LE: „Tönsberg“ und Reudnitz

Silke 19.02.2008 15:56 Themen: Antifa
Nachdem der Thor Steinar- Laden „Narvik“ in Magdeburg nun zwangsgeräumt werden muss und am 16.02.2008 in Dresden der „Tönsberg“ Laden zwangsgeräumt wurde, tut sich auch in Leipzig wieder etwas im Bezug auf den dort ansässigen Thor Steinar- Laden.
Aber auch in Leipzig Reudnitz bewegt sich linker Widerstand.
„Tönsberg“ Leipzig

Mephisto 97.6 vom 13.2.2008
Mit der Klage gegen den Mieter des Thor-Steinar-Ladens am Brühlbeschäftigt sich nun das Leipziger Landgericht.
Nach Angaben des Gerichts wurde die Klage Ende Januar von Berlin nachLeipzig verwiesen. Der Mieter des Ladens, die Firma Mediatex, wurdediese Woche aufgefordert sich zum Klagevorwurf zu äußern. Dafür hat sie nun zwei Wochen Zeit. Danach könnte ein Verhandlungstermin festgesetzt werden. Die Firma Mediatex produziert und verkauft die Modemarke Thor Steinar, die bei Rechtsradikalen sehr beliebt ist. Gegen den Laden hatte es von linker Seite in den vergangenen Monaten immer wieder Protest gegeben. Der Vermieter, die Immobilienfirma Immovaria, versuchte bereits außergerichtlich das Mietverhältnis aufzulösen.

Reudnitz Leipzig

Doch neben den Anti-Thor Steinar-Protesten in Leipzig ist ein neuer rechtsextremer Schwerpunkt in die Öffentlichkeit gerückt – Reudnitz.

Leipzig - Nazis fahnden nach Nicht-Nazis

Leipzig: Neonaziüberfall und folgende Spontandemonstrantion

NAZIDEMO AM 12.01.2008 in Leipzig

Ladenschluss Bündnis gegen Nazis Leipzig

Nazis Aktionen in Leipzig

Gegen die Reudnitzer (Leipziger) Nazis bildet sich momentan ein breiter Widerstand.

Zum Beispiel trafen sich am Freitag den 15.02.08 40 BügerInnen aus dem Stadtteil Reudnitz und zeigten mit einer Wimpelaktion ihren Unmut über die existierenden Reudnitzer Neonazi-Strukturen. In einem zentralen Reudnitzer Park (nicht unweit von der Wohnung des Neonazis Isztvan Repaczki) wurden Wimpel mit Slogans wie "Reudnitz ohne Nazis" und "Reudnitz bleibt bunt" aufgehangen.

Bereits am selben Tag erwischte die Polizei vier Neonazis der "Freien Kräfte Leipzig", wie sie einige der Wimpel herunterrissen. Die Personalien der vier Neonazis wurden von Amts wegen festgestellt, da die Wimpelaktion ein legaler und bei der Polizei angemeldeter Protest ist. Auch Isztvan Repaczki war an der Tat beteiligt und musste seine Personalien abgeben. Damit reiht sich dieser Vorfall in eine unrühmliche Reihe krimineller rechtsgerichteter Taten des I. Repaczki ein.

Antifademo am 01.03.2008 in Leipzig

Ebenso hat sich ein Bündnis zusammengeschlossen, das eine Demonstration für den März 2008 angemeldet hat.

Unter den Motto »Nicht mehr euer Bier!« findet die Demo am 1. März 2008 im Leipziger Osten statt.

Treffpunkt und Beginn ist 13 Uhr am S-Bahnhof Stötteritz und läuft von dort in die Leipziger City.

Weitere Infos zur Demo gibt es hier
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Ergänzungen

auch in Berlin gehts gegen Thor Steinar

antifa 19.02.2008 - 16:22
In Berlin kommt der Widerstand gegen den neuen Thor-Steinar-Laden langsam in Fahrt. Für Freitag, den 22.2.08 ist eine Demo geplant. Dem Laden in der Rosa-Luxemburg-Straße wurde zwar gekündigt, das Geschäft geht jedoch weiter, weil erst ein Gericht entscheiden muss.
Die Demo beginnt am Freitag um 17 Uhr am S-Bhf. Oranienburger Straße und führt über den Hackeschen Markt am "Tønsberg" vorbei zum Rosa-Luxemburg-Platz ACHTUNG: Die Polizei hat erneut Stahlkappenschuhe und Glasflaschen verboten!

