Polizei durchsucht Büro in Erlangen

limovobi 21.04.2005 18:22 Themen: Repression
Polizeibeamte und ein Vertreter der Stadt Erlangen fanden sich am Morgen des 20. April beim Büro des Erlanger Vereins zur Förderung alternativer Medien zur Hausdurchsuchung ein. Eine Richterin des Amtsgerichts Erlangen hatte diesen Besuch angeordnet. Anlaß ist ein bundesweit verteiltes Plakat zu einem Berufsverbot in Heidelberg ...
Schweinderl auf Abwegen

Vier Polizeibeamte und ein Vertreter der Stadt Erlangen fanden sich am Morgen des 20. April beim Büro des Erlanger Vereins zur Förderung alternativer Medien, der auch die "raumzeit" herausgibt, zur Hausdurchsuchung ein. Eine Richterin des Amtsgerichts Erlangen hatte diesen Besuch angeordnet. Als "Beweismittel" wurden drei Plakate beschlagnahmt.
Eins davon hing im Schaufenster und ist nach Ansicht des Erlanger Gerichts Anlass genug um die Büroräume durchstöbern zu lassen.

Bundesweit wurde dieses Plakat der Roten Hilfe verteilt und ausgehangen. Es thematisiert ein Berufsverbot gegen einen Heidelberger Realschullehrer. Die Reaktion der Erlanger Polizei ist allerdings einzigartig – ähnliche Fälle sind bundesweit nicht bekannt.

Unter der Schlagzeile "Das neue Heidelberger Schloss" ist auf dem Poster vor der Kulisse des Heidelberger Schlosses eine Person mit Vorhängeschloss an den Lippen abgebildet. Die Fußzeile ist – auf den ersten Blick – mit einem kleinen Emblem versehen, das dem Wappen von Baden-Württemberg ähnelt. Allerdings vermisst man beim näheren Hinsehen die drei Löwen, diese wurden durch drei Schweine ersetzt. Das sei, behauptet das Erlanger Gericht, strafbar als Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole. Gegen den Vereinsvorstand wird nun ermittelt, ob er diesen Plakatanschlag veranlasst oder gebilligt habe.

Sonja Brünzels vom Verein zur Förderung alternativer Medien warnt davor, diesen Vorfall auf die leichte Schulter zu nehmen: "Die Richterin hat recht getan. Gerade das Wahrzeichen des bayerischen Freistaates wäre ein willfähriges Objekt. Nicht auszudenken, würde eines Tages die Volkskrone, die im Zentrum des Wappens steht, von Schweinen gehalten, die noch dazu die Zunge herausstrecken."

Ein Detail sei noch erwähnt, um die Posse abzurunden: Ein langjähriger Beamter der Erlanger Staatschutzabteilung, H. Singer, wollte es bei den Schweinderl nicht belassen. An einer Wand des Büros, das von verschiedenen Gruppen als Versammlungsraum benutzt wird, entdeckte er einen kleinen handgeschriebenen Notizblockzettel, auf dem mit Kugelschreiber die Worte "D-Land" und "Doofland" mit den Umriss Deutschlands versehen waren. Auch das sei strafbar, meint Singer, wenn es von außen erkennbar ist. Anschließend begaben sich die Polizisten auf die Straße und versuchten den Zettel durchs Fenster zu entziffern - was misslang. Wenn allerdings, ergänzte Singer noch, einer mit dem Fernglas reinguckt und Anzeige erstattet, dann kämen sie wieder. Seinem Kollegen fiel auch gleich ein, wer da so reinschauen könnte: "Die AntiAntifa!".
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Ergänzungen

Video-DVD zu diesem Berufsverbot:

freundeskreis v i d e o c l i p s 21.04.2005 - 19:27
Berufsverbot gegen Michael Csaszkóczy
Eine Veranstaltung in der Humboldt-Universität, Berlin, 2.11.2004

Länge: 40 min

mit:
Michael Csaszkóczy (Berufsschullehrer und Mitglied der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD) und
Prof. Dr. Kutscha (Dozent an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege, Berlin; Fachgebiete: Staats- und Verwaltungsrecht).
OrganisatorInnen: Kritische JuristInnen am Fachbereich Rechtswissenschaften der Freien Universität Berlin,
akj - Berlin – Arbeitskreis Kritischer Juristinnen und Juristen und die Rote Hilfe e.V., Berlin.

