Studiproteste in Kiel

HoPo-Referat des AStA 11.05.2005 22:11 Themen: Bildung
Am Dienstag und Mittwoch haben auch an der CAU Kiel Proteste gegen Studiengebühren den "Summer of Resistance" eingeläutet.

Am Dienstag blockierten hunderte Studierende mit Fax und SMS die Leitungen des Wirtschaftsministers Austermann und seines Staatssekretärs für Bildung (de Jager).
Am Mittwoch wurde dann Solidarität mit den Hamburger Studierenden gezeigt und das Präsidium der Hamburger Uni mit Faxen versehen.
Am Montag began in Kiel die Protestplanung in Kiel mit einer Sondersitzung der Fachschaftsvertreterkonferenz (FVK), auf der unheimlich viele Interessierte Fachschaftler (mind. 50) über mögliche Aktionen diskutierten und Arbeitskreise gründeten zu konkreten Protesten.

Eine Aktion war bereits im Vorfeld durch das Fachschaftsreferat und dem HoPo-Referat vorbereitet.
Mit 3 Faxgeräten, Vordrucke, Flugblätter, Indyprintausgaben, Transparenten, Plakaten, Solishirts, Aufklebern und einer Menge engagierter Fachschaftler bewaffnet wurden die Studierenden in der Mensa über die drohenden Studiengebühren in Schleswig-Holstein informiert.

Nach der Wahl des Ministerpräsidenten haben wir jetzt auch einen neuen "Chef". Für die Wissenschaft und Hochschule ist in Schleswig-Holstein nicht mehr unsere Bildungsministerin zuständig, sondern der WIRTSCHAFTSMINISTER Austermann. S-H zeigt damit deutlich, wo die Hochschulen des Landes eingeordnet werden müssen. Bildung ist out - Profit ist angesagt.
Darum wollten wir unseren neuen Minister in seinem Amt begrüßen. Dazu verschickten interessierte Studies Faxe an sein Büro, ergänzt durch SMS auf's Festnetztelefon.
Aber auch der Staatssekretär Jost de Jager wurde nicht vergessen - auch er wurde zu seinem neuen Amt beglückwunscht.

Das Interesse und die Beteiligung der Mensagäste war riesig - die meisten beteiligten sich an den Aktionen, so dass unsere 3 Faxgeräte eigentlich 3 Stunden lang durchgehend in Betrieb waren.

Um 14 Uhr (Mensoschluß) haben wir dann mal bei Herrn Austermann angerufen, um mit ihm perönlich zu sprechen - seine Sekretärin fragte nur, was denn los sei - bei 500 Faxen habe sie aufgehört zu zählen und ständig klingele die Hauptleitung des Ministers mit computerverlesenen SMS. :-)
Sie bat uns, die Aktion doch zu unterbrechen, da es nicht möglich sei, zu arbeiten.

Abends rief dann auch noch de Jager im AStA an und erkundigte sich über den Grund der Aktion. Er bezeichnete die Aktion als "grundlos", da ja gar nichts los sei.
Die Studierenden sehen das anscheinend anders und sehen im Koalitionsvertrag eine große Annäherung an Studiengebühren (keine Vorreiterrolle in SH, aber auch keine Insellösung).

Nach de Jager haben wir es geschafft, 3 1/2 Stunden lang das gesamte Ministerium lahm zu legen - eine entsprechende dpa-Meldung wurde vom Ministerium verbreitet und von einigen Presseorganen auch aufgenommen.

Nach diesem (nicht annähernd erwarteten) Erfolg der Aktion, haben wir die auf drei Tage angelegte Aktion auf den Dienstag verkürzt, um die Gesprächsbereitschaft nicht von vonherein zu zerstören.

Also entschlossen wir uns, den Mittwoch für eine Soliaktion für die Hamburger Studierenden zu nutzen.
Also wurde das Präsidium der Uni Hamburg, die den Polizeieinsatz gegen die blockierenden Studierenden angeleiert haben, mit Faxen versehen. Auch bei dieser Aktion beteiligten sich in 2 Stunden über hundert Studierende...!
Begleitet wurde der Tag mit Informationen über die Einsätze in Hamburg (aktuelle Presseartikel und Bilder).

