Goppel wirft Studierenden Nazi-Methoden vor

Prim135@gmx.de 16.05.2005 17:35 Themen: Bildung
An der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt verhinderten Studierende durch anhaltendes Klatschen eine Rede des bayerischen Wirtschaftsministers Thomas Goppel (CSU). Der verglich dieses Verhalten daraufhin mit den Methoden der Nazis.
Bayerns Wissenschaftsminister wirft protestierenden Studierenden Nazi-Methoden vor

Studierende der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) haben vergangenen Donnerstag (12.05.2005) den bayerischen Wissenschaftsminister Thomas Goppel am Reden gehindert. Der CSU-Politiker war eingeladen, anlässlich der Feierlichkeiten zum 25. Jubiläum der Universität eine Ansprache zu halten. Das wurde von etwa 100 Studierenden unmöglich gemacht, die mit nicht enden wollendem Applaus gegen die Kürzungen im Hochschuletat und die geplante Einführung von Studiengebühren anklatschten. Goppel warf ihnen daraufhin mangelndes Demokratieverständnis und Nazimethoden vor. Im DONAUKURIER wird er mit dem Aussage zitiert das studentische Verhalten sei ein „ Hinweis auf die Intoleranz, die wir an denen beklagt haben, die uns damals in das Schlamassel gebracht haben“. Die offizielle Studierendenvertretung an der KU zeigt sich mittlerweile „entsetzt“ von Goppels Aussagen. Sie seien „absolut unangebracht, würde- und geschmacklos“ heißt es in einer Pressemitteilung. „Außerdem sehen wir mit Bedenken, dass einzelne Studierende von Dozenten
aufgefordert wurden das Applaudieren einzustellen, wenn sie bei zukünftigen Prüfungen
keine nachteilige Behandlung in Kauf nehmen wollten. Was für ein Demokratieverständnis
aus diesem Verhalten spricht, ist aus unserer Sicht ebenfalls fraglich“.

Wie Du mir…

Im weiteren Verlauf der Feierlichkeiten war im Rahmen eines „gemütlichen Beisammenseins“ ein kabarettistischer Beitrag eines Studenten geplant. Beleidigt klatschte jetzt die andere Seite und wollte nicht mehr aufhören. Damit griffen die Gegner der Aktion zur selben Taktik, die sie vorher mit den Nazis in Zusammenhang brachten. Die satirische Veranstaltung fand daraufhin in einem anderen Raum auf.

Die Universitätsleitung hat mittlerweile angekündigt, das Gespräch mit den Studierenden zu suchen. Die sind allerdings nicht sehr gut auf ihren Universitätspräsidenten zu sprechen. Die Einladung Goppels zu den Jubiläums-Feierlichkeiten wurde von vielen als pure Provokation empfunden. Schließlich demonstrieren Studierende in Eichstätt und ganz Deutschland seit langem gegen Goppels Politik der Kürzungen und Gebühren. Oft fühlten sie sich dabei nicht ernst genommen. Eine Sitzblockade gegen die CSU-Fraktion wurde von Unipräsident Wimmer als „rührend“ bezeichnet. „Jetzt merken sie, dass es uns ernst ist“, so ein protestierender Student am Donnerstag in Eichstätt.
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Ergänzungen

Des Ministers Demokratieverständnis

LAK Bayern 16.05.2005 - 20:55
Austausch von Meinungen und Argumenten – nicht mit Thomas Goppel

Die Studierenden Bayerns und ihre demokratisch gewählten Vertretungen haben sich schon viel von Wissenschaftsminister Goppel anhören müssen. Die Diffamierungen reichten von Berufsdemonstranten bis linke Querulanten – aber mit Nazis gleichgesetzt zu werden, ist ein abartiges und geschmackloses Novum. Und eine unhaltbare Entgleisung für einen Minister, die eher einen Rücktritt als eine Entschuldigung fordert.

