-OB Ludwig Scholz, wurden die Nazis von der Nürnberger Verkehrs-Aktiengesellschaft per U-Bahn zu ihrem Abschlussplatz chauffiert und konnten dort weiter ihre Hetze verbreiten. Im Nachhinein urteilten die Gerichte, dass die Polizei die GegendemonstrantInnen hätte wegprügeln müssen. Seitdem agiert die Stadt gegenüber der NPD besonders vorsichtig. Das Beispiel von 2001 zeigt aber auch, wie in der BRD das System der staatlichen Duldung von Nazis funktioniert. Wenn sich ein Bürgermeister weigert, die Nazis marschieren zu lassen und die Polizei ihn nicht verprügelt, dann gibt es immer einen Richter, der beide im Nachhinein dafür verurteilt. Und nochmal zur Erinnerung: Wir reden hier nicht von irgendwelchen Verwirrten, die demonstrieren wollen, sondern von Nazis, also Menschen, die sich bewusst in die Tradition des deutschen Faschismus stellen, die geistigen Erben der KZ-Mörder.

Indymedia: Habt ihr denn konkrete Forderungen, an die, die ihr politisch verantwortlich nennt?

Juliane (OA): Ja, die haben wir. Allerdings wollen wir die Verantwortlichen nicht um etwas bitten sondern unsere Forderungen, die, wie wir glauben, im Interesse aller antifaschistisch denkenden und handelnden Menschen liegen, unter anderem mit dieser Demonstration durchsetzen. Konkret im Aufruf zur Demonstration, den schon jetzt zahlreiche Gruppen und Organisationen unterstützen, fordern wir, dass die Nürnberger VAG keine Sonderzüge mehr für Nazis bereitstellt und dass die Kosten der zur Durchsetzung von Naziaufmärschen in Nürnberg erforderlichen Polizeieinsätze offen gelegt werden. Weiter fordern wir Stadt und Staat auf, antifaschistische Aktivitäten am 1. Mai nicht zu behindern und das Ende schikanöser Personalienkontrollen und gewalttätiger Übergriffe von Polizeibeamten gegen AntifaschistInnen, wie wir sie in der Vergangenheit bei Protesten immer wieder erleben mussten.

Indymedia: Kann diese Demonstration noch unterstützt werden?

Juliane (OA): Ja, bis Dienstag nächste Woche. Es ist wichtig, dass alle, die dieses Anliegen teilen, das auch zeigen. Nur so kann gesellschaftlicher Druck erzeugt werden. Genauere Infos gibt’s demnächst auf der linken Internetplattform  http://redside.tk.
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Ergänzungen

Noch ein Aufruf

Bürger Norbert Nazifrei 14.03.2008 - 16:27
www.nazistopp-nuernberg.de

Demo im April ??

afa-ww 14.03.2008 - 16:30
Wann soll den die Demo im April stattfinden ?

Kritik an Darstellung

Schorsch 14.03.2008 - 17:01
Ich finde das Interview echt schwach.
natürlich könnte die Stadtverwaltung, oder wer auch immer das koordiniert die Demo verbieten, dann würde man das aber rechtlich durchklagen könnnen und das ist auch gut so.

Solange die NPD, so sehr ich sie hasse, eine zugelassene Partei ist, solange muss man die marschieren lassen (von Seite des Staates). Mit dem gleichen Argument könnte man sagen, die Linke steht in direktem Bezug zur Stasi-DDR und deshalb darf sie keine Demo organisieren.

Ich fände es viel wichtiger zu schauen, dass die Gegenveranstaltung gut besucht wird, dass die Demo behindert wird. Dass Nazi-Strukturen aufgedeckt und angegriffen werden.
Man könnte sich auch wieder ins Gedächtnis rufen, warum die NPD nicht verboten ist, und warum linke Projekte immer weniger gefördert werden...

naja, ich hoffe mal, das versteht ihr schon richtig. Nazis sind scheiße, keine Frage, aber ich finde einfach die Kritik an den Stadtverantwortlichen trifft die Falschen. Wenn die U-Bahn-fahren müssen, dann kann man nicht verlangen dafür zu zahlen. Das führt irgendwann zur Demoerlaubnis nach Bezahlung...

hoffe die Demo wird stark und hinterlässt Spuren.
Schorsch

DEMO AM 12 APRIL 12 UHR

------ 15.03.2008 - 11:24
Da es wohl noch nicht erwähnt wurde, hier der Termin für die DEMO.

AM: Samstag, 12. April 2008
UM: 12.00 Uhr
WO: Adam-Klein-Straße / Müllnerstraße (neben Nachbarschaftshaus Gostenhof), U-Bahn: Bärenschanze.

Rechtsextreme im Stadtrat

Info 18.03.2008 - 09:07
München und Nürnberg: Rechtsextreme im Stadtrat

In den beiden größten bayerischen Städten schafften es auch die rechtsextremen NPD-Tarnlisten »Bürgerinitiative Ausländerstopp« (BIA) in die Rathäuser: in Nürnberg gleich mit zwei Mandaten. Der bayerische NPD-Vorsitzende Ralf Ollert wurde wiedergewählt und mit Sebastian Schmaus zieht laut der Initiative »Stoppt die Anti-Antifa« ein Kader der Nürnberger Anti-Antifa in den Stadtrat. Seit Jahren soll Schmaus Antifaschisten fotografieren, deren Bilder anschließend auf der Homepage der Nazis veröffentlicht werden. In München wird der rechtsextreme Publizist Karl Richter im Stadtrat sitzen. Die Antifa erklärt: »Wir finden es skandalös, dass Nazis in München die Möglichkeit gegeben wird, ihre rassistische Ideologie im Stadtrat zu propagieren.«

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