Auch am Donnerstag werden die Proteste weitergehen.
Ein erfolgreicher Auftakt hat Fachschaftler und interessierte Studies zu weiteren Planungen in den AKs motiviert, so dass auch in Kiel mit einem heißen Sommer zu rechnen ist.
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Ergänzungen

Gute Idee.. DA doesn't only get satisfaction!

muss nix 12.05.2005 - 00:15
Eine äußerst gute idee zur sabotage der normalität.
Mich persönlich würde eine allgemeine stellungnahme der studis mal interessieren. es heißt immer nur: "gegen studiengebühren".
gibts bei der sache etwas, das nicht nach "reformen" innerhalb des bestehendes systems aussieht? schaffunng selbstbestimmterbildung ohne verwertungsgedanken? den bisher habe ich nur den eindruck, dass studisein einfach protest heißt, wenn sich innerhalb des systems etwas negativ für einzelne verändert (was den selben ein jahr nach der einführung nicht mal mehr auffällt sondern ganz gewöhnlicher alltag ist). reformen, die ihr nicht wollt, die sich aber innerhalb der gewohnheiten des systems bestehen sind nur dann zu verhindern wenn das system gestoppt wird.
das soll jetzt kein aufruf zu irgendwelchen revolten sein, aber jeder kann einen beitrag dazu leisten, dass diese welt in zehn jahren nicht so aussieht wie es jetzt jeder verhöhnt und nicht wahr haben möchte (und sich dennoch in zehn jahren eben jenen "utopien" hingeben wird). rührt nicht nur in der suppe von jetzt, in zehn jahren sitzt auch ihr an den hebeln dieses systems und gestaltet es massiver mit.
Blockiert nicht eure Tore. 100 Leute alleine reichen um eine massive störung der infrastruktur zu ermöglichen. kreuzungsblockaden wichtiger verkehrspunkte. seit flexibel, aber das scheint ihr mit eurer aktion bereits erkannt zu haben. ;) Generalstreik in der uni bringt nichts, damit seid ihr niemanden ein dorn im auge. die jetzige aktion verursacht sicherlich mehr als vieles anderes. Generalstreike können systeme zum fallen bringen. doch was mit denen, bei denen kein generalstreik hilft? richtig erkannt. sie suchen sich methoden um dennoch etwas zum stehen zu bringen, auch wenn das bedeutet, dass an anderer stelle mal nichts läuft... (aber das soll ja auch der sinn sein?!)

viel spaß beim kurzen sommer des widerstandes. wir hören uns, wenn es nächstes jahr darum geht, dass ihr eintritt für die unis bezahlen müsst oder eure atemluft bezahlen müsst oder eine cam von der toilettentür euch die zeitung von der anderen seite beleuchtet oder oder oder.

Denkt immer daran, dass ihr die seit die alles was passiert (und passieren wird) möglich machen, denn was wären die die das alles entscheiden ohne die die das täglich mitmachen?

RESIST TO EXIST!

Und zieht das ding durch…

Alles gute weiterhin!!!

lahmlegen

tagmata 12.05.2005 - 01:57
gute gedanken, nur eine anmerkung: "kreuzungsblockaden wichtiger verkehrspunkte" - die sind bei den letzten malen immer nach hinten losgegangen, weil sie eh die falschen leute treffen. öffentliches 'autoscheibenputzen (gegen spende) für bildung' oder ähnliche aktionen kamen viel besser an, dabei erreicht man auch mehr leute, als die 2 dutzend, die grad an der kreuzung aufgehalten werden & sie sind weit aufgeschlossener, wenn man ihnen infoflugis oder so geben will (bei blockaden machen sehr viele die fenster nicht auf, weil sie irgendwie autonomenparanoia schieben. das muß nicht sein; erstens sind studis keine autonomen, und zweitens sind die autonomen, die ich kenne, auch keine leute, vor denen man angst haben muß, bloß weil man ein bürger ist).

es sei denn, der wichtige verkehrspunkt ist wichtig für irgendwelche politicos oder andere schlipse... dann natürlich rockt so etwas.

klappen kann das ganze nur, wenn es als rollende, dh in etappen und mit denk- und aufbereitungspausen arbeitende (semesterferien sind immer eine unterbrechung) kampagne, quasi studienbegleitend, über mehrere semester lang durchgezogen wird. das ist ultraaufwendig, wir haben das damals beim hrg versucht, aber das hat nicht geklappt, irgendwann waren die aktiven ausgepowert, die passiven haben weiterstudiert und die nur milde interessierten waren abgefuckt weil sie ständig mit dem thema zugebombt wurden, ohne reflektieren und das in ihr leben einplanen zu können. aber wir waren auch nicht so kreativ und hatten nicht die kommunikationsmöglichkeiten, also versucht es einfach & rockt das haus!