Kampf den Nazi-Klamotten

http://www.fr-online.de 19.02.2008 - 19:07
Jeder siebte Einwohner unterschrieb: Binnen weniger Tage sammelten die Kaufunger 1800 Unterschriften - gegen die Ansiedlung eines Investors. Sie wollten verhindern, dass die Bekleidungsfirma "Commando Industries" ein seit anderthalb Jahren brachliegendes Fabrikgelände in der nordhessischen Gemeinde erwirbt und als Warenlager nutzt. Der Grund: "Der Geschäftsführer dieses Betriebs ist bekannt als Rechtsradikaler", erklärt der Vorsitzende des Gemeindeparlaments, Karl Hellmich (SPD). "Er versorgt die rechte Szene zumindest mit Klamotten."

Werner Kahl, der alleinige Geschäftsführer des im wenige Kilometer entfernten Helsa ansässigen Textilhandelsunternehmens, bestreitet das vehement: "Commando Industries" sei ein "ganz normaler Outdoor-Ausstatter", meint er und sieht sich als unschuldiges Opfer einer "fürchterlichen Kampagne".

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Das hessische Innenministerium hat "Commando Industries" jedoch als rechtsextremen Online-Versandhandel eingestuft. Und im Sortiment des Unternehmens findet sich etliches, was sich bei Neonazis großer Beliebtheit erfreut: Bomberjacken und Springerstiefel, Baseballschläger und Teleskopschlagstöcke, Reichskriegsflagge und schwarz-weiß-rote Fahne. Die T-Shirts der eigenen Schutzmarken "Doberman Deutschland" und "Gangland Germany" tragen martialische Aufdrucke wie "Hellcome to Germany" (mit dem Bild eines Henkers) oder zeigen Springerstiefel, umrahmt vom Schriftzug "Made in Germany".

Bei mehreren unverhohlen rechtsextremen Internethändlern - darunter auch Neonazi-Führer und NPD-Vorstandsmitglied Thorsten Heise - sind Kahls Produkte im Angebot. Und den Geschäftsführer von "Commando Industries" stört das auch überhaupt nicht: "Das ist mir doch völlig wurscht", sagt Kahl. "Ich mache keine Gesinnungsprüfung, bevor ich meine Kunden beliefere." Obwohl selbst einschlägig vorbestraft, beteuert der 48-Jährige: "Ich habe mit der rechten Szene nie etwas zu tun gehabt." Einen Persilschein, den er auch seiner Tochter Alexandra (26) - der offiziellen Inhaberin von "Commando Industries" - ausstellt: "Sie hatte da noch nie irgendwelche Anknüpfungspunkte", behauptet er.

Kontakt zu Nazi-Schlägern

Eine mutige These: Denn sowohl ein Ex-Freund als auch ihr jetziger Ehemann waren dabei, als eine Gruppe von rechten Schlägern 1999 einen Kosovo-Albaner in Lohfelden überfiel und ins Koma prügelte. Das Kasseler Ladengeschäft, in dem Alexandra Kahl die Produkte von "Commando Industries" verkauft, diente Neonazis vor Kundgebungen immer wieder als Sammelpunkt. Und auch in einem Privathaus der Unternehmerin lebten nach FR-Informationen in den vergangenen Jahren gleich mehrere gerichtsbekannte Rechtsextremisten. Nicht nur einmal stieß die Polizei bei Ermittlungen nach rechten Straftaten auf die Adresse. Zeitweise hauste hier sogar eine regelrechte braune Wohngemeinschaft - mit drei Mitgliedern.

Alexandra Kahl selbst ist für die Presse nicht zu sprechen. Und Werner Kahl will von alledem nichts wissen: "Das ist mir nicht bekannt", sagt er nur. Die Gemeinde Kaufungen aber vermochte er nicht zu beschwichtigen. Sie wollte "Commando Industries" auf keinen Fall in ihren Grenzen beherbergen, setzte alle Hebel in Bewegung - und hatte jetzt in letzter Minute Erfolg damit. Weil die Kommune die Gläubigerbank dazu bewegen konnte, die Grundschuld auf dem Fabrikgelände nicht zu löschen, machte Werner Kahl den bereits abgeschlossenen Kaufvertrag wieder rückgängig.

