Bonn/Rhein-Sieg: rechte UWG erhält 14%

muss ausgefüllt werden 27.09.2004 14:53 Themen: Antifa
Bei den gestrigen Kommunalwahlen erhält in Bonn die rechte Wählervereinigung UWG einen Sitz im Stadtrat.
Bei der gestrigen Wahl zum Oberbürgermeisteramt erhielt die "Unabhängige Wählergemeinschaft" (UWG) 1,2% der Stimmen und ihr Spitzenkandidat Claus Plantiko 0,8 Prozent (also genau 1.008 Stimmen).

Der Rechtsanwalt Plantiko war früher Oberstleutnant der Bundeswehr und Verteidigungsattache in Peru und Kolumbien, bevor es ihn in die Kommunalpolitik zog. Als Anwalt fiel Plantiko bereits mit Beleidigungen gegen einen Richter auf, dem er Rechtsbeugung, Amtsanmaßung und Verfassungshochverrat im Amt vorwarf und sein Verhalten als willkürlich und verbrecherisch bezeichnete. Eine Bonner Amtsrichterin beschuldigte er des "Verfassungshochverrats".

Damit scheint sich Claus Wilhelm Rudolf Plantiko auszukennen, denn er war im Januar 2002 der Anwalt des ehemaligen Rechtsterroristen und Antisemiten Manfred Roeder, der vom Gericht in Frankfurt wegen "Verunglimpfung des Staates" angeklagt war ( http://lexikon.idgr.de/r/r_o/roeder-manfred/roeder-manfred.php).
Auch einen anderen Auschwitzleugner vertrat Plantiko bereits vor Gericht: den 75jährigen Joachim Schäfer aus Meerbusch ( http://www.terz.org/texte/texte_09_04/antifa.htm).

Die inhaltlichen Positionen der "Unabhängigen Wählergemeinschaft Bonn" stehen den rechten Aktivitäten Plantikos in nichts nach:
"Stoppt das Machtkartell der Abzockparteien!" war in grossen Buchstaben überall auf Bonns Plakatwänden zu lesen. Zumindest zeitweise, denn die Plakate waren ein beliebtes Ziel gewaltbereiter Polithooligans (1000 Dank! :-) Auf einer extra für ihr Jammern über diese Beschädigungen angelegten Webseite ( http://www.zerstoerungen.de.vu/) wurde allerdings versäumt auf die gelungenen Überplakatierungen in der Innenstadt hinzuweisen ("A.C.A.B. - Wählt die Autonomen").

Das Wahlprogramm der UWG las sich schon fast wie eine Satire auf rechte Stammtischparolen: "Deutsche Sprache statt Denglisch", "Für mehr Kinder", "Gegen Multikulti-Verschwendung der Sozialhilfe" und "Hochkultur statt Unkunst". Trotz allem konnten die Law-and-Order-Sprüche anscheinend die Wählerwünsche treffen: "Konsequente Abschiebung krimineller Ausländer", "Keine Duldung illegal eingereister Scheinasylanten", "Bewahrung des Bonner Stadt- und Volkscharakters", "Keine Kopftücher an Bonner Schulen", "Für Werte-Erhalt: Ehre, Anstand, Treue" usw.

Im Bonner Stadtrat sitzt bisher in der Bezirksvertretung Bonn-Beuel bereits ein weiteres Mitglied der UWG, der Stadtverordnete Dieter Haese. Der Diplom-Ingenieur ist bereits seit er letzten Kommunalwahl 1999 im Stadtrat und seit 2000 im Hauptausschuss der Stadt. Die Antifa Bonn/Rhein-Sieg schrieb zu Haeses Aktivitäten bereits 2000:

