Frau Fallaci und der Kreißsaal

Max Brym 02.12.2004 11:02 Themen: Antirassismus Kultur
Rezension zu Oriana Fallaci "Die Kraft der Vernunft"


Erstveröffentlichung
Rezension Oriana Fallaci „Die Kraft der Vernunft“

Frau Fallaci und der Kreißsaal


Frau Oriana Fallaci aus New York hat neuerlich antiislamischen und antiarabischen Rassismus zu Papier gebracht. Der „List Verlag in Berlin“ gab das neueste Werk der Dame unter dem Titel „Die Kraft der Vernunft“ heraus. In dem Pamphlet wettert Frau Fallaci neuerlich gegen den Islam als solchen. Frau Fallaci tritt in dem Buch nicht als Religionskritikerin in Erscheinung, sondern sie stellt sich „als Atheistin“ an die Seite des „christlichen Abendlandes“. Frau Fallaci legt ein Bekenntnis ab, sie ist „von der Überlegenheit des abendländischen Denkens“ überzeugt. Dabei beruft sich die Autorin nicht auf die Gedanken der Aufklärung, die mit der Barbarei des christlichen Feudalismus brachen. Nein, die selbsterklärte Atheistin bezeichnet sich als Christin wegen dem „christlichen Kern Europas“, das Christentum bezeichnet sie nicht als Gottesglauben, sondern als Fundament „der europäischen Kultur“. Diese Kultur will die Schreiberin gewahrt wissen, weil sie von einer Überlegenheit der Europäer gegenüber den Nichteuropäern ausgeht. Der Rassismus hat in dem Buch eine religiöse Maske erhalten, denn es scheint der Verfasserin nur darum zu gehen, ihren Rassismus religiös herzuleiten. Der „Kampf der Kulturen“ ist angesagt, nur schlecht verbirgt sich unter dem Gewandt religiöser Spiegelfechterei rassenbiologischer Sozialdarwinismus. Menschen aus islamischen Ländern sind für Frau Fallaci eine unterlegene Spezies Mensch. Selbstverständlich arbeiten diese Menschen mit jeder Menge fieser Tricks, um den „abendländischen Volksgenossen“ hinters Licht zu führen. Die Menschen aus islamischen Ländern haben nach der Darstellung von Fallaci kein anderes Interesse, als das „hochstehende Europa“ unter ihre Fittiche zu bekommen. Weite Teile des Buches lesen sich fast wie antisemitische Schmöker. Die Autorin hat nur in einigen Passagen das Wort Jude durch Araber oder Judentum durch Islam ersetzt. In dem Buch wimmelt es vor leichtgläubigen rechtschaffenen Europäern, die einfach nicht begreifen wollen, dass der Islam ihnen ans Leder will. Gegen „diese Naivität“ gilt es nach Fallaci vorzugehen. Fallaci behauptet, „dass der Islam die Eroberung Europas anhand des demographischen Faktors betreibt.“ Für Frau Fallaci ist der Kreißsaal das Problem. Für „die Mahnerin in letzter Stunde“ gilt es hier einzugreifen und damit ist sie endgültig im Bereich der „Volkszucht“ und der Auswahl der „Rassen“ gelandet. Ihre Kultur entlarvt sich als das was sie ist, als rassistisches eurozentristisches Projekt. Mit gerechtfertigter Religionskritik am Islam hat das Buch nichts am Hut. Schon gar keine Kritik gibt es am Christentum und weiten Teilen der „christlichen“ Geschichte. Die Hexenverfolgung und die Kreuzzüge erwähnt die Autorin mit keinem Wort. Der christliche Antijudaismus als Vorbote des modernen rassenbiologischen Antisemitismus wird als Kulturgut zurecht geschrieben. In dem Buch gibt es nur bösartige Moslems ohne jede Unterscheidung und Differenzierung. Ein besonderes Kapitel ist der islamischen Herrschaft in Spanien gewidmet. Das Buch geht speziell mit der „Legende von Cordoba“ ins Gericht. Die Autorin beschreibt beschwörend die Schandtaten des westlichen Kalifats gegen „christliche und jüdische Einrichtungen“. Der Ausflug in die Geschichte hat für Frau Fallaci nur den Zweck, das „höherwertige Europa“ vor islamischen „Geschichtslegenden“ in Schutz zu nehmen.

