GÖ: Aktion im Vorfeld des Naziaufmarschs
Trotz der massiven Polizeipräsents haben heute Vormittag autonome Antifas in der Göttinger Innenstadt eine Aktion durchgeführt. Ziel der antifaschistischen Aktion war ein reaktionäres Denkmal am Auditorium.
Trotz der massiven Polizeipräsents ( http://de.indymedia.org/2006/10/159748.shtml) haben heute Vormittag autonome Antifas in der Göttinger Innenstadt eine Aktion durchgeführt. Ziel der antifaschistischen Aktion war ein reaktionäres Denkmal am Auditorium. Mit diesem Denkmal wird gefallenen Angehörigen der Universität in beiden Weltkriegen gehuldigt. Neben der Verhüllung des Denkmals wurden Flugblätter auf der die Aktion erklärt wurde, an PassantInnen verteilt. Außerdem wurde die neu entstandene Fläche für das Anbringen von Plakaten gegen den am 28.10.06 in Göttingen geplanten Naziaufmarsch verwendet.
Mehr Informationen zum bevorstehenden Naziaufmarsch findet ihr bei unserer Lieblingsantifa
http://puk.de/redicalm
Oder auf der Seite des linksradikalen Bündnis
http://antifagoettingen.blogsport.de
Hier das Flugblatt, das während der Verhüllung verteilt wurde:
LiebeR LeserIn
Wenn Sie dieses Flugblatt in den Händen halten, wird das Denkmal vor dem Auditorium verhüllt sein. Eventuell fragen sie sich gerade, was es mit dieser Umgestaltung auf sich hat. Zwar würde schon alleine der ästhetische Gesichtspunkt ausreichen, um unseren kosmetischen Eingriff im Göttinger Stadtbild zu begründen. Aber dieses Denkmal steht noch für viel mehr als nur schlechter deutsche- Eichen- monumental- Geschmack. In erster Linie steht es für den Umgang der Deutschen mit der Vergangenheit.
Im unverhüllten Zustand lässt sich sehr gut die Inschrift „den Gefallenen beider Weltkriege“ auf dem Sockel des Denkmals erkennen. Daneben sind Namen von gefallenen angehörigen der Göttinger Universität im ersten und zweiten Weltkrieg angebracht. Eigentlich müsste die Inschrift aber heißen: „Das sind Namen von Deutschen die bei dem Versuch ums Leben kamen, ganz Europa mit der deutschen Barbarei zu überziehen“.
Warum wir es falsch und gefährlich finden einfach nur „den Toten des deutschen Volkes beider Weltkriege“ zu gedenken ohne die Hintergründe, das begeisterte Mitmachen und Vorantreiben des NS-Faschismus von fast allen Deutschen, zu erwähnen, wollen wir im Folgenden erläutern:
Dazu betrachten wir erst einmal den 23. November 1924. An diesem Tag wurde das Denkmal den Gefallenen Akademikern der Georgia Augusta gewidmet, von Hindenburg enthüllt. In seiner Festrede hebt er den Opferwillen, den Geist der Treue, der Vaterlandsliebe und der Aufopferung für das Allgemeinwohl im Jahre 1914 hervor. Dann so Hindenburg weiter, „wird unser Deutschland mit Gottes Hilfe wieder zu Ehren kommen, und damit ehren wir am besten unsere gefallenen Brüder!" Hier wird deutlich, dass der Wunsch der Kriegsverlierer nach Revision das prägende Moment rechtskonservativer Kräfte war und folglich den Nationalsozialisten in die Hände spielte. Mit der demokratisch legitimierten Machterübertragung auf die Nationalsozialisten 1933 zeigte sich, welches Klima in Göttingen herrschte. Die Bücherverbrennung wurde hier mit großer Freude zelebriert. Des Weiteren wurde 72 Wissenschaftlern der Doktortitel aberkannt, weil sie Juden oder so genannte „Judenfreunde“ waren. Erst vor kurzem hat sich die Uni dazu entschlossen, die antisemitisch motivierte Aberkennung zu revidieren. Dass Göttingen und somit auch die Uni eine Hochburg des Nationalsozialismus war, ist ein historisches Faktum. Das bedeutete konkret die Vertreibung und anschließende Vernichtung von Jüdinnen und Juden, Roma und Sinti und allen, die gegen die Nationalsozialisten eintraten. Angesichts der Geschichte Göttingens ist das Denkmal vor dem Auditorium mehr als nur blanker Zynismus.
