Dresden: Nazidemo abermals friedlich blockiert

Walter Faber 14.02.2007 21:46 Themen: Antifa
Voller Erfolg, wie 2006 konnte 2007 der Trauermarsch der Nazis wieder durch eine friedliche Blockade gestoppt werden.
Dresden, 13.2.2007.
Jedes Jahr findet am 13. Februar das Gedenken an den verheerenden Bombenangriff der Alliierten auf Dresden statt. In den letzten Jahren hat die rechte Szene diesen Tag für sich entdeckt und instrumentalisiert das Gedenken, um es für Geschichtsrevisionismus und eine der größten Neonazidemonstrationen der Nachkriegszeit zu benutzen.
Auch dieses Jahr, rief die Neonaziszene zum Trauermarsch nach Dresden, dem gegenüber fanden 3 Gegenveranstaltungen statt. Die bürgerliche Demokratiemeile, die vom Bündnis "Dresden für Demokratie" initiert wurde und entlang der Meile – Altmarkt, Frauenkirche, Synagoge und Schloßplatz – aufruft ins Gespräch zu kommen, sowie eine bürgerliche Gegendemonstration unter dem Motto "Geh Denken", als auch eine von der Antifa initiierte Gegendemonstration unter dem Motto "Nazis blockieren".

Während die bürgerliche Gegendemonstration mit zwar offiziell 5000 Teilnehmern, aber tatsächlichen einigen Hundert Teilnehmern, eher klein ausfiel, konnte die andere Gegendemonstration mit weit knapp 1500 Demonstranten gut genauso viel Teilnehmer aufweisen, wie der mit Neonazis aus allen Bunderländern verstärkte Trauermarsch, der es nach polizeilichen Angaben auf 1468 Teilnehmer brachte.
Wogegen die bürgerliche Demonstration in der Demokratiemeile endete, war für die Teilnehmer der Antifademonstration klar, dass auch dieses Jahr wieder das Ziel sein sollte, die Nazidemo durch eine friedliche Blockade empfindlich zu stören. Nachdem die offizielle Demo aufgelöst wurde, verteilten sich die Teilnehmer, gezwungenermaßen durch massiven Polizeieinsatz in viele verschieden große Gruppen, wovon eine kleinere eine Sitzblockade auf der geplanten Demoroute der Nazis errichten konnte. Eine größere Gruppe, die nach einem Abstecher zur Demokratiemeile ernüchtert feststellte, dass es dort dann doch eher beschaulich zuging und von den 5000 Teilnehmern scheinbar schon wieder der Großteil im warmen Zuhause sein musste, begab sich dann zurück zur geplanten Demoroute der Nazis.
Da die Route sehr weitläufig war, gelang es durch Umlaufen, weiter hinten auf die Demoroute zu gelangen; dort fingen dann auch leider einige wenige an mit Steinen zu werfen. Nach dem Improvisieren einer kleinen Barrikade aus Straßenschildern und Streucontainern und der Auflösung des Kessels der Polizei um die kleine Sitzblockade, konnte sich der größere Block dem kleineren anschließen und so eine Blockademasse von geschätzten 250 bis 300 Personen erreichen. Nun wurde friedlich, in ungezwungener Stimmung, dabei von allen Seiten von der Polizei eingekesselt auf die Ankunft der Nazis gewartet. Nachdem die Polizei zwei Wasserwerfer auffahren ließ und ihre Ankündigungen zum Einsatz polizeilicher Maßnahmen in Sprechchören wie "Wir sind friedlich, was seid ihr?" oder aber "Keine Gewalt, Keine Gewalt" untergingen und die Demonstrationsteilnehmer unter sich versuchten, letzte Ruhestörer ihrer Stöcke und Steine zu entledigen, blieb der Polizei nichts anderes übrig, als die Demoleitung der Nazis darüber zu informieren, dass die geplante Route nicht durchführbar war, weil die Sicherheit nicht gewährleistet war, und die Route somit drastisch zusammenzukürzen.
Danach löste sich die Blockade etwas unruhig auf, indem ca. 40 Teilnehmer durch die eine schlecht gesicherte Seite der Polizei durchbrachen, um kurz vor dem Endpunkt der Nazidemo den marschierenden Trauernden noch einmal lauthals ihre Meinung kundtun zu können, dass diese Stadt Nazis satt hätte.
Alles in allem ein großer Erfolg, der im Vergleich zum letzten Jahr noch mehr erreichte, da die Nazidemo empfindlich zusammengekürzt werden musste und es von wenigen Krawalltouristen und einigen übereifrigen Polizeibeamten zu wenigen gewalttätigen Auseinandersetzungen kam und die zentrale Blockade absolut friedlich ablief.
Ein bitterer Nachgeschmack bleibt trotzdem, weil trauernde Nazis in Sichtweite der neuen Synagoge marschieren durften und es aus der einer halben Millionen Einwohner zählenden Stadt Dresden es gerade mal einige Hundert Bürger auf die bürgerliche Gegendemonstration schafften.
Die Frage die sich stellt ist, ob die Stadt Dresden in Zukunft wirklich einen Trauermarsch von Nazis in großer Nähe der neuen Synagoge und in einem Umfang möchte, für den sie die Durchführung und Sicherung der Route nicht mehr garantieren kann?

