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Völkische Ressentiments von links?

Parviz 24.06.2006 01:16
Sie bezeichnet sich als "Die Internet-Plattform gegen rechte Gewalt", und gehört zu den größten Auftritten mit zivilgesellschaftlich-bürgerlicher Ausrichtung im Internet. Die Rede ist von der Website "Mut gegen rechte Gewalt".
Ein Beitrag der dort vor wenigen Tagen unter der harmlos wirkenden Überschrift "Mit offenen Augen durch Berlin" erschien, zeigt in erschreckender Weise, daß auch linke und aufgeklärte Menschen verstärkt in völkisches Fahrwasser abzudriften drohen.
"Mit offenen Augen durch Berlin" heißt ein jüngst auf "Mut gegen rechte Gewalt" erschienener Beitrag, der es in sich hat!

 http://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/artikel.php?id=85&kat=85&artikelid=2409

Sicherlich ist der, von einer noch sehr jungen Frau verfaßte Artikel "gut gemeint". Was allerdings vor dem Auge des Lesers ausgebreitet wird, ist zum großen Teil ziemlich starker Tobak: anfänglich noch würzig und gehaltvoll, zum Ende hin nur noch beißend und bitter.

Es beginnt relativ harmlos:

> Wer aufmerksam durch Berlin läuft, der wird fast täglich mit
> Rechtsextremismus und Rassismus konfrontiert. Dabei sind es
> meist alltägliche Begebenheiten, die schockieren. [...]

Vollkommen richtig! Es werden zu Recht einige schockierende Beispiele thematisiert die leider nur die Spitze des Eisbergs darstellen. Doch unvermittelt wird uns, zum Ende des Artikels, eine große Kelle voll trüber Suppe mit merkwürdigen Vorurteilen aufgetischt.

> [...] Jedoch wurde ich in letzter Zeit immer wieder enttäuscht,
> nicht nur von rechtsextremistischen, nein, sondern auch von
> ausländischen Jugendlichen. [...]

Der Leser staunt! Aha, - woher weiß die Autorin eigentlich, daß die benannten Jugendlichen "ausländisch" waren? Hat sie deren Reisepässe kontrolliert?! (Und wie muß denn bitte ein rechtsextremistischer Jugendlicher sein, um sie NICHT zu enttäuschen?!)

Die Autorin benutzt dabei im Zusammenhang mit Menschen deren Vorfahren irgendwann mal von Anderswo in dieses Land kamen, mehr als einmal das Wort "ausländisch". Meine eigenen Eltern kamen aus dem Iran nach Europa; ich selbst bin hier in Berlin geboren, zur Schule gegangen und groß geworden. Bin ich nun etwa ein "Ausländer"? Nein, natürlich nicht!
Wie kann sich nun jemand erdreisten, Menschen sprachlich auszugrenzen nur weil deren Vorfahren nicht seit hunderten von Jahren hier Inzucht betrieben haben? Was soll diese selektive Wahrnehmungsweise, hier Ausländer, dort Inländer, eigentlich bewirken?

Aber es wird noch schlimmer:

> [...] wobei es von Seiten der ausländischen Jugendlichen
> zum Einsatz von Pfefferspray und Messern kam [...]

Natürlich! - Kein Klischee wird ausgelassen: "ausländische Jugendliche"; klar, daß da das "Messer" nicht weit ist - fehlen eigentlich nur noch "Drogenhandel" und "Ehrenmord" um das völkische Konstrukt wieder mal komplett zu machen!

> [...] So wurde vor kurzem eine Jugendliche auf Grund ihrer blonden
> Haare als "deutsche Kartoffel" bezeichnet, ihr auf dem Schulweg
> aufgelauert und umringt von mehreren Personen wurde ihr ins Gesicht
> geschlagen. [...]

Ach jaaa, das arme, unschuldige, arisch-blonde Gretchen wird vom finsteren, dunklen, schwarzbehaarten Ausländer bedrängt und gar grauselig gedemütigt!
Dümmer geht's wohl nimmer?!
Hier wird nun wirklich kein rassistisches Stereotyp ausgelassen. Wenn eine Frau belästigt wird, dann ist es völlig unerheblich, welche Haarfarbe sie hat oder woher der Urgroßvater des angeblichen Täters stammte.
Allein die Tat an sich darf hier für die Bewertung des Sachverhalts maßgeblich sein! Es geht nämlich nicht um "blond" oder "ausländisch", sondern um "MENSCH" - und sonst nichts!

