Sorge um Mitarbeiter im "Schnüffeldienst"

Martin Behrsing 29.06.2007 13:42 Themen: Soziale Kämpfe
Diskussion vereinbart - Nach unangekündigtem Besuch bei einem Kölner Sozialdetektiv hat die ARGE Köln große Sorge um ihre Mitarbeiter -Angebot vom Chef der Arge an gegängelte Hartz IV-Betroffene durch den Bedarfsermittlungsdienst

Köln (pr-sozial) – Es ging der Kölner Arge zu weit, als am 27. April in den frühen Morgenstunden eine größere Gruppe der „Überflüssigen“ einem Kölner "Sozialschnüffler" einen unangekündigten Hausbesuch abstatteten und gleichzeitig so genannten "Steckbriefe" von ihm verteilte als Warnung an Hartz-IV-Betroffene. Deshalb wurden gestern Vertreter vom Erwerbslosen Forum Deutschland und des Kölner Erwerbslosenrates zu einem klärenden Gespräch in die zweitgrößte Hart IV-Behörde Deutschlands geladen. Anscheinend haben auch Ermittlungen gegen die unangekündigten „Hausbesucher“ zu keinem Erfolg geführt, so dass man sich einen gewissen Einfluss in die „Szene“ durch die Erwerbslosenvertreter erhoffte. Sowohl der Chef der Arge, Josef Ludwig als auch der stellvertretende Leiter des Kölner Sozialamtes, Hans-Jürgen Oster baten darum, dass man in Zukunft nicht die Mitarbeiter als Zielscheibe aussucht, sondern ihre Vorgesetzten. Ob dies tatsächlich als Aufforderung gemeint war, blieb unklar. Möglicherweise gab es auch Druck von der Mitarbeitervertretung, sich schützend vor die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu stellen.
Gleichzeitig erneute Ludwig gegenüber den Vertretern der Erwerbslosen, ungerechte oder widerrechtliche Behandlungen durch die Kölner Arge unbürokratisch und auf dem kleinen Dienstweg aus dem Weg zu räumen. Demnach können sich Hartz IV-Betroffene, die sich durch den Bedarfsermittlungsdienst ungerecht behandelt fühlen, an das Erwerbslosen Forum Deutschland oder den Erwerbslosenrat Köln wenden. Dort werden die Fragen an den Chef der Arge Köln weitergeleitet, der sich – unter Wahrung der Diskretion – um eine befriedigende Lösung kümmern will. In der Vergangenheit konnte auf diesem Weg das Erwerbslosen Forum Deutschland oder der Erwerbslosenrat Köln mehrmals befriedigende Lösungen für Betroffene durchsetzen.

Der Kölner Erwerbslosenrat und das Erwerbslosen Forum Deutschland machten jedoch sehr deutlich, dass beide Initiativen keinen Einfluss auf Aktionen der „Überflüssigen“ hätten. Hierbei handele es sich um eine eigenständige politische Widerstandsaktion gegen Hartz IV. Ihre Aktivitäten des zivilen Ungehorsams würde man jedoch mit einer gewissen Sympathie betrachten. Wichtiger seien jedoch, die Anlässe zu solchen Aktionen zu thematisieren. Denn wenn Hartz IV abgeschafft würde, zumindest aber alles korrekt ablaufen könnte, bräuchte es derartige Aktivitäten kaum. Inzwischen würden zahlreiche Menschen die Hartz IV-Behörden als wahres „Feindbild“ betrachten und hätten kaum das Gefühl, dass es um ihre Belange geht. Repressionen und Nichtbeachtung von Rechten wären keine Einzelfälle mehr. In diesem Zusammenhang würde man auch den Bedarfsermittlungsdienst sehen, dessen Aufgaben man sowohl rechtlich als auch von der Verhältnismäßigkeit der Mittel grundsätzlich in Frage stellen würde. Bei einem angeblichen Missbrauch von zwei Prozent wären diese Mittel viel besser in den Aufgaben der Arbeitsvermittlung investiert, die kaum stattfinden würde.

Als Ergebnis der Unterredung einigte man sich darauf, dass die Kölner Arge mit den Erwerbsloseninitiativen im Herbst eine größere Podiumsdiskussion mit Experten durchführen. Dabei soll es sowohl um die Sinn, Zweck und Aufgaben und die politische Bewertung von "Sozialfahndern" des Bedarfsermittlungsdienstes gehen. Ziel muss es sein, dass zumindest Betroffene eine größtmögliche Transparenz haben, was sie erdulden müssen und welche Rechte sie haben. Es könne nicht angehen, dass Antragssteller im Sozialamt von Mitarbeitern gesagt bekommen, dass Sozialfahnder grundsätzlich nach ihren Verhältnissen zu schauen hätten.

Das Erwerbslosen Forum Deutschland und der Kölner Erwerbslosenrat nehmen nun Josef Ludwig beim Wort und erwarten eine Diskussion. Aussagen der Kölner Behörde, Betroffene können ja ihr Recht einklagen, nutzen allerdings wenig, wenn Betroffene wegen einer gerichtlichen "Eilentscheidung" oftmals mehrere Wochen mittellos dastünden und die rechtlichen Möglichkeiten für Hartz-IV Empfänger durch die Bundesregierung zudem noch deutlich eingeschränkt wurden.
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Ergänzungen

Ungerecht behandelt ...

