Hände weg vom Streik

recht 09.08.2007 20:38 Themen: Soziale Kämpfe
GG Artikel 9
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig.

Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
Artikel 12a handelt vom putativen Verteidigungsfall,
Artikel 35 handelt von Naturkatastrophe oder der Unglücksfällen,
Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 handelt von Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes

Das Streikrecht für einen Tarifstreik darf nicht im Verteidigungsfall, bei Naturkatastrophen, bei Unglücksfällen, bei drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes,
gebrochen werden.

Die Mütter und Väter des GG zeigten erstaunliche Weitsicht.

Was aber auf gar keinen Fall geht ist ein Streik (parital oder general) für irgendwelche altruistischen Zwecke, wie
der Friede, oder bei drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes.

Koalitionsfreiheit

DGB Sommer, stärkt den Lokführern den Rücken und kritisiert Nürnberger Arbeitsrichterin Silja Steindl

Freitag Verhandlung über Wiederspruch der Lokführergesellschaft GDL.

Dieser richtet sich gegen den Beschluss, den die 46-Jährige selbst am Mittwoch unter dem Aktenzeichen 13 Ga 65/07 erlassen hat.

Die Lokführer dürften vorläufig zumindest nicht streiken, weil sie damit nicht nur der Deutschen Bahn AG,
"sondern der gesamten Volkswirtschaft insbesondere in der Hauptreisezeit immense wirtschaftliche Schäden" zufügen würden, hatte Steindl entschieden.



Einschränkung des Streikrechts
Sie habe "Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Streiks". Diese Einschränkung des Streikrechtes "im Rahmen einer Gesamtabwägung" sei "angesichts der irreversiblen Folgen derzeit eher hinzunehmen, als einen möglicherweise rechtswidrigen Streik zuzulassen".




Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, warnte davor, das Streikrecht juristisch oder gesetzlich auszuhebeln.

"Die Gewerkschaften werden das verfassungsrechtlich garantierte Streikrecht mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen jeden verteidigen, der es
einschränken will", sagte Sommer am Donnerstag in Berlin zum Tarifkonflikt zwischen Bahn und Lokführergewerkschaft GdL.

Dies betreffe "Richtersprüche" wie auch Forderungen der Arbeitgeber nach Begrenzung oder "Neujustierung" des Streikrechts.
Das Motto kann nur heißen: "Hände weg vom Streikrecht."

"Geradezu gefährlich"
Sommer nannte es "geradezu gefährlich“, wenn Arbeitsgerichte einstweilige Verfügungen gegen Streiks auch mit dem drohenden
ökonomischen Schaden eines möglichen Arbeitskampfes begründen.

"Denn genau das ist ja der Sinn von Streiks: Sie sollen ökonomischen Druck auf die Arbeitgeber ausüben." Dies könne auch durch eine Gemeinwohl-Argumentation "nicht ausgehebelt werden."

Auch bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) ist die Entscheidung des Nürnberger Arbeitsgerichts, den Streik der Lokführer im Güter- und Personenfernverkehr zu verbieten, auf "großes Unverständnis" gestoßen.



"Grunzsätzlich verbrieft"
"Sinn und Zweck von Arbeitskampfmaßnahmen ist es, die Arbeitgeber wirtschaftlich zu treffen", sagte der NGG-Vorsitzende Franz Josef Möllenberg am Donnerstag. "Durch Richter-Recht darf das grundgesetzlich verbriefte Streikrecht nicht ausgehebelt werden."

Die GDL-Lokführer hatten geplant, am Donnerstag den Güterverkehr zu bestreiken. In letzter Minute hatte das Arbeitsgericht Nürnberg den Ausstand untersagt - mit Verweis auf hohe ökonomische Schäden, die zu befürchten seien. Die GDL legte gegen den Entscheid Widerspruch ein.
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Ergänzungen

Klassenjustiz

Peter H. 10.08.2007 - 10:38
Daß irgend so ein Richter hingeht und über die Köpfe von abertausenden Bahnstreikenden hinweg ein Streikverbot erläßt, zeigt doch sonnenklar, dass es mit der vielgepriesenen Demokratie, speziell hier in diesem Lande, nicht weit her ist. Solange Demokratie nur proklamiert wird, bar aller Folgen, wird sie feierlich besonders von Staat und Kapital gepflegt und propagiert. Doch wehe, sie wird gar "praktisch", also zum Nutzen und Wohle der werktätigen Massen umgesetzt. Dann wird was vom gefährdeten Gemeinwohl geschafelt, was das Zeug nur hält.
Das Beispiel des Gerichtes zeigt übrigens auch, dass es keine sogenannte neutrale Justiz gibt. Auch so eine ideologische Verkleisterung, zwecks Huldigung des kapitalistischen Systems, alias Marktwirtschaft, alias Demokratie etc.
Halt kein guter Zug vom Bürgertum. Einen solchen Zug lasse man mal abfahren.