Schwulenfeindlicher Reggae unter Druck

baol 20.06.2005 20:42 Themen: Gender Kultur Weltweit
Endlich regt sich was im Bereich der Reggae-Musik. Jahrelange Kritik an schwulenfeindlichen Texten, die zu Gewalt gegen Homosexuelle, Lesben und Transsexuelle aufrufen, haben jetzt Früchte getragen.
Mehrere jamaikanische Dancehall-Artists, die besonders für ihre homophoben und rassistischen Aussagen bekannt sind, haben jetzt Probleme in Europa.
Das Konzert von Sizzla Kalonji am 23.06. in Bologna ist vom Veranstalter abgesagt worden, nachdem der Dachverband arcigay und einige centri sociali gegen die homophoben Texte des Künstlers protestiert hatten.

"Erschießt die Schwuchteln" "Alle Schwuchteln sollen sterben"- mit solchen und ähnlichen Texten hatte sich Sizzla immer wieder in die Reihen der jamaikanischen Künstler eingereiht, die zu Gewalt gegen andere Lebensformen aufrufen.
Gewalt, die nicht nur in den Texten der Lieder bleibt. Die Zahl an Verbrechen gegen reale und vermeintliche Homosexuelle hat in Jamaika in den letzten Jahren massiv zugenommen.
Vergewaltigung, Diebstahl, Demütigung bis hin zu Mord sind beim Kampf der "Bobo Dread" gegen die Schwulen und Lesben an der Tagesordnung.
3 Vertreter von homosexuellen Gruppen sind alleine 2004 in Jamaika ermordet worden- in einem Klima, das von diskriminierenden und gewaltverherrlichenden Dancehall-Liedern angeheizt wird.

Die Folgen
Als Reaktion darauf wurde Sizzla Kalonji, einem prominenten musikalischen Vertreter der "Bobo Dread" bereits die Einreise nach England verwehrt- seine englische Tour wurde abgesagt.
Dies brachte auch französische Konzertveranstalter auf die Idee, den Songtexten ihres Klienten mal nachzugehen- prompt wurde die französische Tour von Sizzla zumindest zum großen Teil abgesagt.
Jetzt geht es ihm in Italien ähnlich- von einigen linken Zentren (centri sociali) aufmerksam gemacht, protestierte der Dachverband Arcigay (Italian Gay Association) bei den Veranstaltern der Konzerte.
Jetzt ist zumindest das Konzert in Bologna geplatzt und ein Prozeß in Gang gesetzt, der hoffentlich weitere Konsequenzen haben wird.


Das "Sunsplash"-Festival reagiert
Das berühmte und groß besuchte "Rototom Sunsplash"-Reggae Festival im norditalienischen Udine reagierte auch.
Es können nur noch Künstler auftreten, die sich ausdrücklich von homophoben Inhalten distanzieren.
Wer bereits mit solchen Texten aufgetreten war, kann sich mit dem unterschreiben einer "apology"-Erklärung distanzieren und weiterhin teilnehmen. Diese Idee stammt aus Jamaika und es haben bereits namhafte Reggae-Artists wie Capleton unterschrieben.
Beenie Man hingegen sieht den Hass auf schwule anscheinend als zentralen Teil seiner Musik- er weigerte sich zu unterschreiben, kündigte seinem Management und schrieb den Song "No Apology".
Das Sunsplash hat ihn darauf prompt ausgeladen.. Harte Zeiten für Schwulenhasser und Sexisten.

Jetzt stellt sich die Frage- auf wievielen linken Parties in Deutschland und anderswo werden Dancehall-Lieder gespielt, die inakzeptable Inhalte haben?
Wieviele Leute tanzen und singen lautstark zu Liedern, deren Text auf deutsch als übelste Nazischeiße gelten würde?

(Meldungen übernommen von indymedia.italy)
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Ergänzungen

Mal von der anderen Seite

StudentHH 20.06.2005 - 21:53

Weitere Artikel und Diskussionen

StudentHH 20.06.2005 - 21:59
 http://www.riddim.de/feature.php?id=268
 http://www.riddim.de/feature.php?id=269
 http://www.riddim.de/feature.php?id=267

lange Diskussion in der wichtigsten Online-Reggae-Community

 http://dancehallmusic.de/forum2/thread.php?threadid=890&sid=&hilight=homophobie

Homophobie und wie die Reggae-Community damit umgeht und umgehen kann ist eines der meistdiskutierten Themen in der hiesigen Reggae-Szene. Wie der oben erwähnte Diskussionstrang zeigt.

