Antifa Demo in Ottobrunn (bei München)

Just Fontaine [Antifa Jugend München (AJM)] 02.12.2007 01:05 Themen: Antifa
Am heutigen Samstag, 1.Dezember, fand in Ottobrunn bei München eine antifaschistische Demonstration anlässlich eines bundesweiten Aktionstages für die Verurteilung bzw. Auslieferung von NS-Kriegsverbrechern statt. Doch auch eine sich in Ottobrunn etablierende Neonaziszene wurde thematisiert.
Der in Ottobrunn ansässige Josef Scheungraber wurde in Italien zu lebenslanger Haftstrafe aufgrund der Ermordung von mindestens 13 Zivilisten im Juni 1944 verurteilt. Er hatte als Vergeltung für Partisanenangriffe 15 Zivilisten in einem Haus eingeschlossen und dieses daraufhin gesprengt. Die Bundesregierung weigert sich, ihn nach Italien auszuliefern. Auch eine Verurteilung scheint offenbar nicht im Sinne der deutschen Justiz zu sein. In Ottobrunn konnte sich Josef Scheungraber nach 1945 völlig unbehelligt eine Existenz aufbauen und Karriere machen. Er ist Mitglied der Ottobrunner CSU und wurde 2005 auch noch mit der Bürgermedaille ausgezeichnet.

Schon im Mai diesen Jahres fand auf dem Weg zum Gebirgsjägertreffen in Mittenwald eine antifaschistische Demonstration in Ottobrunn statt. ( http://de.indymedia.org/2007/05/178613.shtml)
Neonazis versuchten damals diese anzugreifen und führten in den Abendstunden noch eine Spontandemonstration mit etwa 20 Teilnehmern durch.

Auch heute blieben die Antifaschisten davon nicht verschont. Der Treffpunkt zur Anfangskundgebung war am Ottobrunner Bahnhof, zu dem sich mehrere Dutzend Münchner aufmachten. Zwei Stationen vor Ottobrunn stiegen etwa 15 Neonazis in den hinteren Waggon der S-Bahn zu. Ein Angriff auf den vorderen Waggon bei der nächsten Haltestelle blieb aus. In Ottobrunn angekommen sammelten sich die Teilnehmer der Demonstration am Bahnhofsplatz, und bald darauf kamen die Neonazis aus einer hinteren Seitenstrasse. Sie wurden zwar von der Polizei, die eine Kette zwischen dem Platz und den Nazis bildete, daran gehindert, die Antifaschisten direkt anzugreifen, doch konnten sie sämtliche Teilnehmer unbehelligt abphotographieren. Auffällig war, dass vor allem junge und teilweise unbekannte Gesichter zu sehen waren. Die beiden ansässigen Nazikader Bordin ( http://de.wikipedia.org/wiki/Norman_Bordin) und Wöhrle fehlten, doch wohnen mindestens zwei der Anwesenden in Ottobrunn.

Zur Demonstration:
Etwa 70 Menschen, größtenteils aus der Münchner Antifa-Szene, doch auch einige Ottobrunner Jugendliche sowie Bürger beteiligten sich an der Aktion.
Mit etwa einer halben Stunde Verspätung aufgrund der immer noch anwesenden Neonazis begann die erste Kundgebung, indem der Anlass der heutigen Demonstration und ein Überblick über den Aktionstag verlesen wurde. Anschliessend ging es, nachdem die Neonazis eingekesselt (und, wie sich später herausstellte, mit Platzverweisen belegt wurden), über die Ottostrasse Richtung Rosenheimer Landstrasse u.a. an der Feuerwehr vorbei, in der Josef Scheungraber weiterhin Ehrenmitglied ist. Viele Flugblätter (siehe unten) und immer wieder eine Durchsage brachte den Anwohnern unser Anliegen näher.
Wir bogen in die Rosenheimer Landstrasse ein und erreichten nach einiger Zeit das KZ-Aussenlager-Mahnmal Ottobrunn an der Ecke Rosenheimer Landstrasse/Putzbrunnerstrasse. Hier wurde die erste Zwischenkundgebung gehalten. Ein Redebeitrag über die, wie heute wieder unter Beweis gestellte, etablierende Neonaziszene folgte einem über den Kampf für das Aufstellen des Mahnmals. Anschliessend ergriff ein engagierter Ottobrunner Bürger das Wort und forderte in einer bewegenden Ansprache die Bürger Ottobrunns, die kaum erschienen waren, zu mehr Engagement ("Ich schäme mich für die Ottobrunner Bürger") sowie die deutsche Justiz zur Aufarbeitung der Kriegsverbrechen auf.
Anschliessend ging es durch die Putzbrunnerstrasse in Richtung Scheungrabers Haus, wo in der Nähe die zweite Zwischenkundgebung stattfand. Polizeiliche Auflagen verboten eine Kundgebung direkt vor seinem Haus. Es wurde ein Redebeitrag mit detaillierten Informationen zu Scheungrabers Verbrechen sowie seiner angesehenen Stellung in Ottobrunn gehalten. Daraufhin bedankte sich der Redner bei den größtenteils jungen Teilnehmern sowie den Organisatoren für ihren Einsatz und forderte wiederum die Ottobrunner Bürger auf, endlich Engagement zu zeigen.
Nun wurde der Rückweg durch ein ruhiges Wohnviertel angetreten. Als wir wieder am Bahnhof ankamen, gab es noch eine kurze Ingewahrsamnahme seitens der Polizei, die einem Antifa vorwarf, sich bei der Anfangskundgebung, als die Neonazis die Demo abfotografierten, vermummt zu haben. Er wurde nach einer Personalienfeststellung und 40min Wartezeit wieder freigelassen.

Die Aktion kann als Erfolg gewertet werden. Auch wenn wir nicht offensiv gegen die Nazis vorgegangen sind, was im heutigen Fall völlig kontraproduktiv gewesen wäre, konnten wir doch zumindest einigen Ottobrunnern aufzeigen, das Rechtsextremismus kein Phänomen der Vergangenheit ist. Auch die Sache Scheungraber wird nun mehr thematisiert werden, nicht nur weil ein gutes Presseecho zu erwarten ist.

Im Laufe des morgigen Tages werde ich viele weitere Bilder der Demonstration und vor allem der anwesenden Neonazis veröffentlichen. Bitte helft mit sie zu identifizieren.
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Ergänzungen

Hier die Fotos

Just Fontaine 02.12.2007 - 14:25
Ein paar bekannte Gesichter, wer jemaden erkennt bitte posten.
Vielleicht kommen im Laufe des Tages noch mehr.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 4 Kommentare an

Ein Hinweis — Markus M.

angreifende nazis? — coolmac

@coolmac — ja

muss ausgefüllt werden — Ottobrunner