Lübeck: Besuch bei Linkspartei wg. Berlin

Basta! Linke Jugend 30.08.2005 19:56 Themen: Repression
Am heutigen Dienstag, den 30.8.2005, haben 18 AktivistInnen von Basta! Linke Jugend und Freunde das Büro der Linkspartei besucht und eine Stellungnahme zu den Polizeiübergriffen gegen antifaschistische Strukturen in Berlin vom 27.8. gefordert.
Zu Beginn wurde von uns der Text eines Flugblatts (s. unten) verlesen und betont, dass wir die bisherige Stellungnahme der Berliner Linkspartei zu den Vorfällen für nicht ausreichend halten, sondern dass greifbare Konsequenzen folgen müssten (z.B. Untersuchungsausschuss, personelle Konsequenzen, Einführung der individuellen Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte). Im Büro waren 3 Mitglieder des Lübecker Kreisverbandes der Linkspartei anwesend, darunter Lutz Heilmann (Listenplatz 1, Landesliste S-H)und Ragnar Lüttke (Kreisverbandsvorsitzender Lübeck). Sie sagten, dass sie mit vielen Entscheidungen des Berliner Landesverbandes (bezügl. EU-Verfassung, Studiengebühren, u.a.) nicht übereinstimmen, meinten aber auch, dass sie keinerlei Einflussmöglichkeiten auf dessen Politik hätten. Bedauerlicherweise konnten sie sich zu keiner klaren Verurteilung des Vorgehens der Berliner Polizei(-führung) durchringen und wichen oft von den konkreten Vorfällen ab (und erwähnten z.B. wie schwer es doch sei, juristisch Naziaufmärsche zu verbieten). Sie erklärten aber, dass sie sich mit dem Berliner Landesverband in Verbindung setzen wollten und uns darüber weiter informieren würden.

Wir fordern alle antifaschistischen Gruppen dazu auf, Druck auf ihre örtlichen Verbände der Linkspartei(.PDS) auszuüben, um von der Fraktion im Berliner Senat eine restlose Aufklärung der Vorfälle und entsprechende Konsequenzen zu erreichen.

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TEXT DES FLUGBLATTS, DAS DER LÜBECKER LINKSPARTEI ÜBERREICHT WURDE:

ANTIFASCHISMUS IST KEIN VERBRECHEN !
Polizeistaatliche Methoden und Repression in Berlin –
mit Unterstützung der Linkspartei ?

Am Abend des 27.8.2005 wurden ab 22.30 Uhr unter Leitung des Oberstaatsanwalts Raubach zwei Privatwohnungen, zwei Bürogemeinschaften in Kreuzberg, der Laden des Antifa-Versands Red-Stuff und das APABIZ (Antifaschistisches Pressearchiv und Bildungszentrum) aufgebrochen und durchsucht. Eine Antifa-Party in der Kellerkneipe "subversiv" in Mitte, wo es für "eingesammelte Nazipropaganda" an diesem Abend einen Gratis-Cocktail geben sollte, wurde von der Polizei gestürmt. Dort mussten alle BesucherInnen zur Personalienfeststellung und Lichtbildaufnahme. Die Bewohner einer Wohngemeinschaft wurden von SEK-Beamten mit gezogener Waffe und schusssicheren Schildern überfallen. Bei den Durchsuchungen wurden Computer und elektronisches Zubehör beschlagnahmt.
Als Grund für die Erstürmung wurde angegeben, dass auf der Internetseite www.antifa.de zu Straftaten aufgerufen werde. Tatsächlich wird auf der Internetseite bis heute dazu aufgefordert, Propaganda von Neonazis mit vielfältigen Mitteln zu behindern. Laut Durchsuchungsbeschluss suchte die Polizei deshalb nach allem, was "Auskunft über politische Aktivitäten außerhalb der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und den übersteigerten Hass der Beschuldigten auf die NPD geben" könnte. Das ist aber keine Straftat. Und selbst wenn der Aufruf, NPD-Plakate „mitzubringen“ (nicht abzureißen!) ein Aufruf zu Straftaten darstellen sollte, wäre der normale rechtsstaatliche Weg gewesen, dem Inhaber der Domain eine Strafanzeige zukommen zu lassen. Ein Sprecher der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB) erklärte deshalb auch zurecht: "Das brutale Vorgehen der Berliner Polizei gegen linke Strukturen in dieser Stadt werten wir als aktive Wahlkampfunter-stützung für die NPD. Ob die politische Abteilung der Berliner Staatsanwaltschaft dafür die Rückendeckung des SPD/PDS-Senats hat, bleibt abzuwarten.“

