Berlin-Fhain: Sozialprotest am Rathaus

Liselotte Meyer 05.10.2007 13:04 Themen: Freiräume Soziale Kämpfe
Gestern fanden sich am Rathaus Friedrichshain etwa 50 Menschen ein, um gegen den Sparwahn im sozialen Bereich, Hartz IV, Stadtumstrukturierung und um für ein soziales Stadteilzentrum in Berlin-Friedrichshain zu demonstrieren. Anlass waren der aktuelle Haushaltsplan, die miserable Sozialpolitk im Bezirk und die mangelnde Unterstützung der BVV-Abgeordneten für das soziale Stadtteilzentrum.
Friedrichshain-Kreuzberg gilt allgemein als bunter Bezirk mit viel Subkultur und einem linken mainstream in der Politik. Hier dominieren die Grünen die Bezirkspolitik und Christian Ströbele wurde mit fast 50 % direkt in den Bundestag gewählt. Seit den „wilden“ Hausbesetzerzeiten in Friedrichshain Anfang der 90er hat sich hier jedoch viel verändert. Die Reste der Hausbesetzerszene wurde Ende der 90er mit brachialer Gewalt und gesetzeswidrigen Räumungen regelrecht zerschlagen, die Clubs zwischen Ostbahnhof und Warschauer Straße mussten dem Media-Spree-Großprojekt weichen, und die Mieten sind im Zuge der Sanierung so gestiegen, dass immer mehr Sozialschwächere gezwungen sind aus dem Bezirk abzuwandern.

Es gibt aber viele Initiativen, Gruppen und Einzelpersonen, die sich gerade vernetzen um gemeinsam gegen diese Entwicklung vorzugehen. So gibt es, die Bürgerinitiative gegen Mediaspree, welche ein Bürgerbegehren gestartet hat, um das Spreeufer allen zugänglich zu machen. Es gibt noch einige Initiativen in der Rigaerstraße, die versuchen die letzten Hausprojekte im Nordkiez vor der Zerschlagung durch Immobilien-Spekulanten zu retten. Akut bedroht sind die Rigaer94 sowie das Frauenhaus mit Infoladen in der Liebigstraße 34. Viele soziale Akteure im Kiez haben sich jedoch im Berliner Mayday-Bündnis organisiert. Ursprünglich gegründet um am 1.Mai wieder soziale Themen stärker in den Vordergrund zu rücken, besteht das Bündnis als Aktionszusammenhang weiter um auch in der restlichen Zeit des Jahres im sozialen Bereich aktiv zu sein. Dabei besteht der Anspruch sich in die bundes- und weltweiten Kämpfe des Prekariats - also der sozial Benachteiligten - einzuordnen. Dieses Bündnis organisierte gestern eine Kundgebung, in der auf die aktuellen Zustände im Bezirk aufmerksam gemacht werden und Interessierten die Möglichkeit zum Diskutieren und Mitmachen geboten werden sollte.

Anlass war der neue Haushaltsplan für die Bezirke vom Berliner Finanzsenator Sarrazin. Dieser Haushaltsplan hätte gravierende Auswirkungen auf die soziale Arbeit im Bezirk, viele Projekte müssten ihre Arbeit einstellen. Wie kursichtig dabei gehandelt wird, machen 2 Beispiele deutlich. Zum einen fällt die Stelle weg, welche die mit EU-Geldern geförderten Projekte koordiniert, zum anderen wird das Geld für soziale Erhebungen eingespart. Was dazu führt, dass in den Ämtern niemand mehr weiß, wie viel Kinder eigentlich geboren werden, welches Alter die Kiezbewohner haben. Die tappen also in Sachen Sozialstruktur in Zukunft völlig im Dunkeln. Im vorauseilenden Gehorsam ;) haben die Bezirksverordneten in Friedrichshain-Kreuzberg, als einzige in Berlin, mehrheitlich gegen Haushaltsplan gestimmt. Damit ist der Haushaltsplan für Friedrichshain-Kreuzberg erstmal abgelehnt. Wie Sarrazin darauf reagiert, bleibt abzuwarten. Allerdings hat die BVV maßgeblich zu der Entwicklung im Bezirk beigetragen, und sollte nicht darauf setzen, die Verantwortung einfach an den Senat abzugeben, sondern sich mal mit den Problemen im Kiez ehrlich zu befassen und die Einrichtung eines sozialen Stadtteilzentrums in Friedrichshain zu unterstützen.

