Antifademo in St. Ingbert (Saar)

info 17.06.2007 20:03 Themen: Antifa Antirassismus
+++ 100-120 DemonstrantInnen +++ Nazis provozieren am Rande +++ Polizei völlig unvorbereitet und überfordert +++ Gute Laune und gutes Wetter +++
Gestern demonstrierten in St. Ingbert etwa 100-120 AntifaschistInnen gegen Naziläden im Saarland und überall. Die Demonstration begann nach einigen Vorbereitungen
um ca. 12:30 Uhr am Bahnhof. Bei relativ gutem Wetter und mit lautstarken Parolen und "Trillerpfeifen" feierte die Demo die Schließung des Naziladens "Strangeland" vor 2 Wochen. Gleichzeitig machten die verteilten Flugblätter (siehe unten) darauf aufmerksam, dass es sich nur um einen Teilerfog handelt, da gleichzeitig in Neunkirchen (Saar) ein ähnlicher Laden eröffnete. Dieser verkauft nach dem selben Schema wie zuvor in IGB "Thor Steinar" und bietet den Rechtsradikalen der Umgebung einen Anlaufpunkt. Dies wurde auch in den Redebeiträgen der Antifa[IGB], der Antifa Neunkirchen sowie vom Arbeitskreis Antifaschismus IGB thematisiert. Die Demonstration selbst wurde von einem relativ geringem Bullenaufgebot begleitet, das allerdings später nur darauf wartete, dass die Demo eskalierte und die vor dem Strangeland stehenden Nazis angreifen würde. Dieser Gefallen wurde den Bullen allerdings nicht getan. Die AntifaschistInnen "verarschten" lediglich die angereisten Nazis von der "Kameradschaft Zweibrücken". Diese bewarfen wahrscheinlich noch einen freien Journalisten, der diese fotographierte, mit einem Stein. Es war aber wirklich sehr auffallend, dass die Polizei aus Unwissenheit oder mit Absicht die Nazis extrem nah herankommen ließ ohne die Demo-TeilnehmerInnen zu schützen. Nach der Zwischenkundgebung machte sich der Demozug wieder auf den Weg, wobei noch ein einzelner Nazi, der mit seiner Freundin provozierte, mit Wasserbomben beworfen wurde, bevor ihn die Polizei ausnahmsweise entfernte. Der Rest der Route konnte bis auf einen kleineren Zwischenfall ungestört gelaufen werden. Dabei wurde noch eine Person, welche am Rand der Demo mitlief, von der Polizei kontrolliert und mit einem Platzverweiß bedroht. Ansonsten war die Demo insgesamt sehr lustig, wobei hier die Sambatruppe sowie die "politischen" Luftballons und das Konfetti einen großen Anteil daran hatten. Da die Sambaleute immer relativ weit hinter dem Lauti liefen, maximierte sich auch das Verkehrschaos und die Polizei konnte die Demo nicht so gut vor der Öffentlichkeit abschirmen. Nachdem die Versammlung aufgelößt wurde waren noch einige Nazis in der Innenstadt. Nachmittags verfolgte eine Gruppe von etwa 10 "Kameraden" noch 2 Antifas in Richtung Jugendzentrum, woraufhin sich aber plötzlich die Laufrichtung veränderte und die Rassisten ihrerseits vor einer größeren Gruppe abhauen mussten. Nicht jedoch ohne dass einer der Kameraden in einer Seitenstraße zurückgelassen wurde um sich heldenhaft seinen Gegnern entgegenzustellen. was er sich allerdings schnell wieder anders überlegte und seinen flüchtenden Freunden hinterhereilte. Tja, die Kameraden hatten wohl vergessen, dass sie weder in Zweibrücken waren, noch Polizeibegleitung hatten.
Trotz vereinzelter Provokationen blieb es am Abend allerdings weitgehend ruhig.




Flugblatttext:


Naziladen pleite - alles gut?

