Sicherheitsverwahrung 2007 – über einen Einze

Thomas Meyer - Falk 30.03.2007 17:14 Themen: Repression
In der Presse wird gerne – unterstützt von Politikern – das Bild gezeichnet, in der Sicherheitsverwahrung (SV) wären die „Gefährlichsten der Gefährlichen“ untergebracht, zum Schutze der Gesellschaft von an Sodom und Gomorrha erinnernde Zustände
Sicherheitsverwahrung 2007 – über einen Einzelfall der exemplarisch ist


In der Presse wird gerne – unterstützt von Politikern – das Bild gezeichnet, in der Sicherheitsverwahrung (SV) wären die „Gefährlichsten der Gefährlichen“ untergebracht, zum Schutze der Gesellschaft von an Sodom und Gomorrha erinnernde Zustände. Eine kritische Reflexion des von den Nationalsozialisten 1933 in das Strafrecht aufgenommene Institut der SV, findet so gut wie nicht statt. Ganz offen sprach ein (juristischer) Sachverständiger erst im März 2007 gegenüber dem Rechtsausschuss des deutschen Bundestages, im Rahmen geplanter (und zwischenzeitlich beschlossener) Verschärfungen der SV-Gesetze von –Zitat- „Unschädlichmachung“ von Verbrechern. Das ist die Diktion wie sie 1933 auch seitens der NS-Politiker gebraucht wurde.

Heute möchte ich gerne Ralf Schüler vorstellen (er ist mit seiner Namensnennung einverstanden), nunmehr ununterbrochen 22 Jahre im Gefängnis, davon seit dem 1. April 1999 in SV. Geboren 1963, verbrachte er mehr als die Hälfte seines Lebens erst in Heimen und seit dem Jugendalter in Gefängnissen. Zuletzt wurde er 1994 vom Landgericht Mannheim wegen Einbruch-Diebstahls in 17 Fällen und wegen versuchten Diebstahls in 3 Fällen zu 5 Jahren Haft verurteilt, außerdem wurde die sich daran anschließende Unterbringung in der SV angeordnet.

Mit Beschluss vom 16.03.2007 (Az: 15 StVK 527/06 BR) lehnte das Landesgericht Karlsruhe die Freilassung von Herrn Schüler ab, da er erst langfristiger Therapie bedürfe. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, so die Richter lapidar, sei gewahrt.
Anwaltlich „vertreten“ wurde er von dem Bruchsaler Rechtsanwalt Jürgen Wedler; dieser hatte es nicht für notwendig erachtet, Herrn Schüler vor der mündlichen Anhörung im Gericht in der JVA zu besuchen. Vielmehr schrieb er ihm in einem knapp gehaltenen Brief, er – Schüler – solle ich melden, wenn er denn ein Gespräch wünsche.

Ein Pflichtverteidiger der sich schon so vorstellt, gibt sein Desinteresse deutlich zu erkennen und Ralf reagierte erst gar nicht auf das Anschreiben.

Schülers Strategie, mit der er hofft doch noch seine Freilassung zu erreichen besteht darin, Angehörige von Opfern von Sexualstraftaten ( bspw. Die Eltern von „Carolin“ oder „Stefanie“ ) anzuschreiben und darauf hinzuweisen, dass die Justiz mit Bedacht gefährliche Sexualtäter entlasse, um so Gesetzesverschärfungen leichter durchsetzen zu können, im Angesicht der Wirkmächtigkeit kindlicher Opfer. Mit der Folge, dass Menschen wie er selbst leichter, und vor allem dauerhaft, verwahrt werden können.

Er weist auch auf eine seiner Ansicht nach bestehende „Gutachterindustrie“ hin: die Justiz finanziere psychiatrische Sachverständige, welche dann mit den sie beauftragenden Gerichten so eng kooperierten, dass keine Chance einer realistischen und objektiven Beurteilung bestehe, da die Gutachter ihre üppig sprudelnden Einkommensquellen nicht verlieren wollten.

Dies alles, so Schüler weiter, diene letztlich dem weiteren Ausbau der Gefängnisindustrie, d.h. trotz seit Jahren sinkender Kriminalitätsrate, eine Explosion der Gefangenenzahlen, ein Ausbau von Anstalten, zunehmend auch durch Privatisierungen ( z.B. die 2009 in Offenburg in Betrieb gehende neue JVA).


Unermüdlich schreibt er neben Opferangehörigen auch sonstige Privatpersonen und Einrichtungen wie Kindergärten an, in der Hoffung man werde seitens der Justiz seiner überdrüssig. Den Medien weist er eine erhebliche Mitschuld zu; diese berichte zwar exzessiv über spektakuläre Einzeltaten, aber warum berichte sie nicht auch darüber, dass so gut nie jemand der früher nach 10 Jahren SV entlassen wurde rückfällig wurde?


Dazu muss man wissen, dass gem. § 67 d StGB bis 1998 die SV – im Falle der ehemaligen Anordnung – auf 10 Jahre begrenz war.

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts, wie auch der Gutachter Dr. Schramm nahmen die Vorwürfe von Herrn Schüler ersichtlich übel. Der keine ganz vier Seiten umfassende Beschluss des Gerichts ( und davon muss man S. 1 mit dem großen Wappen des Landes und Namensnennung, sowie S. 2 mit Präliminarien abziehen; so dass faktisch die eigene Begründung des Gerichts ca. 1-DIN-A4 Seite beansprucht ) ist mit der Vokabel „dürftig“ noch freundlich beschrieben.