Auf der Kundgebung gab es fast die ganze Zeit vorbereitete und spontane Redebeiträge. Rainer Wahls von der Initiative soziales Zentrum stellte das Konzept des sozialen Stadtteilzentrums vor und erläuterte die Sozialpolitik im Bezirk. Manolo Saéz Bayona aus Spanien vom Netzwerk gegen Arbeitslosigkeit, Armut und Ausgrenzung erzählte von den Kämpfen der Erwerbslosen in Spanien. Dort gibt es bereits eine funktionierende spanienweite Vernetzung (BALADRE), die gemeinsame politische Forderungen und viele Aktionen (z.B. Sit ins, individuelle und kollektive Hungerstreiks, Nacktaktionen, Demonstrationen) auf die Beine stellt. Eine Rednerin von der Kampagne gegen Zwangsumzüge klärte über die Situation der Hartz-IV-Empfänger auf, z.B. werden Hartz-IV-Empfänger gezwungen an den Stadtrand zu ziehen, da es auch in Friedrichshain (gilt auch für Lichtenberg) kaum noch bezahlbare Wohnungen gibt, und stellte die Kampagne vor. Es gab weitere Redebeiträge von der Ini gegen Rechts Friedrichshain zum Rechtsruck in Friedrichshain, der Bürgerinitiative „Mediaspree versenken“ gegen den Umbau des Spreeufers, den Internationalen KommunistInnen über die Aufwertung unserer Lebens- und Arbeitsverhältnisse, dem Infoladen Daneben über unabhängige Beratungsstrukturen. Zum Schluß wurde noch ein Redebeitrag zur Entwicklung des Bethanien in Kreuzberg gehalten, bevor im letzten Beitrag über die „Sozial“-Politik der NPD und warum das Konzept der rechten Ideologen keine Probleme lösen kann, informiert wurde.

Auf einem Infotisch wurden kostenlos Broschüren und Flugblätter von verschiedenen Gruppen und Beratungen sowie Kaffee und Tee angeboten. Zwischendurch waren bis zu 50 Menschen auf der Kundgebung. Viele nutzten die Möglichkeit zur Diskussion, und immer wieder hielten Passanten an, um interessiert den Redebeiträgen zu lauschen. Selbst 2 Beamte des Staatsschutzes schauten vorbei. Die standen dann ein Weilchen wie bestellt und nicht abgeholt in der Gegend rum, packten sich dann ein Flugblatt ein und verschwanden wieder. Vielleicht wollten sie sich schon mal informieren, was ihnen bevor steht, wenn ihre am Rande der Legalität operierende Abteilung doch einmal wegen eines zu groben Patzers aufgelöst wird. Nach etwa 2 Stunden wurde die Veranstaltung ohne größere Vorkommnisse aufgelöst. Diese Kundgebung ist nur eine Aktion von vielen, die zum Teil schon gelaufen sind und anderen die noch laufen werden. Das Mayday-Bündnis wird in der nächsten Zeit eine Veranstaltungsreihe zum Thema machen, und auch das Engagement für ein soziales Stadtteilzentrum wird weiter gehen.

Berliner Mayday-Bündnis:
 http://berlin.euromayday.org/

Kampagne gegen Zwangsumzüge:
 http://www.labournet.de/diskussion/arbeit/realpolitik/hilfe/zwangsumzug.html

Internationale KommunistInnen:
 http://interkomm.tk/

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Unabhängige Beratungen in Friedrichshain:

UBI-Mieterladen (Kreutzigerstr. 23)
Mieterberatung und Information
Mo 18 - 20 Uhr / Mi 19 - 20 Uhr / Do 19 - 20 Uhr
ALG II - Sozialberatung
Mo / Do 13 - 17 Uhr + Mi 10 - 14 Uhr
Die Beratungen werden ehrenamtlich und ohne Terminvergabe durchgeführt. Bitte bringen Sie alle für die Beratung relevanten Unterlagen mit.
Internet: www.ubi-mieterladen.de

Selbsthilfe-Treffpunkt (Boxhagener Str. 89)
Sprechzeiten/ Beratung
Di / Fr 10 - 13 Uhr + Mi / Do 15 - 18 Uhr
Selbsthilfegruppen
Psyche, Gesundheit, Sucht, Frauen-Männer-Eltern-Arbeit, Ältere Menschen
Freizeit, Selbsthilfegruppen für MigrantInnen
Beratungen
Selbsthilfe, Rechtsberatung, Russischsprachige Sozial- und Gesundheitsberatung, Freiwilliges Engagement
Internet: www.selbsthilfe-treffpunkt.de

Kiezcafé für Wohnungslose (Wühlischstraße Nr. 42)
Öffnungszeiten
Mo - Fr: 9 bis 19.30 Uhr
Sozialberatung
Mo - Fr: 12 - 16 Uhr
Notübernachtung (November bis März)
Mo - Fr: Einlass 20 - 22 Uhr
Das Kiez-Café ist ein Projekt für wohnungslose und einkommensschwache Menschen. Es ist ein erster Anlaufpunkt im Krisenfall, aber auch ein Ort der Kommunikation und ein kiezverbundener Treffpunkt.
Wir bieten: Speisen und Getränke, Verteilung von Lebensmitteln, Duschmöglichkeiten, Wäsche waschen, Schließfächer, Postempfang und Sozialberatung.

