Regensburg: Nazis vs. Friedman

[anita_f.] 04.10.2005 14:45 Themen: Antifa Antirassismus
Am Abend des Dienstag, den 28.September, nutzte der Regensburger NPD-Kreisvorsitzende Willi Wiener mit seiner Kameradschaft Asgard-Ratisbona einen Besuch des ehemaligen Vorsitzenden des jüdischen Zentralrates Michel Friedman zur antisemitischen Hetze.
Der ehemalige CDU-Politiker Friedman stellte im am Haidplatz gelegenen Thon-Dittmer-Palais seinen Roman „Kaddisch vor Morgengrauen“ vor. Die ca. 15 FaschistInnen um Willi Wiener versuchten ihren Antisemitismus an die vor zweieinhalb Jahren publik gewordenen Vorwürfe - Friedman habe Kokain konsumiert und mit Zwangsprostituierten verkehrt - zu knüpfen. Die Stadt Regensburg schien keine Bedenken gegen die Veranstaltung zu hegen und räumte den Neonazis einen Platz direkt vor dem Thon-Dittmer-Palais ein.

Die stark präsenten PolizeibeamtInnen, v.a USK-Einheiten, sorgten für eine hermetische Abriegelung des Haidplatzes, so dass ein Betreten des Platzes über die erstellten Passierpunkte nur nach polizeilicher Auslese erfolgen konnte. Die Neonazis standen in einem zusätzlich abgesperrten Areal auf dem Haidplatz, so dass es ihnen de facto nicht möglich war ihre Flugblätter zu verteilen.

Bereits vor Beginn der Veranstaltungen wurde mindestens ein Transparent mit der Aufschrift „Antisemitismus angreifen“ am Haidplatz aufgehängt, jedoch noch vor der Naziveranstaltung von der Polizei entfernt. Bei Personenkontrollen im Vorfeld sorgten die PolizeibeamtInnen durch ihre Umgangsweise mit den persönlichen Daten der AntifaschistInnen dafür, dass ein Datenschutz gegenüber nahe stehenden Neonazis nicht gewährleistet werden konnte. Durch die versetzte Positionierung der Sperrgitter in die Seitengassen hinein war es den insgesamt ca. 100 gegen die Neonazis protestierenden Menschen nicht möglich die Gruppe um Willi Wiener zu erblicken.

Diese starken Bemühungen der Polizeieinsatzkräfte AntifaschistInnen in ihrem Protestverhalten zu entmutigen - v.a. mangels Sichtkontakt zu den Zielobjekten des Protests - und den Neonazis einen reibungslosen Ablauf ihrer Veranstaltung zu gewährleisten, wurde durch einen USK-Kessel, der den Großteil der antifaschistischen DemonstrantInnen umfasste und bis zum Ende der Veranstaltung dauerte, unterstrichen.

Nach dem Ende der Veranstaltung wurden AntifaschistInnen von zahlreichen USK-Polizeiwägen verfolgt, die jedoch mit ihrer Ortskenntnis zu kämpfen hatten. Unliebsame AntifaschistInnen wurde ein „erweiterter Platzverweis“ erteilt, woraufhin sie ohne genau Angabe von Gründen in Polizeibusse gesteckt und an den Stadtrand transportiert wurden. Auch in diesem Zusammenhang kam es zu sexualisierten Drohungen von USK-Einheiten gegenüber Antifaschistinnen.

Die Lippenbekenntnisse von VertreterInnen der Stadt Regensburg gegen Rechtsextremismus wurden daraufhin immer deutlicher. So stellte der Oberbürgermeister Hans Schaidinger dar: „Rechtsradikale wollen wir in Regensburg nicht haben und nicht dulden.“(Mittelbayerische Zeitung 29.09.2005) Dass den FaschistInnen jedoch nahezu jede Form der Verherrlichung des Nationalsozialismus ermöglicht wird, bleibt ebenso unerwähnt wie die Tatsache, dass es dem Engagement von AntifaschistInnen - auf welche der Oberbürgermeister mit Sätzen wie „Radikalismus jeglicher Richtung hat bei uns keinen Spielraum und darf keinerlei Resonanz finden.“ (Mittelbayerische Zeitung 29.09.2005) zielt - zu verdanken ist, dass Neonazis nicht „im Rahmen des Normalen“ (Polizeisprecher Schiegl / Mittelbayerische Zeitung 21.09.2005) sind.
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Ergänzungen

zur information

m.t. 04.10.2005 - 20:59
friedman war niemals vorsitzender des zentralrates der juden in deutschland - der institution, die der/die autorIn wohl mit "jüdischer zentralrat" meint. er war allerdings einige jahre vorstandsmitglied. (kann man sich ja auch mal informieren, bevor man sowas schreibt...)
ansonsten weiter so - selbstverständlich ist es notwendig, juden und jüdinnen, die von antisemitInnen angefeindet werden, solidarität zu erweisen! was sollen denn diese kommentare, das sollte jawohl keine frage sein?!

Michel Friedman

Wissen (wollen) statt glauben 05.10.2005 - 00:24

Stellungnahme von Solwodi zum Comeback von Mi

Lea Ackermann 05.10.2005 - 13:14
Stellungnahme von Solwodi zum Comeback von Michel Friedmann
Mit großem Erstaunen haben wir zur Kenntnis genommen, dass sich Michel Friedmann wieder stärker "in die politische Diskussion einmischen" will, wie "Die Welt" vom 28.06.04 berichtet.

Nicht nur mit Sachbüchern, wie es seine Rolle als Herausgeber im Berliner Aufbau-Verlag mit sich bringt, sondern auch als Fernsehmoderator seiner Talkshow "Im Zweifel für?" wolle er "zur öffentlichen Debatte in Deutschland beitragen", so Friedmann.

In Anbetracht der Tatsache, dass sich Friedmann bis heute nicht zu dem Skandal um die osteuropäischen Zwangsprostituierten geäußert hat, geschweige denn dafür zur Rechenschaft gezogen wurde, wäre eine "öffentlichen Debatte" um sein Verhalten eher angebracht.

Es ist erschreckend, dass in den Medien nur noch von der "Kokainaffäre" um Friedmann die Rede ist, nicht aber von seiner Rolle bei der menschenverachtenden Ausbeutung von jungen Frauen aus Osteuropa.

Wir bedauern sehr, dass Friedmann offenbar mit der Strategie des Schweigens Erfolg hat. Indem er das Angebot von Terre des Femmes ausschlug, sich zum Fürsprecher dieser Menschenhandelsopfer zu machen, hat er die Chance versäumt, Glaubwürdigkeit zurück zu gewinnen. Genau diese Glaubwürdigkeit fehlt ihm bis heute und er wird sie nicht durch neue Talkshows und Sachbücher wiedergewinnen.

Sr. Dr. Lea Ackermann
1.Vorsitzende SOLWODI e.V.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 5 Kommentare an

*lol* willy wiener — nur mal so

@rocker — ist ausgefüllt

...beknackt — Persilor

Soli — Nathan