Polizeiübergriffe in Berlin keine Seltenheit
Die völlig unverhältnismäßige Maßnahme ist ein weiterer Hinweis für das zunehmend gewaltsamere Vorge-hen der Berliner Polizei. Erst am letzten Wochenende wurden bei einem Großeinsatz der Berliner Polizei ohne ersichtlichen Anlass zahlreiche Menschen in der Friedrichshainer Diskothek "Jeton" schwer verletzt. Was für viele antifaschistische Demonstrationsteilnehmer zur Alltagserfahrung von Polizeigewalt gehört, wurde im Falle "Jeton" mit Unterstützung der Medien etwas wahrnehmbarer. Unter dem Deckmantel der "Extremistenbekämpfung" werden pausenlos Grundrechte außer Kraft gesetzt und rechtsstaatliche Grenzen für Polizeiarbeit überschritten. Dabei versucht die Berliner Polizei in der Öffentlichkeit ihre massiven Übergriffe herunterzuspielen bzw. Vorfälle schlicht zu leugnen. Bereits am 6. Juni hatte es aufgrund einer Schlägerei zwischen Nazis und Linken eine Hausdurchsuchungswelle gegen Berliner AntifaschistInnen gegeben, bei der vom MEK 15 Wohnungen aufgebrochen und durchsucht wurden. Ohne Durchsuchungsbeschluss wurden dabei Wohnungen z.T. von Unbeteiligten durchsucht, Bewohner mit Maschinenpistolen bedroht und durch Glasscherben geschliffen. Am 26.8. wurde das bundesweite Camp gegen Studiengebühren von einer Hundert-schaft der Berliner Polizei durchsucht – ohne konkreten Grund. Auch hier wurden willkürlich Vorwände konstruiert, um politischen Protest einzuschüchtern und zu kriminalisieren.
Nach wie vor drohen den Beamten kaum Konsequenzen. Die gewalttätigen Übergriffe auf AntifaschistInnen passen jedoch ins Bild einer Berliner Polizei, die im Zuge des nachlassenden Drucks der Medien und Politik wieder ungehemmter mit Repression gegen linke und alternative Strukturen in dieser Stadt vorgeht. So wurde beispielsweise der Neonazi-"Ersatzaufmarsch" zum Gedenken an Rudolf Hess am 20.08. in Berlin von der Polizei anstandslos genehmigt, und jeder Protest brutal aus dem Weg geprügelt. Mehrere Antifaschisten befinden sich wegen Gehirnerschütterungen und Nasenbeinbrüchen weiterhin in ärztlicher Behandlung.

Polizeistaat mit Unterstützung der Linkspartei ?
Aber ist es nicht merkwürdig, dass gerade in Berlin wo die Linkspartei zusammen mit der SPD an der Regierung ist, linke und antifaschistische Politik kriminalisiert und bekämpft wird?
Wir erwarten von der Linkspartei, dass sie sich entschieden gegen die von der Berliner Polizei betriebene Außerkraftsetzung von grundsätzlichen Bürgerrechten ausspricht. Gerade angesichts der Bundestagswahlen am 18. September fragen wir uns, inwieweit eine Partei, die sich selbst „DIE LINKE“ nennt, überhaupt linke Politik betreibt? Warum sollen wir eine „Linkspartei“ wählen, wenn der Grundrechtsabbau unter einer Linkspartei-Regierung im gleichen Maße stattfindet wie unter einer CDU-Regierung?

Wir erwarten von euch, dem Lübecker Kreisverband der Linkspartei, eine Stellungnahme zu diesen Vorfällen – gegenüber uns und dem Berliner Landesverband eurer Partei.

Basta! Linke Jugend, 29.8.2005


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LINKS:
Stellungnahmen von der ALB und von der Roten Hilfe: www.antifa.de
Stellungnahme der Berliner Linkspartei:  http://www.pds-berlin.de/politik/presse/2005/0829.html
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Ergänzungen

Unterstützung der Linkspartei? Nein.

jemand aus Berlin 30.08.2005 - 20:27
Die Linkspartei und die Grünen waren die beiden Parteien, die die Einsätze gegen das Subversiv und die anschliessende jagd auf auf "links aussehende Jugendliche" scharf verurteilt haben. Auch der Überfall eine Woche zuvor auf das Jeton wurde von ihnen zum Gegenstand einer Senatsdebatte gemacht.
Problem: Diese Übergriffe werden von oben (Polizeiführung und Innensenat) angeordnet und Straftaten gedeckt. Verantwortlich ist die SPD, welche die Gewaltorgien gestern noch einmal ausdrücklich als "angemessen" gelobt haben. Die Linkspartei könnte sicherlich mehr machen, als zu protestieren und Aufklärung fordern. Verantwortlich sind sie aber nicht.