Umsonstladen (Scharnweberstr. 29)
Öffnungszeiten
Mo / Di / Do 17-20 Uhr
Im Umsonstladen „Systemfehler“ können funktionierende und saubere Dinge abgegeben werden. Andere Menschen können diese Dinge unentgeltlich wieder abholen. Das Bringen von Dingen ist keine Voraussetzung für das Mitnehmen. Der Umsonstladen ist für uns dabei

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Briefwechsel zwischen Grünen in der BVV und der „sozialen Opposition“:

Von: B90/Die Grünen - BVV-Fraktion Friedr.-Kreuzberg br />
Betreff: Kiez-Kundgebung Friedrichshain

Liebe OrganisatorInnen der Kiez-Kundgebung Friedrichshain,

als Grüne in Friedrichshain-Kreuzberg finden wir den Protest gegen
Nazis undsoziale Verdrängung, für bessere Arbeitsverhältnisse und ein
Stadtteilzentrum in Friedrichshain richtig und wichtig. Vor allem aber
unterstützen wir Eure Forderungen gegen den Kürzungszwang, den der
Senat gegenüber den Bezirken seit Jahren ausübt und immer weiter verstärkt.

Wie Ihr vermutlich wisst, haben die Berliner Bezirke keine eigenen
Steuereinnahmen und sind daher auf die Finanzzuweisungen des Landes
angewiesen. Geht es nach dem Senat, stehen Friedrichshain-Kreuzberg im
Doppelhaushalt 2008/2009 Kürzungen in Millionenhöhe bevor. In Eurem
Aufruf nennt Ihr einige der dramatischen Folgen - in Wirklichkeit ist die
Liste viel länger.

Deshalb sagen wir Grüne nach intensiver Beratung des Haushaltsentwurfs
diesmal: Bis hier hin und nicht weiter!!! Mit uns gibt es kein
weiteres Kaputt-Kürzen unseres Bezirks. Daher wundern wir uns über Euren
Appell im Kundgebungsaufruf: "Wir fordern die Parteien in der BVV auf, diesem
Haushaltsentwurf abzulehnen und aus dem Diktat des Konsolidierung-
Programms des Finanzsenators Sarrazin auszusteigen." Das haben wir [invorauseilendem Gehorsam] längst getan und vor zwei Wochen in der BVV gegen den
Haushaltsentwurf gestimmt. Bis auf die SPD hatten alle Fraktionen
in der BVV angekündigt mit uns zu stimmen - in geheimer Wahl stimmten dann 10
für und 42 gegen einen Haushalt (1 Enth.).

Um die vielfältige Projektelandschaft und soziale Infrastruktur im
Bezirk zu erhalten, setzen wir uns gegenwärtig auf allen Ebenen gegen den
Sparzwang zur Wehr: Die Fraktion in der BVV, unsere direkt gewählten Grünen im
Abgeordnetenhaus, unser grüner Bürgermeister im Rat der Bürgermeister und
alle gemeinsam gegenüber Sarrazin und dem Senat.

Auch Euer Protest auf der Straße ist wichtig - aber leider vor dem
falschen Rathaus. Sarrazins Chef Wowereit sitzt im Roten Rathaus -
und zum Glück nicht in der Frankfurter Allee.

Obwohl wir wissen, dass wir sicherlich nicht immer in allen Punkten
einer Meinung sind, bitten wir Euch, uns in dieser Auseinandersetzung mit
dem Senat zu unterstützen. Auch wenn Ihr keine großen Fans von
Protest-Mail-Aktionen seid, wäre es schön, wenn Ihr Euch an unserer
Kampagne "Friedrichshain-Kreuzberg kaputt-kürzen? Nicht mit uns!" beteiligt.

Zur Mail-Aktion und vielen weiteren Infos zu unserem Protest gehts
hier:  http://www.frieke.de/bvv_fraktion/nicht_mit_uns/index.html

Auf einen erfolgreichen Protest!

Mit solidarischen Grüßen,

Eure grüne BVV-Fraktion in Berlins wunderbarstem Bezirk
Friedrichshain-Kreuzberg.

Antwort:

„Liebe Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, liebe grüne Regierungs-Fraktion,

Danke für euren Brief und das ihr unsere Anliegen und Warnungen teilt. Sollte es wirklich so sein, dann werden wir euch ja auf unserer Kundgebung treffen und diese Diskussion weiterführen können.

Demokratie bedeutet sich in alle Fragen einzumischen, die uns zusammen angehen. Dieser Haushalt ist ein Anlass, um wieder einmal auf Prozesse aufmerksam zu machen, die schlicht und einfach zu Verdrängungen in den Kiezen führen. Genau diese Ohnmachts- und Entwertungserfahrungen bereiten einen Boden für rechte Antwortgeber auf die soziale Fragen. Wohin das führt, das haben zum Beispiel die Pogrome in Rostock Lichtenhagen gezeigt, wo die Bürger Beifall klatschten, weil endlich Ordnung hergestellt wird und die Politik den Anlass nutzte, um das Asyl-Recht zu kippen. Viele Grundrechte der Asylsuchenden sind seit dem eingeschränkt, auch HartzIV-Empfänger/innen haben heute nur noch ein eingeschränktes Bewegungsrecht, junge Erwerbslose dürfen nicht aus dem „Hotel Mami" ausziehen, zwangsweise „Beschäftigungsgelegenheiten" ohne Arbeitnehmerrechte und Lohn sind ein Schritt in Richtung soziale Transferleistungen nur noch gegen unentgeltliche „Bürgerarbeit". Auch Friedrichshain-Kreuzberg ist einer der Bezirke, in dem jedes dritte Kind unter Sozialhilfebedingungen groß wird.
Weil das so ist, wundern wir uns schon über die Art der Haushaltsaufstellung. Jedem und jeder von euch war bekannt, dass die LuV (Lenkungs- und Verantwortungszentren) für die Bereiche: Schule, Jugend, Soziales, Gesundheit und Immobilienverwaltung alle unterfinanziert und die Einnahmeerwartungen zu hoch angesetzt sind. Absehbar war auch, dass im unterschied zu den letzten Jahren es keine Friedrichshainer Überschüsse geben wird, aus denen die pauschalen Minderausgaben bezahlt werden können. Im Klartext bedeutet das: Der Haushalt, den ihr jetzt beschließen sollt, ist bereits jetzt Makulatur, weil ihr bis zum Januar die nächsten Streichungen zusätzlich zum unzureichenden Bezirkshaushalt bestimmen müsst. Genau deshalb verlangen wir Ehrlichkeit und Konsequenzen. Die können sich nicht darauf beschränken, die Verantwortung einmal symbolisch an den Senat weiter zu reichen und dann mit dem Argument der drohenden Zwangsverwaltung ihn doch zu beschließen und im Januar die nächste Kürzungswelle mitzumachen.