Viele der in der linken Szene involvierten Sounds, DJs und Künstler distanzieren sich offen von Homophobie in der Reggaeszene.

Nicht nur homophob

Kuno 21.06.2005 - 00:08
Bad Vibrations
Freundlicher Hinweis auf die Bedeutung von Dreadlocks

Zunächst beziehen sich die Rastas auf die Bibel, auf das sogenannte "Nazarite Law" (4. Mose 6:5), in dem vorgeschrieben wird, daß für die Zeit ihres Gelöbnisses weder Schere noch Messer das Haupt besonders geheiligter Personen berühren darf.
Die Trennung von sakral und profan, von Religion und Leben, wie sie sich in unserer Gesellschaft mehr oder weniger stark ausgebildet hat, lehnt Rasta gerade ab.

Rasta-Frauen: Marginalisierung

Frauen waren in der Rasta-Bewegung von Anfang an in der Minderheit. Zu einer Marginalisierung von Rasta-Frauen im rituellen Kontext kam es jedoch erst ab den 50er Jahren: Ein großer Teil der radikalen Dreadlocks-Rastas, die in den 50er und 60er Jahren entscheidend an der Entwicklung der grundlegenden Vorstellungen, Verhaltensweisen und Tabus der Rasta-Livity beteiligt waren, praktizierte eine asketische Lebensweise und hielt sich von Frauen fern. Aus dieser Zeit stammt die noch heute bei vielen Rasta-Männern vorherrschende Auffassung, daß Frauen für Männer (wegen der Erregung von sexueller Lust und Eifersucht) eine Ablenkung von religiöser Kontemplation bedeuten und in diesem Sinne als unrein gelten.

Rasta-Frauen attackieren vor allem folgende weit verbreiteten Einstellungen bzw. Praktiken:
- die Auffassung, eine Rasta-Frau könne nur durch ihren Kingman göttliche Inspiration erlangen;
- die Ausschließung oder Marginalisierung von Frauen bei Rasta-Ritualen;
- Konzeptionen von einer Unreinheit der Frauen, vor allem im Zusammenhang mit der Menstruation;
- orthodoxe Kleidungsvorschriften;
- das Tabu, Verhütungsmittel zu verwenden;
- Polygynie.

Kritische Rasta-Frauen vermeiden oft eine Zuspitzung und ein öffentliches Austragen von Konflikten innerhalb der Bewegung, um nicht dem Babylon-System Argumente für die Bekämpfung der Bewegung zu liefern.

Ausschluß

Am Reasoning der orthodoxen Rastas nehmen Frauen höchstens als Zuhöherinnen teil, und auch am Trommeln, Singen und Tanzen während der Nyabinghi-Veranstaltungen beteiligen sich meist ausschließlich Männer. In orthodosen Rasta-Gruppen ist es außerdem üblich, daß Rasta-Frauen nicht mit den Männern zusammen Ganja rauchen. Nach Auffassung orthodoxer Rastas gehören Gehorsamkeit, Bescheidenheit und Zurückhaltung zu den wichtigsten Verhaltensweisen, die von einer Rasta-Frau erwartet werden. Die entscheidende Bibelstelle, die den Rastas als Begründung für die Unterordnung der Frauen dient, ist Epheser 5,22-24. Dort heißt es:

"Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn (Christus); denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Kirche ist; er hat sie gerettet, denn sie ist sein Leib. Wie aber die Kirche sich Christus unterordnet, sollen sich Frauen in allem den Männern unterordnen."

Während Rastas ansonsten bei ihrer Interpretation der Bibel sehr kreativ sind, wird diese Stelle von den meisten orthodoxen Rastas wörtlich genommen.

Verhüllung

Nach Ansicht orthodoxer Rastas dürfen Frauen keine Hosen tragen. Von ihnen wird erwartet, daß sie weite Kleidung tragen, um eine Betonung der weiblichen Körperformen zu vermeiden. Arme und Beine der Frauen sollen möglichst vollständig bedeckt sein. Die Beachtung dieser Kleidungsregeln soll bewirken, daß Rasta-Frauen weder in der Öffentlichkeit noch innerhalb von Rasta-Gemeinschaften bei Männern "unreine Gedanken" hervorrufen. Aus demselben Grund müssen nach der orthodoxen Auffassung Rasta-Frauen jederzeit ihre Dreadlocks bedecken, während das für Rasta-Männer nur in der Öffentlichkeit gilt. Außerdem ist das Auftragen von Make-up nach orthodoxer Ansicht für Rasta-Frauen tabu.