PS: so wie sich die Wahlumfragen derzeit ändern, wird die Linkspartei bundesweit eh nur auf 6 bis 8 Prozent kommen. Mit jeder Gewaltaktion der Regierung/Behörden zieht es den Deutschen mehr zu CSD und CDU (zusammen liegen die in den Umfragen bei derzeit 85%)...

SPD lädt ein

Anm. 30.08.2005 - 20:43
Wer hat die zum teil ungesetzliche repression zu verantworten?
die SPD jedenfalls will sich "Im Kampf gegen Rechtsextermismus" im Jüdischen Museum am 2.9. zusammenfinden ( http://www.spdfrak.de/cnt/rs/rs_dok/0,,35076,00.html) und läd "herzlich" ein, um über "aktuelle Ergebnisse" sowie über "Perspektiven auf dem Gebiet der Rechtsextrmismusbekämpfung" zu diskutieren. so macht kämpfen spass und tut den mordenden NeoNazis nicht weh.

@ jemand

muahahaha 30.08.2005 - 20:58
Wer an einer Regierung beteiligt ist, hat auch Verantwortung. Da reicht kein leises Hüsteln aus, so wie es die PDS/Linkspartei bisher immer gemacht hat. Vornerum immer schön auf Protest, sozial und "links", und hintenrum eben doch angepasst. Wenn man so auf die Macht versessen ist, da geht man halt auch schon mal ein paar Kompromisse ein. Wenn man sich mal die Hinhalte- und Verarschungstaktik gegenüber der Yorck59 anschaut...

LinksPartei.CDU

besserwessi 31.08.2005 - 15:31
öffentlicher Aufruf zu Straftaten gem § 111 ist ein delikt, welches üblicherweise nicht von innenministern persönlich bearbeitet wird, sondern von polizeistationen bzw dezernaten des LKAs, die debatte über die mehr- oder weniger-schuld von SPD vs. PDS ist daher am thema vorbei.
schuld an rechtswidrigen übergriffen sind einzelne kriminelle polizeibeamte oder ihre reaktionären chefs.

wer in einer kellerdisco reizgassprühflaschen mitführt, gehört hart beatraft, egal wie links er sich kleidet.

dass aber wegen 3 dutzend sachbeschädigungen mit einem schadenswert von je 5 euro mehrere hundert beamte 7 wohnungen durchsuchen, verlangt dann wirklich nach konsequenzen.

die WASG in berlin wäre dazu sicherlich ein besserer ansprechpartner als die PDS in lübeck - aber was will man machen, wenn man in lübeck wohnt.

Die "Links"partei...

ErgänzerIn 01.09.2005 - 04:09
hat ja bereits jetzt schon angekündigt, die Zumutbarkeitsregelungen für Hartz IV verbessern zu wollen. Ja, richtig gelesen, die Hartz-Gesetze sind so "gut", daß sie unbedingt erhalten bleiben müssen! Wenn der Widerstand zu groß wird oder die "Normalbürger" doch mal ihren Arsch aus dem Fernsehsessel hochbekommen weil die "Reformen" langsam weh tun, werden nach kleine unbedeutende Zugeständnisse gemacht und der Bevölkerung anderweitig Sand in die Augen gestreut.

Was die rot-rote Koalition in Berlin von linker bzw. bürgernaher Politik hält sieht man neben den aktuellen Ereignissen z.B. an der Umsetzung der Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte, dem Verhalten der Polizei bei der Normalo-Latschdemo am 2. Oktoker 2004 (u.a. brutale Festnahme von unabhängigen Journalisten trotz Presseausweis) und der Ablehnung des Volksbegehren zum Berliner bankenskandal (die 22 Mio. Steuermittel gehören natürlich als Gewinn in die Kasse der Schweinefondszeichner, weil Berlin hat ja genug Geld... ;-)).

Leute seht genau hin und lasst euch nicht von den leeren Versprechungen blenden zur Wahl blenden! Leider sind Parteiprogramme nicht bindend und die einzige Herausforderung ist, die Bevölkerung zur Wahl durch Medienpropaganda wieder so zu verarschen, daß man weiter im Amt bleiben kann.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 8 Kommentare an

die linkapartei, — antifa

@Mods — Vär-Rä-Tär

@ Vär-Rä-Tär — Bla

In Lübeck — scheint

wei seid denn ihr drauf .....? — besser linkspartei als npd oder cdu

probates mittel! — deine mudda