Eher nicht! Zunächst ein paar Infos: Am 31.05.07 schloss der St. Ingberter Naziladen Strangeland. Zuvor war in ihm 2 Jahre lang rechtsextreme Kleidung zu erwerben. Genaueres über die Geschichte bzw. den Hergang findet sich im Aufruf der Antifa [IGB] zur Demonstration. Jetzt ist ja alles gut, könnte man meinen. Der Laden ist weg, die Welt wieder in "Ordnung". Doch ganz so einfach ist es leider nicht. Der Laden wurde 2 lange Jahre von großen Teilen der bürgerlichen St. Ingberter Öffentlichkeit toleriert oder ignoriert. Aufkeimender antifaschistischer Protest wurde vom Ordnungsamt und somit von der Stadtverwaltung so gut es ging behindert. So wurde die im Juli letzten Jahres geplante Demo gegen das Geschäft im Vorfeld so stark eingeschränkt und mit einer absolut inakzeptablen Route ausgestattet, dass sie letztlich nicht durchführbar war. Es war und ist nach wie vor Sinn und Zweck dieser und jeder Demo, eine möglichst große Öffentlichkeit zu erreichen. Doch fürchtet die Stadt St. Ingbert offenbar um ihr "Image", welches augenscheinlich für Antifaschismus keinen Platz bietet, weshalb Grundrechte wie Demonstrationsfreiheit in IGB anscheinend außer Kraft gesetzt oder mit fadenscheinigen Begründungen untergraben werden. Dass Antifaschismus hier unerwünscht ist, zeigte sich die letzten Jahre sehr deutlich im Umgang mit dem Laden und seiner dazugehörigen Clique. So ermittelte die Polizei noch letztes Jahr bereitwillig gegen jeden, der den Besitzer Nico Wagner als Nazi bezeichnete, obwohl er faktisch als solcher auftrat und handelte, allein schon mit dem Verkauf von "Thor Steinar". Auch bei der aktuellen Demo probiert die Polizei den Protest bereits jetzt einzuschränken, wie z. B. der Versuch von "Beamten des Innenministeriums" zeigt, den Anmelder zu kontaktieren und einzuschüchtern. Auch die meisten sonstigen gesellschaftlichen Gruppen ignorierten das heikle Thema oder reagierten erst auf Ansprache hin. Offenbar fürchtete man eher, dass zwei Fensterscheiben zu Bruch gehen könnten, als dass sich in St. Ingbert und Umgebung ein neuer rechter Lifestyle und die dazugehörige gewaltbereite Szene entwickelt. Denn auch wenn der Laden als Kristallisationspunkt verschwunden ist, existiert die geschaffene Szene weiter und wird in Zukunft wohl noch aggressiver auftreten, denn die Nazis sind ja noch da. Der Laden selbst musste anscheinend vor allem aufgrund finanzieller Probleme schließen, für die wir glücklicherweiße wohl zum Teil verantwortlich sind, indem wir trotz allgemeiner Ablehnung einen Großteil der sog. unpolitischen Laufkundschaft über das Geschäft und seine Umgebung aufklären konnten. Dadurch fiel wohl ein großes Stück der Einnahmen weg, welche die eindeutig rechtsradikale Kundschaft nicht kompensieren konnte. Bedauerlich ist, dass es einfach nur dem Diletantismus der Nazis und der überdimensionierten Verkaufsfläche, nicht aber dem gesellschaftlichen Widerstand, wie in manchen andern Städten vorhanden, zu verdanken ist, dass es in IGB keinen Naziladen mehr gibt. Dafür machte zeitgleich mit der Schließung des "Strangelands" in Neunkirchen ein Geschäft mit dem identischen Angebot an rechter Kleidung, Waffen und der rechten oder rechtsoffenen Kundschaft auf. Somit hat sich das "Problem" eines Geschäfts als Rückzugsraum, Kontaktbasis und Rekrutierungszentrum nur örtlich verlagert und ist keinesfalls aus der Welt geschafft. Ganz im Gegenteil wurde in St. Ingbert eine gestärkte neofaschistische Szene zurückgelassen, während eine solche in NK nun aufgebaut wird. Für das faschistische Angebot ist die gefestigte rechte Kundschaft auch bereit, mal ein Stückchen weiter zu fahren, denn so groß ist das Saarland und seine Umgebung ja nicht. Deshalb halten wir es nach wie vor für wichtig, eine breite Öffentlichkeit in der ganzen Großregion Saarland zu schaffen und den Nazis zu zeigen, was wir von ihnen und ihren Zentren halten.

In diesem Sinne: "No place for Nazibusiness" - Naziläden dichtmachen! In St. Ingbert, Neunkirchen und überall!!
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Ergänzungen

tolle Demo

Richard Nickson 17.06.2007 - 20:42
Das war wirklich mal wieder ne tolle Demo überraschend war für mich jedoch nur das trotz sehr langer Mobilisierungszeit so wenig Leute zusammen kamen. Aber für 120 Leute und das eigentlich nur Antifas aus der näheren Umgebung (schade das es keine Unterstützung von außerhalb gab) war es wirklich ne sehr stimmungsvolle und kraftvolle Demo. Also weiter so in St.Ingbert und auf bisherige Erfolge weiter anknüpfen. Achja die Sambe Leute waren echt cool!
Weg mit Naziläden in Neunkirchen und anderswo!!!

Zeitungsartikel

infochaos 18.06.2007 - 16:38
Hier der Artikel aus der Saarbrücker Zeitung. Ist zwar ziemlich schlecht, mit vielen (inh.)Fehlern. So z.B der vermeintliche Steinwurf, was echt nur Wasserbomben waren, allerdings die Nazis einen Reporter bewarfen, was allerdings früher, direkt am Laden war. Dafür hat die SZ aber zum ersten mal überhaubt über Aktionen in IGB berichtet. Ist halt ziemlich einseitig, da die Demo so freidlich wie noch nie war. War ja von Anfang an so angelegt: Konfetti, Luftballon, Samba usw.
Aber was hat man den erwartet....
Ps: @ Bittsteller: Was sind den diesmal für viele Fehler drinnen. Ich kann dein Anliegen ja verstehen, hast ja auch recht, aber ich denke diesmal waren [im Vergleich zu sonst;)] echt wenig Fehler drinnen. Zumindestens haben sich die Leute Mühe gegeben.