Gebärverweigerung macht Frauen zu Parasiten

Für die meisten Rastas ist Abtreibung Mord und damit eine der schlimmsten Sünden. Viele lehnen auch jede Art von Verhütungsmitteln kategorisch ab. Sie betrachten die Maßnahmen zur Geburtenkontrolle nicht nur als Manipulation der Natur durch den Menschen, sondern sehen darin auch eine konspirative Taktik Babylons, die darauf abzielt, alle schwarzen Menschen auszurotten.

Brother Miguel: "Abortion"

Don't make them tie off your tubes
my sisters
Don't make them steralize you
my brothers
Don't make them turn you into a cemetary my sisters
Fire for the pill
Don't be a seedless tree
That take but do not reproduce
That accept, but do not give
Then you are a parasite

Unreinheit

Viele Rastas nehmen keine Mahlzeit an, die von einer menstruierenden Frau gekocht wurde. Die extremste Form des Menstruationstabus herrscht bei den Bobo Dreads [zu denen sich Junior Reid zählt]. In deren Kommune müssen sich menstruierende Frauen vom ersten Tag ihrer Periode an für insgesamt 16 bis 20 Tage in ein sogenanntes Menstruationshaus zurückziehen. Während dieser Zeit ist ihnen jeglicher Kontakt zu den übrigen Mitgliedern der Kommune, vor allem mit den Bobo-Männern, untersagt.

Unnatürlich

Homosexualitat wird von ihnen mit Sextourismus und westlicher Dekadenz assoziiert. Sie gilt als eine Erfindung Babylons, also als etwas, was zur Zeit der Ancient days nicht existierte; deshalb halten die Rastas Homosexualität für unnatürlich und unafrikanisch. Die Behauptung, daß Homosexualität eine Erfindung der Europäer sei und im "alten Afrika" nicht existiert habe, wird auch in Afrika sehr oft benutzt, um die Tabuisierung von Homosexualität zu rechtfertigen (wie zum Beispiel in Mugabes Wahlkampfkampagne in Simbabwe).

Ethnopluralismus: Zurück zu den Wurzeln

Wenn es zum Beispiel in einer aktuellen Repatriation-Hymne (Bushman 2001: "Yadd Away Home") nicht nur "Africa for Africans" heißt, sondern unter anderem auch "Europe for Europeans" und "Italy for Italians", so stimmen diese Slogans - nimmt man sie aus dem symbolischen Rasta-Kontext heraus - sogar mit den Forderungen weißer europäischer Rassisten überein, die die Immigration aus den Entwicklungsländern nach Europa verhindern bzw. rückgängig machen wollen! [Fußnote: Zu einer Übereinstimmung weißer Rassisten mit den Forderungen von Angehörigen der afrikanischen Diaspora nach Repatriation kam es bereits Ende des 18. Jahrhunderts in England im Zusammenhang mit der Gründung von Sierra Leone (s. Bishton 1986: 73f.). Und auch Marcus Garvey erhielt in den USA Beifall von weißen Rassisten für seine separatistische Back-to-Africa-Rhetorik (s. Bilbo 1939 in Cronon 1973: 135-147)]

Die Schaffung des Eigenen soll eben gerade nicht ein Akt menschlicher Kreativität sein, denn menschliches Tun kann für Rasta nur zur Trennung dessen, was zusammengehört, führen. Das Schaffen des Eigenen ist… vielmehr ein Wiederfinden, ein Zurückführen zu etwas, was als Quelle angenommen wird.

Babylon muß brennen

Viele Rastafarians sind der Ansicht, daß die weiße Rasse als solche eine Verirrung ist. Ein Sündenfall, die Abkehr vom wahren, schwarzen Gott, ließ die Haut ausbleichen.

Das symbolische Niederbrennen Babylons ("burning down Babylon") ist das zentrale Anliegen der Rastas bei ihren Nyabinghi-Zusammenkünften.
Blood and Fire ist eine weitere häufig von den Rastas verwendete Formel: Damit soll ausgedrückt werden, daß das Blut der Unterdrücker ("downpressors") fließen muß, wenn Selassie sie mit seinem kosmischen Feuer verbrennt.

