Berlin: Busfahrt für ein soziales Zentrum

BusfahrerInnen 04.03.2005 16:24 Themen: Freiräume Soziale Kämpfe
Rund 50 VertreterInnen politischer Gruppen und Initiativen, zahlreiche Einzelpersonen und PressevertreterInnen trafen sich am Donnerstag den 3. März zu einer politischen Stadtrundfahrt. Das Anliegen: Ein Soziales Zentrum für Berlin. Gemeinsam wurden zehn leer stehende Häuser besichtigt, die sich für ein solches Zentrum eignen würden. Nur eine kleine Auswahl der über 8.000 Immobilien, die die öffentliche Hand in Berlin zur Zeit leer stehen lässt.
Seit Herbst 2001 bemüht sich die Initiative für ein Soziales Zentrum in Berlin um einen öffentlichen Raum, den man gemeinsam mit allen Interessierten als offenes Forum nutzen könnte. Mit mehreren Besetzung, zuletzt einer leer stehenden Kita in der Glogauer Straße, hatte die Initiative dem PDS-regierten Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg im Oktober 2004 Verhandlungen abgerungen. Doch die Bezirksbürgermeisterin Claudia Reinauer (PDS) enttäuschte die Initiative. Das Argument: Der Bezirk dürfe seine Häuser laut Senatsbeschluss nur zu marktüblichen Preisen vermieten. Schon damals fragte es sich, warum eigentlich, wenn die Häuser eh leer stehen?!?

Mittlerweile sieht die Lage anders aus. Der Druck auf die Bezirke und den Senat hat gefruchtet. Am 23. November 2004 teilte der Berliner Senat in einer Pressemitteilung mit, dass öffentliche Immobilien nun auch zu Betriebskosten an gemeinnützige Einrichtungen und Projekte vermietet werden dürften.

Also rein in den Bus und raus in die Stadt. Mit dabei: Die Berliner Kampagne gegen Hartz IV, das Soziale Zentrum Berlin, Anders Arbeiten, ein freier Radiosender, Berlin Umsonst, mehrere migrantische Gruppen und viele andere mehr. In einer dreistündigen Rundfahrt wurden zehn Objekte der Begierde in Kreuzberg, Friedrichshain, Mitte und Prenzlauer Berg angefahren. Auswahl gibt es bei der katastrophalen Sparpolitik der Stadt mehr als genug: Geschlossene Schulen, eingesparte Kitas, das ehemals besetzte Künstlerhaus Bethanien, das ausgerechnet die PDS privatisieren will.

Die ungenutzten öffentlichen Räume wurden von den politischen BusfahrerInnen mit großen Plakaten gekennzeichnet: „LEERSTAND von öffentlichem Eigentum – dieses Gebäude gehört uns allen!“

Am Ende gab’s für alle BusfahrerInnen ein üppiges Protestbüffett samt Strategiediskussion an der Offenen Uni Berlins (OUBS!) – und einen Aufruf zur Unterstützung der Offenen Uni, denn der OUBS! wurde zum 1. April, trotz reger Nutzung, eine Räumung durch die Humbold-Universität Berlin angedroht. Einig waren sich zum Schluß alle: Her mit einem Sozialen Zentrum! OUBS! bleibt!
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Ergänzungen

Plakat zur Aktion: Ausdrucken & Selbermachen!

Multiplikator 04.03.2005 - 16:30
Die Plakate, die zur Markierung des öffentlichen Leerstandes geklebt wurden, gibts online im Downloadbereich der Homepage des Berliner Sozialforums. Die Qualität ist hoch und für A4- und A3-Ausdrucke geeignet (siehe Link).

Wenn auch bei Euch um die Ecke öffentliches Eigentum leer, abgeschlossen und ungenutzt rumsteht: Markiert es, macht so den Leerstand öffentlich. Helft mit, den politischen Druck zu erhöhen, damit das soziale Zentrum endlich Wirklichkeit wird.

Taz-Artikel dazu

Maxe 04.03.2005 - 20:43
Bewegte Immobilienscouts
Vertreter politischer Initiativen besichtigen landeseigenen Leerstand. Zwar
hat der Senat verkündet, Zwischennutzungen zuzulassen. Doch gute Angebote
bekommen nur Investoren mit Geld
VON TOBIAS VON HEYMANN

Da steht ein öffentliches Gebäude jahrelang leer, kein Käufer oder Mieter
lässt sich finden - und nun sollen sich laut Senat soziale Projekte und
alternative Gruppen darum unkompliziert als Zwischennutzer beim Land
bewerben können. Und sie müssen bei diesem Anti-Leerstands- Konzept nur die
Betriebskosten zahlen. Das klingt fast zu schön, um richtig wahr zu sein.

Klar, dass das erfahrene Polit-Aktivisten herausfordert - schließlich sind
die Hinhaltetaktiken und Manöver von Behörden und Politikern bei solchen
Fragen seit Jahren bekannt. Auf einer Rundfahrt im noblen Reisebus durch
Berlin steuerten daher gestern rund 25 Interessierte insgesamt 11 Gebäude
an, die sich für selbst definiertes Engagement eignen könnten.