Fallaci und die „ Junge Freiheit“

In dem rechtsextremen Blatt „Junge Freiheit“ wurde am 19. November Frau Fallaci abgefeiert. Der JF Rezensent Ivan Denes schreibt: „Jedermann der nur einen Hauch von Wahlverwandtschaft mit unserem geistigen Vaterland Europa verbindet sollte dieses Buch lesen“. Auf dieser Seite folgt dem Artikel von Denes Angebote des JF-Buchdienstes. Dort werden Bücher zur Verteidigung Martin Hohmanns, Biebersteins antisemitisches Machwerk „Jüdischer Bolschewismus sowie Schriften des Doktorvaters des europäischen Rechtsextremismus Alain de Benoist angeboten. Antiarabischer und antiislamischer Rassismus sind demzufolge grundsätzlich mit Antisemitismus vereinbar. Natürlich gibt es zwischen diesen beiden Seiten einer Medaille Unterschiede, aber auch verbindendes. Der Antisemitismus ist ein komplex ausgearbeitetes weltweites Phänomen. Das antisemitische Phänomen ermöglicht Gemeinsamkeiten zwischen dem Buchdienst der Jungen Freiheit und dem realen islamischen Fundamentalismus. In Wahrheit hat weder die „Junge Freiheit“ noch Frau Fallaci mit dem islamistischen Fundamentalismus ein Problem. In ihrem millonenfach verkauften Buch, „Die Wut und der Stolz“ schrieb Fallaci im Jahr 2002: „Der Gegner des Abendlandes ist nicht der islamische Fundamentalismus, sondern der Islam schlechthin“. Die islamischen Fundamentalisten sehen es ebenso, nur anders herum. Die Methodik im „Kampf der Kulturen“ ist bei den feindlichen Brüdern dieselbe. Der faschistoide Islamist sieht in jedem „Andersgläubigen“ den Urfeind, genauso wie der christlich abendländische Rassist. Was beide verbindet, ist der Haß „auf die Juden“. Über diese Brücke und das ist keine Prophetie, können die feindlichen Brüder offen zusammenfinden.


Max Brym
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Ergänzungen

die fallaci hat ja auch

bereits in ihrem 03.12.2004 - 04:49
buch "die wut und der zorn" gegen menschen gehetzt. muslime bezeichnet sie generell als "söhne allahs" und von sans papiers, die sich in kirchen verschanzten behauptet sie, dass sie ihre notdurft hinter dem altar verrichten...

angeblich würden ihr afrikanische fliegende illegale händler in florenz an die brüste fassen und vor dem esf hat sie die bewohner in florenz gewarnt: eure jahrhunderte alte stadt wird von vandalen verwüstet werden...

von bodyguards in einer limousine chauffiert wollte sie sich die 1 million-menschen demo unerkANNT anschauen - was ihr nicht gelang...

ein fall für den psychologen die frau

das ist echt scheiße

weist 03.12.2004 - 19:36
fallaci, stoiber, merkel, schavan, christliches abendland wohin du blickst. aber das ist ja nichts weiter als eine glatte geschichtsfälschung! die zu recht hochgehaltenen 'abendländischen' werte sind agnostisch-humanistisch. 'christliches abendland', um sich vom islam abzugrenzen, bedeutet religiös-fundamentalistischer terror, gichtige mönche die wasser predigen und wein saufen, unterdrückung von wissen und wissenschaft, totalitaristische diktatur von staat und kirche, auf die straße gekackt wird sowieso und wenn deswegen mal ne seuche ausbricht, sind die juden dran schuld und nicht etwa die christlichen 'gelehrten' die 'bewiesen' haben, daß es ungesund ist, nicht in den eigenen fäkalien herumzulaufen.