Hier geht es um das Leben, die Freiheit eines wegen einiger Diebstähle inhaftierten Menschen, der nach 22 Jahren ununterbrochener Inhaftierung –zugegebenermaßen- verbittert ist. Dass er die letzten Einbruchdiebstähle Anfang der 90’er Jahre aus dem offenen Vollzug heraus begangen hat, nun ja ... aber dafür büßt er nun schon über 13 Jahre ( 5 Jahre Freiheitsstrafe, 8 Jahre SV ). Da er in seiner Jugendzeit mit ungeladener Waffe eine Bank überfiel, wird ihm wohl heute insoweit zum Verhängnis, als dass er mit lebenslanger Verwahrung in der SV rechnen muss.

Wegen 17 Diebstählen lebenslange Haft – das ist die Realität in Deutschland im 21. Jahrhundert!


Thomas Meyer-Falk
c/o JVA – Z. 3117
Schönbornstrasse 32
76646 Bruchsal

 http://www.freedom-for-thomas.de
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 5 Kommentare

nicht ganz richtig

egal 30.03.2007 - 19:32
Hallo

Laut dem letzten Satz sitzt "Ralf" wegen 17 Diebstählen. Das ist nicht richtig, da ein Wohnungsinbruchdiebstahl (§ 244StGB)eine Qualifizierung zum einfachen Diebstahl (§242 StGB) darstellt.

Was beschwert er sich den? Er ist in 17 Fällen in die intimste Privatzone eines Menschen eingdrungen. Oftmals leien diese menschen ihr Leben lang darunter. Es ist ja auch die Frage, ob es zu einem Tätr- Opfer- Kontakt gekommen war. das würde es noch verschlimmern. Diese Menschen leiden- und können nicht irgendwann aus ihrem Leiden entlassen werden.

Ein Mensch wird nicht zu einr SV verurteilt, wenn er "nur" 5- 6 Taten begangen hat. Er hatte immer die Möglichkeit, aufzuhören anderen Menschen zu schädigen.

Letztendlich it es auch nicht richtig, dass Dutachter dafür bezahlt werden, um SV`er in einer JV zu halten. Trotz einer SV kommen nahezu 80 % dieser Menschen nach einer Zeit frei, oftmals unter 20 Jahre Haft.

Also: wer viel macht, muss lange sitzen, ganz einfach.

Gruß

MW


P.S.: ich war selbst Opfer eines Gewaltverbrechers...

Banküberfall ist Notwehr

Peter Lustig 30.03.2007 - 21:41
Interessant ist, daß die Mehrheit der "Verbrechen" Eigentumsdelikte sind. In der DDR z.B. gab es nur ein paar Banküberfälle über Jahrzehnte. Wer ist schuld an dieser Mehrheit der "Verbrechen"? Ganz Christian klar: Die Eigentumsstruktur! Staatsmonopolistisches Eigentum ist zwar nicht das Gelbe vom Ei, verringert aber das Gewaltpotential derer, die doch mal klauen wollen oder müssen. Wieviele Leute sind schon bei Überfällen auf Geldtransporter und Banken in der BRD umgekommen? Wer Gehälter von 14 Millionen Euro im Jahr für normal hält, mu8 sich nicht wundern, wenn Menschen auf die Idee kommen, das selbe für sich zu beanspruchen.
Die Sicherungsverwahrung für Eigentumsdelikte zu gebrauchen ist ein dickes Ding. Wenn das so ist, dann hat der Kapitalismus wieder einen Weg gefunden, den illegalen Diebstahl zu kriminalisieren, um den legalen Diebstahl (14 Millionen Jahresgehalt Ackermann) zu festigen.
Diebstahl ist Diebstahl - legal, illegal, scheißegal. Das Prinzip Eigentum führt zu Gewalt zwischen Menschen. Auch deshalb gehört es abgeschafft. Wer Eigentum will, muß halt Diebstahl in Kauf nehmen. Eine Medaille. Tragisch.

Isolationshaft ?

Hut ab 30.03.2007 - 21:53
das ist schon außergewöhnlich. Da sitzt Thomas seit Jahren in Isolationshaft und meldet sich regelmäßig mit Beiträgen auf Indy,
die auf Informationen beruhen, die man bei einer Isolation niemals bekommen könnte.

Hut ab vor Thomas' Schläue, diese Isolation zu überwinden. Wie bringst Du eigenlich Deine Beiträge für Indy aus der Isolation heraus?

Oder bist Du Thomas, der "Isolationshaft-Cracker?", ein Geistesvervandter von Holgi Halfmann?

Schlau

Spießbürger 31.03.2007 - 09:36
Tach

>Hut ab vor Thomas' Schläue, diese Isolation zu überwinden. Wie bringst Du eigenlich Deine Beiträge für Indy aus der Isolation heraus?


was ist an Knastaufenthalt schlau ?
Und erst recht an SV ?

MfG

Sozialverhalten?

Eule 31.03.2007 - 11:04
"Schülers Strategie, mit der er hofft doch noch seine Freilassung zu erreichen besteht darin, Angehörige von Opfern von Sexualstraftaten ( bspw. Die Eltern von „Carolin“ oder „Stefanie“ ) anzuschreiben und darauf hinzuweisen, dass die Justiz mit Bedacht gefährliche Sexualtäter entlasse,"

Recht schaebig, die Opfer der Verbrechen so einspannen zu wollen. Die Opfer leiden schon reichlich unter der Tat, muss man da noch mal hinterhertreten?

Ach ja, diese Unterstellungen lassen sich ja sicher belegen.

"Unermüdlich schreibt er neben Opferangehörigen auch sonstige Privatpersonen und Einrichtungen wie Kindergärten an, in der Hoffung man werde seitens der Justiz" seiner überdrüssig."

Bei bei jungen Kindergaertnerinnen und Muettern Panik schueren?

Das ist eine ueble Mischung aus Verschwoerungstheorien und Demagogie.
Der Bursche scheint unter einem gewaltigen Defizit an sozialer Kompetenz zu leiden.