Friedrichshain ist in einigen Kiezen sehr schön geworden, allerdings gibt es dort kaum noch die Menschen, die dort vorher gelebt haben. (Das böse G-Wort gebrauchen wir gerade nicht, um keine weitere Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für das BKA zu legitimieren). Unser Verständnis von sozialer Stadtentwicklung bedeutet: Gerade die Menschen, die durch die neue Sozialgesetzgebung unter Druck gesetzt werden, brauchen Beratungsstellen und Hilfe, die nicht vom JobCenter abhängig sind. Friedrichshain hat eine kleinteilige und vielfältige Projektlandschaft und kaum ein soziales Stadtteilzentrum. Wie wird das eine gesichert und werden Wege gefunden, um soziale Infrastruktur auszubauen. Viele Menschen in den Kiezen sind darauf angewiesen. Und weil das so ist, stehen wir heute vor dem richtigen Rathaus.

Viele Grüsse von der Fraktion der Sozialen Opposition in Aktion“

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Einige Redebeiträge:

„Ein Rechtsruck im Kiez? Wie kam es eigentlich dazu?
Beitrag der Initiative Gegen Rechts in Friedrichshain

Seit zwei Jahren wird viel darüber diskutiert, warum gerade Friedrichshain der Bezirk mit den meisten rechtsextremen Übergriffen ist.
Friedrichshain ist über Berlin hinaus bekannt für seine �alternative Szene" und seinen Amüsierbetrieb. Entstanden aus der ehemaligen Hausbesetzerszene gibt es hier eine Fülle von netten Kneipen, Stadtteilläden und Cafes mit linkem Einschlag.
Doch vermeintlich bunte Schar der FriedrichshainerInnen lebt nicht in der beschriebenen Harmonie. Zunehmend entstehen Angsträume für Menschen, die nicht ins Bild deutscher Spießbürgerlichkeit, rassistischem und sexistischem Denken passen. In der Chronik der Antifa Friedrichshain zählen wir allein in diesem Jahr 21 gewalttätige Angriffe mit rechtsextremer Motivlage. Die Beleidigungen und Drohungen, die sich mensch in Friedrichshain gefallen lassen muss, sind unzählbar und deshalb nirgendwo protokolliert. Doch wie kam es eigentlich zu diesem Rechtsruck im Kiez?

Hier sind vor allem zwei Faktoren zu nennen, welche die Struktur im Kiez zum kippen gebracht haben.

Zum einen herrscht ein falsches Bild von rechtem Mainstream vor, warum immer noch die Ansicht weit verbreitet ist, dass der Kiez frei von Rechten sei. Doch in Berlin sind die meisten Personen, die ein rechtes bis neonazistisches Gedankengut haben, nicht in festen Organisationen oder rechten Strukturen zu finden. Diese sogenannte "rechte Subkultur", die in ihrer Freizeit Rechtsrock hören, sich mit gleichgesinnten Freunden treffen und in ihren Wohnungen plakativ die Deutschland- oder die Reichskriegsflagge aufhängen, werden von staatlichen Maßnahmen gegen Rechtsextremismus, die nur über Verbote und Repression funktionieren, nicht erfasst. Dennoch handelt es sich bei diesen, um den weitaus größten Anteil an Rechten, die potentiell auch Gewalttäter sind.
So heißt es denn auch, dass in Friedrichshain keine offen auftretenden rechtsextremen Organisationen existieren. Das stimmt. Aber eine Unzahl an aktiven Rechtsextremen gibt es hier dennoch. Ferner wird rechtes Gedankengut von Gesellschaft und Medien erst kritisiert, wenn es zu einem gewalttätigen Übergriff gekommen ist. Doch dann ist es bereits zu spät. Eine aktive Arbeit gegen rechtes Potential muss präventiver ansetzten und es erst gar nicht zu einem solchen Eskalationsgrad kommen lassen.