Antifa fühlt sich von Rechten provoziert

Polizei verhinderte Aufeinandertreffen von Antifaschisten und Neonazis
Rund 100 Antifaschisten demonstrierten am Samstagnachmittag in St. Ingbert gegen einen Laden in der Hobelsstraße, der als Treffpunkt der rechten Szene gilt. Eine nicht angemeldete Demonstration von Neonazis löste die Polizei schnell auf.

St. Ingbert. 13 Uhr am Samstag, Ecke Hobels-/Kaiserstraße: Demonstranten zweier Lager geraten in Konflikt. Beinahe kommt es zu Übergriffen. Beim Ankommen des Demonstrationszuges aus der Ludwigstraße fühlen sich Antifaschisten (Antifa) von den Rechten in der Hobelsstraße provoziert und wollen auf sie los. Die Polizei verhindert, dass die zahlenmäßig überlegenen Antifas - laut Angaben der Ordnungshüter etwa 100 - ihren Plan umsetzten.
Rund zehn Gegendemonstranten hatten sich zuvor am Seiteneingang eines geschlossenen Ladenlokales in der Hobelsstraße gezeigt und sich auch schnell durch ein Transparent zu erkennen gegeben: Eine nicht angemeldete Demo der rechten "Kameradschaft Zweibrücken-Pfalz", die von der Polizei sogleich aufgelöst wurde. Hintergrund war nach Polizeiangaben der Schutz des Ladenlokals durch die Rechten, in dem sich bis Ende Mai der Laden "Strangeland" befand. Und genau um dieses Geschäft geht es der Antifa. Sie hatte im Rahmen einer Aktionsreihe zum Protest unter dem Motto "No Place for Nazibusiness - Strangeland dichtmachen - Eine Demonstration gegen Naziläden in St. Ingbert und anderswo" - aufgerufen. Auch im weiteren Verlauf der Demostrecke tauchten in den Gassen am Rande der Kaiserstraße Rechte in Zivil auf und provozierten. In Höhe der Engelbertskirche musste gestoppt werden. Dort flog ein Stein. Die Antifa war der Auffassung, bereits am Ladenlokal sei das Ganze seitens der Polizei provoziert und die unangemeldete Gegendemo beschützt worden. Die Teilnehmer, vorwiegend im Teenageralter, waren zunächst vom Bahnhof aus in die City und von der Kaiserstraße wieder über die Albert-Weisgerber-Allee zurück in die Ensheimer Straße gezogen. Manche Gastronomiebetreiber fürchteten wohl Randale und hatten die Außenbestuhlung weggeräumt.
Wie Alex Kicher, Pressesprecher der Antifaschisten, erklärte, sei im Geschäft zwei Jahre lang Bekleidung unpolitischer Marken der rechten Szene verkauft worden. Dies habe die Szene angezogen. Das Geschäft wurde zur Kontakt- und Anlaufstelle. Laut Kicher sei die Szene nun immer noch aktiv, nachdem der Laden seit drei Wochen geschlossen ist, zumal ein Geschäft gleichen Namens und Konzeptes in Neunkirchen entstanden sei. jma


Antifaschisten demonstrierten in St. Ingbert gegen den Naziladen "Strangeland". Fotos: Jörg Martin

positiv überrascht

Rotfront! 18.06.2007 - 22:26
Hätte gar nicht damit gerechnet, dass es eine gute Demo wird. Ich hatte noch die saarbotage-Demo gegen Polizeirepression in schlechter Erinnerung. Wichtig fand ich, dass viele Flugblätter an Passanten verteilt wurden. Allerdings muss ich schon sagen: Bei Antifademos wird zuviel Musik gespielt, das nervt. Nichts prinzipiell gegen Musik, aber doch nicht durchgehend und alle Parolen übertönend (schon gar nicht, wenn man eine "Rhythms of resistance"-Trommelgruppe dabeihat).

Nazis filmten ab

Gefilmter 10.10.2007 - 21:16
Man sollte noch erwähnen , dass die Faschos vom Parkplatz des " Strangeland " herunter filmten ( genauer gesagt eine fette Faschotusse filmte ) .
Da ich bis auf ein paar Meter dran war ( unpolitisches Aussehen hilft da immer ^^ ) , konnte ich zählen ... 12 Faschos waren da . Die sind später in einem Lokal in der Innenstadt saufen gegangen , haben aber nach dem lächerlichen " Angriffsversuch " nichts mehr gebacken bekommen .

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Eine Bitte — Bittsteller

tolle Demo — Richard Nickson

Sau gudd — oioioi

Die — superman

Kleiner Fehler — Superman²