Das „Gefallenen Denkmal“ ist signifikant für den Umgang mit der deutschen Geschichte und der Tendenz zur Opferwerdung Deutscher. Der Nationalsozialismus wird hier unter „Kriegsgefallene beider Weltkriege“ subsumiert und die Opfer der Shoah werden nicht thematisiert. Während vor dem Rot-Grünen Regierungsantritt 1998 das offizielle Gedenken von dem Wunsch sich nicht mehr mit der nationalsozialistischen Vergangenheit auseinander setzen zu müssen, beseelt war, fand unter Rot-Grün ein Paradigmenwechsel statt. Der Nationalsozialismus wurde zu einem wichtigen Bestandteil der Geschichtspolitik. Es geht darum den NS als Teil der deutschen Geschichte anzuerkennen und durch das neue Gedenken als Teil einer neuen deutschen Identität fruchtbar zu machen. Überzeugte Nazis gibt es in dieser Version meistens nicht, sondern nur Opfer der Umstände und Befehlsempfänger, die angeblich keine Wahl hatten, so auch die Gefallenen der Georg- August-Universität von 1933-1945 (siehe Inschrift).
Der allgemeine Trend, sich endlich wieder mit Deutschland zu identifizieren, konnte sich nur über diese Geschichtspolitik entwickeln. Nämlich „nicht trotz, sondern wegen Auschwitz“ suchen die Deutschen „wieder einen Platz an der Sonne“ im Kapitalismus. Nazis sind dabei mehr als hinderlich, da sie ja bekanntlich dem Standort schaden. Diese Argumentation wird im Vorfeld der Nazikundgebung am 28.Oktober immer wieder zu hören sein. Das bürgerlich antifaschistische Standortgelaber macht deutlich, dass es nicht um eine Auseinandersetzung mit der Ideologie der Nazis und den Bedingungen wie Nationalismus entsteht, geht, sondern um eine Einteilung in produktiven Nationalismus, Patriotismus etc. und einen den Standort gefährdenden Nationalismus vorgenommen wird. Das "antifaschistische" Göttingen kann zwar Nazis nicht akzeptieren, aber Geschichtsrevisionismus bietet es eine Plattform bzw. ein Denkmal (das Denkmal am Auditorium ist nicht das einzig offen reaktionäre Denkmal!). Standortnationalismus und Geschichtsrevisionismus bedingen sich gegenseitig. So gilt für kritische Menschen, dass sie sich nicht nur an Stichtagen wie dem 28. Oktober mit Nazis und deren Ideologie auseinandersetzen und bekämpfen, sondern auch zu analysieren welche Mechanismen nationalistische Grundstimmungen fördern. Wer die deutsche Wehrmacht, Flakhelfer oder allgemein die Deutschen als Opfer der Geschichte versteht bewegt sich auf einem gefährlichen Pflaster, welches den Argumentationen vom rechten Mob nicht unähnlich ist. Daher ist es notwendig, sich mit der gesellschaftlichen Manifestation von Geschichte in Form von Denkmälern und anderen Bauten, die Geschichtsrevision reproduzieren auseinanderzusetzen und am besten dafür sorgen, dass sie nicht mehr stehen.
Daher:
Geschichtsrevisionismus angreifen!
Der Nation den Boden entziehen!
Mehr Informationen zum bevorstehenden Naziaufmarsch findet ihr bei unserer Lieblingsantifa
http://puk.de/redicalm
Oder auf der Seite des linksradikalen Bündnis
http://antifagoettingen.blogsport.de
Hier das Flugblatt, das während der Verhüllung verteilt wurde:
LiebeR LeserIn
Wenn Sie dieses Flugblatt in den Händen halten, wird das Denkmal vor dem Auditorium verhüllt sein. Eventuell fragen sie sich gerade, was es mit dieser Umgestaltung auf sich hat. Zwar würde schon alleine der ästhetische Gesichtspunkt ausreichen, um unseren kosmetischen Eingriff im Göttinger Stadtbild zu begründen. Aber dieses Denkmal steht noch für viel mehr als nur schlechter deutsche- Eichen- monumental- Geschmack. In erster Linie steht es für den Umgang der Deutschen mit der Vergangenheit.
