Freispruch wegen "Good Night White Pride"

Antirepression 02.11.2006 13:36 Themen: Antifa Repression
Potsdam: Betrifft "Good Night White Pride" Symbol: Junger Antifaschist vom Vorwurf der Gewaltdarstellung freigesprochen
Junger Antifaschist vom Vorwurf der Gewaltdarstellung freigesprochen

Im Mai diesen Jahres wurde ein junger Antifaschist aus Potsdam in Berlin
festgenommen, weil er ein T-Shirt mit der Aufschrift „Good Night White Pride“
und einem aufgedruckten Bild trug. Der Ausspruch „Good Night White Pride“
stammt aus der so genannten Hardcore-Szene, einem politischen Ableger der
Punk-Musikbewegung. In dieser Hardcore-Szene etablierte sich in den 90er Jahren
die sogenannte „Good Night, White Pride“-Bewegung, die sich gegen die
Versuche von Neonazis richtete, die Hardcore-Szene zu unterwandern und in ihr
Fuß zu fassen. „White Pride“ oder „White Power“ ist dabei besonders bei weißen
Rassistinnen und Rassisten in den USA ein beliebter Ausdruck ihres
Überlegenheitsgefühls gegenüber Menschen, die sie für minderwertig halten.
Als Symbol wählte die Good Night White Pride-Bewegung eine Szene aus dem beim Hardcore üblichen Tanzstil. Während die meisten BetrachterInnen darin nur eine Tanzszene sehen, welche die Ablehung der HC-Bewegung gegenüber Nazis und RassistInnen zum Ausdruck bringt, sah die Staatsanwaltschaft Berlin darin eine „verkörperte Darstellung grausamer oder unmenschlicher Gewalt gegen Menschen“.

Diese Verfolgung des antirassistischen „Good Night, White Pride“-Symbols reiht
sich damit in die aktuelle staatliche Verfolgungswelle von Anti-Nazi-Symbolen
ein. So wurde vor kurzem der Besitzer eines linken Musikversandes wegen des
Verkaufs von durchgestrichenen oder zerschlagenen Hakenkreuzen in Stuttgart
verurteilt (nachzulesen bei www.rote-hilfe.de). Auf vielen antifaschistischen
Demonstrationen, z.B. in Berlin, Leipzig oder Hamburg wurden insgesamt hunderte
NazigegnerInnen wegen des Tragens von zerschlagenen Hakenkreuzen, dem „Good
Night White Pride“-Symbol oder anderen antifaschistischen Darstellungen
verhaftet und angezeigt.

Der betroffene Jugendliche aus Potsdam zeigte sich über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens entsetzt:
„Ich wollte den öffentlichen Aufrufen folgen, gegen Rechtsextremismus und
Rassismus offen Flagge zu zeigen. Jetzt habe ich es getan und werde dafür
angezeigt, dass ich zu Gewalttaten aufrufen würde – obwohl ich nie jemandem
etwas getan habe. Ich habe den Eindruck, dass hier gezielt das Engagement gegen
Rechts verfolgt werden soll.“

Der junge Mann erhob Beschwerde gegen die dem Ermittlungsverfahren vorausgehende Beschlagnahme, das Verfahren durchlief mehrere Instanzen. Doch am 26. August entschied das Landgericht Berlin: „Die
Gewaltdarstellung muss entweder eine Verherrlichung oder Verharmlosung der
grausamen oder unmenschlichen Gewalttätigkeit zum Ausdruck bringen oder durch
die Art und Weise der Darstellung selbst die Menschenwürde verletzen, etwa
indem sie Personen oder Gruppen als menschenunwert erscheinen lässt.
Diesen Anforderungen genügt der hier fragliche Aufdruck, der in stilisierter
Form eine Kampfszene zwischen zwei Personen zeigt, NICHT.“ Und weiter: „Eine
Billigung grausamer oder unmenschlicher, mithin exzessiver Gewalttäigkeit als
Kampfmittel ist der hier fraglichen Abbildung auch unter Berücksichtigung
zwischen dem Text und der bildlichen Darstellung nicht zu entnehmen.“ – der
Angeklagte wurde von allen Vorwürfen freigesprochen. Alles andere wäre auch
absurd gewesen, denn schon das Kinderprogramm der meisten Fernsehsender enthält
mehr Szenen, die Gewalt verherrlichen, als die Darstellung auf dem „Good Night,
White Pride“ Symbol.

Dennoch geht die Verfolgung antifaschistischer Symbole auch in Berlin weiter.
Vor wenigen Tagen gab es – trotz des Urteils – wieder Festnahmen
bei Aktionen gegen den Naziaufmarsch in Tegel. Auch hier war die Begründung das
Tragen des „Good Night White Pride“-Symbols.