3. November 2002, Düsseldorf, ZAKK. "Give me some fire ... Burn down Babylon!", ruft Mellow Mark, der zusammen mit seiner Gitarre das Vorprogramm für Gentleman bestreitet…
Dann kommt Gentleman mit seiner Band auf die Bühne und läßt sich von der Massive feiern. Auch er trägt mit seinen Liedern zur Vernichtung Babylons bei: "A-just di fire-a-go bun dem. A-just di fire-a-go blaze dem...". Deutsche Reggae-Artists wie Gentleman und Patrice sind nicht nur mit dem "Reggae-Virus" infiziert, sondern auch stark von Rastafari-Ideen beeinflußt.

Quellen: Volker Barsch: Rastafari - Von Babylon nach Afrika, Ventil Verlag Mainz 2003, S. 129ff., 133f., 141ff., 151, 170; Wolfgang Bender (Hg.): Rastafari - Kunst aus Jamaika, Bremen 1992, S. 12, 17f., 22f.

taken from  http://www.myblog.de/comment.php?blog=classless&id=914174

pop mali

khp 21.06.2005 - 00:53
bob marley hat zB auch ggn babylon gesungen, aber weil hier arme und beherrschbare menschen produziert werden und nicht weil die weissen nix wert sein sollen.
dessen frauen und schwulenbild geht aus den songs die ich von ihm habe nicht direkt hervor, ist aber nach dem was ich gelesen/gehört hab unter aller sau gewesen.
ich liebe die music und die texte und stelle mir vor, bis heute hätte er fortschrittliche/selbstverständliche standpunkte bezogen; somit gelernt.
schliesslich hat er auch gelernt, dass kommies ordnung durch den starken staat erreichen wollen und somit denen den rücken gekehrt, die unfreiheit wollen.
ps: ich wollte auf das sizzla-konzi in osna(oder bielefeld?)...
dank sei meiner schmalen börse, dass ich nicht hinkonnte, nu weiss ich mehr und muss zugeben, dass ich von einer menge drekstypen musik gezogen habe die ich mag/mochte und nun lieber liegen lasse.
uch will den spass am reggae nicht verlieren, dachte immer das wär musi für unity unter den leutz.naiv.


bob marley 4 ever !!!!!!!!!!!

@Kuno

StudentHH 21.06.2005 - 10:42
der gepostete Artikel von Kuno ist tendenziös und beleuchtet nur teilbereiche.

dazu muss gesagt werden, dass es keine offizielle kirche und somit auch keine offiziellen direktiven oder rituale gibt. einzelne strömungen sind erzkonservativ und dogmatisch (wie z.b. bobos) andere jedoch weltoffen und größtenteils sehr tolerant (wie zb. twelve tribes)

die pauschalisierungen in der ergänzung von kuno sind sehr destruktiv!

mehr infos zur kampagne gegen

der nestscheisser 21.06.2005 - 11:22
mehr infos zur kampagne gegen murder music in britain gibt es auf der seite von outrage! -  http://outrage.nabumedia.com/briefing.asp?ID=43

Um einige Punkte klarzustellen

Alto 21.06.2005 - 14:19
Es ist natürlich einfach, von etwas zu reden, wovon mensch nur das kennt, was allgemein als Klischee gilt. Auf die Idee, zum Beispiel ein Rasta-Forum im Internet zu besuchen und mit den Leuten dort zu sprechen, um sich ein eigenes Bild zu machen, kommt natürlich keiner. Wäre ja auch zu aufwendig. Lieber das weiterverbreiten, was mensch so liest. Wird ja schon stimmen!
Manchmal kann ich dem, was sich so links nennt, nur mein bööööses Babylon verbrennendes Feuer senden! Hatte gedacht, die Linke wäre kritischer.