"Dieter Haese ist in der Rechten Szene kein unbeschriebenes Blatt. Im Juni 1997 trug er seine braune Gesinnung erstmals an eine breitere Öffentlichkeit. Im Rahmen der von rechtsradikalen Gruppen initiierten Anti-Euro-Aktionswoche trat Haese als Organisator für Bonn auf. Die Junge Freiheit, das Hausblatt der Neuen Rechten kündigte am 6.6.97 Demonstrationen und Infostände gegen den Euro auf dem Bonner Münsterplatz an. Als Kontakt wurde Haese genannt. An diesen Infoständen verteilte Haese neben Schriften gegen den Euro auch Werbematerial des Bündnis für Deutschland. Diese Organisation hatte sich zum Ziel gesetzt, eine Sammlungspartei für alle Rechtsextremisten zu bilden. Zur Gründungsversammlung am 29.6.1997 in Kassel lud Haese gemeinsam mit dem Ex-Republikanerfunktionäre Helmut Fleck aus Siegburg ein. (...)

Mittlerweile hat Haese seine Gesinnung im Bonner Stadtrat durchblicken lassen. In der Ratssitzung am 16.12.99 bezeichnete der den Versailler Vertrag als die eigentliche Ursache des 2. Weltkrieges. Die Debatte um die Entschädigung der jüdischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter kommentierte er mit dem Hinweis auf den Verlust der deutschen Ostgebiete nach dem 2. Weltkrieg. Zudem mokierte er sich über die raffgierigen US-amerikanischen Opferanwälte."
( http://www.dkp-bonn.de/RoteBlaetter/RB14/RB14.html)

Als 2002 der Rechtspopulist Schill (PRO) vor cirka 30 Interessierten und ebensovielen Antifas auf dem Bonner Marktplatz seine Reden schwang, war auch Dieter Haese mit dabei. Haese hatte zuvor nach rechtsextremen Äusserungen sein Mandat als Stadtrat des "BürgerBund Bonn" (BBB) niederlegen müssen. Nun konnte er anscheinend offener seine Gesinnung zur Schau stellen: gemeinsam mit dem Neonazi Sascha-Jörn Hansen, der als "Ordner" fungierte, sympathisierte Haese mit den "rechtsstaatlichen" Hetzparolen Ronald Schills. Hansen (ex-NPD) wiederum ist in Siegburg bekannt für seine Aktivitäten für das "Bündnis für Deutschland", das mit dem Spitzenkandidat Helmut Fleck bei dieser Wahl 3,2% aller Stimmen erreichte (1999 hatten sie noch 2,1%).

Im Rhein-Sieg-Kreis sieht der Wahlerfolg der UWG noch erschreckender aus:

Lohmar: UWG 8,2% (1999 6,94%);
Troisdorf: UWG 3,8% (1999 2,91%);
Bornheim: UWG 11,6% (1999 10,18%);
Alfter: UWG 13,6% (1999 14,16%);
Hennef: UWG 14,1% (1999 16,03%);
Wachtberg: UWG 10,5% (1999 11,26%);
Meckenheim: UWG 11,6% (1999 11,81%);
Rheinbach: UWG 14,6% (1999 14,2 %)

In Meckenheim, einem Amtssitz des Bundeskriminalamts, bekam der UWG-Oberbürgermeisterkanditat Hand Erich Jonen 8,9% der Stimmen. Man kann also insgesamt sagen, dass die rechte UWG im Rhein-Sieg-Kreis meist deutlich über 10% der WählerInnen für ihre Hetzparolen gewinnen konnte, in einigen Wahlkreisen sogar über 14%.

In Köln hat die rechte Wahlvereinigung "Pro Köln" (Manfred Rouhs, Axel Reitz) ebenfalls den Einzug in den Stadtrat geschafft ( http://de.indymedia.org/2004/09/94777.shtml).

Die offiziellen Gesamtergebnisse der Kommunalwahl in Bonn sind:
CDU: 38,0 Prozent; 25 Sitze;
SPD: 29,6 Prozent; 19 Sitze;
GRÜNE: 16,2 Prozent; 11 Sitze;
FDP: 8,5 Prozent; 6 Sitze;
BBB: 4,8 Prozent; 3 Sitze;
PDS: 1,8 Prozent; 1 Sitz;
UWG: 1,2 Prozent; 1 Sitz;

Nebenbei bemerkt hat sich in Bonn die Zahl der angegebenen ungültig gemachten Stimmzetteln im Vergleich zur letzten Kommunalwahl (1999) um 423 Stimmen auf 1.424 Stimmen erhöht. Insgesamt gingen nur 55,8 Prozent der über 220.00 Wahlberechtigten zur Stimmabgabe.
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Ergänzungen

Frage

Frager 27.09.2004 - 22:00
Was ist BBB ?

