Greifswald: Demo gegen Atommülltransport

anti atom initiative Greifswald 27.10.2007 21:27 Themen: Atom
Ein typisch grauer Herbsttag in Vorpommern? Weit gefehlt! Unter dem Motto: "Der Weg des geringsten Widerstands" setzten heute mehr als 100 Menschen in Greifswald ein deutliches Zeichen gegen den kommenden Atommülltransport von Rheinsberg nach Lubmin.
Dass selbst im hintersten Winkel von Deutschland kein Platz für Atommüll ist, zeigte heute die rege Beteiligung an der Demo anlässlich des für den 30.10. erwarteten Atommülltransports von Rheinsberg nach Lubmin. Über 100 Menschen zogen durch die Greifswalder Innenstadt und straften das (ironische) Motto, unter dem die Demo stand, Lügen. Einen "Weg des geringsten Widerstands" wird der Atommülltransport am kommenden Dienstag nun sicherlich nicht mehr nehmen können.

Mit Redebeiträgen aus Rheinsberg, dem Kreis Lüchow-Dannenberg und Rostock zeigte sich das breite und überregionale Interesse am anstehenden Atomtransport. Angereiste rebellische Clowns aus Rostock gaben dem grauen Herbsttag zusätzlich eine bunte Note.

Begleitet von rollenden und scheppernden Giftmüllfässern und Trommeln bewegte sich die Demo lautstark durch die Strassen Greifswalds. DIe meisten der umstehenden Passanten erfuhren wohl so erst auf diese Weise, dass in den kommenden Tagen strahlender Müll durch Vorpommern rollen wird und hier endlos "zwischen"gelagert werden soll.
Noch nicht sonderlich versiert im Anwenden der sonst auf Anti-Atom Demos üblichen Schikanen hielten sich unsere Freunde-und-Helfer dezent im Hintergrund und verhinderten weder die Verschönerung des Rathauses mit Transparenten noch den Demoverlauf.

Warum blockieren?

Es scheint verlockend, im Zuge des ewigen Atommüllverschiebens den äussersten Nordosten Deutschlands zum Atomdumpingplatz zu machen. Hier gab es in den vergangenen Jahren vergleichsweise geringen Protest gegen den Ausbau des ehemaligen AKW Lubmin zum Zwischenlager. Vorpommern gilt als eine der strukturschwächsten Regionen Deutschlands und die Schaffung von Arbeitsplätzen, und seien es noch so wenige, wirkte bislang noch immer als Totschlagargument.

Der am kommenden Dienstag erwartete Transport enthält den Reaktordruckbehälter des stillgelegten Atomraftwerks Rheinsberg im Landkreis Ostprignitz-Ruppin (Brandenburg). Das ehemalige AKW Rheinsberg wird seit seiner Abschaltung im Jahr 1990 zurückgebaut. Daher scheint es auf den ersten Blick widersinnig, diesen Transport blockieren zu wollen. Doch liegt der strahlende Müll in Lubmin tatsächlich sicherer als in Rheinsberg? Der Reaktorbehälter wird ohnehin noch mindestens die nächsten 50 Jahre abstrahlen müssen, bis er zerlegt werden kann (in einem Zwischenlager, welches eine Lagergenehmigung nur für die kommenden 40 Jahre besitzt...) Dazu wurde entlang der Transportstrecke vor einigen Tagen von Rheinsberger AktivistInnen gravierende Mängel festgestellt, so dass ein sicherer Transport auf dieser Strecke wohl kaum gewährleistet werden kann (siehe  http://de.indymedia.org/2007/10/197534.shtml).
Die Anti-Atom-Initiative Greifswald betrachtet jede weitere Atommüllschieberei als heimliche Türöffner für weitere Atommülltransporte auch aus Westdeutschland. Schon für das Jahr 2009 ist ein Transport aus Karlsruhe nach Lubmin geplant.
Ein weiteres Beispiel dafür, dass schon seit Inbetriebnahme des Zwischenlager zahlreiche Auflagen immer weiter aufgeweicht wurden und werden.


Auch WIR stellen uns quer!!!

Für Dienstag plant die Anti-Atom Initiative Greifswald Aktionen entlang der Strecke zwischen Greifswald und Lubmin (übrigens eine Spielwiese für aller Art von Trainstopping!!!!).

Wir haben mindestens 20 km Platz auf der Schiene!

