Aufstand in Ecuador

nobody knows 22.04.2005 00:52 Themen: Weltweit
Lucio Gutiérrez, mit Unterstützung der sozialen Bewegungen und der indigenen CONAIE (Konföderation indigenerNationen von Ecuador) gewählte Präsident von Ecuador, der sich aber anschließend von ihnen abwandte, wurde nach einer Woche massiver Proteste der ecuadorianischen Bevölkerung aus seinem Amt gezwungen.
Lucio Gutiérrez, mit der Unterstützung der sozialen Bewegungen und der indigenen CONAIE (Konföderation indigenerNationen von Ecuador) gewählte Präsident von Ecuador, der sich aber anschließend von ihnen abwandte, wurde nach einer Woche massiver Proteste der ecuadorianischen Bevölkerung aus seinem Amt gezwungen. Gutiérrez brach seine Wahlkampfversprechen von umfassenden sozialen Reformen um sich stattdessen beim IMF einzuschleimen, 'Freihandels'-Abkommen mit den USA zu unterstützen, eine erhöhte US-Militärpräsenz zuzulassen und um im Allgemeinen die ecuadorianischen Menschen an den Neoliberalismus zu verkaufen.

Die Mobilisierungen für Straßenproteste begannen letzte Woche in der Hauptstadt Quito und sprangen dann nach Guayaquil und andere Städte im Land über. Gutierrez versuchte zu seiner Verteidigung den Ausnahmezustand auszurufen, den die Menschen in Quito aber ignorierten. Ein riesiger Marsch auf den Präsidentenpalast wo sich Gutierrez verkroch, wurde mit Polizeirepression begegnet [ Bericht | Fotos ].

Während der Focus der Medien hauptsächlich auf der Hauptstadt Quito lag, war die Stadt Cuenca im Süden des Landes seit vergangener Woche in einer offenen Rebellion gegen den nun ehemaligen Präsidenten. Die Unzufriedenheit war seit geraumer Zeit vorhanden, aber in den Wochen und Tagen vor der Amtsenthebung von Gutiérrez hatte sie ihren Siedepunkt erreicht. Täglich errichteten StudentInnen Straßenblockaden und lieferten sich Kämpfe mit der Polizei über die Kontrolle der Straße, während der wichtigste Park der Stadt jede Nacht mit Menschen, die gegen den Präsidenten und die Regierung protestierten, überquoll.

Am 13. April wurde in den Städten Cuenca und Quito der Generalstreik ausgerufen. Danach wuchs die Rebellion gegen die Regierung beständig an. Die Bürgermeister der 3 größten ecuadorianischen Städte - Quito, Guayaquil, und Cuenca - sowie der Vizepräsident verurteilten den Präsidenten, welcher der Hauptfeind der Regimekritiker war.

Die Straßenblockaden nahe der Universität von Cuenca begannen eine Woche vor dem Generalstreik und waren zunächst sehr klein, aber die StudentInnen und ihre Verbündeten wuchsen zu etwas ähnlichen wie einer Rebellenarmee. Die Unzufriedenheit in der Stadt war seit einiger Zeit groß, aber erst der Generalstreik brachte die Menschen in Massen zu friedlichen Protesten auf täglicher Basis zusammen. Am Samstag nach dem Streik, rief ein prominenter Politiker zu einer abendlichen Demonstration gegen den Präsidenten auf, einmal im Stadtpark und ebenfalls im Fussballstadium. Tausende kamen und taten dies von da an jede Nacht bis der Präsident der Macht enthoben wurde. In jeder Nacht tönte das Geräusch von Autohupen als Unterstützung der Demonstranten durch die Stadt.

Die Studenten konnten inzwischen die städtischen Busse nach ihrem Willen kontrollieren und zwangen sie auf der Straße zu parken als Schutz vor Polizeiattacken. Sie hielten sich auf einer Strecke von einigen hundert Metern in dem von ihnen kontrollierten Gebiet auf, während vielleicht hundert Meter entfernt eine Reihe von Bereitschaftspolizisten stand. Die Polizei machte bei einer Gelegenheit mit Hilfe eines gepanzerten Fahrzeuges und einer großen Menge Tränengas einen konzentrierten Angriff, trieb die Studenten in die Universität und befreite die Busse. Innerhalb einiger Minuten nahmen die Studenten aber erneut Busse und besetzen das gleiche Gebiet von dem sie grade erst vertrieben worden waren. Die meisten trugen T-Shirts um ihr Gesicht gewickelt und hatten entweder ein Molotov-Cocktails oder Steine in der Hand, bereit diese bei den sich wiederholenden Angriffen der Polizei zu werfen. Einige trugen dicke Handschuhe und warfen die Tränengaskartuschen zurück Richtung Polizei. Alle waren sehr engagiert bei der Sache.

Viele in Ecuador, darunter die CONAIE, sehen die Entfernung von Gutiérrez als ersten Schritt und nicht als das Ende ihrer Ziele; sie drängen darauf die Mobilisation fortzuführen, bis die komplette korrupte politische Klasse, der Neoliberalismus, das Freihandelsabkommen, der Plan Colombia und die multinationalen Konzerne weg sind. Sie haben den Ruf der argentinischen sozialen Bewegung aufgenommen, 'Que se vayan todos!' (Sie müssen alle gehen!).

Mehr Hintergründe (in Englisch): ZNet

Berichte: 1 | 2 | 3 | AusführlicheBerichterstattung aufIndymedia Ecuador

Fotos: Marsch auf den Präsidentenpalast | Demonstration am19.April | Polizeirepression | Fotos

Audio (Spanish):Kollage von RADIALISTAS .Live streams: Radio La Luna, Quito | Púlsar Presse Agentur

Links:IMC Ecuador |Radio La Luna |CONAIE (Konföderation indigenerNationen von Ecuador)

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