Wer braucht diese Polizei?

Irmela Mensah-Schramm 13.10.2005 00:35 Themen: Antifa Repression
Wegen der vielen ausländischen Journalisten wäre es
unendlich peinlich gewesen, wenn sich just beim
15. Jahrestag der deutschen Einheit in Potsdam
Nazis präsentiert hätten. Ein Polizeiobermeister
wollte sich im günstigsten Licht präsentieren und hat
dabei die Anti-Nazi-Aktivistin Irmela Mensah-Schramm
wegen Zeigens von Zeichen verfassungswidriger
Organisationen festgenommen und verzeigt. Der Akt
hochgradigen Schwachsinns illustriert einmal mehr
die unhaltbaren Zustände bei der Polizei.

Ich poste den folgenden Bericht im Auftrag von IMS.
Sie hat mit der Polizei längst einschlägige Erfahrungen
gemacht und Übung in derartigen Prozeduren:
 http://www.althand.de/adupok.html
Ulrich Brosa
Berlin, den 03.10.2005

Protokoll über eine Polizeimaßnahme gegen mich am Rande der
Festveranstaltung '15 Jahre Tag der Deutschen Einheit'.

Ort: Potsdam, Areal von Europa und 'Tolerantes Brandenburg'
Zeit: 3.Oktober gegen 17.00 Uhr
Anlass: Ich habe gerade an diesem Tag die Festbesucher darauf
aufmerksam machen wollen Hassschmierereien nicht zu dulden -
mit einem Plakat aus meiner kleinsten Ausstellung (in A 3).
Das Plakat war zu 1/3 mit einem Bild, auf dem groß (!) zu lesen war
"Wer schweigt, stimmt zu" auf dem oberen Teil,
und im unteren Teil waren mehrere kleine Fotos zu sehen,
eben mit Nazisymbolen und volksverhetzenden Parolen, die ich
in der Realität längst entfernt hatte und worauf ich später auch
immer wieder die Polizei hinwies. Es ging mir darum, zu derart
unerträglichen Hassparolen und Nazisymbolen nicht zu schweigen.
Etliche Stunden war ich damit unterwegs. Sicher mag es sein,
dass nicht alle BesucherInnen der Großveranstaltung damit
einverstanden waren.
So sollte die Frage erlaubt sein, wie es sonst zu verstehen ist,
wenn schon mal Polizeibeamte oder auch Bürger mir das Beseitigen
(Übermalen) der Nazischmierereien untersagten.

Sowohl dieses Plakat (Exponat) als auch ein Ausdruck des
schriftlichen Protests wegen der Gerichtsentscheidung zu
"Ruhm und Ehre der Waffen SS" wurde auf der Polizeidienststelle,
wohin ich nach der Festnahme zu Fuß geführt wurde, beschlagnahmt.
Gegen mich wurde eine Strafanzeige wegen Verstoßes
gegen § 86a StGB ausgefertigt.

Witzigerweise wurde vergessen eine weitere Anzeige wegen § 130
zu erstatten. Denn auf meinem Plakat waren ja auch rassistische
und volksverhetzende Sprüche zu lesen. Begründet wurde die Anzeige
auch damit, dass ich versäumt hätte, die Nazischmierereien
auszustreichen. Was dann unter meinem Mahnbild
"Wer schweigt, stimmt zu"
zu verstehen gewesen wäre, sei dahingestellt. Vielleicht wäre dies
als Aufruf zur Sachbeschädigung zu verstehen gewesen.

Die beiden beschlagnahmten Plakate wurden nicht
im Anzeigen-Protokoll erwähnt!

Die Polizisten gingen sehr siegessicher davon aus,
dass ich mit einem Strafverfahren zu rechnen habe und
mit Sicherheit die beschlagnahmten Bilder nicht zurückbekäme.
Ich machte den POM (dessen Name ist mir bekannt)
darauf aufmerksam, dass ich gegen ihn eine Anzeige
wegen falscher Verdächtigung erstatten würde.
Der Anlass sei dafür gegeben.

Fast auf den Tag genau drei Monate nach der großen Auszeichnung
mit dem Erich-Kästner-Preis 2005 in Dresden - für das gleiche Tun -
nun eine Strafanzeige, die eventuell in einem Strafverfahren enden
könnte.

Dabei rief mir vor dieser unerfreulichen Angelegenheit ein Herr zu,
der mein Engagement kennt und das Plakat sah und es
- anders als die Polizei - erkannte:
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!"