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Ergänzungen

Was soll die Spalterei?

Eisbein 14.02.2007 - 22:45
Gestern konnte man wieder mal beobachten das sich gewaltlose und militante Protestformen wunderbar ergänzen. Nicht jeder will oder kann die Gewalt die von der Polizei und den Nazis ausgeht einfach wegstecken.
Ob bestimmte Aktionen während des Protests einen Sinn hatten oder nicht möchte ich nicht beurteilen. Ich, als friedliebender Blockierer, möchte aber, denen die mehrmals den Durchbruch gewagt haben und auch den Barikadenbauern, sagen dass sie zum gemeinsamen Erfolg mindestens genauso viel beigetragen haben wie die Blockierer.

Entschlossenheit

afa 15.02.2007 - 02:57
Ich denke, ohne die Entschlossenheit durch die Antifademo, wäre ein Durchbruch sovieler Leute Richtung Naziroute nicht gelungen. Nur die Herbeiführung eines gewissen Maßes an Chaos konnten die immerhin 3000 Bullen aus dem Konzept gebracht werden, so dass dadurch auch der Handlungsspielraum friedlicher Blockierer erhöt wurde.
Das signal was meiner Meinung nach durch die Auseinandersetzungen vermittelt wurde war nicht, dass einige Krawalltouristen ihren Spaß haben wollten, sondern, dass Nazis so entschlossen wie möglich, und mit allen Mitteln entgegenzutreten ist.
Zu dem Argument, dass "militante Aktionen" den Bullen nur Vorwand für Übergriffe böten möchte ich anmerken, dass ich schon auf sehr vielen Demos war, auf denen nichts passiert ist, und sehr viel mehr Menschen festgenommen wurden.
Die Medien haben die Antifaproteste sowieso ignoriert, so dass du dir auch da keine Gedanken machen musst.

Eigene Erfahrungen

Quese aus DD 15.02.2007 - 13:06
Meine eigenen Erfahrungenen auf der Demo("deconstruct") waren vorallem, dass die Blockade zwar dieses Jahr (auch durch die vergleichsweise wenigen Nazis dieses Jahr) wieder ein Erfolg war, aber die Spalltung zwischen Antifa und Bürgerlichen zu groß geraten ist. Meiner Meinung nach sollten sich bei der Verhinderung eines angeblichen "Trauermarsches" alle (bürgerlichen) AntifaschistInnen vereinigen, dadurch hätte man diesen wesentlich eher und noch effekltiver stoppen können.
Ich danke allen UnterstützerInnen von außerhalb und innerhalb von Dresden und hoffe auf einen noch größere Beteiligung im Jahr 2008.

Weitere Fotos online

Reiko 19.02.2007 - 19:20
Weitere Fotos von den Demonstrationen am 13.02. in Dresden und am 17.02. in Zittau findet ihr unter www.akubiz.de

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