Nazis in Siegburg

muss ausgefüllt werden 28.09.2004 - 15:38
In Siegburg, wie im Rhein-Sieg-Kreis trat die Partei "Ab jetzt... - Bündnis für Deutschland" (BfD) mit der Abkürzung "Deutschland" zur Kommunalwahl an, als Zusatz heisst die Liste "Gegen Zuwanderung ins 'Soziale Netz'". Das BfD wurde 1997 von Anhängern verschiedener rechter Organisationen gegründet und Parteivorsitzender Helmut Fleck ist bereits im Siegburger Stadtrat.

Auf Listenplatz 2 kandidierte der Neonazi Dominique Oster, seit Anfang dieses Jahres Mitglied im "Bündnis für Deutschland", vorher in der NPD. Oster wurde wenige Tage vor der Wahl verhaftet, weil ihn eine ehemalige NPD-Parteikollegin wegen Vergewaltigung und Körperverletzung angezeigt hat und ein Verfahren gegen Oster - der bereits wegen früherer Sexualdelikte vorbestraft ist - eröffnet wurde.

Der BfD-Bürgermeisterkandidat Helmut Fleck erhielt bei der Wahl am 26. September 2004 schliesslich 709 Stimmen (4%), für den Kreistag erhielt das Bündnis 554 Stimmen (3,2%) und wird daher mit einem Sitz (Helmut Fleck) vertreten sein. Renate Indruck erhielt für das BfD bei den gleichzeitig stattfindenden Landratswahlen 498 Stimmen (2,8%) und für den Kreistag bekam das "Bündnis für Deutschland" 450 Stimmen (2,6% insgesamt, in einigen Wahlbezirken über 4%).

Für den Siegburger Kreistag erhielt die NPD 190 Stimmen (1,1%). Für Peter Malborn, den NPD-Landratskandidaten, stimmten 212 Wahlberechtigte (1,2% insgesamt, in einigen Wahlbezirken sogar über 2%).

Spitzenwort!

The Joker 28.09.2004 - 16:21
Der Slogan "Hochkultur statt Unkunst" der UWG ist schon ulkig. Das Wort "Unkunst" schießt dabei den Vogel ab!

UWG ist nicht gleich UWG

beobachter 29.09.2004 - 13:34
Die rechtsextreme Bonner 'UWG' ist nicht identisch mit gleichlautenden Wählergemeinschaften im Rhein-Sieg-Kreis. Insofern ist die Parallelsetzung hier irreführend.

Bei Plantiko (Bonn) ist der Fall indes klar. Hier wurde ein Neonazi-Querulant unter der falschen Flagge des vermeintlich *Unabhängigen* mit 1% der Stimmen in den Stadtrat gewählt. Als Alterpräsident wird er die erste Sitzung leiten, was sämtliche anderen Parteien und Gruppierungen momentan noch zu verhindern suchen (Bonner GA vom 29.9.2004)

BBB

beobachter 29.09.2004 - 16:29
@Frager:
BBB bedeutet Bürger Bund Bonn und ist eine freie Wählergemeinschaft, politisch nicht eindeutig festzulegen. Bei vorangegangenen Wahlen sind sie auch schon einmal zusammen mit der "Rheinland-Partei" angetreten und sind in erster Linie als Aktivisten gegen der Berlin-Umzug der Bundesregierung in Erscheinung getreten.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke den folgenden Kommentar

@schwäbischer antideutscher

ACAB 27.09.2004 - 18:06
Vielleicht solltest du wissen, dass Bonn ehemalige Hauptstadt der BRD war und so mit in den alten Bundesländern liegt.

Bildung für alle!