Die Polizeiaktion rief unter mehreren Besuchern große Empörung hervor.
Auf deren Äußerungen, ich hätte doch das Recht freie Meinungsäußerung,
entgegnete mir gleich der POM: "Sehen Sie, die Leute sind der Meinung,
dass Sie die verbotenen Kennzeichen zeigen wollten und wir Sie daran
hinderten."

Ein typisch deutsches Theaterstück am Tag der Deutschen Einheit;
Ost-Polizisten nehmen West-Passantin fest, weil sie auf ein
gesamtdeutsches Problem hinweisen wollte:

"Wer schweigt, stimmt zu!"

Ausstellungsprojekt
"Hass Vernichtet"
Irmela Mensah-Schramm
Chausseestr. 2
14109 Berlin
Tel./Fax 030 / 8O5 14 50
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Ergänzungen

Rechtliche Einschätzung III

John Doe 13.10.2005 - 20:46
Es gibt das Legalitätsprinzip (Strafverfolgungszwang), aber es gibt mit Sicherheit keinen Vorgesetzten der einem anordnen kann, eine Anzeige zu schreiben, zumal überhaupt keine Straftat, wie im geschilderten Fall, vorliegt/-lag.

Wenn irgendein Staatsanwalt etc. dennoch der Meinung ist, kann er das 'mal schön selber machen, aber auch für ihn gelten die Regeln der StPO.
Komischerweise wird hier das Justiz- und Polizeisystem dieses Landes immer wie das einer Bananrepublik hingestellt, aber glücklicherweise sind wir hier noch nicht so weit. Wer will, kann sich 'mal ernsthaft informieren, ob er eine ähnliche Verfassung weltweit findet.

Das es überall Ausnahmen gibt, brauche ich wohl nicht zu erwähnen, aber gegenüber denen, die sich korrekt und neutral verhalten ist es mehr als unfair.


Und ob es mir jemand glaubt oder nicht:
Sollte der Tag kommen, an dem mir jemand vorschreibt etwas tun zu müssen, was weder rechtlich noch ethisch in Ordnung bzw. von mir zu verantworten ist, kann er sicher sein, dass ich dieser Anordnung nicht folgen werde.
Das es ausschließlich sture Befehlsempfänger gibt, muss ich damit leider ausschließen, denn ich bin keiner und benutze das Vorhandene zwischen meinen Ohren!


Nach der

. 14.10.2005 - 01:00
Rechtsprechung des BGH ist die Verwendung von Symbolen Verfassungsfeindlicher Organisationen dann nicht strafbar wenn sich aus dem Zusammenhang ergibt, dass der Verwender diese Ideologie eindeutig ablehnt. Diese Eindeutigkeit halte ich hier aber für zumindest strittig.

Die Aussage "Wer schweigt, stimmt zu!" kann als Aufforderung ausgelegt werden sich gegen solche Parolen auszusprechen, wie es von der Verfasserin hier wohl auch gemeint war.

Genauso kann man diesen Satz aber so interpretieren, dass er die Leute auffordert zu schweigen und damit diese Ideologie zu unterstützen.

Damit ist der Anfangsverdacht einer Straftat gegeben, und die Maßnahmen der Polizei waren korrekt.

Eine Verurteilung halte ich aber für eher unwahrscheinlich.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 8 Kommentare

kenn wa doch alle

hm 13.10.2005 - 03:46
naja ist doch ein altbekanntes problem hier über das sich eigentlich nur leute wundern die noch nichts mit deutschen bullen zu tun haben.das passiert ungefähr 100 mal jeden tag.bulle schlägt menschen,mensch bekommt anzeige wegen körperverletzung und widerstand gegen vollstreckungsbeamte.mensch demonstriert gegen nazis , bulle beweist das er/sie eine/r ist.deutscher alltag eben.

keine Nazipropaganda, auch nicht aus Versehen

Erwachsener 13.10.2005 - 10:46
Irmela scheint ja von ihrem Tun überzeugt zu sein.
Die Polizisten sicher auch.
Vielleicht sollte Frau Schramm mal überlegen, ob sie nicht jedesmal, wenn sie Nazigeschwafel veröffentlicht, auch ein wenig Werbung für die Großmäuler macht.
Die Beamten müssen neutral sein. Deshalb können sie ja nicht fragen, warum das Nazigedös verbreitet wird. Was meint Ihr wohl, was für Ausreden das rechte Geschemiss hätte. Wie also soll ein Beamter da unterscheiden?

Ausserdem bin ich gegen jede Veröffentlichung von Nazipropaganda. Auch von Irmaela Schramm nicht!
Insofern sollte man sich mal fragen, ob nicht der Beamte Recht hatte.
Es ist doch ein Hohn, wenn die Antifa Naziwerbung überhaupt nur anfasst!