Womit wir beim nächsten Punkt wären, warum es in Friedrichshain fast schlagartig zu einer Häufung von Übergriffen kam.

Die alternative Gegenkultur wurde aktiv durch Stadtumstrukturierung verdrängt und der freigewordene soziale Raum durch kommerzielle und rechte Alltagskultur gefüllt.
Trotz zahlreicher staatlicher Bemühungen gibt es sie in Friedrichshain noch immer weniger werdende alternative Häuser und linke unkommerzielle Kulturprojekte. Die alternative Gegenkultur hatte in den 90er Jahren die Funktion rechtem Gedankengut entgegenzusteuern. Durch die Dominanz alternativer kritischer Kultur auf den Straßen, auf den Plätzen und in den Häusern war früher klargestellt, dass rechte Positionen im Kiez nichts zu suchen haben. Doch durch einseitiges Quartiersmanagement wurde der Kiez in den letzten Jahren nach Belieben der Hauseigentümer und Gewerbetreibenden sozialstrukturell umgemodelt. Die Verdrängung linker und unkommerzieller Projekte ist dabei für viele nur eine Randerscheinung. Während in Friedrichshain Platz für Kommerzscheiße geschaffen wurde, ist es auch mit der versprochenen Vielfalt vorbei. Alles was nicht einer konservativen Verhaltensnorm entspricht wird stigmatisiert, überwacht, wahlweise kriminalisiert und kollektiv bekämpft. Spätestens in den letzten zwei Jahren müsste diese Entwicklung auch den Stadtplanern und Immobilienspekulanten aufgefallen sein. Doch diese Entwicklung wird sich schwer stoppen lassen.

Einstmals waren es nur Ansätze rechter Subkultur im Kiez. Nun haben diese Fuss gefaßt. In einigen Kneipen wie z.B. dem Ambrosius in der Warschauer Straße haben nicht nur Anhänger einer rechten Subkultur ein Domizil gefunden, sondern inzwischen auch Mitglieder extrem rechter Kameradschaften aus Lichtenberg und Treptow. In den letzten Wochen kam es im Umfeld der Kneipe immer wieder zu Angriffen auf linkes Partyvolk. Wer meint, dass für solche Vorkommnisse die Staatsmacht zuständig ist, der irrt.

Bisher versucht die Polizei in Friedrichshain die Situation herunterzuspielen und verweist immer wieder auf die scheinbar unpolitischen Täter. Dadurch werden die Angriffe entpolitisiert und zu einem Problem der Sozialarbeit deklariert. Solange sich die staatlichen Organe blind stellen, muss sich auch der Rest der Gesellschaft nicht damit befassen. Tatsächlich betrifft es ja den Großteil der Anwohner nicht.

Deswegen ist es unumgänglich selbst im Kiez aktiv zu werden. Staatliche Maßnahmen werden nicht die Lösung sein aus Friedrichshain das Paradis auf Erden zu machen. Utopien müssen wir uns selbst erkämpfen. Immer noch besser als im gleichgeschalteten Einheitssumpf unterzugehen. Gebt einer alternativen kritischen Kultur Aufwind. Es ist unsere Sache, die Sache der Passanten, der Anwohner, der Gastwirte und Stammgäste von Kneipen, die rechten Meinungen und auch der Gewalt entgegen treten müssen. Diese Verantwortung sollten wir nicht von uns weisen.
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Ein Kiez, der rechte Meinungen und Angriffe nicht toleriert muss erst wieder geschaffen werden. Gestalten wir deshalb die verbliebenen linken Freiräume mit, schaffen wir neue und stiften Unruhe in der Dominanzkultur.

Möglichkeiten zum aktiv sein gegen Rechts:
Offenes Antifa Café jeden 3. Donnerstag im Vetomat (Scharnweberstr. 35)
Initiative Gegen Rechts Treffen, jeden 1. Dienstag im Mieterladen (Kreutzigerstr. 23)“
Infos unter: www.antifa-fh.de.vu und initiative-gegen-rechts.de

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Für die Aufwertung unserer Lebens- und Arbeitsverhältnisse
Internationale KommunistInnen

Friedrichshain befindet sich in Veränderung, ebenso wie alle anderen Innenstadtbezirke. Wohin die Reise gehen soll, sehen wir am Besten in Prenzlauer Berg und Mitte.
Häuser werden saniert, Eigentumswohnungen und Luxuslofts errichtet, Galerien und Boutiquen eröffnet. Oder Firmen aus der IT- und Unterhaltungsbranche haben sich angesiedelt bzw. gegründet. In einigen Straßen gibt es nur noch relativ gehobene Gastronomie und Hotels.

Alles wird schöner und schicker
Eigentlich eine tolle Sache, denn wir wollen nicht in Ruinen oder unsanierten Bruchbuden wohnen. Sind wir doch alle für Verbesserungen und für ein schönes Leben. Die Realität aber sieht anders aus: Wie wir alle wissen bekommt mensch im Kapitalismus nichts geschenkt. Die Hauseigentümer, Investoren und Kapitalisten sanieren unseren Lebensraum nicht aus Spaß; sie wollen ihr Geld gewinnbringend anlegen. Das liegt nicht an ihrer Boshaftigkeit oder daran, dass sie angeblich Heuschrecken oder Spekulanten wären. Vielmehr ist die Kapitalverwertung und Profitmaximierung oberstes Prinzip im Kapitalismus. Ständig auf der Suche nach neuen Verwertungsmöglichkeiten unterwirft sich das Kapital alle gesellschaftlichen Bereiche und erhöht ständig seinen Verwertungsdruck. Und da wo investiert werden kann, wird überschüssiges Kapital angelegt.

