Freispruch für Batasuna-Chef Otegi

Ralf Streck 22.03.2007 21:00
Die spanische Staatsanwaltschaft hat am Mittwoch den peinlichen Vorgang beendet, mit dem versucht wurde, den Sprecher der baskischen Partei Batasuna (Einheit) erneut zu inhaftieren
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Nach der Vernehmung von Arnaldo Otegi am Nationalen Gerichtshof zog sie die Anklage zurück, weshalb er freigesprochen werden musste. Behauptet wurde, allerdings erst zwei Jahre danach, der Batasuna-Chef habe 2001 im Rahmen einer Trauerfeier für eine Militante der baskischen Untergrundorganisation ETA den "Terrorismus verherrlicht". Es habe sich um eine politische Reflektion darüber gehandelt, warum eine 22jährige, nach dem Ende der Diktatur geboren, das Leben beim hantieren mit einer Bombe verloren. "Das ist eine Tragödie", sagte er, egal wann oder wo dies geschehe. Schon damals sprach er sich für eine Lösung des so genannten baskischen Konflikts mit "demokratischen Mitteln" aus.

Das von konservativen Richtern beherrschte Sondergericht manifestierte erneut seinen Willen, den Sprecher der 2003 verbotenen Partei hinter Gitter zu bringen. Am Nachmittag ließen man ihn von der Guardia Civil verhaften, weil es ihm am Morgen nicht gelang, zum Prozess im 400 Kilometer entfernten Madrid zu erscheinen. Wie Tausende im Norden des spanischen Staates steckte auch er in riesigen Staus fest, deren Ursache heftige Schneefälle in einer Region waren, in der es nur selten schneit.

Obwohl bis zu achtzig Zentimeter Schnee fielen, begründeten die Richter die Verhaftung damit, es habe kein Problem bestanden, Madrid mit dem Auto zu erreichen. Allerdings wurde Otegi dann auf dem Luftweg nach Madrid gebracht, wo er den wartenden Richtern gegen 20 Uhr vorgeführt wurde. Hätte das Ministerium für Staatsanwaltschaft, das wegen "Konfusion" in der Anklage mehrfach erfolglos die Vertagung beantragte, dem Treiben nicht schnell ein Ende gesetzt, hätte Otegi zumindest die Nacht im Knast verbringen müssen. Auch die Zeugen hatten Madrid nicht erreicht. Wegen dem Verhalten der Richter zweifelte die Staatanwaltschaft offen an der Neutralität der Richter.

Deutlich zeigt die Regierung ein neues Verhalten. Sie will nicht weiter zusehen, wie Richter, die einst von der konservativen Volkspartei (PP) eingesetzt wurden, über die Justiz den von den Sozialisten (PSOE) angestrebten Friedensprozess torpedieren und scheuen die Konfrontation nicht mehr. Seit der Waffenruhe der ETA vor einem Jahr, versuchte die PP, die friedliche Beilegung des bewaffneten Konflikts zu verhindern. Sie wirft nun der Regierung eine "privilegierte Behandlung" für Otegi vor und spricht von einem "Skandal und einer grenzenlosen Schande für den Rechtsstaat". Dabei war das unter der PP-Regierung eingeleitete Verfahren von Anomalien geprägt, weshalb der Oberste Gerichtshof die erstinstanzliche Haftstrafe von 15 Monaten wegen Parteilichkeit der Richter aufhob.

Die Rücknahme der Anklage ist eine klare Geste der Regierung, um den, nach dem Anschlag der ETA zum Jahreswechsel, gebeutelten Friedensprozess wieder aufleben zu lassen. Für Batasuna dürfte nun der Weg frei sein, damit sie am Samstag in Bilbao erklären kann, wie sie an den Wahlen im Mai teilnehmen will. Es wird erwartet, dass Otegi sich für die linke Unabhängigkeitbewegung noch klarer vom Einsatz der Gewalt distanziert. Schon am Dienstag hatte in einem Interview erklärt, die Unabhängigkeit des Baskenlandes könne nur auf "demokratischem Weg" erreicht werden. Ein unabhängiges Land könne "nicht mit Gewalt aufgebaut werden" und das schlage auch niemand vor. "Wenn es jemand das täte, wäre es ein Fehler", fügte Otegi an. Formal hat die Partei damit die Auflage des Parteiengesetzes erfüllt, das von der PP extra zu ihrem Verbot geschaffen wurde.

© Ralf Streck, den 22.03.2007
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Streck für den demokratischen Weg — wir bleiben friedlich

Ach Gottchen — Ralf

@Ralf, so isses — Gewaltverzicht