Damit muss ab sofort Schluss sein!
Wir fordern umgehende Freisprüche für alle Menschen, die
wegen des Tragens von antifaschistischen oder antirassistischen Symbolen
einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt sind. Wir wenden uns gegen jeden Versuch der Kriminalisierung antifaschistischen Engagements!
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Ergänzungen

urteil

feedhim 02.11.2006 - 15:25
....haste vielleicht auch die urteilsbegründung des gerichts samt aktenzeichen, wäre ja sehr interessant um weiteren festnahmen und anzeigen entgegenwirken zu können, ähnlich wie damals der freispruch in berlin zum thema a.c.a.b.nicht das ich glaube, daß man deswegen einer repression entgeht, aber es wäre schon hilfreich bei anstehenden prozessen.....

Das GNWP-Symbol

. 02.11.2006 - 17:17
Das GNWP-Symbol zeigt keineswegs "tanzende" Leute beim Violent dancing(so heißt das).

Vielmehr zeigt es im original einen afroamerikaner der einen White Power Skinhead zusammenschlägt. Siehe dazu hier das original(unten):  http://home.tiscalinet.ch/datalive/ehf/naziweg.jpg

In diesem Sinne: GOOD NIGH WHITE FUCKING PRIDE!!!

Gewaltdarstellung

mein Name 02.11.2006 - 21:08
Für mich stellt das einen Soccer- oder einen Stompkick dar. Beides erlaubte Techniken in einigen MMA-Ligen (z.B. Pride FC in Japan).
Also könnte man es genauso als Darstellung von Kampfsport sehen.

Hakenkreuz

egal 03.11.2006 - 08:25
Ist euch schonmal aufgefallen das der "White Power" Skinhead in dem Original Bild ein blutendes Hakenkreuz an seinem von ihn aus gesehen Rechten arm hat?!?

GNWP

Münchner Faschos...

...do it better?! 07.11.2006 - 14:21
Anzumerken sei folgender Bericht von letzter Woche in mehreren münchner Zeitungen:
Der Münchener Nazipenner Norman Bordin stand vor gericht wegen Tragen des
verbotenen Keltenkreuzes.
-> Freispruch!
Begründung : Er wusste nichts vom Rechtswandel.

What the Fuck.....man muss seine Connections haben...


Süddeutsche Zeitung:

Keltenkreuz-Prozess
Neonazi wird freigesprochen
Der Landesvorsitzende der NPD-Jugendorganisation, Norman Bordin, steht zum neunten Mal vor Gericht. Jetzt hat er zum ersten Mal recht bekommen.
Von Alexander Krug






"Junge Nationaldemokraten" nennt sich die Jugendorganisation der NPD, deren Landesvorsitzender Norman Bordin ist.
Foto: ap




Sein Strafregister ist ziemlich umfangreich. Bereits achtmal wurde der Neonazi Norman Bordin - laut Staatsanwalt Michael Müller einer der "führenden Köpfe der rechten Szene in München" - verurteilt. Gestern erfolgte der mittlerweile neunte Auftritt des 30-jährigen Landesvorsitzenden der NPD-Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" vor Gericht. Die Anklage diesmal: Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Bordin hatte im Februar dieses Jahres gemeinsam mit Gesinnungsgenossen an einer Demonstration am Marienplatz zum "Bombenholocaust in Dresden" teilgenommen. Dabei präsentierte er eine schwarze Fahne mit weißem Keltenkreuz, in Anlehnung an die bereits 1982 verbotene rechtsextremistische Volkssozialistische Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit (VSBD/PdA).



Irrtum eines "Gerichtserfahrenen"
Als Polizisten Bordin damals zur Rede stellten, berief er sich auf zwei alte Gerichtsurteile aus den 90er Jahren. Beide Instanzen hatten die Verwendung des Keltenkreuzes damals als unbedenklich eingestuft. Bordins Verteidiger machte deshalb auch für seinen Mandanten einen so genannten Verbotsirrtum geltend. Bordin sei sich aufgrund der Urteile sicher gewesen, sich nicht strafbar zu machen.

Anders argumentierte dagegen Staatsanwalt Müller. Die alte Rechtsprechung sei "längst überholt", und dies hätte der Angeklagte auch wissen können. Als "gerichtserfahrener" Neonazi hätte er sich auch um die neue Rechtsprechung kümmern müssen. "Wenn ich schon in die Öffentlichkeit gehe, dann muss ich eben auch besonderen Rat einholen." Müller forderte eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 15 Euro für Bordin, der als Beruf "Hausmann" angab.

Die Amtsrichterin sprach Bordin indes frei. Aufgrund der alten Urteile und als "juristischer Laie" habe er davon ausgehen dürfen, dass die Verwendung der Keltenkreuz-Fahne nicht strafbar sei.

Die Richterin machte jedoch auch deutlich, dass sie grundsätzlich von einer Strafbarkeit des Keltenkreuz-Symbols ausgehe. Beim nächsten Mal, gab sie Bordin mit auf den Weg, könne er sich also nicht mehr auf den "Verbotsirrtum" berufen. Die Staatsanwaltschaft will nun prüfen, ob sie Rechtsmittel gegen den Freispruch einlegt.



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free speech — free speech

verirrte justizia — Heyerdahl

Politischer Ableger? — Dr. Besserwiss

äh — öh

tanzszene? — schlaubär

@tanzszene — .

Senf — auch dazu