Mahnwache und Infopunkt
in Kemnitz an der Dorfstrasse bei der Kirche (in der Nähe der Transportstrecke, östlich von Greifswald)vom 29.10. (ab 16:00) - 30.10.
Infopunkt und Übernachtungsbörse in Greifswald ab dem 27.10.im Klex, Lange Straße 14a



Kontakt:
Infotelefonnummer:0160-5936624
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Ergänzungen

Klage in letzter Sekunde

Francis Althoff 28.10.2007 - 16:15
Rheinsberg: Bürgerinitiativen und Anwohner wollen Reaktortransport mit
Klage stoppen - Massive Schäden an Brücke in Lindow nicht behoben


Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, die BI gegen Atomanlagen
Uelzen, die Anti-Atom-Initiative contrAtom und ein Anwohner aus Lindow wollen
mit einer Klage den für kommende Woche Dienstag geplanten Reaktortransport aus
dem stillgelegten Atomkraftwerk Rheinsberg stoppen. Ziel des etwa 200 Tonnen
schweren Transports ist das Zwischenlager Nord in Greifswald-Lubmin.


"Unsere Anwälte prüfen momentan die rechtlichen Möglichkeiten", sagt Kerstin
Rudek, Vorsitzende der BI Lüchow-Dannenberg. Die Klage wird sich
wahrscheinlich gegen das Eisenbahnbundesamt, das Bundesamt für Strahlenschutz
und das Innenministerium Brandenburg richten.


"Wir prüfen zudem, mithilfe einer einstweilige Verfügung die Verantwortlichen zu
zwingen, den Transport per Sofortvollzug auszusetzen", so Rudek weiter. Wenn
weitere Betroffene, etwa die Verwaltung von Lindow, das Vorhaben unterstützen,
wären die Möglichkeiten größer. "Bei diesen offensichtlichen Sicherheitsmängeln an
dem Atommülltransport festzuhalten, ist eine grobe Fahrlässigkeit. Wir fordern eine
kompetente Überprüfung der kompletten Strecke und die einstweilige Unterlassung
des Transportes", unterstreicht Rudek.


Auch Anwohner aus Lindow selbst haben sich jetzt zu Wort gemeldet und zweifeln
an der Sicherheit und Notwendigkeit des Transports. Amtsleiter Hortig etwa ist
"unruhig und besorgt". So entschloss sich Herr Bock, direkter Anwohner des
Transportgleises, sich an der Klage zu beteiligen.


Am vergangenen Sonntag hatten die Atomkraftgegner massive Schäden an einer
Brücke in Lindow festgestellt. Bernd Ebeling von der BI gegen Atomanlagen Uelzen
und selbst Bauingenieur: "Es braucht keinen technischen Sachverstand, um
festzustellen, dass hier lockere Verschraubungen, durchgerostete Bolzen und
gebrochene Halterungen vorliegen."
Laut Deutsche Bundesbahn soll die Brücke am kommenden Dienstag abgestützt
werden, damit sie überhaupt diese ungewöhnliche Last auf einem Spezialwaggon
tragen kann. "Wir fordern die verantwortlichen Institutionen und Behörden auf, von
dem geplanten Transporttermin Abstand zu nehmen und ein unabhängiges
Statikgutachten der Brücke anfertigen zu lassen", so Ebeling weiter.


Jan Becker von contrAtom ergänzt: "Solch miserable Zustände eines Gleises, das
sogar noch regelmäßig von Personenzügen befahren wird, lässt auf Schlimmeres bei
der stillgelegten Strecke zum Kraftwerk schließen." Laut Becker müssten vor
Abfahrt des Transportes alle Schienen auf der Strecke nach Greifswald umfangreich
kontrolliert werden.

Für Montag und Dienstag haben die Initiativen mit Unterstützung der Bevölkerung
vor Ort in Rheinsberg und Greifswald sowie entlang der Transportstrecke Proteste
geplant: am morgigen Montag um 16.00 Uhr wird eine Demonstration in Lindow
stattfinden, im Anschluss wird es Mahnwachen und Aktionen geben. Mit ihren
Protesten wollen die Atomkraftgegnern auf die ungelöste Endlagerfrage für
Atommüll aufmerksam machen.


Für Rückfragen:
Kerstin Rudek, BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg: 0160 - 15 92 473
Bernd Ebeling, BI gegen Atomanlagen Uelzen: 0171 - 50 11 762
Jan Becker, contrAtom: 0160 - 80 29 185
Weitere Informationen und Hintergrund auf der Webseite:
www.contrAtom.de/rheinsberg

Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg e.V.
Drawehner Str. 3 29439 Lüchow
www.bi-luechow-dannenberg.de
Büro: Tel: 05841-4684 Fax: -3197
büro@bi-luechow-dannenberg.de
Pressesprecher: Francis Althoff 05843 986789
 presse@bi-luechow-dannenberg.de

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