Berliner Mietspiegel 2007
Die Folgen dieser Luxussanierung bekommen wir bereits seit Jahren in Form von steigenden Mieten zu spüren, auch wenn Berlin im bundesweiten Vergleich noch einigermaßen moderate Lebenshaltungskosten hat. Der Ausstieg mehrerer Mieterorganisationen aus dem Berliner Mieterspiegel hat deutlich gemacht, dass die Mieten in Berlin in der letzten Zeit stark angestiegen sind. Und vor allem dass mit weiteren Steigerungen zu rechnen ist. So schreibt das Mieterecho: „Die Mieten sind im Durchschnitt um 5,27 Prozent gestiegen und dort wo vor Jahren noch preiswerter Wohnraum zur Verfügung stand ... (im Altbau)... sind die Steigerungen mit deutlich über 9 Prozent besonders einschneidend."
Aber steigende Mieten sind nur eine Folge dieser kapitalistischen Verwertungslogik. Wenn im Gegenzug die Löhne bzw. Hartz IV steigen und die Steuern sinken würden, wäre das für die meisten Menschen überhaupt kein Problem. Aber auch hier geht es darum, den Preis der Ware Arbeitskraft zu drücken, Unternehmenssteuern zu senken und öffentliche Güter dem kapitalistischen Markt zuzuführen, um/den Verwertungsdruck des Kapitals zu befriedigen. Somit sind wir doppelt wenn nicht sogar vielfach von unterschiedlichen Verschlechterungen betroffen.
Die Folgen davon sind in den Stadtteilen, den Schulen und Universitäten und am Arbeitsplatz bzw. an der Arbeitsagentur zu spüren:
In den Stadtteilen können sich Menschen mit geringem Einkommen, Erwerbslose, Familien und Studentinnen die Mieten nicht mehr leisten und werden vertrieben. Sie müssen sich kleinere Wohnungen suchen oder aus den innenstadtnahen Bezirken wegziehen, die zunehmend einer zahlungskräftigen Bevölkerungsschicht vorbehalten sind.
Die Universitäten und Schulen werden umstrukturiert, Mittel werden gestrichen, Fördermöglichkeiten abgebaut und auf absehbare Zeit Studiengebühren eingeführt.
In den Betrieben wie bei der Telekom werden die Löhne gekürzt oder die Arbeitszeit erhöht, viele Menschen müssen um ihren Job fürchten. Diejenigen, die bereits erwerbslos sind, werden von den Ämtern schikaniert und in Ein-Euro-Jobs drangsaliert.
Trotzdem müssen wir diesen sozialen Angriffen nicht tatenlos zusehen. Um einen effektiven Widerstand leisten zu können, ist es notwendig, dass wir uns in den unterschiedlichen Lebens- und Arbeitsbereichen organisieren: Im Stadtteil, in der Schule, an der Uni, am Arbeitsplatz oder in Erwerbsloseninitiativen. Friedrichshain ist ein Stadtteil, in dem es selbstorganisierte Strukturen der Kiezbevölkerung gibt. Es gibt hier am Boxhagener Platz den Stadtteilladen Zielona Gora, wo sich soziale Projekte treffen, wo es Schülerinnenberatungen, Kindernachmittage oder Infoveranstaltungen gibt. Es gibt Infoläden, den Mieterladen und zahlreiche kleinere Projekte wo sich Menschen treffen und gemeinsam diskutieren können.
Deshalb laden wir alle Menschen vor allem hier in Friedrichshain ein, diese Angebote zu nutzen und vorbeizuschauen, mitzumachen und mitzudiskutieren statt unser Leben den Politikern, dem Staat und den Kapitalisten zu überlassen. Information, Organisierung und Vernetzung beginnt dort, wo wir leben!

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Gemeinsam mehr erreichen mit unabhängigen Beratungsstrukturen
Infoladen Daneben

In Friedrichshain gibt es relativ viele Beratungsstellen für jugendliche Suchtkranke, für Menschen die wegen ihrer Schulden im Knast landen oder Leuten mit psychischen Problemen. Diese Beratungen sind notwendig und es ist gut dass es sie gibt.
Doch es existiert ein blinden Fleck bei vielen Beratungsstellen. Denn, nach einer vernünftigen Mieter- und Sozialberatung, um die täglichen Verteilungs-Kämpfe kompetent angehen zu können, sucht mensch ewig.
Statt sich mit den Problemen zu beschäftigen bevor sie zu handfesten Einschnitten im Leben der Betroffen führen, wird vom Senat viel Geld in die Stellen gepumpt, die nur noch das Elend verwalten können, was die Gesellschaft, die Ämter und die Arbeit produzieren.