Zur Homophobie:
Die Homophobie ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen in Jamaika und rührt nicht durch Rastafari her. Ich möchte nicht abstreiten, dass einige Rastas Homophobie offen unterstützen oder oder unterstützt haben (siehe Sizzla, Capleton, Buju Banton), aber der Großteil der heutigen Dancehall-Artists, die homophobie und sexistische Texte verbreiten, sind keine Rastas (allen voran z.B. TOK). Es ist natürlich einfach, und sieht der Linken auch sehr ähnlich, die ganze Homophobie-Sache wieder auf eine andere Minderheit abzuschieben, nämlich die Rastas. Die meisten Rastas werden Homosexuelle nicht mögen, aber das letzte, was sie machen würden, wäre, ihnen etwas anzutun. Dafür fürchten Rastas viel zu sehr JAH Judgement und dass sie nach dem Armageddon keinen Platz an JAHs Thron bekommen. Diejenigen, die jetzt gegen Schwule hetzen und deren Tod fordern, verkörpern genau das, was die rechtschaffenden Rastas unter Babylon zählen: Hass. Der Auffassung sind viele Schwestern und Brüder.
Ich finde es nicht falsch, gegen homophobe Lyrics vorzugehen. Aber die Art und Weise finde ich daneben. Habe noch nicht mitbekommen, dass irgendeine Homosexuellen-Organisation ernsthaft versucht hätte, mit den besagten Artists ins direkte Gespräch zu kommen. Stattdessen werden die Artists öffentlich angeprangert und es wird versucht, ihren Ruf zu schädigen, auf dass ihre Karriere kaputtgehe. Das (!) erinnert mich manchmal an die Methoden der Nazis.

Zur Back to Afrika-Sache:
Auf die meisten von euch trifft zu, dass eure Vorfahren vor 500 Jahren im großen Stil AfrikanerInnen versklavt und geknechtet haben. Dass diese Sache bleibende Schäden im Bewusstsein der Schwarzen hinterlassen hat, dürfte nicht abzustreiten sein. Das ist vergleichbar mit dem Hass der Islamisten auf alles Westliche/Christliche. Dieser Hass ist zur Zeit der Kreuzzüge entstanden. Nun wollen die Nachfahren der aus Afrika verschleppten Sklaven nach Afrika zurückkehren. Ich verstehe nicht, was daran falsch sein soll.
Auch, dass eineR meiner VorrednerInnen schrieb, diese Slogans stimmen - nehme man sie aus dem Rasta-Kontext heraus - "sogar mit den Forderungen weißer europäischer Rassisten überein, die die Immigration aus den Entwicklungsländern nach Europa verhindern bzw. rückgängig machen wollen!" ist gar lächerlich. Es dürfte klar sein, dass in diesem Fall die Slogans NIEMALS aus dem Rasta-Kontext zu nehmen sind, da sie in diesem Kontext eine komplett andere Bedeutung haben, als wenn europäische Nazis sowas sagen.

Zum weitverbreiteten Klischee der Frauen-Unterdrückung:
Einerseits aus linker Sicht auf die Bobo Shanti und deren Reinheitsgebote zutreffend, andererseits gänzlich falsch in Bezug auf zum Beispiel die Twelve Tribes of Israel (bei denen die bösen Weißen übrigens willkommen sind; wie kann das sein, wo doch ALLE Rastas Weißen-Hasser sind? *augenroll*) oder einige freie Rasta-Gruppen.
Zu den Nyabinghi: Keine Frau darf die Trommeln selber spielen, sondern nur zuhören? Merkwürdig, warum habe ich dann eine gute Bekannte, die selbst seit geraumer Zeit auf Nyabinghi-Gatherings die Drums spielt? Müsste doch verboten sein...

Zur Babylon-Sache:
Rastas haben, was das angeht, weitgehend Ansichten, die sich mit linken bzw linksradikalen Standpunkten decken. Sowohl Rastas als auch Linksradikale lehnen Kapitalismus, Kirchen und Nationalstaaten*) ab. Beide Lager kämpfen für mehr Gerechtigkeit und gegen das Schweine-System (bei Rastas: Shitstem).
*) Die meisten Rastas streben eine teilweise hierarchische, aber im großen und ganzen weltlich-herrschaftslose und nicht auf Nationalstaaten basierende Gesellschaft an und akzeptieren einzig und allein die Herrschaft JAHs.

Warum kann sich die Linke nicht einmal mit existentielleren Dingen beschäftigen? Homophobie in Dancehall-Texten (bei Roots Reggae übrigens kaum vorhanden) sollte ernstgenommen und angegangen werden, aber dann bitte nicht nach Nazi-Methodik, sondern in vernünftiger Art und Weise. Da ist sicherlich längerfristig was zu erreichen.