Im unverhüllten Zustand lässt sich sehr gut die Inschrift „den Gefallenen beider Weltkriege“ auf dem Sockel des Denkmals erkennen. Daneben sind Namen von gefallenen angehörigen der Göttinger Universität im ersten und zweiten Weltkrieg angebracht. Eigentlich müsste die Inschrift aber heißen: „Das sind Namen von Deutschen die bei dem Versuch ums Leben kamen, ganz Europa mit der deutschen Barbarei zu überziehen“.
Warum wir es falsch und gefährlich finden einfach nur „den Toten des deutschen Volkes beider Weltkriege“ zu gedenken ohne die Hintergründe, das begeisterte Mitmachen und Vorantreiben des NS-Faschismus von fast allen Deutschen, zu erwähnen, wollen wir im Folgenden erläutern:
Dazu betrachten wir erst einmal den 23. November 1924. An diesem Tag wurde das Denkmal den Gefallenen Akademikern der Georgia Augusta gewidmet, von Hindenburg enthüllt. In seiner Festrede hebt er den Opferwillen, den Geist der Treue, der Vaterlandsliebe und der Aufopferung für das Allgemeinwohl im Jahre 1914 hervor. Dann so Hindenburg weiter, „wird unser Deutschland mit Gottes Hilfe wieder zu Ehren kommen, und damit ehren wir am besten unsere gefallenen Brüder!" Hier wird deutlich, dass der Wunsch der Kriegsverlierer nach Revision das prägende Moment rechtskonservativer Kräfte war und folglich den Nationalsozialisten in die Hände spielte. Mit der demokratisch legitimierten Machterübertragung auf die Nationalsozialisten 1933 zeigte sich, welches Klima in Göttingen herrschte. Die Bücherverbrennung wurde hier mit großer Freude zelebriert. Des Weiteren wurde 72 Wissenschaftlern der Doktortitel aberkannt, weil sie Juden oder so genannte „Judenfreunde“ waren. Erst vor kurzem hat sich die Uni dazu entschlossen, die antisemitisch motivierte Aberkennung zu revidieren. Dass Göttingen und somit auch die Uni eine Hochburg des Nationalsozialismus war, ist ein historisches Faktum. Das bedeutete konkret die Vertreibung und anschließende Vernichtung von Jüdinnen und Juden, Roma und Sinti und allen, die gegen die Nationalsozialisten eintraten. Angesichts der Geschichte Göttingens ist das Denkmal vor dem Auditorium mehr als nur blanker Zynismus.
Das „Gefallenen Denkmal“ ist signifikant für den Umgang mit der deutschen Geschichte und der Tendenz zur Opferwerdung Deutscher. Der Nationalsozialismus wird hier unter „Kriegsgefallene beider Weltkriege“ subsumiert und die Opfer der Shoah werden nicht thematisiert. Während vor dem Rot-Grünen Regierungsantritt 1998 das offizielle Gedenken von dem Wunsch sich nicht mehr mit der nationalsozialistischen Vergangenheit auseinander setzen zu müssen, beseelt war, fand unter Rot-Grün ein Paradigmenwechsel statt. Der Nationalsozialismus wurde zu einem wichtigen Bestandteil der Geschichtspolitik. Es geht darum den NS als Teil der deutschen Geschichte anzuerkennen und durch das neue Gedenken als Teil einer neuen deutschen Identität fruchtbar zu machen. Überzeugte Nazis gibt es in dieser Version meistens nicht, sondern nur Opfer der Umstände und Befehlsempfänger, die angeblich keine Wahl hatten, so auch die Gefallenen der Georg- August-Universität von 1933-1945 (siehe Inschrift).