Die wesentlichen Probleme der Menschen hier beginnen davor. Wie bezahle ich meine Miete, wenn ich arbeitslos bin? Sitz ich auf der Straße wenn ich mich scheiden lasse? Wer zahlt mir die Übergangszeit zwischen Studium, Praktikum und einer möglichen Anstellung?
Die Beratungsstellen des Sozialamts sind unbrauchbar wenn es darum geht gegen den eigenen Bescheid vorzugehen. Auf diese Weise werden viele Anwälte von denen bemüht, die es sich leisten können. Das bedeute viele Monate ohne Geld, um auf eine Entscheidung vom Sozialgericht zu warten.
Die Sozial-Gesetzgebung ist in sich widersprüchlich, unüberschaubar und selbst für die meisten Sachbearbeiter in den Sozialämtern und im Jobcenter nicht zu gebrauchen. Alle, die keine Nerven für diese Bürokratie haben, verzichten lieber ganz auf die staatliche Unterstützung. Die Ämter verstehen es also, sich die querulante Klientel vom Leib zu halten und die staatlichen Sozialausgaben zu schonen. So gab es einen massiven Personalabbau in den Sozialämtern, während die Aufgabenbereiche sich zum Teil sogar vergrößerten. Um die Folgen dieser Politik kümmern sich dann die bereits genannten Beratungseinrichtungen zum Teil die Justiz und im schlimmsten Fall die Psychiatrie.

Den Bezirksämtern ist in diesem Problemfeld vorzuwerfen, dass sie auf Landesebene zuwenig darauf eingehen und Forderungen stellen. Seit 2005 ist bekannt, dass reihenweise Leute in psychiatrische Behandlungen gegeben werden müssen, weil die Sozialämter aufgrund des Personalmangels überfordert sind. Die Sozialstadträte in den Bezirken bzw. deren Bezirksverwaltungsstruktur vernetzen sich zuwenig miteinander und können so keinen politischen Druck gegenüber dem Senat aufbauen die Aufgaben z.B. zwischen Jobcenter und Bezirksämter neu zu regeln.
Hinzu kommt, dass die Betroffenen trotz dieser bekannten Mängel allein gelassen werden. Während jeder Gewerbetreibende auf den Bezirks-Internetseiten alles findet was er im täglichen Umgang mit den Behörden braucht, fehlt zum Thema Arbeitslosenverwaltung alles was nötig wäre um den Menschen das Rüstzeug zu geben selber für ihre Rechte einzutreten. Ob nun die Regellungen zu Wohngeld oder finanzierbare Möblierungen - nichts von den ständig benötigen Dingen ist transparent.
Und genau deshalb sind unabhängige Sozial-Beratungen derzeit die einzige Alternative, um nicht dem Gutdünken eines unerfahrenen Sachbearbeiters im Jobcenter oder im Sozialamt ausgesetzt zu sein.

Es gibt unabhängige Beratungsangebote in Friedrichshain, die Rat bei den alltäglichen Problemen liefern. Diese sind kompetenter als die amtlichen und mensch wird nicht von irgendeinem Träger politisch indoktriniert.

z.B. im Mieterladen in der Kreutzigerstr. 23.
Dort gibt es eine Mieterberatung mit kostenloser Rechtsberatung immer Montags, Mittwochs und Donnerstags Abend. Außerdem eine ALG II � Sozialberatung immer Montag, Mittwoch und Donnerstag Nachmittag.

Doch solche Angebote sind in Berlin rar. Was fehlt sind nicht nur kompetente Berater, die gemeinsam die Qualität einer unabhängigen Beratung gewährleisten, sondern auch eine Vernetzung der verschiedenen Akteure, die auf diesem Gebiet wirken.
Um wirklich kontinuierliche Hilfe für die Beratungsfälle und politische Durchschlagskraft zu erlangen muss mehr Arbeit in die Schulung der Berater fließen. Auch die sich ständig ändernde Gesetzeslage muss transparenter und schneller für die Berater überschaubar werden.
Aber nicht nur die Inhalte unabhängiger Beratung sind wichtig, sondern auch die Bedingungen in denen sie stattfindet. Hier müssen Stadtteilläden wie z.B. der Mieterladen in der Kreutzigerstraße, das Zielona Gora in der Grünberger oder der Infoladen Daneben in der Liebigstraße die nötige Infrastruktur zur Verfügung stellen, um als Beratungen erreichbar und arbeitsfähig zu sein.

