Gorleben-Protestierer schon wieder im Recht

Francis Althoff 05.04.2007 03:11 Themen: Atom
Nach fast fünfeinhalb Jahren erhielten nun vier Kläger einen Beschluss des Landgerichts Lüneburg zur Rechtswidrigkeit ihrer Ingewahrsamnahme bei einem Castortransport nach Gorleben im Jahr 2001. Aber: "Statt Klarheit zu schaffen, bleiben zukünftig wohl weitere Ingewahrsamnahmen und Klagen dagegen in der
"Sonderrechtszone Gorleben" an der Tagesordnung", moniert der Sprecher der
Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg (BI).
Ingewahrsamnahmen bei Castortransport rechtswidrig
Gorleben: Serie von gewonnenen Gerichtsverfahren reißt nicht ab

Nach fast fünfeinhalb Jahren erhielten nun vier Kläger einen Beschluss des
Landgerichts Lüneburg zur Rechtswidrigkeit ihrer Ingewahrsamnahme bei einem
Castortransport nach Gorleben im Jahr 2001. Zuvor hatte nach jahrelanger Gerichts-
Odyssee das Karlsruher Bundesverfassungsgericht vorherige Urteile als
rechtswidrig eingestuft und das Landgericht angewiesen, einen entsprechenden
neuen Beschluss zu fällen.

Zur Vorgeschichte: Am 13. November 2001 stoppten Polizeikräfte gegen 23.18 Uhr
einen lockerer Verbund von neun Personen auf sieben Motorrädern, laut Gericht in
500 - 1000 Metern Entfernung der L 256 bei Laase. Die folgende
Personalienfeststellung weit entfernt von der Versammlungsverbotszone wurde mit
einer "allgemeinen Verkehrskontrolle" begründet. Obwohl die eingesetzten Beamten
über Funkverkehr dagegen remonstrierten, befahl die Einsatzleitung die
Ingewahrsamnahme der Gruppe. Dazu mussten die neun Personen die Motorräder
eine halbe Stunde lang bis zum Ort Laase schieben, wo diese dann abgestellt
wurden. Anschließend wurden sie in die Verbotszone auf die Transportstrecke
verbracht, kurioserweise in unmittelbarer Nähe einer Sitzblockade: "Es war
unglaublich absurd, mit anzusehen wie eine Vielzahl von Personen sich frei in der
Verbotszone bewegen konnte ohne von der Polizei behelligt zu werden, während wir
nur wenige Meter daneben willkürlich unserer Freiheit beraubt wurden" äußert eine
der Betroffenen aus Jabel.

Gegen 0.50 Uhr am 14. November 2001 erreichten Gefangenentransporter die
Ortschaft und übernahmen ab 2 Uhr insgesamt 64 dort festgehaltene Personen.
Nachdem die Festgehaltenen gegen 4.10 Uhr in der Gefangenensammelstelle Neu
Tramm verbracht wurden, begann eine Leibesvisitation bis auf die Unterwäsche.
Eine für eine Ingewahrsamnahme erforderliche amtsrichterliche Vorführung erfolgte
nicht, da das Amtsgericht Dannenberg am Vorabend um 22 Uhr den Dienst beendet
hatte. Es gab auch keinen Versuch der Polizei, eine richterliche Entscheidung
herbeizuführen. Die Freilassung der Gefangenen, die in Sammelzellen auf Isomatten
untergebracht waren und dort einen beschädigten, auslaufenden Getränkekanister
vorfanden, begann erst gegen 8 Uhr, nach Eintreffen des Castortransports im
Gorlebener Zwischenlager.

Aus dem Beschluss des Lüneburger Landgerichts geht deutlich hervor, dass die
Rechtswidrigkeit der Ingewahrsamnahme vor allem darauf beruht, dass keine
sofortige Richtervorstellung erfolgte. "Statt Klarheit zu schaffen, bleiben damit
zukünftig wohl weitere Ingewahrsamnahmen und Klagen dagegen in der
"Sonderrechtszone Gorleben" an der Tagesordnung", moniert der Sprecher der
Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg (BI). Eine grundsätzliche Klage
der BI gegen die 70 Kilometer langen und bis zu 1 Kilometer breiten
Demonstrationsverbotszonen bei Castortransporten ist nach wie vor in Karlsruhe
anhängig.

Francis Althoff 05843-986789
Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg e.V.
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Ergänzungen

"Nicht Baustopp aufheben, sondern stilllegen"

Francis Althoff 06.04.2007 - 01:32
Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg (BI) begrüßt zwar die
von Umweltminister Gabriel angekündigte alternative Endlagerstandortsuche,
fordert aber, den Baustopp (Moratorium) in Gorleben keinesfalls in einem
Tauschgeschäft aufzuheben. Gabriel hatte gegenüber der Hannoverschen
Allgemeinen Zeitung (05.04.07) angekündigt: "Wenn die CDU/CSU die neue
Standortsuche mitträgt, werde ich das Gorleben-Moratorium, also die
Unterbrechung der Arbeiten im Erkundungsbergwerk, sofort aufheben. Das
ist ein faires Angebot."

Der Sprecher der BI hingegen mahnt: "Ein politischer Tauschhandel kann
nicht die Grundlage für einen ernsthaften Umgang mit hochradioaktivem Müll
sein. Bereits seit Anfang der Achtziger Jahre ist wissenschaftlich belegt,
dass der Gorlebener Salzstock mangels eines abdichtenden Deckgebirges
den Atommüll nicht vom Eintritt in die Biosphäre abhalten kann. Auf sechs
Quadratkilometern ist dieses Deckgebirge löchrig und teilweise gar nicht
vorhanden, sodass über Wasserwege radioaktive Stoffe in die Umwelt
gelangen werden", erläutert der BI-Sprecher. "Wegen dieser lange
bekannten und unveränderbaren geologischen Tatsachen braucht es
keinerlei weiteren Untersuchungen in Gorleben mehr, der Standort gehört
aus wissenschaftlicher Sicht stillgelegt".

Zudem befürchtet die BI als weiteren Schritt im politischen Tauschgeschäft
die Einrichtung eines Untertagelabors im Salzstock "als weiteren Türöffner"
für das Atommüllklo. Ausgerechnet die Gesellschaft für Nuklearservice,
deren Tochterfirma BLG das oberirdische Gorlebener Zwischenlager
betreibt, kündigte bereits im letzten Jahr an, über Stiftungsprofessuren an die
TU Clausthal solch ein Projekt finanzieren. Prof. Klaus Kühn von der Uni
Clausthal erläuterte diese Pläne in einem Interview mit der örtlichen Elbe-
Jeetzel-Zeitung. Kühn attestierte bereits jahrelang als zuständiger "
Sicherheitsexperte" dem absaufenden Endlager Asse II bei Wolfenbüttel und
dem einstürzenden Endlager Morsleben bei Helmstedt eine angebliche
Sicherheit.

"Aus der Tatsache, dass Gorleben ein Atommüllklo mit Klospülung nach
oben wäre, müssen nun endlich auch politisch die notwendigen
Konsequenzen gezogen werden", fordert der Sprecher der BI und kündigt
Proteste gegen die Aufhebung des Moratoriums an.

Francis Althoff 05843-986789


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