"Solche Angebote haben immer auch Häkchen und Ösen, so dass am Ende dann
doch wieder nichts realisiert werden kann", sagt Uschi Volz-Walk von der
Initiative für ein soziales Zentrum zu Beginn der Stadtrundfahrt vor der
Glogauer Straße 16 in Kreuzberg. "Dieses Haus steht seit der letzten
Besetzung im Oktober 2003 leer, wird aber für viel Geld trotzdem beheizt",
sagt ein Sprecher des Sozialforums Berlin - und forderte, den landeseigenen
Bau dem Projekt zu überlassen. Dann kleben Mitfahrende das Aktions-Plakat
"Leerstand von öffentlichem Eigentum" samt UNO-Denkmalschutzsymbol in
Signalgelb an die Fassade.

Auf der weiteren Fahrt wird jedes der ausgesuchten Objekte extra geoutet.
Neben Vertretern der Offenen Universität (taz vom 3. 3. 05), der
Erwerbsloseninitiative Piqueteros, der Gruppe FelS, eines freien Radios und
anderer Vereine war auch spontan eine Rentnerin mit zugestiegen. "Für
gemeinsames Wohnen im Alter suchen wir seit einem Jahr bezahlbare Wohnungen
für 34 Leute", sagt Gudrun Haering-Hardt, die interessiert die Häuser mit
besichtigt. "Wir könnten ebenfalls mit einer Zwischennutzung anfangen."

Eine alte Schule in der Görlitzer Straße, eine Kita in der Cuvrystraße, ein
Plattenbau an der Frankfurter Allee - eine Station nach der anderen rollt
der Bus an, unterbrochen von kurzen Statements zu Gegenwart und Zukunft der
sehr unterschiedlichen Immobilien. Am Künstlerhaus Bethanien am
Mariannenplatz erfährt die Gruppe fast ungläubig Aktuelles zu den
Planspielen des Bezirks: Der wolle eine Hälfte des legendären Rauch-Hauses
an die "M+R Arend GmbH" aus Bad Homburg verkaufen.

Nicht nur Land und Bezirke sitzen auf beheiztem Leerraum. Auch der Bau der
Gewerkschaft ÖTV am Michaelkirchplatz böte sich für Zwischennutzungen an.
"Seit zehn Jahren arbeitet hier niemand mehr außer dem Wachschutz, der
Besetzungen verhindern soll", sagt Volz-Walk. "Nicht einmal Gewerkschafter
könnten hier aktiv werden."

Das krasseste Beispiel für den realen Umgang mit Freiraum lieferte am
Schluss der Tour der Bezirk Pankow mit der ehemaligen Schule in der
Kastanienallee 82. "Für diese öffentliche Schule wurde erst vor wenigen
Tagen ein Vertrag mit einer kommerziellen Sprachschule geschlossen, die hier
auch Hotels einrichten will", sagt Mathias Heyden vom "Forum K 82". Dabei
böte sich das Ensemble für moderne Mischnutzung an, die etwa 250
ehrenamtliche und bezahlte Arbeitsplätze schaffen könnte. Ein entsprechendes
Konzept habe das Forum dem Bezirk vorgelegt. Der aber habe seinem
Wunsch-Investor das 4.000-Quadratmeter-Grundstück per Erbbauvertrag
überlassen. Und die fünf Häuser auf dem Gelände soll es für "null Euro"
dazugegeben haben. Davon können Alternative nur träumen.

taz Berlin lokal Nr. 7606 vom 4.3.2005, Seite 22, 119 Zeilen (TAZ-Bericht),
TOBIAS VON HEYMANN



zweiter Artikel von der taz-Themen-Seite:

Das Land hat ein paar Häuser übrig

Viele der leeren landeseigenen Immobilien sind kaum zu vermarkten. Diese
stehen nun prinzipiell für Zwischennutzer offen. Welche Inhalte die
mitbringen, ist der Finanzverwaltung egal. Hauptsache, sie können die
Betriebskosten zahlen

Erst Mitte November vergangenen Jahres hatte das Abgeordnetenhaus den Senat
per Beschluss aufgefordert, einheitliche Richtlinien zur Zwischennutzung
leer stehender Gebäude des Landes durch nichtkommerzielle Initiativen und
freie Projekte festzusetzen. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) legte
daraufhin einen Bericht vor, den die rot-rote Koalition wenig später
absegnete. Inzwischen liegt den zwölf Bezirken, dem Liegenschaftsfonds
(LiFo) sowie der Berliner Immobilienmanagement GmbH auch das vereinbarte
Rundschreiben einschließlich der Vergabekriterien vor. Jetzt startet der
Praxistest.

