Solidarität statt Prekarität

lesender arbeiter 23.05.2007 15:22 Themen: Soziale Kämpfe
Maydaybündnis solidarisch mit Telekomstreik


Unter dem Motto „5 nach 12 – die Telekom muss sich bewegen“ hat die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di am Mittwochmittag zu Solidaritätsdemonstrationen mit den Streikenden aufgerufen. In Berlin beteiligte sich das Mayday-Bündnis mit Transparenten, Flugblättern und einem Grußwort an der Aktion

Die Transparente waren zwischen Neptun-Brunnen und Rotem Rathaus im Zentrums Berlin nicht zu übersehen. Auf einem stand „Solidarität statt Prekarität – Hol Dir Dein Leben zurück“. Das war das zentrale Motto der diesjährigen Mayday-Parade in Berlin.
Auf dem anderen stand: „Gegen die kapitalistische Ausbeutung den Widerstand organisieren – Für ein Ende der Bescheidenheit“.
Das sind genau die richtigen Töne bei einer Kundgebung, auf der Solidarität mit den streikenden Telekom-Beschäftigten geübt werden sollte. Denn die sind nicht so bescheiden, dass sie Entlassungen und Lohnverzicht hinnehmen wollen und sind deshalb in den Streik getreten.
Von Anfang an waren sie einem Konfrontationskurs des Telekom-Manegement ausgesetzt. StreikbrecherInnen wurden eingeschätzt. Die Streikenden wurden mit Briefen und Telefonaten zur Wiederaufnahme der Arbeit aufgefordert. Dafür war die Kundgebung wenig kämpferisch und auch nicht sehr groß. Knapp 1500 Menschen ist für den DGB und ver.di, die dazu mobilisiert haben, ein Armutszeugnis.
Auch die klassenkämpferische Linke war mit knapp 20 Menschen eher schwach vertreten. Darum war es umso wichtiger, dass das Mayday-Bündnis mit der Intervention deutlich gemacht hat, es bleibt nicht bei einer Parade am 1. Mai. Vor allem wurde damit auch klar, dass eben beim Kampf gegen prekäre Lebens- und Arbeitsverhältnisse die Solidarität mit den Lohnabhängigen, die sich noch in Normalarbeitsverhältnissen befinden, aber gegen Verschlechterungen ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen kämpfen, ein unabdingbarer Bestandteil eines erfolgreichen Mayday-Prozesses ist.
Die meisten Reden schwankten zwischen Larmoyanz und Verbalradikalität, wie bei Ottmar Schreiner. Der ewige SPD-Linke kritisierte die HartzIV-Gesetze, die von seiner Partei wesentlich verabschiedet worden waren und er kritisierte auch die VertreterInnen der Politik im Telekom-Aufsichtsrat, die die Praktiken des Managements stützen. Dazu gehören – wen wundert es – auch zwei Sozialdemokraten.

Die KundgebungsteilnehmerInnen merken natürlich, wen PolitikerInnen sich nur bei ihnen anbiedern, um den Kontakt zur Basis nicht zu verlieren.
Darum war es umso bedeutender, dass es am Ende der Kundgebung einen Redebeitrag gab, der eben nicht von parteitaktischen Machtspielchen sondern von einer gemeinsamen Widerstandsperspektive handelte. Ein Vertreter des Mayday-Spektrums rief die Anwesenden nicht nur zu gemeinsamem Widerstand mit allen Menschen in prekären Lebens- und Arbeitssituationen auf. Er zog den Bogen auch zum G8-Gipfel. Bekanntlich haben Management und Politik große Furcht davor, dass der Streik den Gipfel beeinträchtigt oder gar lahm legt. Schon gab es erste Krisengespräche zwischen Politik und Konzernleitung, zu denen auch Gewerkschafter zugezogen worden. Sie wollen den Streik so schnell wie möglich beenden oder zumindest einen Notdienst mit den Gewerkschaften vereinbaren, damit der Gipfel nicht vom Ausstand betroffen ist.
Der Mayday-Sprecher erklärte, dass es für die Streikenden überhaupt keinen Grund gäbe, Notdienste für den G8-Gipfel zu leisten. Schließlich werde dort jene Politik des neoliberalen Kapitalismus umgesetzt, dessen Auswirkungen auch der Grund für den Streik sind. Die Anwesenden quittierten die Rede mit Applaus.

Es gilt jetzt, die Solidarität mit den Streikenden zu verstärken und sie auch zu bestärken in dem Bestreben, keine faulen Kompromisse zu zu lassen. Wie wir es schon aus anderen Arbeitskämpfen erlebt haben, wurden Streiks oft mit Vereinbarungen abgeschlossen, die vom großen Teil der Basis nicht getragen wurden. Da aber für einen Streikabbruch eine Quote von knapp 25 % reicht, hatte die Gewerkschaftsspitze damit ihr Ziel erreicht.
Wenn wir bei den Aktionen präsent sind können wir der Basis den Rücken stärken. Das hat sich bei der Kundgebung in Berlin gestreikt. Täglich gibt es im Berliner ver.di-Gebäude zwischen am Vormittag in der verdi-Zentrale (Köpenickerstraße/gegenüber vom Ostbahnhof) eine Streikversammlung. Dort ist es immer möglich, mit den Beschäftigten ins Gespräch zu kommen und Solidarität zu zeigen. Dort bekommt mensch auch die neuesten Infos über weitere geplante Aktionen mit. Dass ein Redebeitrag des Mayday-Bündnisses auf der Kundgebung möglich war, ist auch der kontinuierlichen Arbeit einiger GenossInnen zu verdanken, die in den letzten Tagen vor Ort waren.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 2 Kommentare an

Vorsicht Ironie — Streik muss sein