(ihr habt eh schon erreicht, was wir mit einer bundesweiten kampagne damals erreicht haben: eine handvoll medienpräsenz - lokal ist immer besser, wir hatten das auf bundesweit gemacht, das gab pro bundesland vielleicht 2-4 berichte in den nachrichten, und eine menge staub aufgewirbelt und wichtige leute ein bißchen weniger ruhig schlafen lassen. letzten endes ist für die leute auf der straße von dem, was jetzt dezentral und nicht allzu koordiniert abgeht, nicht weniger rübergekommen als was wir damals mit voller power bundesweit gerissen haben. und danach ist die luft raus, aber jetzt scheint es grad erst loszugehen!)

wenn ihr so alte säcke, die in den 90ern und so schon dabeiwaren, findet, laßt sie erzählen. laßt sie nicht in euer zeug reinquatschen, ihr könnt das eh besser. aber hört zu, denn sie wissen, was und warum es damals nicht geklappt hat.

bleibt unberechenbar! nerven, stören, unruhe verbreiten, die dinge auf den kopf stellen (bzw vom kopf auf die füße), mächtige verarschen, sich nicht abwimmeln lassen, und dabei soweit es geht lächeln oder grinsen und eigentlich ganz nett sein, jedenfalls zu den stinos. ab und zu mal eine party oder irgendwas nettes draußen, wo mensch mal ausspannen kann... und wenns brennt: die polizei ist verpflichtet, jeder anzeige, die sinn macht, nachzugehen. auch, wenn sie gegen ihre eigene leute gerichtet ist. wenn sie nicht in angemessener frist antworten oder die sache sonstwie verbummeln, kann man den laden eine etage höher anzeigen, und dann müssen die sich damit herumärgern... protest geht um so besser, je mehr die protestierenden und die (noch) schweigende masse und je weniger die, gegen die protestiert wird zu lachen und zu feiern haben. wenn irgendwelche leute unten in der innerbetrieblichen (kann man bei euch 'dank' der politischen neuordnung ja sagen...) hackordnung der uni durch proteste den streß und die arbeit haben, können ein paar hab-dich-lieb-blümchen eine menge bewirken.

erwartet keine schnellen erfolge und richtet die proteste gar nicht groß in diese richtung aus! politik ist ein träges viech, das nur ganz langsam in bewegung kommt. es gilt, das allgemeine politische klima im land an der richtigen stelle zu packen. wenn einen monat lang druck gemacht wird, fängt sich in den corridors of power so langsam an, etwas zu bewegen, und das ist dann nur eine reaktion mit dem ziel, den protesten so schnell wie möglich den hahn abzudrehen.

momentan sind die leute aufgeschlossen, vor allem, wenn sie merken, daß die studis nicht für ihre partikularinteressen, sondern für sachen eintreten, zu denen sie auch einen bezug haben. ganztagsschulen, 1-euro-jobs im sozialsektor usw sind da naheliegende anhaltspunkte. aber auch damit kennt ihr euch wahrscheinlich besser aus als ich.

@ lahmlegen

fredi bobic 12.05.2005 - 11:52
im zuge der studentenproteste vorletztes jahr wurde in kiel eine relativ große kreuzung von ca. 500 studierenden besetzt. vorab wurde die presse (d.h. regional-fernsehen, lokalpresse und radio) über das vorhaben informiert, so dass in den VERKEHRSNACHRICHTEN vor eventuellen verkehrsproblemen gewarnt wurde. die polizei bekam von dem ganzen nix mit , auch nicht, dass die ca. 500 studierenden von der uni bis zur kreuzung, ca. 4 km zu fuss auf dem bürgersteig durch die stadt liefen (in hamburg hätten die bullen jetzt bereit gekesselt, geschlagen und das unbeliebte pfefferspray verschossen...). das beispiel oben dient als gegenargument für die negative kritik "kreuzungsblockaden wichtiger verkehrspunkte".

ansonsten solidarische grüße an die hamburger studierenden!

Eigeninteresse oder Bürgerbespaßung?