(01) Berlin, 02.11.04 – Interview mit Michael Csaszkóczy zu dem gegen ihn verhängten Berufsverbot als
Realschullehrer - 7:00
(02) Berlin, 02.11.04 – Veranstaltung, Teil 1: Vortrag von Prof. Dr. Kutscha – „Berufsverbote im öffentlichen
Dienst der BRD seit den 70er Jahren“ – 11:35
(03) Berlin, 02.11.04 – Veranstaltung, Teil 2: Ablauf und Begründung für das Berufsverbot – 9:00
(04) Berlin, 02.11.04 – Veranstaltung, Teil 3: Kritik am Verfassungsschutz, Motive für Berufsverbote – 12:00

Kamera: Karl und Peter Fromm / Ton: Karl / Schnitt: Peter Fromm

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alle videoclips sind, allerdings in reduzierter Qualität, online bei
und  http://de.indymedia.org

Spendenvorschlag für die DVDs:
- für Leute mit wenig Geld: 5€ pro DVD-R bis 63 min Länge, längere Ausgaben: 7€, zzgl. ev. Versand;
- für Leute mit mehr Geld: 7€ pro DVD-R bis 63 min Länge, längere Ausgaben: 9€, zzgl. ev. Versand;
- für Leute mit viel Geld: 9€ pro DVD-R bis 63 min Länge, längere Ausgaben: 11€, zzgl. ev. Versand;

Selbstabholung in Berlin:
bbooks, M99 (Manteuffelstr. 99), oh 21 (Oranienstr. 21) und Schwarze Risse (Mehringhof und Kastanienallee 83)

Bestellungen, Nachfragen, feedback an:
videoclips(aet)gmx.net

lasst euch nicht verarschen!

pele 21.04.2005 - 23:42
das ist nicht strafbar!

billig(en)

schlauberger 23.04.2005 - 00:05
§ 90a
Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole

(1)
Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (s. § 11 Abs. 3)

1.
die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ihre verfassungsmäßige Ordnung beschimpft oder böswillig verächtlich macht oder

2.
die Farben, die Flagge, das Wappen oder die Hymne der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder verunglimpft,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2)
Ebenso wird bestraft, wer eine öffentlich gezeigte Flagge der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ein von einer Behörde öffentlich angebrachtes Hoheitszeichen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder entfernt, zerstört, beschädigt, unbrauchbar oder unkenntlich macht oder beschimpfenden Unfug daran verübt. Der Versuch ist strafbar.

(3)
Die Strafe ist Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe, wenn der Täter sich durch die Tat absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt.

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also das "billigen oder veranlassen" einer verunglimpfung des staates usw ist in der tat kein straftatbestand, und daher kann wegen einer solchen möglichen straftat auch kein richter eine hausdurchsuchung erlauben, sondern höchstens um wegen der herkunft des plakates ermitteln zu lassen.

ein wichtiger punkt für diesen fall ist eventuell die frage danach wie und wo das plakat aufgehängt wurde.
ein staatsanwalt, der ein verfahren wegen der verunglimpfung des staates usw durchführen will, müsste unter umständen beweisen, dass das plakat im schaufenster auch schon einmal von mehr als vier personen gleichzeitig gesehen worden ist, andernfalls ist der der umstand der öffentlichkeit nicht gegeben, der vorliegen muss um einen sachverhalt nach 90a StGb ausfindig zu machen.

ein mitarbeiter der stadt war beim besuch dabei?
falls der beamte, der die durchsuchung vollstreckt hat behauptet hat, man müsse den mann von der stadt (wer war das eigentlich genau?) mit hereinlassen, ist das unzulässig.

das nur, um etwas für den geneigten indyleser beizutragen, der roten hilfe brauche ich sicherlich keine nachhilfe in recht zu erteilen ... und der staatsschutz hört mir sowieso nie zu.


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Berufsverbote — Karl

@ karl — schlaubi

mit totalitaristen — gnarf