7 thesen dazu:

1) das 'christliche abendland' wird zu recht als 'finsteres mittelalter' bezeichnet. es ist ein hort der primitiven, obrigkeitshörigen tyrannis, übelster unbildung und niederster vorurteile, der entrechtung, staatlichen und religiös-fundamentalistischen unterdrückung. es ist der konfrontation mit der damals kulturell weit überlegenen 'islamischen welt' zu verdanken, daß sich europa aus dem finsteren ungeist dieser zeiten befreien konnte.

2) die geschichte der 3 großen monotheistischen westlichen religionen judaismus, christentum und islam (man kann noch die baha'i, ganz nette mystiker aber für meinen geschmack sehr introvertiert, dazunehmen) läßt sich nicht auseinanderdividieren, sondern muß um korrekt interpretiert zu werden als historisch gewachsenes ganzes betrachtet werden. zur analyse der kulturellen signifikanz ist es nicht nötig, einer dieser religionen anzuhängen, genau wie mensch nicht kapitalist sein muß, um kapitalismus als die prägende ideologie der welt in den letzten anderthalb dekaden zu erkennen.

3) christentum und islam sind die beiden dominierenden weltreligionen, weil hinduismus kulturell weitgehend auf den indischen subkontinent beschränkt ist und buddhismus eine eher zurückhaltende ansicht von kultureller dominanz besitzt.

4) daraus folgt daß alle lösungsansätze für globale probleme, um erfolgreich zu sein, mit einer im weitesten sinne christlichen wie auch islamischen perspektive kompatibel sein müssen. da die großen monotheistischen religionen in der einen oder anderen form nächstenliebe, die verantwortung der allgemeinheit für sozial schwache etc für wichtig erachten, ist eine prinzipielle inkompatibilität mit 'linken' positionen nicht gegeben: der durchschnittliche linke atheist wäre für den durchschnittlichen juden, christen oder muslim immer noch ein besserer mensch als der rest.

5) desweiteren sind christentum und islam mittlerweile nicht auf bestimmte geographische regionen beschränkt, sondern wirkliche weltreligionen (wie auch die jüdische, die aber an zahl der gläubigen und an einfluß weitaus weniger bedeutend ist). daraus folgt, daß ein versuch, muslime aus der trias der abrahamitischen religionen oder der kulturell prägenden einflüsse einer ihre grenzen endlich nach und nach abstreifenden mesnchheit auszuschließen eine fatale beleidigung darstellt, und sich niemensch wundern sollte, wenn ein solches verhalten einen aufruf zum jihad nach sich zieht (der grund für einen jihad - der in allen möglichen, friedlichen wie gewaltsamen, formen daherkommen kann - ist nämlich genau das: verächtlichmachung und unterdrückung der islamischen religion). gerade in der westlichen welt muß der islam endlich für voll genommen werden: als ein versuch, das universum zu erklären, der in seiner bedeutung und berechtigung nicht mehr und nicht weniger wert ist als das christentum.

6) keine religionsausübung, die das friedliche zusammenleben der menschen nicht stört, sollte unterdrückt oder behindert werden. rosa luxemburgs aphorismus von der 'freiheit der andersdenkenden' erweist sich auch hier als universell einsetzbarer maßstab. das schließt natürlich auch atheismus , agnostizismus, animismus, ahnenverehrung und andere formen des nichtreligiösen glauben ein, für die die gleichen rahmenbedingungen gelten würden.

7) wer versucht, aus taktischen oder ideologischen gründen juden, christen und moslems gegeneinander auszuspielen, und sich zb auf die 'christlich-abendländische identität' seines kulturkreises beruft, beweist damit tatsächlich nur seine eigene verhaftung in dem diskriminierenden, hetzerischen, intoleranten und fatalistischen schwarz-weiß-denken des mittelalterlichen christentums, das zum wohle aller betroffenen längst hätte überwunden werden müssen.