Karin 12.05.2005 - 13:01
es sollte dabei nicht darum gehen, dass irgendwelche auto fahrer euch mögen. es geht darum den allgemeinen betrieb aufzuhalten. das mit den bullen ist so eine sache, aber bevor sie anrücken: verschwinden. es gibt möglichkeiten das rauszufinden, noch ist es nur vereinzelt digital gestalltet das kommunikationswesen der BRD-bullen. was bringt euch zustimmung in der bevölkerung? das wird so oder so durchgezogen. und selbst wenn jeder bürger mit euch friede freude sojamehlkuchen ist. es geht bei sowas um die lahmlegung der infrastruktur. was ist wenn busse nicht fahren können, was ist wenn andere sachen nicht rollen, die umbedingt gebraucht werden? was meint ihr, warum streiks nicht nur für den betroffenen betrieb schaden verursachen. es geht nicht darum neue freunde zu finden, sondern seine eigenen wege auch begehen zu können. spart schon mal... durch zwei schritte auf der straße werdet ihr das erreichen, was jeglicher protest dieser form bisher erreichten: niemand, der eine stimme hat nimmt sie ernst, da sie halt nach nem halben jahr eh verkommen und reformen umgesetzt werden ohne die betroffenen zu fragen. und die betroffenen lassen es mit sich machen ohne die zustände anzugreifen die all jenes möglich machen.

in argentinien ist das ganze mit der straßengeschichte gängige praxis von organisierten erwerbslosen, die sonst keine möglichkeit haben sich in ihrem betrieb luft zu machen.

Kreuzungsblockaden

Björn 12.05.2005 - 14:30
Also bei der erwähnten Kreuzungsblockade in Kiel standen 3000 und nicht 500 auf der Kreuzung (bei google findet man noch entsprechende Berichte).
Die Polizei wußte nix und war ein wenig überrascht, aber trotzdem aufgeschlossen.
ich durfte sogar Ihr Megaphon am Auto nutzen, um den Studies ein paar nette Worte zukommen zu lassen.
Auf die Info, dass wir das Ganze nach 5 Minuten auflösen wollten, kam die Bitte, noch weitere 10 Minuten zu bleiben, da wir "ja sicherlich noch eine Spontandemo in die Innenstadt" machen wollten - hatten wir zwar nicht vor, aber der Vorschlag war gut.

Allerdings ist die Stimmung in Kiel auch nicht mit Hamburg und so zu vergleichen. Die Polizei hatte auch Probleme und zeigte sich solidarisch. Manchmal ist es halt doch von Vorteil, wenn nicht alles auf Krawall aus ist.

Partys zum Ausspannen sind ebenfalls in Planung (ansonsten reibt man sich zu schnell auf)...

@Björn

StudentHH 12.05.2005 - 16:42
"Allerdings ist die Stimmung in Kiel auch nicht mit Hamburg und so zu vergleichen. Die Polizei hatte auch Probleme und zeigte sich solidarisch. Manchmal ist es halt doch von Vorteil, wenn nicht alles auf Krawall aus ist."
Auf Krawal liefen die Demos gegen Studiengebühren in HH bisher gar nicht raus.
Die Polizei ist nur in letzter Zeit so brachial und agressiv gegen Friedlichen Protest vorgegangen, dass sich die Lage jetzt zu eskalieren scheint.
Bisher wurde auf Sitzblockaden eingeprügelt, Kessel ohne Aufforderung geschlossen etc pp
Mit Krawall hatten die bisherigen Proteste reichlich wenig zu tun.

@björn

fredi bobic 12.05.2005 - 18:45
> Also bei der erwähnten Kreuzungsblockade in Kiel standen 3000 und nicht 500 auf der Kreuzung (bei google findet man noch entsprechende Berichte).

also ich war -wie du anscheinend auch- dabei und habe schon damals die berichte der medien kritisch gesehen, die von 3000 demonstranten sprachen...ich bleib bei meiner einschätzung (500 + x)erhöhe sie vielleicht ein wenig...aber 3000 waren es sicher nicht. dafür sind die kieler studierenden einfach zu lahm, lieber in die campus suite gehen und nen milchkaffee trinken :-) aber ich möchte mich natürlich nicht um zahlen streiten, denn der erfolg hat für uns gesprochen!!

die bullen in hamburg haben einfach nen schatten und müssen sich profilieren; sich anketten und nötigung zu begehen seitens der studierenden hat in meinen augen nix mit krawall zu tun!

hätte es in kiel einen linksradikalen block gegeben, wer weiß wie sich die bullen verhalten hätten?! bewegungen zu spalten (ala "gute und böse demonstranten") ist eine der haupt-provokationen der staatsgewalt...

tja man steckt nich drin!

dennoch weiterhin solidarische grüße nach hamburg und sonstwo

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