Die Hintergründe, warum Goppel den Nazi-Vergleich gezogen hat, sind für die Studierendenvertretungen Bayerns mehr als der blanke Hohn – und erklären das dauer-applaudierende Verhalten einiger Studierender Eichstätts. Als Rechtfertigung für die Äußerungen des Ministers erklärte am Freitag das Bayerische Wissenschaftsministerium: "Wissenschaftsminister Thomas Goppel ging es darum, dass in einem demokratischen Staat die Möglichkeit des Austausches von Meinungen und Argumenten nicht behindert werden darf."

Diese Aussagen sind der blanke Hohn und eine Absurdität, wenn man das Verhalten des Ministers und seines Ministeriums in und zu Diskussionen mit Studierenden zum Thema Studiengebühren betrachtet: So verweigert das Ministerium seit EINEM JAHR (!) ein offizielles Gespräch mit den bayerischen Studierendenvertretungen. Bei jeder Anfrage und Bitte nach einem solchen Semestergespräch werden wir auf „bald“ vertröstet. Unglaublicherweise erzählen das Ministerium und der Minister Pressevertretern von angeblich stattfindenden Gesprächen mit Studierendenvertretungen und der tollen Diskussionsbereitschaft des Ministers mit den Betroffenen seiner Politik.

An vereinzelten Hochschulen haben solche Gespräche stattgefunden. Allerdings auf Anweisung des Ministers immer hinter verschlossenen Türen und unter Ausschluss der Presse. Sonst bekäme die Öffentlichkeit möglicherweise einen Einblick, wie sich der Austausch von Meinungen und Argumenten zum Thema Studiengebühren in Bayern wirklich abspielt. Der Minister blockt jede Kritik gegen die Einführung von Studiengebühren konsequent ab – er hält es nicht für nötig darüber zu diskutieren, da die Einführung ja „schon beschlossene Sache“ sei. Konstruktive Kritik und sinnvolle Gründe, die für eine kostenfreie Bildung sprechen, werden vom Minister überhört und ignoriert. Auch der Wunsch nach mehr Demokratie an den Hochschulen und nach demokratischen Vertretungsstrukturen für die Studierenden wird von ihm konsequent als „linke Spinnerei“ diskreditiert, jede Diskussion darüber wird vom Ministerium im Keim erstickt.

So sieht das Demokratieverständnis unseres Wissenschaftsministers aus. Mit Betroffenen werden keine Diskussionen geführt - sie werden nicht einmal ernst genommen. „Dabei sind wir weit mehr als die ständigen „NEIN“-Rufer ohne Alternativen. Wir haben sinnvolle Argumente für eine kostenfreie Bildung und wir haben Alternativen für eine ausreichende Bildungsfinanzierung ohne Studiengebühren – nur interessiert sich der Herr Minister dafür nicht,“ so XXXXXXX, Sekretär der LandesAStenKonferenz Bayern, dem landesweiten Zusammenschluss der Studierendenvertretungen. XXXXXX, ebenfalls Mitglied des Sekretariats, ergänzt: „Wer sich das Kloster Banz Papier und die Vorstellungen der ‚Mittelstraß Kommission‘ ansieht, bekommt schnell einen Überblick über die Demokratie Vorstellungen konservativer Hochschulpolitiker/innen in Bayern: Demokratisch gewählte Gremien sollen entmachtet und stattdessen eine nahezu allmächtige Führungsfigur installiert werden. Die Mitsprache von Studierenden wird nach diesen Vorstellungen auf ein Minimum reduziert und nicht – wie von Gebührenbefürworter/innen behauptet – in irgend einer Weise ausgebaut. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach defizitärem Demokratieverständnis wohl etwas anders!“

super aktion

freiburgerin 17.05.2005 - 00:41
gabs auch mal in freiburg:

Besckstein wurde und ausgeklatscht und abgeschoben

 http://de.indymedia.org/2004/04/81479.shtml

ein paar anmerkungen

th 17.05.2005 - 12:54
was oft nicht erwähnt wird, ist, dass auch unser präsi selbst sich nicht zu schade war, in die gleiche kerbe zu hauen wie unser werter Minister. Er murrte ein lautes "schande" .dies - donaukurier zu folge - "Weil es Methoden sind, die uns damals ins Unglück gestürzt haben."