Helmut 29.06.2007 - 17:04
Bei dem in Speyer verhungerten André hat die Bundesregierung im übrigen festgestellt, dass der Bescheid die Leistungen einzustellen rechtswidrig war. Aber was nützt das noch ? Er wurde in einem "Armengrab" verscharrt, ein Mahnmal will die Stadt nicht zulassen. Soviel zum Thema "Feindbild".

Hartz IV: Hungertod durch Leistungsentzug (3)

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 9 Kommentare

und deswegen wird bestimmt hartz IV ab-...

egal 29.06.2007 - 15:56
...geschafft, ganz bestimmt!

Hausbesuch beim Sozialschnüffler ?

anarchie in gremany 29.06.2007 - 16:28
Wie war das mit dem Kaptialsimus und den Arbeitern und Arbeiterinnen ?

Sind "Sozialschnüffler" im Amt keine ArbeiterInnen ?

Wie wärs denn mit dem Versuch aufzuzeigen, das auch MitarbeiterInnen des JobCenters etc. ArbeitnehmerInnen sind - also ausgebeutete und den hierarchischen Strukturen unterworfene Menschen sind !

Statt zu versuchen diese ArbeiterInnen einzuschüchtern wäre es sinnvoller zu versuchen diese zum Streiken zu ermuntern damit sie sich nicht als Handlanger der Kapitalisten und des Staates ausnutzen lassen.

Generalsteik bis zur Sozialen Revolution

für eine gewalt und herschaftsfreie Gesellschaft.

De Unterdrückung hat ein Gesicht

Unterschicht 29.06.2007 - 20:50
Das die Kölner ARGE-Bosse so reagieren zeigt nur, daß diese Methode Wirkung zeigt bei den betroffenen Schnüfflern und ihren Frauen, Kindern - und Nachbarn. Keiner möchte eben gerne bei den eigenen Kindern und deren Spielkameraden oder in der Nachbarschaft als ein Mensch verschrieen sein, der seine Miete und Lebensunterhalt mit der ekelerregenden Ausspitzelung von armen und mittellosen Mitmenschen verdient. Doch so lange es die Nachbarn nichts wissen, machen sie eifrig weiter ihre Drecksarbeit.
Deshalb, runter mit den anonymen Maske von Gesichtern der Sozialschnüffler, kriminellen & korrupten Richtern, uniformierten und anonymen Polizeischlägern, bösartigen oder - durch den Korpsgeist - blauäugig gewordenen Staatsanwälten.
Kein Rückzug in die Anonymität und kein Privatleben für Typen wie "Sam" BKA-Hauptkommissar Gerhard Lehmann und den Staatsapparat.
Die Unterdrückung hat ein Gesicht, einen Namen, eine Adresse!

richtig so!

krenz, egon 29.06.2007 - 21:00
super aktion!!!!! wer sich für so eine arbeit hergibt hat es nicht besser verdient!!!

Ergänzung nicht inhaltlicher Ergänzug

Rio 30.06.2007 - 04:10
SCHULD IST, WER SICH SCHULDIG MACHT! (how, the fuck, is "Arbeiter" ?)

@anarchie in Germany

Reaktion 30.06.2007 - 14:17
Suuper Idee,
Sozialschnüffler, Team Green oder Soldaten mit Dikussionen zum Streiken bewegen. Sollte
man ausprobieren, beten hilft ja vielleicht auch.

Es gibt düsstere und hellere Geschichten mit

Krause 01.07.2007 - 09:05
Hartz 4,intereßant wäre ,ob Frauen beantragen können ,zumindestenns ,bbei Wohnungsbegehungen ,vvon einer Frau bedarfsermittelt zu werden .Wegen sonnnst intimer oder geschützter Lebennsbereiche wwmüßte das eigentlich selbstverständlich sein ,ich mööchte keine fremden Männer ,auch keine amtlichen ,in meinem privaten Verfügungsraum ,da hört irgendwwwie die Bereitschaft zur Kooperation oder Zusammenarbeit auf .Wenn es z.B. nach bestimmten Herrenseifen riecht ,kriege ich aus Gründen das kalte Krausen.

Schon öfter gehört ,das

Schulze Niehring 01.07.2007 - 09:26
sich Frauen von ALG ii keine Liebesbeziehungen (zu Nichtempfängern ?) mehr leisten können ,weil kaaum ein Selbsrwert das soziale Gefälle aaushaslten kann ,das liegt wohl am Verzehr
des verfügbaren Realwerts .Sich richtig runterzuhungern ,nimmt einem dann die Überschußkraft für heftige Emotionen wie Wut etc. Aber von den 175 Euro Selbstständigenförderung kann man sich dan eventuell ein Telefon leisten,Von dem aus Telefonsexarbeiten selbsständig ausgeübt werden können ,alternativ zum Callcenterjob ,eben in orivvvater Atmösphäre .

zur "Antwort" von Mister Reaktion

Anarchie in Germany 02.07.2007 - 17:38
Geil wie kreativ du doch bist Mister "Reaktion(är)" . Mehr als Beten fällt dir also zu dem Thema nicht ein ? Ja ja so sind sie halt die fantasielosen militanten feindbildfetischisten.

Denk mal nahc was es mensch sonst noch so machen könnte um den Herrschenden ihr Menschenmaterial abspenstig zu machen,

Schon mal was von "Etienne de La Boetien - Von der freiwilligen Knechtschaft" gehört.

Aufstehn statt beten und schlagen ! Gegen ideologische Verblendung !