Reaktionen auf Prozess in Gießen

AbwehrspielerIn der Ordnung 17.05.2005 13:47 Themen: Repression
Am 4.5.2005 wurden gegen zwei Projektwerkstättler in Gießen erneut harte Urteile gesprochen. Nach einem langen Prozess verzichtete das Gericht unter Leitung von Gertraud Brühl fast durchgängig darauf, die ZeugInnenaussagen im Prozess überhaupt zu bewerten und baute mit dem Urteilsspruch jeweils nur auf Einzeldetails auf. Widersprüche wurden einfach ignoriert. Inzwischen sind zwei Wochen vergangen und es zeigen sich verschiedene Wirkungen: Die Justiz bleibt bei ihrem Stil der Kriminalisierung und nimmt weitere unerwünschte Personen aufs Korn. Die Verurteilten versuchen die Revision, aber das bringt Probleme mit sich, weil es ohne RechtsanwältInnen nicht geht. Und rundherum gibt es, wie schon während des Prozessverlaufs, eher wenig Aktivitäten in Gießen.
Hier folgt ein Überblick über die Reaktionen seit dem 4.5.2005.

Pressereaktionen

Wie sich schon während des Prozesses abzeichnete, veränderte sich die Wahrnehmung des Prozesses außerhalb der Polizei- und Justizkreise allmählich. Der „Giessener Anzeiger“ veröffentlichte einen Kommentar, in dem stand: „Denn das Urteil ist auch eine Machtdemonstration staatlicher Gewalt“. Bemerkenswert war der spätere Kommentar des bisher nur als Hetzer auftretenden Stadtredaktionschef der Gießener Allgemeine, Guido Tamme ( http://www.hetzer-tamme.de.vu) zum Urteil und Prozessverlauf. Neben neuen Diffamierungen schrieb er auch: „Auf einem anderen Blatt steht, dass die hiesige Polizei und Justiz sich nicht immer mit Ruhm bekleckerten, was den Umgang mit dem selbsternannten Berufsrevolutionär angeht“ (siehe Abbildung).


Parlamentarisches Nachspiel um Bulleneinsätze

In der Gießener Stadtverordnetenversammlung wurden die verschiedenen Polizeieinsätze auf Antrag der PDS thematisiert. Dabei startete der cholerische FWG-Chef Zippel, der schon einmal den Staatsanwalt gegen den PDSler Janitzki einsetzen wollte, gleich einen bemerkenswerten Angriff und stellte Fragen an die PDS – wieweit sie mit der Projektwerkstatt Kontakte hat, schwallte über Gelder usw. Nach Gail beweist damit der nächste Spitzenpolitiker in Gießen, dass er es schon für verwerflich hält, wenn Menschen miteinander reden. Welche Republik denen vorschwebt, ist deutlich zu erkennen ...
Die Presse berichtete über die Debatte:
- Gießener Allgemeine: Auszug siehe Abbildung
- Gießener Anzeiger:  http://www.giessener-anzeiger.de/sixcms/detail.php?id=1715880&template_id=2634&_adtag=localnews&_zeitungstitel=1133842&_dpa=


Angriff auf missliebigen PDSler

Bei soviel Kritik schlägt die Gießener Elite natürlich zurück ... und zwar wieder in Form eines absurden Gerichtsverfahrens. Gegen Janitzki läuft inzwischen ein Verfahren wegen Falschaussage vor Gericht – und zwar auch im Prozess gegen Projektwerkstättler. Dort hatte er formuliert, dass am 11.1.2003 die Attacke der Polizei auf die Demonstration „überfallartig“ war. Das hatten aber auch mehrere andere Zeugen so geschildert – bemerkenswert also, dass nur Janitzki ein Verfahren hat. Offensichtlich wird hier wieder die Gesinnungsjustiz in Gießen.
Allerdings dürfte ein solches Verfahren auch Chancen bieten, wird die ganze Geschichte doch noch mal aufgerollt. Diesmal kann das Gericht die Zeugenaussagen nicht einfach verschweigen wie Richterin Brühl und ihre Verurteilungscrew im Prozess gegen Projektwerkstättler. Bislang hat die Staatsanwaltschaft gegenüber die Presse auch nur eine Begründung für den Tatverdacht gegen Janitzki gegeben: Die Polizei hat was anderes gesagt ... und die hat ja immer recht, wie hier nochmals amtlich bestätigt wird, dass in der Justiz so gedacht wird.
Gießener Justiz ist Gesinnungsjustiz, Staatsanwälte und Richter zumindest zu einem großen Teil willige VollstreckerInnen ihrer Brötchengeber und damit die Kritik der Angeklagten im Prozess gegen die Projektwerkstättler auch nochmals gut belegt.


Aktionsmöglichkeiten der anderen ZeugInnen?

Jetzt wird interessant, ob sich die anderen Zeugen hier wie auch zum Urteil gegen Projektwerkstättler ebenfalls äußern – oder ob sie die verurteilten Projektwerkstättler und den PDSler Janitzki im Regen stehen lassen. Denkbar wäre eine gemeinsame Erklärung zu den Abläufen.
Der einzige nicht aus politischen Zusammenhängen stammende Entlastungszeuge hat das von Hamburg aus schon gemacht, ohne dass er auf einen Abstimmungsprozess zu dem Ganzen waretete, den es in Gießen leider schlicht nicht gibt und der möglicherweise auch an den klassischen Gruppengrenzen scheitern wird. In der Gießener Allgemeinen erschien sein Leserbrief (siehe Abbildung) mit einer klaren Position zu den Abläufen und zum diesbezüglich falschen Urteilsspruch.


Formale Möglichkeiten für die Verurteilten

Beide Angeklagten haben Revision eingelegt. Die Revisionsbegründung muss nach Vorlage des schriftlichen Urteils erfolgen. Die Revision ist nur mit Rechtsanwälten möglich, dass ist per Gesetz vorgeschrieben. Allerdings haben die bisherigen RechtsanwältInnen schon durchblicken lassen, nur gegen viel Geld das zu machen. Eine Lösung dieses Desasters und der Abhängigkeit von den Formal- und ExpertInnenstrukturen für die Angeklagten ist nicht zu sehen ...
Immer absurder wird auf jeden Fall die Ablehnung der Beiordnungen von Pflichtverteidigern. Begründung war damals, dass das Verfahren einfach gelagert ist. Inzwischen gibt es drei offizielle Verfahren wegen Falschaussagen allein zu diesem Prozess. Und wie viele es noch werden, ist offen. Einfach?


Wenn das schriftliche Urteil zugeschickt wird, wird es auch im Internet veröffentlicht. Weitere Reaktionen und die vollständigen Zeitungstexte werden unter  http://www.projektwerkstatt.de/antirepression/prozesse/urteil2.html gesammelt. Zum verfolgungswahnsinnigen Staatsanwalt Vaupel gibt es jetzt auch eine Seite unter  http://www.staatsanwalt-vaupel.de.vu.
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