Seine Suche nach einem größeren Lager aber geht weiter: "Commando Industries", das mit seiner in Asien hergestellten Germanenkleidung Millionenumsätze und Wachstumsraten von 40 Prozent erziele, brauche dringend mehr Platz. Und der Geschäftsmann ist zuversichtlich, nicht noch einmal abgewiesen zu werden: "Das ist hier keine Gegend, wo Immobilien leicht zu verkaufen sind", bemerkt er süffisant. "Wir finden was, keine Sorge." Die Gemeinden im Kasseler Umland müssen wachsam sein.

MEDIATEX GMBH

Mitleser 19.02.2008 - 19:12
unter  https://www.ebundesanzeiger.de gibts die Bilanz der MEDIATEX GMBH:
Bilanzsumme:
2006: 1.952.407,53
2005: 1.315.706,99

Demo gegen Tønsberg in Berlin

antifa.de 19.02.2008 - 19:43
In Berlin gibt es am Freitag (22.2.08) eine Demo gegen den Thor-Steinar-Laden. Los gehts um 17 Uhr am S-Bhf. Oranienburger Straße.

Aufruf Demo 01.03.2008 in Leipzig

Good Night "Freies Netz" 19.02.2008 - 22:03
Aufruf für die Antifademo am 01.03.2008 in Leipzig


Rassistischer Angriff am WE in Leipzig

lvz 19.02.2008 - 22:11
Pakistaner in Leipziger Gartensparte zusammengeschlagen - Polizei sucht Zeugen
Leipzig. Ein gebürtiger Pakistaner ist am Wochenende in Leipzig mit rassistischen Sprüchen beschimpft und anschließend zusammengeschlagen worden. Wie die Polizei erst am Dienstag mitteilte, wurde der 37 Jahre alte Mann am Sonnabend in einer Kleingartenanlage im Stadtteil Möckern von drei jungen Männern und zwei jungen Frauen mehrfach als „Scheiß Ausländer“ beschimpft. Die mutmaßlichen Täter waren in der Sparte am Heuweg mit Fahrrädern und Kinderwagen unterwegs. Als der schon seit Jahren in Leipzig lebende Mann seine Peiniger zur Rede stellte, wurde er von einem Mann aus der Gruppe zusammengeschlagen, teilten die Ermittler mit.

Das Opfer erlitt dabei einen Nasenbeinbruch und verlor einen Zahn. Es musste im Krankenha8us behandelt werden. Von den Tätern fehle jede Spur. Die Polizei sucht vor allem nach dem etwa 22- bis 23-jährigen Schläger, der den Beschreibungen zufolge etwa 1,60 Meter groß ist und eine Mütze trug.

Hinweise erhoffen sich die Beamten von einem älteren Mann, der das Geschehen beobachtet und dem 37-Jährigen vor Ort zugesichert hatte, dass er als Zeuge zur Verfügung stehe, sich bisher aber nicht gemeldet hat.

Zeugen wenden sich an das Polizeirevier Nord in der Essener Straße 1 oder nutzen die Rufnummer 0341/5935-0.

Matthias Roth, LVZ-Online
© LVZ-Online vom: Dienstag, 19. Februar 2008

Aufruf für die Demo am 1.März 2008 in Leipzig

Antifa 19.02.2008 - 22:33
Aufruf zur Demonstration

Mit dezidiert rassistischen und antisemitischen Sprüchen beschmierte Hauswände, Gewalt gegen „alternativ“ aussehende Menschen, Angriffe auf als „links“ ausgemachte Häuser – willkommen im Leipziger Osten. Während im öffentlichen Diskurs sonst eher Orte wie Pirna, Mügeln, Verden oder Vlotho mit Nazi-Aktivitäten und -inhalten assoziiert werden, hat sich Leipzig bisher allen Fakten zum Trotz als Oase der Weltoffenheit stilisieren können.

Im offensichtlichen Widerspruch dazu üben mit wachsendem Selbstbewusstsein vor allem die so genannten Freien Kräfte Leipzig („FKL“) in Anger-Crottendorf, Stötteritz und Reudnitz die „nationale Befreiung“ im urbanen Raum. Damit haben Nazi-Aktivitäten in Leipzig vielleicht keine neue Qualität, nach dem Ende der regelmäßigen (und letztendlich ziemlich einsamen) Auftritte Christian Worchs aber zumindest einen neuen Penetranzlevel erreicht.