Der allgemeine Trend, sich endlich wieder mit Deutschland zu identifizieren, konnte sich nur über diese Geschichtspolitik entwickeln. Nämlich „nicht trotz, sondern wegen Auschwitz“ suchen die Deutschen „wieder einen Platz an der Sonne“ im Kapitalismus. Nazis sind dabei mehr als hinderlich, da sie ja bekanntlich dem Standort schaden. Diese Argumentation wird im Vorfeld der Nazikundgebung am 28.Oktober immer wieder zu hören sein. Das bürgerlich antifaschistische Standortgelaber macht deutlich, dass es nicht um eine Auseinandersetzung mit der Ideologie der Nazis und den Bedingungen wie Nationalismus entsteht, geht, sondern um eine Einteilung in produktiven Nationalismus, Patriotismus etc. und einen den Standort gefährdenden Nationalismus vorgenommen wird. Das "antifaschistische" Göttingen kann zwar Nazis nicht akzeptieren, aber Geschichtsrevisionismus bietet es eine Plattform bzw. ein Denkmal (das Denkmal am Auditorium ist nicht das einzig offen reaktionäre Denkmal!). Standortnationalismus und Geschichtsrevisionismus bedingen sich gegenseitig. So gilt für kritische Menschen, dass sie sich nicht nur an Stichtagen wie dem 28. Oktober mit Nazis und deren Ideologie auseinandersetzen und bekämpfen, sondern auch zu analysieren welche Mechanismen nationalistische Grundstimmungen fördern. Wer die deutsche Wehrmacht, Flakhelfer oder allgemein die Deutschen als Opfer der Geschichte versteht bewegt sich auf einem gefährlichen Pflaster, welches den Argumentationen vom rechten Mob nicht unähnlich ist. Daher ist es notwendig, sich mit der gesellschaftlichen Manifestation von Geschichte in Form von Denkmälern und anderen Bauten, die Geschichtsrevision reproduzieren auseinanderzusetzen und am besten dafür sorgen, dass sie nicht mehr stehen.
Daher:
Geschichtsrevisionismus angreifen!
Der Nation den Boden entziehen!
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Ergänzungen
Transpi Wettbewerb
Erste Medienreaktionen
"Linke verhüllen Kriegerdenkmal
Angehörige der Göttinger Linken Szene haben heute Vormittag das Kriegsgefallenendenkmal am Weender Tor mit einer Plane verhüllt und mit einem Transparent „Geschichtsrevisionismus angreifen“ versehen. Das berichtet das alternative Nachrichtenportal „Indymedia“. Aktivisten einer autonomen Antifagruppe hätten währenddessen Flugblätter an die Passanten verteilt, in denen sie die Aktion erklärten. In dem Flugblatt heißt es, das Denkmal sei Soldaten gewidmet, die in den Weltkriegen bei dem Versuch ums Leben gekommen seien –Zitat – „ganz Europa mit der deutschen Barbarei zu überziehen.“ Die Opfer des Holocaust würden dagegen nicht thematisiert. Eine Sprecherin der Polizei erklärte unterdessen gegenüber dem StadtRadio, ihrer Behörde sei über die Verhüllungsaktion nichts bekannt."
Gute Intention...
Yep, falsches Denkmal
Das Denkmal
Unbekannte legen dort zu bestimmten Anlässen Kränze nieder die man sehr schön fleddern kann.
Eine Aktion die etwas zurück liegt
Naziaufmarsch in Celle verboten
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
Titel der Ergänzung
... finde ich ziemlich arm, würde eher mal versuchen zur Kommunikation in gö beizutragen.. ansonsten schöne Aktion!
super aktion
mehr davon!
JAU!
Der Text übt viel Kritik und ist trotzdem BürgerInnengerecht geschrieben.
Sowas muss auf die Startseite.
Greetz aus Mannheim!
Ich bin begeistert!
Falsches Denkmal
nicht das falsche Denkmal
1. Ging es dem Text nach zu urteilen um die heutige Form der Erinnerung.
2. Gibt es den den Komentar, dass es noch mehrere bedenkliche Bauten in Göttingen
Auf die Startseite!
Liebe MODS
Es ist ein selbst geschriebener Artikel und die Aktionsform sind doch durch die gegebenen Umstände in Göttingen mehr als nur legitimiert um auf die Startseite zu kommen...
@ aber
naja, oder so ähnlich.
mitleid
Polizeipräsents?
Oder wie habe ich massives Polizeipräsent zu verstehen?