"Das Ganze ist eine Klarstellung, in der das Land eine generelle Erlaubnis
zur Zwischennutzung ungenutzter Gebäude durch förderungswürdige Projekte
erteilt", sagt Matthias Kolbeck, Sprecher des Finanzsenators. Die
Bedingungen: "Die Initiativen müssen die laufenden Betriebskosten übernehmen
sowie gemeinnützig und jederzeit kündbar sein." Etwa wenn sich ein Käufer
für solch ein Objekt findet. "Aus inhaltlichen Debatten, welche Gruppen leer
stehende Häuser nutzen dürfen, hält sich die Finanzverwaltung aber heraus",
sagt Kolbeck. Sie interessiere sich vor allem für die Zahlungsfähigkeit der
Träger.

Aktuell hat der vor vier Jahren gegründete Liegenschaftsfonds rund 4.000
Immobilien im Angebot und prüft deren Marktfähigkeit. Da ist vieles
darunter, was schwer verkäuflich ist - das ist unübersehbar, und darüber ist
man sich im Senat auch einig.

"Die Regelung bleibt aber eine Kann-Bestimmung, wenn etwas nicht kurzfristig
vermarktbar ist", schränkt der PDS-Abgeordnete Freke Over ein. "Das Ganze
war ein sehr zähes Projekt mit viel Wunsch und Druck, obwohl sich das
haushaltstechnisch rechnet. Dem Land tut's gut, für Gebäude, die nur kosten,
wenigstens Unterhaltskosten zu bekommen." Aber er begrüßt, dass das jetzt
"in die Gänge kommt" und der "Entbürokratisierung" dient. Denn nun können
Interessenten direkt mit dem Liegenschaftsfonds oder den zuständigen
Behörden im Kiez verhandeln. Je nachdem, wer den Leerbau gerade verwaltet.

Für eine Bilanz ist das Modell noch zu frisch. Doch für die Bezirke scheint
das Konzept einige echte Probleme zu lösen und mehr Spielräume zu schaffen.
Olaf Rose, grüner Bezirksverordneter in Friedrichshain-Kreuzberg, denkt
spontan an ein paar Kitas, die bald geschlossen werden sollen - hier könnten
beispielsweise einmal Jugendbands proben. " TOBIAS VON HEYMANN

taz Berlin lokal Nr. 7606 vom 4.3.2005, Seite 22, 83 TAZ-Bericht TOBIAS VON
HEYMANN

Gustave-Eiffel-Schule Kastanienallee 82

xyz 05.03.2005 - 03:46
Tobias von Heymann hat die
Gustave-Eiffel-Schule in der Kastanienallee 82
 http://www.k82.org/
bereits erwähnt

Schade nur das manche Initativen aneinander vorbei arbeiten, denn, die bezüglich der Schule dominante Kunstfraktion macht auch gerade dort Action.
Eine Woche Kunstausstellung in der Schule.
Eröffnungsparty war am Freitag 4.3.

Leider ist die oben angegebene webseite nicht sonderlich ergiebig...
(weder ein Pressespiegel, noch die aktuellen Aktionen)
Kreatives Chaos ?

Kastanienallee 82

ja 05.03.2005 - 06:31
... die Seite wird in kürze aktualisiert -
um die Kunstausstellung überhaupt machen zu dürfen, haben sich die Aussteller verpflichten müssen, keine Position zur Situation/Vergabe der K82 zu beziehen !
bei der Eröffnung selbst mit offiziellen Vertretern von Senat, Bezirk und den beteiligten Schulen gestern um 16 Uhr war dann aber Polizei aufgeboten worden

Kastanienallee 82

xyz 05.03.2005 - 07:26
die Seite zu den Kunstaktionen in der Kastanienallee 82
 http://www.schulschluss-finale.de/

Lohnnebenkosten

Patty 05.03.2005 - 18:23
Unternehmer und Politiker behaupten, dass hohe Lohnkosten für Krise
und Arbeitslosigkeit verantwortlich sind. Elegant erscheinen da
Forderungen, die "Lohnnebenkosten" zu senken. Senken von "Lohnnebenkosten"
heißt aber Senkung von Löhnen. Warum das so ist und warum Lohnsenkungen
Gift für die Konjunktur sind, können aus dem Anhang "WiPo Info 1/2005"
ersehen werden. (Anhang ist gelöscht)
Alle WiPo Veröffentlichungen und noch mehr, kann übrigens auch per
Internet auf der Seite www.wipo.verdi.de
nachgelesen werden.
Wichtig ist, dass derartigem Unsinn, der täglich überall -auch in den
Medien zu lesen ist-, aber auch im Kollegen- u. Bekanntschaftskreis zu
hören ist, Daten und Fakten entgegnet werden.
ES IST ZEIT ----AUFZUSTEHEN !!!!!!!!!

Kein Geld für Ausländer-Kinder

The great GATSby 06.03.2005 - 00:12
Warum die Kurt-Held-Schule geschlossen werden muß:
 http://www.rbb-online.de/_/fernsehen/magazine/beitrag_jsp/key=rbb_beitrag_1552679.html

Vielleicht sollten die Soziales-Zentrum Leute sich mit der Schule solidarisieren statt Leichenfledderei zu betreiben?

Ein soziales Zentrum sollte nicht derart asozial auf Kosten anderer entstehen.

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