Die Leipziger Bürgerinnen und Bürger sind notgedrungen in die Empörung über den Nazi-Klamotten-Laden „Tønsberg“ eingestimmt – in der Vorzeige-Innenstadt dann doch ein Tick zu viel Nestbeschmutzung – gleichzeitig verkündet die Website der „FKL“ großspurig „Reudnitz bleibt braun!“. Wer diesen von Seiten der Nazis formulierten hegemonialen Anspruch nicht akzeptieren möchte, muss doch deren feste Etablierung (nicht nur) im Leipziger Osten konstatieren.

Nationale Homezone Leipzig-Ost

Die dokumentierte Bandbreite der Aktivitäten umfasst regelmäßige Treffen in lokalen Nazi-Wohngemeinschaften (über deren absurd-unappetitliche Inhalte die Homepage der „FKL“ regelmäßig Bericht erstattet), Propaganda-Aktionen á la „Strafzettelverteilen gegen die BRD“ bis zur Störung von Veranstaltungen der Linkspartei. Vom PDS-RentnerInnen-Erschrecken ermutigt, wird es dann im 40er-Mob vor dem benachbarten, vermeintlich „alternativ“ geprägten Haus, auch schon mal handfester.
Die Adressen, gegen die sich der „nationale Aktivismus“ richtet, sind nicht zufällig gewählt, sondern aus Sicht der „Freien Kräfte“ Hindernisse für die Etablierung ihrer Hegemonie.

Besonders kosmopolitisch waren die genannten Viertel wohl nie. Eine nennenswerte soziale Infrastruktur, inklusive potentieller Akteurinnen und Akteure einer Gegengesellschaft – i.d.R. vom semi-organisierten Linksalternativ-Milieu bis ins diffus politisierte Bildungsbürgertum reichend – hat sich hier jedenfalls nicht etabliert. Übrig bleiben offenbar nur die besagten PDS-RentnerInnen und ein paar versprengte Studierende.

Die Resteinwohnerschaft nimmt am Hochparterre prangende Sprüche á la „NS-Revolution jetzt“ (ein aufmerksamer Spaziergang durch die genannten Viertel fördert noch einiges mehr zu Tage) offenbar nur mit Schulterzucken zur Kenntnis und zieht bei Nazi-Präsenz auf der Straße bestenfalls den Kopf ein. So werden Nazis zu tolerierten Nachbarn und – vice versa – wird der Leipziger Osten zur sicheren Homezone für „Nationale Sozialisten“. Von passiver Duldung zu mehr oder weniger offener Sympathiebekundung ist es dann auch nicht mehr weit: Endlich mal jemand, der ausspricht, was man sonst ja nicht so laut sagen darf („Alles für Deutschland!“) und vielleicht auch mal zulangt, wo es nötig ist („Ausländer, Homos, linke Chaoten“).

Hier wächst zusammen, was zusammen gehört

Stadtviertel beziehungsweise ganze Landstriche werden nicht nur durch Gewaltandrohung zum sicheren Hinterland für Nazi-Strukturen und Nazi-Aktivitäten. Das eigentliche Problem, von Skandal kann schon nicht mehr die Rede sein, liegt in der gesellschaftlichen Akzeptanz national(sozialistisch)er Programmatiken. „Gesellschaft“ ist hier als Sammelbegriff für sowohl auf staatlicher als auch ziviler Ebene angesiedelte Interaktionen zwischen Institutionen und Individuen zu verstehen:
Wenn z.B. in Mügeln der völkische Mob auf eine Gruppe Inder losgeht, dies daraufhin von Bürgermeister und Polizei als nachvollziehbar relativiert wird und die komplette Stadt sich mit den TäterInnen solidarisiert, dann ist rechte Propaganda nicht mehr notwendig. Originäre Nazi-Positionen kommen hier aus der Mitte der Gesellschaft und bestimmen entscheidend den politischen Raum. Der durch rechte Erklärungsmuster geprägte gesellschaftliche Common Sense spiegelt sich nicht unbedingt in Wahlergebnissen oder Übergriffen wider. Er kommt vielmehr im alltäglichen Zusammenspiel von Nazis, Mehrheitsgesellschaft und staatlichen Institutionen zu Stande.

