Frankfurter Demogeschichte.

saul 19.07.2007 18:22 Themen: Weltweit
Wir schreiben 1982, im Libanon hatte sich die PLO gut eingenistet und sich eine Basis für den Kampf geschaffen. Irgendwann hatten einige in Israel, vor allem Sharon die Faxen dicke und ließen die Armee nach Beirut einmarschieren. Der Einsatz war auch in Israel mehr als umstritten und auch in Frankfurt wurde demonstriert.
Soweit zum Hintergrund, der Hauptgrund für dieses Posting sind natürlich ein paar Pics die das Erscheinungsbild der Demo in dieser Zeit wiedergeben. Am 21.8.82 versammelte sich alles was Rang und Namen hat und was antiimperialistische Linke und Autonome so aufbieten können zur Demo. Hier lebende Migrannten waren ebenso vertreten und auf der Kundgebung sprach u. a. die heilige Brigitte Heinrich. Kleiner Scherz, nun mittlerweile ist sie nicht mehr unter uns, daher ist zu vermuten, das sie einige Altlinke mittlerweile heilig gesprochen haben. 82 war die linke Welt noch übersichtlich, wir stehen auf der guten Seite und zudem wurde ja selbst in Israel massenhaft gegen den Libanonkrieg demonstriert. Keine Spur von Antideutschen und hätte man hier was von Antisemitismus erzählt, man wär schlicht und ergreifend für bekloppt erklärt worden. Oder hätte den Ratschlag bekommen, sich den Alk oder wahlweise die Drogen doch besser nach der Demo reinzupfeifen. Man wäre einfach nicht für voll genommen worden. Doch um Libanon ging es nur bedingt, für viele war s halt wieder Demo und ne Abwechslung vom Alltag. Eine Gelegenheit Staat und Bullen zu zeigen, das es sie noch gibt. Demokultur wie üblich mit Fahnenfeuer und der heiligen Ulrike Meinhof auf dem Transpi. Dann wurde noch das Pflaster am Paulsplatz mißhandelt und die Straße blockiert, doch wieder Erwartens kam es zu keiner Randale.

Und war hab ich da noch getrieben außer etwas benebelt abzulichten? Wir bildeten den Demoschwanz und da war die ernste Demo zuende. Wir sind die letzte Reihe des Proletariats. Bier und Hanf gehören zum Kampf. Ersteres war unterwegs zu haben. Wird zwar nie gern gesehen auf der Demo zu saufen, ist mit der Ernsthaftigkeit des Anliegens nicht so recht vereinbar, doch das hat schon 82 keinen gejuckt.

Siehe auch:
 http://de.wikipedia.org/wiki/Brigitte_Heinrich
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Ergänzungen

Zur Demo

xy 20.07.2007 - 00:24
Sehr viel erfährt man in dem Beitrag ja nicht über die Demonstration.
Anölaß waren meiner Erinnerung nach die Massaker in Sabra und Schatila. Die mit den Isaelis verbündeten Amal-Milizen waren in die Lager eingedrungen und hatten dort hunderte Palästineser ermordet. Dies unter den Augen und unter dem Schutz der israelischen Armee. Sharon mußte unter dem Druck der größten Demonstrationen in de rGeschichte Israels und dem Ergebnis des untersuchungsausschusses, der seine Mitverantwortung für die Massaker feststellte, zurücktreten.
Der größte Fehler der DemonstrantInnen in Frankfurt war aus meiner heuteige Sicht, die Massaker (und die gesamte Politik Israels gegenüber den Palästinensern) mit der Ermordung der europäischen Juden gleichzusetzen. Dies war in erster Linie als Skandalisierung des israelischen Vorgehens gedacht, wirkte aber geschichtsrelativierend. Außerdem dürfte bei einem Teil der DemonstrantInnen unterbewußt die Beteiligung Israels an einem "neuen Holocaust" als Entlastung eigener Schuldgefühle gewirkt haben.
Außerdem war es falsch, die Verurteilung der Massaker mit der Unterstützung der palästinensischen Gruppen (insbesondere der PFLP) zu verbinden.
Dass die radikale Linke die Legitimatät Israels als Schutz für Juden vor Antisemitsmus nicht (an)erkannte und auf seine Zerstörung hinarbeitete, gehört ebenso zum traurigen Teil dieser Geschichte. Statt eine Friedenslösung durch die Zweistaatenlösung zu fördern, wurden die maximalistischen Forderungen der PLO im Kampf um "ganz Palästina" unterstützt. Die deutsche Linke war bereit "bis zum letzten Palästineser zu kämpfen". Und in diesem "befreiten Palästina" häten Juden bestenfalls auf den "Dhimmi"-Status einer geduldeten Minderheit hoffen dürfen (wenn sie nicht massakriert und zur Flucht gezwungen worden wären).

Zum besseren Verständnis.

saul 20.07.2007 - 21:46
Zur Richtigstellung, hier geht es nicht um die gute alte Zeit oder um Politnostalgie. Es geht nur um unveröffentlichte Pics und damit hab ich mir mal den Arsch abgearbeitet. Scannen von Minoxfilm geht ohnehin an die Grenze der Auflösung und dann noch die Bildbearbeitung von alten Filmstreifen, mit denen ich im Laufe der Jahre auch nicht immer fachgerecht umgegangen bin, lagen halt Jahrelang rum, wußt nix mit anzufangen und ist eh beachtlich, das sie nicht bei irgendeinen Umzug den Weg zur Tonne fanden. Artete teils regelrecht in Bildrettung aus. Doch so lernst mit der Technik umzugehen.
Wär doch schad um die Arbeit, also veröffentliche ich sie eben, da wo es sinnvoll scheint.
Daher geht es nur ansatzweise um den Inhalt, wie viel waren da? Können so 1500? gewesen sein, lässt sich nach 25 Jahren nicht mehr sagen und ich mach mir nicht die Mühe, nur deswegen die Zeitungsarchive zu durchwühlen. Zumal schon da keine zuverlässigen Zahlen zu bekommen sind, war eben mit Demozahlen auch nicht anders als heute.
Übrigends, es ist keineswegs so, das es damals keine kritischen Stimmen gegeben hätte. Es gab keine antideutsche Extremposition, doch auch zu der Zeit warnten einige vor blinder Parteinahme zum Libanonkonflikt. Es gibt dort keine Guten hieß es. Zudem was die Massaker angeht, die Israelische Armee war mitverantwortlich, weil sie es nicht verhindert hat, das wurde In Israel auch so gesehen, doch sollt mann nicht übersehen, das dies Teil des libanesischen Bürgerkriegs war und da wurde von allen Beteiligten gemordet, die Grenze zwischen gut und böse war nicht mehr auszumachen, das war eben kein Kinofilm.
Was hab ich? Die Heiligen Ulrike Meinhof und Brigitte Heinrich verhöhnt? Schande, ist ja Gotteslästerung, wie kann man sowas schreiben? Unsere Stasizuträgerin Brigitte Heinrich verhöhnt? Na da empfehle ich den Wikitext. War ja in guter Gesellschaft, haben ja auch andere Linke getan, immerhin der Geheimdienst eines sozialistischen Bruderlandes. Aber dann die Verfassungsschutzparanoia. Die warn alle sauber, ich dagegen ein Spitzel. Klar, wer auf Demos fotografiert, ist n Bullenspitzel, die Linse beweist alles.

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UNANGEMESSEN — k,.noll

Widerlicher Artikel — Dr. Alexander von Paleske