Angefangen mit den, vom Mainstream massiv rassistisch aufgeladenen, Sensationsreportagen über die Rütli-Schule und sogenannte "Serientäter", ist es bei der Presse in Mode gekommen, so oft wie möglich über angebliche "Ausländerkriminalität" zu berichten. Es ist mehr als auffällig, daß solche Vorkommnisse immer genau dann aus dem Hut gezaubert werden, wenn gerade wieder mal ein "undeutsch" aussehender Mensch von Faschisten ermordet oder zum Krüppel geschlagen wurde. Die Intention ist klar!
Hier soll abgelenkt werden vom immer tiefer in die Gesellschaft einsickernden Gift des Rassismus. Hier soll dem frustrierten Spießer ein Ventil für seine Unzufriedenheit und ein Sündenbock in Form des "ausländischen Kriminellen" präsentiert werden.

Die Autorin des Artikels geht leider genau dieser Propaganda auf den Leim!
Ich will ihr einmal, auch aufgrund ihres niedrigen Alters, zugute halten, daß sie nicht vorhatte, rassistische Vorurteile bewußt schüren zu wollen.
Doch genau das tut sie faktisch in dem Moment, in dem sie naiv das gesellschaftliche Zerrbild des "kriminellen Ausländers" bedient und damit die tägliche unterschwellige Diskriminierung und die offenen rassistischen Gewaltexzesse relativiert und somit verharmlost!

Sie muß aufpassen, wie sie ihre Worte wählt und mit welchen Klischees und Vorurteilen sie argumentiert, oder besser: gar nicht erst argumentieren sollte!

Vollkommen unverständlich bleibt aber, wenn verdiente Anwälte von Zivilcourage und Opfern rechter Gewalt (wie es die Leute von "Mut gegen rechte Gewalt" zweifelsfrei sind) es zulassen, daß derartige Entgleisungen auf ihrer Website publiziert werden können.

Denn was Brecht schon wußte, gilt heute immer noch:
"Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch!"

Wie sich zeigt, leider auch bei vielen Linken ...
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Ergänzungen

Na ja

bobby 24.06.2006 - 10:36
Da das Wort "Kartoffel" nunmal rassitischer Sprachgebrauch ist interessiert es sehr wohl welche Nationalität die Menschen hatten die dies gesagt hatten.
Sie hat keinen sexistischen Übergriff sonden einen rassistischen beschrieben.

Der Stern vom STERN

Icke, wa! 24.06.2006 - 13:14
Also der Stern im Label dieser Initiative ist eindeutig der von der Zeitschrift "STERN", deren Verlag (Burda) diese Initiative ins Leben gerufen hat und sie sicherlich auch finanziert.

Trotzdem leisten die Leute eine tolle Arbeit, weil sie für viele Opfer rechter Gewalt eine erste Ansprechstation sind und für das Thema auch bürgerliche Kreise sensibilisieren können.

"Ausländerkriminalität"

frank 25.06.2006 - 18:29
Der Soziologe Ulrich Beck, im Bürgertum ausreichend angesehen und sicher nicht im Verdacht stehend ein antideutscher Radikaler zu sein hat in seiner Vorlesung vorgerechnet, dass Menschen mit Migratioshintergrund durchschnittlich WENIGER kriminell sind als "Deutsche", nämlich dann wenn man die Feinheiten der Statistiken beachtet. Dabei handele es sich um eine Tatsache, so Beck, die unter Soziologen völlig unumstritten sei.

Nationalismus ist international

Arno 09.02.2007 - 02:32
Ein überzogener Nationalismus ist keine rein deutsche Erscheinung, sondern kommt bei allen Nationen vor. Deshalb ist die harte Kritik an dem vorliegenden Artikel nicht gerechtfertigt. Wenn die junge Frau ihre Erfahrungen mit Nationalisten schildert, darf die Herkunft des jeweiligen Nationalisten keine Rolle spielen. Rechte Gewalt ist rechte Gewalt, unabhängig davon, ob sie von einem Deutschen, einem Israeli oder einem Türken ausgeübt wird.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 13 Kommentare an

pc ungleich pc — Roland Ionas Bialke

Naivität — #

na ist doch klar — kommunist

mist — antifa

"rassische unterschiede"? — aufklärer

@ aufklärer 24.06.2006 12:20 — Roland Ionas Bialke

@# - Naivität — oit

zustimmung und kritik — aufklärer

Warum dieser nicht? — wunderer

Realität — ...

@ Icke — ...

Herr hilf! — gerndrin

LOL — Korrekturleser