@alto

der nestscheisser 21.06.2005 - 20:44
alto wrote: "Habe noch nicht mitbekommen, dass irgendeine Homosexuellen-Organisation ernsthaft versucht hätte, mit den besagten Artists ins direkte Gespräch zu kommen. Stattdessen werden die Artists öffentlich angeprangert und es wird versucht, ihren Ruf zu schädigen, auf dass ihre Karriere kaputtgehe. Das (!) erinnert mich manchmal an die Methoden der Nazis."

wuerdest du versuchen, mit leuten zu reden, die oeffentlich propagieren, dich umzubringen, nur weil du lbgt bist? findest du die einen karriereknick fuer menschen, welche zur ermordung von schwulen und lesben aufrufen schlimm? ich nicht. und dein nazivegleich ist einfach nur daneben.

alto wrote: "Die meisten Rastas streben eine teilweise hierarchische, aber im großen und ganzen weltlich-herrschaftslose und nicht auf Nationalstaaten basierende Gesellschaft an und akzeptieren einzig und allein die Herrschaft JAHs."

bei JAH handelt es sich um den aethiopischen kaiser haile selassie (1892-1975, buergerlicher ... ups adliger name ras tafari makonnen), der von (denke von allen rastas) als gott/messias verehrt wird ... absolutistischer monarch, verantwortlich fuer die annektion eritreas, unterdrueckung der nicht christlichen und nicht amharischen teile der aethiopischen bevoelkerung, unterdrueckung der opposition und das nichthandeln des staates im laufe der hungerkatastrophe 1973 ... ein machthaber wie jeder andere ... und auf eine theokratie habe ich nun ueberhaupt kein bock

alto wrote: "Warum kann sich die Linke nicht einmal mit existentielleren Dingen beschäftigen? Homophobie in Dancehall-Texten (bei Roots Reggae übrigens kaum vorhanden) sollte ernstgenommen und angegangen werden, aber dann bitte nicht nach Nazi-Methodik, sondern in vernünftiger Art und Weise. Da ist sicherlich längerfristig was zu erreichen."

und nochmal der ekelhafte nazivergleich ... auf jamaika wurden in den letzten jahren schwule und lesben angegriffen, geschlagen, misshandelt und teilweise, wie brian williamson, sprecher der lesbisch-schwulen menschenrechtsorganisation j-flag ermordet, (maennliche) homosexualitaet wird (nach einem aus der kolonialzeit stammenden) gesetz strafrechtlich verfolgt und einige musiker liefern den soundtrack zu diesen angriffen, rufen zum mord auf ... so etwas nicht existentiell zu nennen ist fuer mich unbegreifbar

weitere links zum thema:

 http://www.globalgayz.com/g-jamaica.html
 http://outrage.nabumedia.com/briefing.asp?ID=86
 http://www.jflag.org/
 http://www.humanrightswatch.org/doc?t=americas&c=jamaic

p.s.: die sportartikelfirma puma hatte 2004 einige der genannten homophoben musiker als werbetraeger verpflichtet

auch österreich auftritt von sizzla abgesagt

r 22.06.2005 - 10:00
auch der österreich auftritt von sizzla wurde abgesagt. nicht weil die veranstalterInnen in problem mit homophobie hätten, aber lest selbst ...

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Wir waren ebenso überrascht und betroffen, dass SIZZLA nicht kommen konnte, da der Band in Frankreich und England seitens der Regierung acht (8) Konzerte über Nacht abgesagt wurden - "aus Protesten gegen homophobe Äußerungen einiger Reggae-Stars ..."! SIZZLA (bzw. das Bandmanagement) bedauerte deshalb, den für Wiesen geplanten Tourneestart nicht wahrnehmen zu können.
Als kleine Entschädigung hat sich SIZZLA´s Plattenfirma spontan dazu bereit erklärt, all jenen, die wegen dem Ausfall am Springvibration Festival besonders enttäuscht sind, Sizzla`s kommendes neues Album "Soul Deep" (VÖ: 11.07.) zum Selbstkostenpreis von EUR 10,-- + MWSt (anstatt EUR 18,-- - 20,-- im Handel) zur Verfügung zu stellen. Dieses Angebot gilt ausschliesslich für Besucher des Festivals am 17.06. in Wiesen.
Bei Interesse nehmen wir die Bestellungen ab sofort unter  office@wiesen.at entgegen und leiten sie postwendend an die Plattenfirma weiter.

