Revisionistentreffen bei Freiburg

Autonome Antifas 13.03.2006 01:05 Themen: Antifa
Am 16. Februar fand in Umkirch bei Freiburg ein faschistischer Vortrag des "Präsidenten" einer "kommissarischen Reichsregierung" vor 20 Personen statt. Die Badische Zeitung berichtete am 10. März auf ihrer Kreisseite "Breisgau/Hochschwarzwald" über die Veranstaltung und interviewte dafür den Verfassungsschutz, der die FaschistInnen verharmloste.
Faschistische "Weltnetzpräsenz"

Schon die Homepage des "Deutschen Reichs Heute" lässt keinen Zweifel, wessen Geistes Kind die Vereinigung ist. So wird die Frage "Man hört von verschiedenen Seiten, hierbei handelt es sich um rechtsradikales Gedankengut. Stimmt dies?" mit "Nun gut. Es kommt natürlich darauf an, was man unter Rechts-Extrem versteht. Wenn man extrem für Recht und Wahrheit eintritt, dann stimmt diese Aussage." beantwortet.


"Deutschland über alles"

Bei der Chronologie der Geschichte taucht zwar die Olympiade 1936 in Berlin, nicht jedoch die nationalsozialistischen Vernichtungslager auf. Die verbotene erste Strophe der deutschen Nationalhymne wird samt Karte des deutschen Reichs in den Grenzen von 1937 abgedruckt - die entsprechenden Flüsse sind explizit hervorgehoben: "Von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt - Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt!". Unverhohlen wird eine antisemitische Weltverschwörung herbeihalluziniert: "Sie alle wissen, Kirche, Zionisten, Bilderberger, Templer, Rat der 300, Scull & Bones und wie sie sich alle nennen, daß ihre Zeit abgelaufen ist und daß sie ab jetzt zur Verantwortung gezogen werden."


"Pro Aqua" unterstützt

Der Vortrag bei Freiburg fand am 16. Februar um 19 Uhr in Umkirch mit 19 Personen in den Räumen der Firma "Pro Aqua", Am Laidhölzle 3, 79224 Umkirch, und dem Referenten Matthes Haug statt. Die Räume wurden dem Organisator Jochen Schneider, über einen ebenfalls anwesenden Mittelsmann kostenlos überlassen.


Bürokrat und Opportunist

Haug redete den Großteil der Zeit über Gesetze und Verträge und argumentierte sehr formal. Er wolle überall in Deutschland Informationszentren schaffen und käme auf Einladung einiger Interessierter nach Umkirch. Er habe den Vortrag schon fünfzigmal gehalten, davon zehnmal mit Presse. Wegen der anwesenden BZ kürzte er den Vortrag offensichtlich an den kritischen Stellen, was zu Irritationen beim Publikum führte. So fragte ein gewisser Stefan: "Wie soll ich denn jetzt die Bilder des 3. Reichs einordnen?", um nach Haugs beschwichtigender Antwort freimütig zu bekennen, dass er stolz sei, ein Deutscher zu sein.


Heuchler und Egozentriker

Haug betonte, dass es ihm nicht um Politik gehe, was in Anbetracht seiner Nichtanerkennung der Oder-Neiße-Grenze lächerlich ist. Er sei auf der "Nationalversammlung" am 30.11.2003 gewählt worden und habe so viel recherchiert, dass er "denen" ein Dorn im Auge sei. Stolz berichtete er von seinem Treffen mit dem Verschwörungstheoretiker van Helsing 1999 und von der Mitgliedschaft seines Vater in der gleichen Studentenverbindung, in der Carlo Schmid (SPD) alter Herr gewesen sei.


Antiamerikanismus

Haug erklärte, jeder Kanzler und jede Kanzlerin müsse in Washington antreten, um die "Kanzlerakte" zu studieren und zu unterschreiben. Darin sei festgelegt, was er oder sie in den nächsten vier Jahren für eine Politik machen müsse. Deutschland sei die 51. Kolonne Amerikas und der der Name "Bundesrepublik" komme daher, dass diese im Bund mit den USA stehe.


Geschichtsrevisionismus

Hitlers Regierung sei legitim gewesen, Hitler selbst ein Kanzler wie andere auch. Haug sieht eine "klare Linie von Ebert über Hindenburg und Hitler zu Adenauer". Nur das Militär habe am 7. und 8. Mai 1945 kapituliert. Die Grenzen von 1938 gälten weiter, denn "die Grenzen von einem Tag vor dem Krieg sind die Grenzen von einem Tag nach dem Krieg". Die "DDR" sei eigentlich Mitteldeutschland gewesen und Berlin sei noch immer Reichshauptstadt. Deutschland habe 13 Milliarden für die Sowjetsoldaten gezahlt, deshalb gehe das Land Bankrott.