Die Salonfähigkeit von Nazi-Positionen zeigt sich bereits in Verständnis und Kritik der herrschenden Verhältnisse. Dass diese tatsächlich soziale Verwerfungen (re)produzieren, steht außer Frage. Anger-Crottendorf, Reudnitz und Stötteritz sind, besonders an grauen Wintertagen, beispielhaft für die Einheit von geografischer, kultureller und sozialer Abseitslage. Problematisch wird es aber, wenn individuelle soziale Erfahrungen auf fremde Gruppen bzw. das „System“ projiziert werden: die Schuld an der Erwerbslosigkeit trügen demnach die „Türken/Polen/Inder“, verantwortlich für die hohen Sozialbeiträge seien neuerdings die „schmarotzenden Hartz4-Empfänger“ und hinter allem stecke überhaupt der von „Hedgefonds-Heuschrecken“ vorangetriebene Ausverkauf „ehrlicher deutscher Arbeit“. Bei den „FKL“ hört sich das dann offen antisemitisch so an: „Seit ihrem Bestehen ist die BRD nichts anderes als eine Fassade für die Zinsknechtschaft und Volksversklavung unseres Volkes“ (sic).

Ist die Komplexität der Welt erst einmal auf dieses verträgliche Maß zurückgestutzt, hat sich das passende Mittel schnell gefunden – ganz deutsch: Autorität. Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR gehen entsprechende Forderungen zumeist mit nostalgisch-positiven Bezügen auf die repressive Gerontokratie vor 1989 einher. Das Phänomen an sich ist jedoch ein gesamtdeutsches, wie aktuell anhand der „Kriminelle Ausländer“- oder „Boot-Camp“-Debatte belegbar. Hinzu gesellen sich – in den Kategorien Kultur, Ethnie und Geschlecht beliebig kombinierbarer – Chauvinismus und diese sublim-feiste Melancholie der vom Schicksal und aller Welt geknechteten Teutonen. Wenn in Anger-Crottendorf, Stötteritz und Reudnitz die „FKL“ ihr irgendwo zwischen ärgerlichem Realitätsverlust und nervigem LOK-Hooligangehabe rangierendes Programm quasi unangetastet abspulen können wächst hier nur zusammen, was zusammen gehört: Offen auftretende Nazis bilden lediglich die Spitze des Eisbergs Mehrheitsgesellschaft mit den Attributen antisemitisch, rassistisch und antiindividualistisch.

Reudnitz ist Leipzig ist Deutschland

Wer dazugehört darf auch stolz drauf sein – zum rechten Common Sense gehört zu guter Letzt die positive Bezugnahme auf das deutsche Volk und die völkische Nation. Ein jubelpatriotisches Fahnenmeer während der Fußball-WM 2006 war das bisher sichtbarste Zeichen zwangskollektiver Selbstvergewisserung unter dem Label der „Berliner Republik“. Nachdem der „Reichstag“ wieder bezogen und die Dresdner Frauenkirche wieder aufgebaut ist, verspricht die geplante Errichtung eines „sichtbaren Zeichens“ zum Gedenken an die „Millionen vertriebenen Deutschen“ einen weiteren Höhepunkt erfolgreicher Restitutionsgeschichte.
Die Meinungs- und Personalunion des „neuen Deutschlands“ mit den alten und aktuellen Nazis ließe sich schöner nicht illustrieren als durch das gemeinsame Pressefoto von Kanzlerin Angela Merkel und der Vorsitzenden des „Bundes der Vertriebenen“ Erika Steinbach. Sollte sich bei soviel offenem Revisionismus dann doch Widerstand regen, hat Merkels Parteigenosse Roland Koch die passende Antwort parat: „Wer in Deutschland lebt, hat die Faust unten zu lassen!“.

Denn wer nicht dazugehört oder dazugehören will kriegt selbst auf die Fresse. Wie und wo sich Xenophobie und Zwangsneurose des deutschen Kollektivs auch äußern – die Betroffenen werden stets stigmatisiert, entindividualisiert und dämonisiert. Hinsichtlich dieses Untertextes unterscheiden sich die Lagerphantasien deutscher PolitikerInnen in Wahlkampfzeiten wenig von der in der „Leipziger Volkszeitung“ regelmäßig lustvoll zelebrierten „Chaoten-aus-Connewitz“-Debatte. Diese Rhetorik externalisiert die Gewalt und beschwört gleichzeitig – indem sie die alltägliche Gewalt in deutschen Wohnzimmern tabuisiert – den Zusammenhalt der Deutschen.