Für alle, die sich von der Absage nicht entmutigen ließen, wurde es dennoch ein gemütliches Festival mit jeder Menge good Vibes und Stimmung.

 http://www.wiesen.at/

@ Nestscheisser

alto 22.06.2005 - 18:01
Zitat: "wuerdest du versuchen, mit leuten zu reden, die oeffentlich propagieren, dich umzubringen, nur weil du lbgt bist? findest du die einen karriereknick fuer menschen, welche zur ermordung von schwulen und lesben aufrufen schlimm? ich nicht. und dein nazivegleich ist einfach nur daneben." Zitat Ende

Das ist lächerlich. Du glaubst doch wohl selber nicht, dass ein bekannter Musiker, der homophobe Ansichten vertritt, einem Vertreter oder einer Vertreterin einer Homosexuellenorganisation bei einem direkten Gespräch was antun oder sie gar töten würde. Danach hätte er seine Karriere entgültig zerstört. Auch eine Verweigerung des Gespräches kann sich schon negativ auf seine Karriere auswirken. It's all about money, und ich glaube kaum, dass ein erfolgreicher jamaikanischer Sänger, und sei er noch so homophob, niemals seine Karriere gegen einen äußerst unangenehmen Knastaufenthalt und ruinierten Ruf eintauschen wollte.
Es scheint zumindest, dass gewisse Organisationen auch nicht ernsthaft an einer Lösung des Problems interessiert sind, sonst würden sie sich nicht solcher Methoden bedienen.

Zitat: "bei JAH handelt es sich um den aethiopischen kaiser haile selassie (1892-1975, buergerlicher ... ups adliger name ras tafari makonnen), der von (denke von allen rastas) als gott/messias verehrt wird ... absolutistischer monarch, verantwortlich fuer die annektion eritreas, unterdrueckung der nicht christlichen und nicht amharischen teile der aethiopischen bevoelkerung, unterdrueckung der opposition und das nichthandeln des staates im laufe der hungerkatastrophe 1973 ... ein machthaber wie jeder andere ... und auf eine theokratie habe ich nun ueberhaupt kein bock"

Wer JAH, beziehungsweise Haile Selassie ist, brauchst du mir nicht erzählen. Haile Selassie I. hat das feudale und aristokratische Äthiopien gewissermaßenm aus dem Mittelalter in die Neuzeit geholt. Er hat wesentlich zur Bildung der UN beigetragen und sich auch sonst sehr für den Weltfrieden engagiert. Es ist natürlich bei den ach so kritischen Linken wieder typisch, nur das Negative hervorzuheben. Dass die Meisten aller (jetzt älteren) ÄthiopierInnen sagen, dass es ihnen unter Haile Selassie I. so gut ging, wie seit dem nie wieder, ist ja auch völlig unerheblich.
Die Monarchie Selassie I.'s war NICHTS im Gegensatz zum stalinistischen Regime Mengistus, das sich an den Putsch gegen Selassie I. anschloss. Mengistu hat einige fortschrittliche Errungenschaften wieder zunichte gemacht.
Und dass DU auf eine Theokratie "ueberhaupt kein bock" hast, ist ganz alleine DEINE Entscheidung. Es gibt Leute, die in einer Theokratie leben möchten. Und wenn du ihnen das Recht darauf absprichst (und das hast du indirekt mit deinem Post getan), dann bist du nicht besser, als homophobe Reggaesänger die "bun battyman" zelebrieren.

Zitat: "und nochmal der ekelhafte nazivergleich ... auf jamaika wurden in den letzten jahren schwule und lesben angegriffen, geschlagen, misshandelt und teilweise, wie brian williamson, sprecher der lesbisch-schwulen menschenrechtsorganisation j-flag ermordet, (maennliche) homosexualitaet wird (nach einem aus der kolonialzeit stammenden) gesetz strafrechtlich verfolgt und einige musiker liefern den soundtrack zu diesen angriffen, rufen zum mord auf ... so etwas nicht existentiell zu nennen ist fuer mich unbegreifbar" Zitat Ende

Das Gesetz stammt aus der Kolonialzeit, das stimmt. Es ist ein großer Fehler, dass die Regierung(en) Jamaikas die ganze lange Zeit versäumt haben, dieses Gesetz abzuschaffen. Dass in Jamaika Homosexuelle auf offener Straße ermordet werden, ist mir nicht neu. Wie ich bereits sagte, ist Homophobie ein gesamtgesellschaftliches Phänomen auf Jamaika. Es betrifft somit ALLE Bevölkerungsgruppen. Und ich betone nochmal, dass kein Rasta jemals einen Menschen, so sehr er ihn auch hasst, aus im voherigen Posting genannten Gründen töten würde. Dass einige Rasta-Sänger die ganze Battyman-Szenerie mit ihrer Musik weiter anfeuern, finde ich auch nicht gut. Sollte iegentlich auch deutlich geworden sein. Es gibt nur existentiellere Dinge, mit denen sich die deutsche Linke auseinandersetzen sollte.