KEin OSt West Problem...

XXX 13.10.2005 - 11:10
Dies ist kein OSt-west Problem das im Artikel dargestellt wird, sondern ein Problem des deutschen Staates bzw. der deutschen Polizei...

Atnifa richtig machen

Pisaprodukt 13.10.2005 - 11:13
Um der Bevölkerung zu zeigen, wo welcher Nazischiss beseitigt wurde, hätte es wohl besser ausgesehen, wenn die ausgebesserte Stelle und im Groben der Nazistuss dargestellt würde.
Die Originalschmiererei kennen alle inzwischen durch den Anschauungsunterricht in der freien Natur.
Deshalb muss den Nazischrott ja nicht nochmal so richtig darstellen, wenn man zeigt, dass man es vernichtet hat. Wozu wiederbeleben, was man vernichtet hat?
Was hätten wir wohl gesagt, wenn Neonazis den Polizisten erklärt hätten, sie wollten nur darauf hinweisen was so alles geschmiert wird, wenn sie beim schmieren erwischt worden wären? Dass sie nur noch schreiben wollten, wass sowas nicht geht. Hätte nicht die ganze Antifa nicht mit Recht aufgeschrien, wenn ein Beamter das akzeptiert hätte?
Dann ist doch aber das Handeln des Polizisten nicht zu beanstanden, sondern eher der Gebrauch von Nazigeschmiere durch Antifaschisten zu unterlassen

solidarität statt schlechtmache

rantanplan 13.10.2005 - 11:25
@erwachsener also erstmal finde ich deinen Nick ziemlich peimlich, denn damit möchtest du im Grunde uns anderen als "Kinder" abstempeln um dein Kommentar damit aufzuwerten, aber ich finde nichts besonderes daran "erwachsen" zu sein. Nun was die Aktion angeht, hätte ich auch andere Mittel gewählt um auf diese Heuchelei seitens der Stadt aufmerksam zu machen. Allerdings sehe ich mit dieser Aktion keinerlei Konflikt zu meinen Einstellungen. Kommen wir also wieder zur Bullerei. Sicher ist das für uns alle bekannt, dennoch für Leute die eben nicht unserem Spektrum entsprechen wohl eine neue Erfahrung. Ist doch dann gut dass sich diese Menschen an uns wenden anstatt mit ihrer Wut alleine zu bleiben. Mir persönlich ist es scheissegal was verboten ist und was nicht. Ich finde es absolut sinnlos diverse Symbole zu verbieten nur damit die Faschos mit anderen - weniger erkennbaren - durch die Stadt rennen dürfen. An der Situation ändert es nämlich rein gar nix. So das ist schon mal das eine. Und das andere ist dass die Bullen immer nur bei uns Linken rumpissen wenn wir Nazisymbole benutzen, bei Faschos nie! Da wird in Biergärten "Deutschland, Deutschland, über alles" von der gesamten Bevölkerung gebrüllt, da werden Reichskriegsfahnen geschwenkt, da trägt jeder Spinner "Deutschland" auf der Stirn etc. etc.
Aber wenn einmal jemand von unserer Seite diese Symboliken benutzt um sie gegen die Gegenseite einzusetzen ist das Geschrei laut. Find ich zum Kotzen! Und Bullen sind sowieso der letzte Dreck!
Also: Solidarische Grüße!

Rechtliche Einschätzung

John Doe 13.10.2005 - 16:41
Also ich bin auch Angehöriger der oben kritisierten Berufsgruppe und ICH hätte so etwas nie im Leben veranzeigt, nur mal dazu.

Deswegen kann ich es auch nicht leiden, dass hier wieder alle über einen Kamm geschoren werden.
Aber das Thema kann und soll hier sowieso nicht diskutiert werden.

Rechtliche Einschätzung Teil 2

Besserwisser 13.10.2005 - 17:47
Tja John Doe, Deine Absicht solche Plakate/Flugblätter etc. nicht zur Anzeige zu bringen in allen Ehren, aber im Zweifelsfall wird es Dir befohlen dagegen vorzugehen. Dann musst Du Deine PFLICHT tun, so wie deutsche Polizisten immer ihre PFLICHT getan haben!

@rantanplan @Erwachsener

egal 14.10.2005 - 11:31
ratanplan, dein artikel bzw. post zeigt genau das problem, dass @Erwachsener aufzeigen wollte!
deine äußerungen sind undifferenziert und outen dich als minderjährigen oder bestenfalls heranwachsenden (das ist auch sehr vereinfacht, ich schätze aber, es trifft den kern).