Für alle die es interesiert findet man unter
 http://www1.ku-eichstaett.de/StudGrup/pegasus/online/goppel.htm
die berüchtigte rede die unser minister gegen den klatschlärm gehalten hat.

PM des AKB Rosenheim

AKB Rosenheim 18.05.2005 - 12:11
Rosenheim, 17.05.2005

AKB Rosenheim fordert Rücktritt Goppels
In der Auseinandersetzung um Studiengebühren setzte der bayerische Wissenschaftsminister Goppel (CSU) einen neuen traurigen Höhepunkt: Statt seine Position mit Argumenten zu belegen, verglich er den kreativen Protest Studierender der Katholischen Universität Eichstätt mit NS Methoden. Hinsichtlich dieser Entgleisung fordert das Aktionsbündnis für kostenlose Bildung Rosenheim (AKB) Goppels Rücktritt.
Denn dies war nicht das erste Mal, dass Goppel Studierende öffentlich diffamiert. Im April vergangenem Jahres brüllte er Anwesenden Gebührengegner/innen an der KSFH München entgegen, diese können genauso gut mit Maschinengewehren durch die Straßen laufen. Im Herbst warf er Studierenden aus sozial benachteiligten Schichten vor, sie missbrauchten die Universität als Wärmestube. Letzte Woche bezeichnete Goppel die Proteste von Studierenden indirekt als Nazimethoden. Diese hatten nichts weiter getan, als dem Minister übermäßig Beifall zu klatschen, was diesen zu seinem schlecht improvisierten Redebeitrag veranlasste. XXXXXXXX vom AKB Rosenheim hält die Fahnenstange für erreicht. Er fordert Goppel zum Rücktritt auf: „Der NS Vergleich ist ja nur die Spitze eines Eisbergs. Hinzu kommen noch die skandalösen hochschulpolitischen Verfehlungen der Ministers.“
Die größten Leistungen in der Amtszeit des Ministers seien demnach die Etatkürzungen an den Hochschulen, die Einführung einer Verwaltungsgebühr, die alleine dem Finanzminister zu Gute kommt, und die Ausrottung von Dutzenden von Studiengängen an bayerischen Hochschulen. Die Umsetzung des Bologna Prozesses erfolge nur in Millimeter Schritten, die Gestaltung der Bachelor Studienordnungen an Fachhochschulen beschränke sich zumeist auf die ideenlose Streichung eines Praxissemesters und eine fortschreitende Herabsenkung des wissenschaftlichen Anspruchs. „Die ‚größte‘ Leistung des Ministers ist die Eröffnung des ‚Elitenetzwerk Bayern‘, einer dubiosen Kaderschmiede, die auf Kosten von 99% der Studierenden geht. Den Grundstock dafür hat Goppel aber noch nicht einmal selbst gelegt – dieser geht auf den Vorgänger Zehetmaier zurück,“ so XXXXX weiter. Nach Auffassung des AKB hat der Minister demzufolge auf ganzer Linie versagt und muss deshalb zurücktreten.
Dabei ist es um das Demokratieverständnis des Ministers selbst nicht gerade zum Besten bestellt. Im Gegensatz zu allen nördlichen Bundesländern, gibt es in Bayern weiterhin keine Verfasste Studierendenschaft, von paritätisch besetzten Gremien ganz zu schweigen. Diese Forderungen der Studierenden stellen dabei das Grundgerüst des Modells einer demokratischen Hochschule dar. XXXXX weiter: „Wer sich das Kloster Banz Papier und die Vorstellungen der ‚Mittelstraß Kommission‘ ansieht, bekommt schnell einen Überblick über die Demokratie Vorstellungen konservativer Hochschulpolitiker/innen in Bayern: Gewählte Gremien sollen entmachtet und stattdessen eine nahezu allmächtige Führungsfigur installiert werden. Die Mitsprache von Studierenden wird nach diesen Vorstellungen auf ein Minimum reduziert und nicht – wie von Gebührenbefürworter/innen behauptet – in irgend einer Weise ausgebaut. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach defizitärem Demokratieverständnis wohl etwas anders!“

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