Antisemitismus

Der Steuerzahler bezahle die fortwährende alliierte Besetzung, das sei der Hauptgrund für die hohen Steuern. Deutschland blute aus und "die Banken" wollten das deutsche Volk mit dem Mittel der Bundesfinanzanleihen maximal verschulden. Die Steuern sollten pauschal auf 10% festgesetzt werden, da schon in der Bibel der Zehnte festgeschrieben sei.


Nationalsozialismus

Haug zeigte unkommentiert Bilder von Hitlers Machtantritt, den Massenaufmärschen der Nazis und Propagandabildchen aus der Nazizeit. Er zeigte Leichenberge aus Dresden, doch verlor kein Wort über Auschwitz. Seine Antwort auf die Frage nach den Grund war: "Man muss sich ja nicht von allem distanzieren." Weiter meinte er: "Gemeinnutz geht vor Eigennutz, aber was 60 Jahre eingehämmert wurde, kann man nicht so einfach ändern."


Verschwörungstheorien

Der Clou des Abends waren jedoch eindeutig Haugs Verschwörungstheorien. Der Adler auf der Vorderseite des Reisepasses habe sechs Schwingen, innen jedoch sieben. "Die" druckten absichtlich außen das Reichslogo und innen das Bundeslogo, weil die Pässe sonst nicht gültig wären. Denn das Deutsche Reich bestehe ja schließlich fort, "und das wissen die natürlich auch". Der ehemaliger Chefredakteur der FAZ Ruge habe seinen Job verloren, weil er "die Wahrheit" über den 2+4-Vertrag berichtet habe: "Damit ging die BRD in die Geschichte ein", was nach Haugs Interpretation das Ende der BRD beschrieb. Bush habe seinen Staatsbesuch in Hessen und nicht Berlin gemacht, weil die anderen Siegermächte sonst hätten mitreden können und er zeigen wollte, wer "der Herr in seiner Besatzungszone ist". Putin gehe nur von hinten ins Hotel Adlon, wenn er auf Staatsbesuch in Berlin sei, weil er sonst "seine Besatzungszone" verlassen müsse. Genscher sei nicht befugt gewesen, über die Oder-Neiße-Grenze zu befinden. Gorbatschow habe die deutschen Ostgebiete zurückgeben wollen und sei von Kohl und Genscher bekniet worden die Grenze beizubehalten, damit sie weiter Kanzler und Außenminister spielen könnten. Aber die BRD bestehe sowieso keine zehn Jahre mehr...


Weiterführende Links

Die "KRR"-Frequently Asked Questions:
 http://www.krr-faq.de/

Insbesondere mit Informationen zu Haug:
 http://www.krr-faq.de/reg3.php#haug

Kommissarische Reichsregierungen beim IDGR
 http://lexikon.idgr.de/k/k_o/kommissarische-reichsregierung/krr.php

Support your local Antifa:
 http://www.antifa-freiburg.de
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Ergänzungen

Die BZ berichtete

BZ-LeserIn 13.03.2006 - 01:27
Badische Zeitung vom Freitag, 10. März 2006

Merkwürdiges Gastspiel einer merkwürdigen Gruppe

In Umkirch versammelten sich ein "vorläufiger Reichspräsident" und ein Häuflein seiner Getreuen

UMKIRCH (bbe). Sie haben einen vorläufigen Reichspräsidenten gewählt, der seit 2003 im Amt ist. Denn "Kommissarische Reichsregierungen" gehen davon aus, dass das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 völkerrechtlich bis heute fortbesteht. Die Bundesrepublik halten sie aus völker- und verfassungsrechtlichen Gründen für illegal. Jetzt versuchte die Gruppierung "Deutsches Reich" auch im Raum Freiburg Anhänger zu gewinnen. Verboten ist das zwar nicht. Aber solche Veranstaltungen locken nach Ansicht des Verfassungsschutzes Rechtsextreme an.

