Probecastor: Luftiger Protest in LG

STOPPCASTOR 03.10.2007 10:03 Themen: Atom
Am 5. September 2007 fuhr ein Castor-Transport nach Gorleben. Es handelte sich um keinen gewöhnlichen Transport, sondern um einen Probe-Transport mit einem neuen Behältertyp. Der Transport wurde von kreativen Protestaktionen begleitet. Bei Lüneburg seilte sich eine Aktivistin auf das Dach vom Castor-Behälter ab. Rund 15 weitere DemonstrantInnen setzten sich darauf hin spontan auf die Schiene.
Alle Räder stehen still
Leere Behälter sind zukünftige beladene Behälter. Egal ob voll oder leer, Atomtransporte sind weiterhin eine Schwachstelle der Atomlobby. Denn sie sind angreifbar. Durch phantasievolle direkte Aktionen wird der Widerstand sichtbar - wie am 5. September 2007 bei Lüneburg.

Die Polizei war an diesem frühen morgen schon länger in Alarmbereitschaft. Personenzüge mussten auf Sicht fahren. Vielleicht auf Grund von nächtlichen Aktivitäten an der Strecke. Laut Polizei wurden "anticastortypische Holzkreuze" im Gleisbett bei Rohstorf hinterlassen.

Im Lüneburger Wald Tiergarten blieb dagegen alles ruhig. Dies änderte sich aber schnell, als gegen 8 Uhr das ungewöhnliche Hupsignal der Castor-Lok, begleitet vom Hubschrauber, Alarm auslöste. Kurz hinter Lüneburg kletterte eine Aktivistin in Seilen quer über die Strecke. Der Zug fuhr in ziemlich hoher Geschwindigkeit (etwa 60 Km/h, deutlich schneller als die Personenzüge!) auf die Stelle zu. Er hätte eigentlich unten durch fahren können, aber er kam genau unter die Kletterin zum stehen! Sie seilte sich auf das Dach vom leeren Castor-Behälter ab.

Zwei Grünuniformierte kletterten zunächst auf das Dach. Sie fingen an, an ihren Beinen zu zerren und drohten mit dem Messer. Vom Klettern hatten sie keine Ahnung. Sie wurden erfreulicherweise schnell von einer Sondereinheit abgelöst. Die Kletterer der Bundespolizei zeigten sich überraschend freundlich und kompetent, die Räumung verlief ohne Zwischenfälle. Der Zug fuhr gegen 10 Uhr weiter.

Repression muss sein...
Es folgte einen Macht- und Kompetenzstreit bei der Polizei. Der inzwischen vor Ort eingetroffene Staatsschutz (Landespolizei) wollte unbedingt den Fall übernehmen, obwohl die Bundespolizei normalerweise zuständig ist. Die Kletterin wurde unmittelbar gefesselt und von zwei Staatsschutzbeamten zur Wache gebracht. Ein ernster Fall für die EG-Castor (spezielle Ermuttlungsgruppe der Polizei). Und schon kamen die nächsten fiesen Tricks. Als die Aktivistin gegen 14 Uhr auf richterlicher Anordnung aus dem Gewahrsam entlassen wurde, hieß es: Alle Gegenstände samt Fahrrad, Jacke, Wecker oder Schlafsack werden als "Tatmittel" sichergestellt.

"Das ist ja schon nervig, aber was soll's? Es mir klar, das besonders engagierte Menschen ein Dorn im Auge des Staates sind", kommentiert die Betroffene. Und sie fährt fort: "Ich wurde schon beim letzen November Castor mit besonderen technischen Mitteln und Methoden -wie es im Polizeijagon so schön heißt- zwei Wochen lang überwacht. Am Tag X lief nicht viel, wir wurden präventiv in Gewahrsam genommen. Unser Fazit lautete damals schon:
"Die Polizei weiß aber ganz genau, dass sie ohne einen riesigen Aufwand, noch folgende Aktionen im Lüneburger Tiergarten nicht mehr verhindern kann.(1) "

In der Tat. Die Gruppe ist zufrieden.
Der Castor stand 2 Stunden und die Botschaft wurde nach außen getragen (Presse). Der Widerstand geht weiter und es gibt viel zu tun! Atomtransporte stehen für die globalisierte Atompolitik.

Wenn Natur-Uran von Rotterdam via Hamburg nach Narbonne (Frankreich) transportiert wird,
wenn Züge aus Dünkirchen oder aus Pierrelatte (Frankreich) die UAA Gronau beliefern (2),
wenn Atommüll nach Russland verschifft wird,
wenn...,

...muss der Hahn jederzeit und überall zu gedreht werden.

Zu(1): Eine Aktivistin bekam am 15. Dezember 06 folgende Mitteilung Seitens des zentralen Kriminaldienst der Polizei FK4 (politische Abteilung):
"Hiermit teile ich Ihnen gemäß § 30 Abs. 4 Nds. SOG mit, dass über Sie in der
Zeit vom 30.10. - 12.11.2006 personenbezogene Daten mit besonderen Mitteln oder Methoden im Sinne von §34 Nds. SOG (längerfristige Observation) i.V.m. § 35 Nds SOG (Verdeckter Einsatz technischer Mittel) erhoben wurden.
Anlass für die Maßnahme waren die zu erwartenden Aktionen zur Ver-/Behinderung der Fahrt des Castor-Transportzuges zum Zwischenlager Gorleben.
Die Datenerhebung erfolgt auf Grund einer Anordnung der Polizeiinspektion Lüneburg (...) "
Akteneinsicht wurde beantragt, die Polizei weigert sich aber dem statt zu geben, es wird jetzt geklagt.

Zu (2): Seit der Urankonferenz Ende September in Dortmund gibt es ausführliche Informationen zu diesen Transporten. (Datei online auf  http://www.anti-atom-aktuell.de/ oder  http://www.urantransport.de oder auf Anfrage bei der LIgA : liga-tom(at)gmx.de, (at) durch @ ersetzen)

Update:
Die Beteiligten freuen sich auf Unterstützung. Inzwischen (Oktober 07) sieht es so aus, das die beschlagnahmten Gegenstände laut Staatsanwaltschaft als Beweismittel nicht in Frage kommen. Ein Teil davon ist aber von der Polizei der Stadt Lüneburg übergeben worden und soll zu "Gefahrenabwehr" einfach vernichtet werden! Dagegen will die Betrofene klagen.

SOLIKONTO:
E. Winger
Kto: 753 09 51, BLZ: 206 905 00
Sparda-Bank Hamburg
Kennwort: " LIgA Probecastor"

Am 6. Oktober findet einen Soli-Kletterworkshop in Lüneburg statt. Infos unter  http://www.ligatomanlagen.de/
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Ergänzungen