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Media-Spree Versenken

Media Spree besteht aus einer Reihe grössenwahnsinnigen Bauprojekten entlang des Spreeufers. Zu MediaSpree gehört ebenso der Neubau der sog. „O2-Arena“ wie die Sanierung der „Spreespeicher“, wo schon seit einigen Jahr die Konzerne „Universal“ und „MTV“ residieren, der Neubau des „Spreeports“ wie die Sanierung der alten Heeresbäckerei. So unterschiedlich die einzelnen Bauprojekte sein mögen, die Nutzung ist doch immer die gleiche:
- Teurer Wohnraum für die, die sich sowas leisten können
- Büroflächen, bevorzugt für Medien- und sogenannte „Kreativ“-Firmen
- Schlechte kommerzielle Unterhaltung
- Warenpaläste zum Geldausgeben

Friedrichshain/Kreuzberg soll umgebaut werden. Bürotürme mit Glasfassaden an der Spree, kommerzielle Vergnügungsmeilen, teure Lofts für die Oberklasse und eine autotaugliche Brücke sollen gebaut, Bäume am Landwehrkanal gefällt werden und langjährige MieterInnen, denen bei all dieser sogenannten Aufwertung der Wert der Wohnung und also deren Miete zu hoch wird, müssen in einförmige Randbezirke Berlins umziehen.
Auf diese Weise meinen einige politisch motivierte StatdplanerInnen soziale Probleme aus dem Innenstadtraum der Hauptstadt herausdrängen und sich selbst ein wenig Prestige zuschanzen zu können.
Es soll um- und neugebaut werden und alle fragen sich, wer das eigentlich möchte? Der Mehrheit derjenigen, die in den betroffenen Kiezen wohnen, gefallen die Pläne nicht, was in diversen (auch vom Bezirksamt organisierten) Veranstaltungen deutlich wurde. Stets wurden Ablehnung und Protest laut, doch die politisch und ökonomisch Verantwortlichen kümmern sich wenig darum und versuchen den Protest sogar zu vereinnahmen, indem sie sagen, sie hätten schließlich mit den Menschen diskutiert. Dabei halten sie stur an ihren Plänen fest.
Ein Kristallisationspunkt der derzeitigen Umstrukturierungen ist der Verein „Mediaspree e. V.“, in dem sich Grundstückseigentümer wie Anschütz, MTV, Universal, Hochtief, usw, organisieren dürfen. Deren Vision wird derzeit ein BürgerInnen-Begehren, welches Maximalhöhen von 22 Metern entlang der Spree, eine Baugrenze von 50 Metern Breite und keine Straßenbrücke fordert, entgegengesetzt.

Wir fordern das Bezirksamt auf das Bürgerbegehren zu unterstützen!

www.ms-versenken.org
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Ergänzungen

pressereaktion auf Kundgebung

pressebeobachteIin 06.10.2007 - 02:14
06.10.2007
Wut vorm Rathaus
Linkes Bündnis demonstriert in Friedrichshain gegen die Sparpolitik des Bezirks. Grüne solidarisieren sich
Vor dem Rathaus Friedrichshain in der Frankfurter Allee herrschte am Donnerstagnachmittag ungewohnter Andrang. Rund fünfzig AktivistInnen des linken Mayday-Bündnisses protestierten mit Transparenten und in Redebeiträgen gegen die Sparpolitik von Senat und Bezirk.

ADas Bündnis, in dem unter anderem die Gruppen "Für eine linke Strömung" (fels), die Antifa Friedrichshain und die Internationalen KommunistInnen aktiv sind, hatte bisher zwei Mayday-Paraden "gegen Prekarisierung aller Arbeits- und Lebensverhältnisse" von Kreuzberg nach Neukölln organisiert. Mit der Kundgebung wolle man zeigen, dass es nötig sei, nicht nur am 1. Mai aktiv zu werden, sondern in aktuelle sozialpolitische Auseinandersetzungen einzugreifen, betonte Sabine Schuster vom Mayday-Bündnis. Die Debatte über den Sparhaushalt war bisher hauptsächlich zwischen der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg und dem Senat geführt worden. Die BVV hatte den Haushalt im September mehrheitlich zurückgewiesen.

"Wir wollen mit der Kundgebung die Stimmen der zahlreichen außerparlamentarischen Initiativen und sozialen Projekte in Friedrichshain zu Gehör bringen", deren Arbeit durch die Kürzungen stark beeinträchtigt würde, sagte Mitorganisator Rainer Wahls von der AG Soziales Berlin im Berliner Sozialforum.

Die grüne BVV-Fraktion von Friedrichshain-Kreuzberg hatte sich in einem offenen Brief mit den Protesten solidarisiert, hält aber die BVV für den falschen Adressaten. "Sarrazins Chef Wowereit sitzt im Roten Rathaus und zum Glück nicht in der Frankfurter Allee", heißt es dort. Das Mayday-Bündnis betonte allerdings seine parteipolitische Unabhängigkeit und verlangte auch von den Grünen mehr Konsequenz. "Sie können sich nicht darauf beschränken, die Verantwortung einmal symbolisch an den Senat weiterzureichen und dann mit dem Argument der drohenden Zwangsverwaltung den Haushalt doch zu beschließen", antwortete Wahls auf der Kundgebung.

Die Initiative "Gegen Rechts in Friedrichshain" sah in ihrem Redebeitrag die Etablierung einer rechten Subkultur im Stadtteil auch als Folge der Umstrukturierung und Perspektivlosigkeit vor allem junger Menschen im Kiez. Das Protestbündnis will auch in Zukunft aktiv bleiben. So wird die Initiative für die Errichtung eines sozialen Stadtteilzentrum in Friedrichshain unterstützt, das von interessierten KiezbewohnerInnen und Initiativen gemeinsam genutzt werden soll.

PETER NOWAK



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