@alto

bob 23.06.2005 - 15:17
Für mich als "schwuler deutscher (??) linker" um noch ein Adjektiv anzuführen ist es ein existenzielles Problem, wenn MusikerInnen egal welcher Richtungen dermaßen an der Verbreitung von Homophobie und Hass beteiligt sind. Was sind denn existenzielle Probleme: Nazikonzerte, Naziaufmärsche, Hartz 4 usw.? So wie du das formulierst gibt´s halt einen Hauptwiderspruch oder Hauptfeind, den Linke anzugreifen haben und die anderen Kinkerlitzchen a la homophobe Reggaestars sollen quasi links liegen gelassen werden. Das ist eine Position, die ich so einfach nicht stehen lassen kann - für mich geht´s um Emanzipation und Selbstbestimmung in ALLEN Lebensbereichen und entsprechend wehre ich mich gegen alle Einschränkungen - ob ich jetzt am Arbeitsplatz ausgebeutet oder von Nazis bedroht werde, ob Reggaestars homophoben Hass verbreiten oder das Patriarchat mir vorschreiben will, wie ich als "Mann" zu sein habe oder Frauen in ihrem gesamten Leben einschränkt: es geht um den Kampf gegen die GANZE Scheiße, entsprechend gibt`s für mich halt nicht bestimmte existenziellere Probleme, um die ich mich ausschließlich kümmern soll. Klar verschieben sich die Schwerpunkte, aber homophobe Übergriffe können für mich halt genauso existenziell bedrohend sein oder noch bedrohender als z.B. die Ausbeutung an meinem Arbeitsplatz...

Rasta und Gothic - wer ist schlimmer ?

Gothic 11.11.2005 - 08:26
Zunächst beziehen sich die Rastas auf die Bibel, auf das sogenannte "Nazarite Law" (4. Mose 6:5), in dem vorgeschrieben wird, daß für die Zeit ihres Gelöbnisses weder Schere noch Messer das Haupt besonders geheiligter Personen berühren darf.

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Wer sagt denn daß alle Dreadlock-Träger "besonders heilige Personen" sind, und wann ist die Zeit ihre Gelöbnisses ? Dann dürften sie sich irgendwann ja wieder die Haare schneiden wenn das Gelöbnis vorbei ist.

Nun zu meinem eigentlichen anliegen:

Was ich hier von Kuno über die Rasta-Szene gelesen habe ist zutiefst schockierend.
Schon seit langem ist beispielsweise die Gothic-Szene ins Blickfeld der Antifa gerückt, weil manche Bands angeblich rechts sind, und man befürchtet eine rechtsradikale Politisierung der Szene usw.
Gruppen wie "Grufties gegen Rechts" haben sich gebildet.
Doch warum gibt es keine "Rastas gegen Rechts" die sich gegen homophobe erzreaktionäre Scheisse in der Rasta-Szene stark machen ?
In der Rasta-Szene gibt es mit Sicherheit mehr Handlungsbedarf als bei den Gothics, denn soviel erzreaktionäre rechte Scheisse wie Kuno in seinem Bericht aufgezählt hat gibt es bei den Gothics nicht.
Ich glaube das liegt daran daß alles nicht-deutsche, und vor allem afrikanische, jamaikanische, was mit Kiffen zu tun hat, bei Antifas total verherrlicht wird. Nur so konnte es möglich sein daß eine widerliche homophobe und frauenfeindliche Szene jahrzehntelang unbemerkt blieb, aber eine harmlose unpolitische Szene wie Gothic sofort angegriffen wurde, nur weil es ein paar rechte Bands gibt.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Recht hat er — Antiamerikaner

hey jo — bob

@mensch — StudentHH

You shoulda love di reggae music — Stopp homophobia

Rastafari ist reaktionär — Revolutionär

Schwierig ,das — N.N.