Rund 20 Interessierte kamen nach BZ-Information zu dem Vortrag des "vorläufigen Reichspräsidenten" Matthes Haug aus Tübingen. Treffpunkt waren Büroräume im Umkircher Gewerbegebiet. Ursprünglich wollte sich die kommissarische Reichsregierung in einer Gaststätte treffen, die aber kurzfristig absagte. Das Büro gehört einem Vertragspartner einer fränkischen Firma, die Reinigungsmaschinen herstellt. "Wir haben 800 freiberufliche Mitarbeiter", rechtfertigt sich der Geschäftsführer der Firma auf Nachfrage der BZ. In keinem Fall will er sein Unternehmen mit rechtsextremen Gruppen in Zusammenhang gebracht wissen: "Wir haben damit nichts zu tun." Er höre von der Sache zum ersten Mal und werde unverzüglich seinem Geschäftspartner in Umkirch mitteilen, dass er nicht weiter mit ihm zusammenarbeite, sollte sich der Vorfall wiederholen. Auch der Umkircher Mitarbeiter habe beteuert, von der Sache nichts gewusst zu haben, berichtet der Geschäftsführer: "Er war an diesem Abend gar nicht da und hat den Schlüssel einem Bekannten überlassen, der sich dort mit Geschäftspartnern treffen wollte." Von dem Bekannten habe er noch nicht einmal den Vornamen gekannt. Im Büro in Umkirch kann indes der Eindruck entstehen, dass der Mann doch etwas zu verbergen hat. Als die BZ den Mitarbeiter aufsuchen wollte, da er nicht unter dem Namen der fränkischen Firma im Telefonbuch steht, öffnete der Mann die Bürotür nach dem Klingeln nicht, sondern schrie nur: "Was wollen sie?" Schließlich öffnete er die Tür — die allerdings zweimal von innen verschlossen war.

"Wirklich rechtsextrem ist die Gruppierung 'Deutsches Reich' nicht", schätzt Christoph Grammer vom Landesamt für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg die kommissarische Reichsregierung ein: "Aber sie haben solche Tendenzen." Bei der Veranstaltung in Umkirch soll der "vorläufige Reichspräsident" zum Beispiel gesagt haben, Hitler sei vom Volk gewählt worden, seine Herrschaft sei eine Regierung wie jede andere auch. Insgesamt hält der Verfassungsschutz die Ansichten der kommissarischen Reichsregierung aber für so überzogen, dass der Normalbürger darauf in der Regel nicht hereinfalle.

In Deutschland gibt es nicht nur eine, sondern etliche kommissarische Reichsregierungen (KRR), die alle aus einer einzigen Reichsregierung hervorgegangen sind, die sich 1985 in Berlin gründete. Im Laufe der Zeit zerstritten sich einzelne Mitglieder mit dieser "Regierung" und gründeten eigene KRR. Die Zahl der "Reichsregierungen" lässt sich allerdings nicht feststellen, da manche Gruppen andere Namen tragen.

Nach BZ-Informationen plant die Gruppierung "Deutsches Reich" weitere Veranstaltungen in der Region.

Einschätzung der Antifa

Antifa Freiburg 13.03.2006 - 01:30
Nie wieder Deutsches Reich

Communiqué vom 12.03.06

Laut Badischer Zeitung vom 10. März haben sich am 16. Februar 20 Personen zu einem Vortrag des "vorläufigen Reichspräsidenten" Matthes Haug aus Tübingen getroffen. Der Verfassungsschutz meint dazu, dass die Gruppierung "Deutsches Reich" nicht "wirklich rechtsextrem" sei. Das sehen wir anders.

Auf der Veranstaltung wurde der Nationalsozialismus verherrlicht. Der Vortrag war antiamerikanisch, antisemitisch und geschichtsrevisionistisch. Diese Hetze darf nicht verharmlost werden. Zudem befürchten wir, dass die kruden Verschwörungstheorien gerade in einer Esoterikhochburg wie Freiburg durchaus auf fruchtbaren Boden fallen können.

Wir werden weiterhin jegliche faschistischen Tendenzen beobachten und bekämpfen. Dabei ist es uns egal, ob die Faschisten als militante Kameradschaftler, konservative Burschenschaftler oder durchgeknallte Geschichtsrevisionisten auftreten.

Antifa Freiburg

 http://www.antifa-freiburg.de/spip/antifa.php3?id_article=490&design=3

Reaktion von www.krr-faq.de

Autonome Antifas 15.03.2006 - 18:42
13. März 2006

- Verfassungsschutz verharmlost "Reichsregierungen"

Die "Badische Zeitung" berichtete am 10.03.2006 unter der Überschrift "Merkwürdiges Gastspiel einer merkwürdigen Gruppe" über einen Vortrag des "vorläufigen Reichspräsidenten" Dr. Matthes Haug in Umkirchen. An sich wären weder der Vortrag noch der Artikel weiter erwähnenswert (beide boten eigentlich nichts Neues) - wäre da nicht die Stellungnahme eines Christoph Grammer vom Landesamt für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg.