Spätestens jetzt sprengt die Problemanalyse jedoch die Grenzen von Anger-Crottendorf, Reudnitz und Stötteritz. „Schlaaand!“ oder ähnliches wurde und wird eben nicht nur vor der Imbissbude am S-Bahnhof Stötteritz sondern auch auf dem Augustusplatz, am Brandenburger Tor und vor dem Kölner Dom gebrüllt. Pirna, Mügeln, Verden, Vlotho und der Leipziger Osten mögen besonders hässlich und provinziell sein – sie allein zum Problem zu machen wäre unfair, analytisch falsch und zu einfach. In dieser Hinsicht liegt Reudnitz im wahrsten Sinne des Wortes mitten in Leipzig und in Deutschland. Die beschriebenen Mechanismen hinter den deutschen Zuständen greifen genauso in den vermeintlichen Hochburgen der „Gegengesellschaft“ wie auch in der barbarischen Provinz.

Das Problem heißt überall Deutschland.

Nährboden

Egal 20.02.2008 - 10:57
werden auch andere nicht nur die linke szene demonstrieren in leipzig....
schließlich geht es doch darum den nazis den nährboden der wegschauenden gesellschaft unter den füssen wegzuziehen....also sollte man überlegen wie man mehr menschen in den besagten ortsteilen dazu aufruft sich stark zu machen.
ich selber halte auch nicht viel von pds,spd,cdu und co aber die bevölkerung und damit es nicht heist ach jetzt demonstrieren wieder die "chaoten aus Cw" hier da mach ich lieber das fenster zu und geh erst recht nicht auf die straße.
auch an der uni sollte aufgerufen werden da ja auch sie als anders denkende ausgemacht worden von herrn istvan sonstewie. nur so ne idee ich komm natuerlich auch so....

radio

corax 20.02.2008 - 11:06
Ein Blick zurück in den Januar:
Hier gab es unter dem Titel "Mehr Chancen für die Jugend" eine Nazi-Demo mit ca. 350 Teilnehmern aus dem Spektrum der Freien Kräfte. Sie marschierten durch den Stadtteil Reudnitz. Um 13.30 setzte sich der Demonstrationszug in Bewegung und erreichte am Nachmittag ein vorrangig von Studenten bewohntes Haus. Dieses war in den vergangenen Monaten durch einen rechten Überfall bekannt geworden. Stefan ist einer der Hausbewohner die Dank der Nazis mal wieder ihre Wochenendplanung umändern mussten. André Haberland von Radio Corax sprach mit ihm.

Tönsberg Dresden geschlossen, oder nicht?

GunterSchmeeche 31.07.2008 - 22:20
Habe heute gegen 20:00 Uhr vor dem Dresdner Tönsberg-Laden zwei Kfz mit Kennzeichen LDS (Landkreis Dahme-Spreewald = Königs Wusterhausen) beobachtet. Bei einem der Wagen handelte es sich um einen weißen Mercedes-Transporter mit dem Kennzeichen LDS-KE 149. Dieser Wagen wurde von mehreren Personen auch am 1.2.2008 vor dem Tönsberg in der Berliner Rosa-Luxemburg-Strasse gesehen. Bei dem anderen Wagen handelte es sich um einen dunkelblauen BMW 3er compact. Während dieser nur kurz vor dem Laden zu sehen war, parkte der Transporter längere Zeit und wurde mit Ladeneinrichtung und Bekleidung beladen, bevor er dann wegfuhr, um nach max. 30 Minuten wieder vor dem Laden zu erscheinen - für die nächste Ladung...
Diese Beobachtungen bestätigen wieder einmal die Zusammenhänge zwischen den Läden der Tönsberg-Kette, wenngleich die lokalen Betreiber z. T. versuchen, dies zu leugnen. Weiterhin stellt sich die Frage nach der Zukunft von Tönsberg in Dresden. Zu glauben, dass die Aktivitäten von Kopelke & Co. in Dresden vorerst beendet sind, ist wohl illusorisch. Vielmehr legt die Kürze der Abwesenheit des weißen Transporters nahe, dass Ware und Einrichtung innerhalb Dresdens in ein Depot, oder sogar einen neuen Laden, geschafft wurden. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Betreiber auch in der Umgebung ihres zukünftigen Geschäfts genug engagierte und informierte Mitmenschen antreffen, sodass ihre zweifelhaften Aktivitäten wieder ins Licht der Öffentlichkeit kommen.

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