Daß man in Baden-Württemberg alles könne (außer Hochdeutsch), ist bekannt. Doch der dortige Verfassungsschutz kann darüber hinaus noch nicht einmal seine Hausaufgaben machen.

"Wirklich rechtsextrem" sei die Gruppierung "Deutsches Reich" nicht, wird Grammer zitiert. Ja, sind die denn "unwirklich rechtsextrem", oder was?

"Aber sie haben solche Tendenzen", fügt Grammer hinzu. Toll, immerhin Tendenzen werden erkannt, was auch immer das heißen mag. Ist es eine "rechtsextreme Tendenz", wenn jemand behauptet, Hitlers Herrschaft sei "eine Regierung wie jede andere auch" gewesen, wie es Haug laut "Badischer Zeitung getan haben soll? Wenn Haug antisemitische Verschwörungstheorien ("Hennoch Kohn") verbreitet? Wenn Haug voller "Freude" seine Teilnahme am Heß-Gedenkmarsch ankündigt? Von Holocaust-Leugnung einzelner Haug-Anhänger wollen wir an dieser Stelle gar nicht reden.

Fassungslos macht allerdings die folgende Zeile im Bericht der "Badischen":

"Insgesamt hält der Verfassungsschutz die Ansichten der kommissarischen Reichsregierung aber für so überzogen, dass der Normalbürger darauf in der Regel nicht hereinfalle."

Da zeigt sich wieder einmal, daß "die Behörden", hier speziell das Landesamt für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg, die Gefahren, die von den "Reichsregierungen" ausgehen, in einigen Fällen schlichtweg ignorieren. Klar, beim Verfassungsschutz sitzen in der Regel hochgebildete Menschen, ein paar davon sind Prädikats-Juristen, die über die abstrusen Theorien der "Reichsideologen" allerhöchstens nur milde lächeln können. Doch sind nicht alle Menschen so gebildet wie Juristen oder Verfassungsschützer. Es gibt tatsächlich einige (die "Reichsregierungen" sprechen von Zehntausenden), die sich von den angeblich so haltlosen Theorien der "Reichsideologen" beeinflussen lassen, bis zu 100 EUR für wertlose "Ausweise" ausgeben und stellenweise ihre Existenz auf's Spiel setzen. Sind das alles keine "Normalbürger", sondern... was, Herr Grammer? Idioten, die selbst schuld sind, daß sie redegewandten, rechtsextremen Rattenfängern oder Geschäftemachern auf den Leim gehen?

Was Herr Grammer wahrscheinlich auch nicht weiß: einige der Theorien, die Herr Haug auf der Veranstaltung in Umkirchen von sich gab, werden gerade in letzter Zeit immer häufiger in der rechtsextremen Szene verbreitet. Man denke nur an den "Zündel-Prozeß", an Mahler und Stolz. Ständig wird von der "OMF" gefaselt, vom fortbestehenden "Deutschen Reich". Die Menschen, die sich der Idee vom "Deutschen Reich" verschrieben haben, sprechen der Bundesrepublik die Legitimation als demokratisch verfaßter Rechtsstaat ab. Das interessiert den Herrn Grammer vom Verfassungsschutz in Baden-Württemberg anscheinend nicht. Denn "Reichsbürger" sind keine "Normalbürger". So kann man sich die Arbeit auch leicht machen.

Mal so von Schlapphut zu Schlapphut, werter Herr Grammer: daß Sie alles können (außer Hochdeutsch), das ist doch gelogen, oder? ;-)
Ach, übrigens: falls Sie auch in diesem Punkt Ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben sollten, schauen Sie sich doch diesen kleinen Beitrag ( http://www.krr-faq.de/reg1.php#baum) mal an. Die NPD kennen Sie doch, nicht wahr?

 http://www.krr-faq.de/index.php#130306

Es geht immer weiter...

Autonom@ntifA 23.03.2006 - 16:35

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 11 Kommentare an

hm — tagmata

Blödsinn — (muss ausgefüllt werden)

luschtig — a. D.

@wilm — gegen dumme menschen

@Wilm — Anna

Burschen heulen auf — Autonome Antifas

Kontaktanzeige — egal