Neuer Prozess gegen BGSler nach Tod von Ageeb

res publica 22.09.2004 13:02 Themen: Antirassismus
Am heutigen Vormittag hat der Prozess gegen die BGS-Beamten begonnen, die den Tod von Aamir Ageeb bei seiner Abschiebung von Frankfurt in den Sudan zu verantworten haben.
Seit heute, 22.09.2004 (9.30 Uhr, Raum 165, Gebäude C, 1. Stock) müssen sich die BGS-Beamten Jörg Heinrich S., Reinhold S. und Taner D. vor dem Landgericht Frankfurt am Main für den Tod von Aamir Ageeb verantworten. Sie hatten Ageeb durch "massives Niederdrücken" erstickt. Das Amtsgericht Frankfurt, das den Fall von 02.02.-22.03.2004 schon einmal verhandelte, verwies das Verfahren an das Landgericht (s. Prozess Amtsgericht ). Es bestehe der hinreichende Tatverdacht, dass sich die drei BGS-Beamten nicht nur der fahrlässigen Tötung (Höchststrafe 5 Jahre Haft), sondern der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig gemacht haben. Hier liegt die Mindeststrafe bei drei Jahren.

Weitere Prozesstermine sind:

27.09.04, 09.30 Uhr, Gebäude C, Saal 165

29.09.04, 09.30 Uhr, Gebäude C, Saal 165

01.10.04, 09.30 Uhr, Gebäude E, Saal II

04.10.04, 09.30 Uhr, Gebäude C, Saal 165

Das Gericht hat die weiteren Termine vorgemerkt:
06.10, 08.10, 13.10., 15.10., 18.10., 19.10. und 21.10.04

Aktuelle Informationen zum Verfahren gibt's auf der Dokumentationsseite Ageeb unter
 http://www.aamir-ageeb.de

Zum vorausgegangenen Verfahren vor dem Amtsgericht Frankfurt siehe das Indy-Special "Wende im Ageeb-Prozess"
 http://de.indymedia.org//2004/01/72570.shtml
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Remember

molly - X 22.09.2004 - 17:38
Aamir Ageeb

03.08.1968 - 28.05.1999

Am 28.5.1999 starb der sudanesische Flüchtling Aamir Ageeb während seiner Abschiebung von Frankfurt am Main über Kairo nach Khartum (Sudan) im Lufthansa-Flug LH 588 durch die Hand von BGS-Beamten.

Frankfurter Rundschau

jehova 22.09.2004 - 18:26
Die Frankfurter Rundschau schreibt in ihrer heutigen Ausgabe zum neuen Prozess:

Polizisten droht Haft

Mehr als fünf Jahre nach dem Erstickungstod des Abschiebehäftlings Aamir Ageeb müssen sich vom heutigen Mittwoch an drei Beamte des Bundesgrenzschutzes (BGS) wegen Körperverletzung mit Todesfolge vor dem Frankfurter Schwurgericht verantworten. Nach zweimonatiger Verhandlung vor dem Amtsgericht war der Prozess im März an die höhere Instanz verwiesen worden. Die drei Beamten sind nun eines Verbrechens und nicht mehr eines Vergehens angeklagt.

Sie hatten am 28. Mai 1999 das Begleitteam bei der so genannten Rückführung des Sudanesen Ageeb gestellt. Der abgelehnte Asylbewerber sollte in einer Linienmaschine der Lufthansa in seine Heimat gebracht werden. Weil er als renitent bekannt war, fesselten ihn seine Begleiter an Armen und Beinen, banden ihn am Sitz fest und setzten ihm einen Motorradhelm auf. Als sie ihm zusätzlich noch den Oberkörper herunterdrückten, erstickte Ageeb. Bereits wenige Minuten nach dem Start war der Sudanese tot.

Nachdem der Fall erst bei der Staatsanwaltschaft, dann bei Gericht jahrelang gelegen hatte, begann im Februar 2004 der Prozess gegen Ageebs Begleiter. Die Angeklagten schwiegen, dennoch kam viel über die damals chaotischen Zustände des BGS ans Licht. Vorgesetzte und Ausbilder machten unterschiedliche Angaben zu gängigen Fesselungen, wussten selbst nicht, was erlaubt und was verboten war.

Zu klären war die Frage, ob die Angeklagten wissen mussten, dass das Herunterdrücken des Gefesselten ihm gefährlich werden könnte. Die Aussage einer Stewardess brachte die Wende im Prozess und die Verweisung an das Landgericht. Der Mann sei wehrlos gewesen, sie habe nicht verstanden, warum er zusätzlich hinunter gedrückt wurde. Ihre Angaben stützen die Theorie, dass die Beamten ihren Schützling herunterdrückten, um ihn durch Schmerzen zum Schweigen zu bringen - damit seine Schreie die anderen Passagiere nicht störten. Wenn es sich so abgespielt habe, so Amtsrichter Ralph Henrici, hätten die Beamten grob unverhältnismäßig gehandelt und Schmerzen und Angstgefühle Ageebs zumindest billigend in Kauf genommen. In diesem Fall läge Vorsatz vor - und somit Körperverletzung.

Für die Angeklagten ist der Verweis an die beim Landgericht zuständige Schwurgerichtskammer womöglich entscheidend: Während fahrlässige Tötung auch mit Geldstrafe geahndet werden kann, sieht das Gesetz bei Körperverletzung mit Todesfolge selbst in minderschweren Fällen eine Mindeststrafe von einem Jahr vor. Eine Verurteilung würde die Entlassung aus dem Beamtendienst und den Verlust aller damit einhergehenden Privilegien bedeuten.

VON Y. HOLL (FRANKFURT A.M.)

frankfurter rundschau 23.sep

hmm 23.09.2004 - 12:47
BGS-Mann spricht von Panik
Beamter schildert in Prozess Sterben des Sudanesen Aamir Ageeb
Im Prozess über den Tod des 1999 bei einer Abschiebung erstickten Sudanesen Aamir Ageeb haben die drei angeklagten BGS-Beamten erstmals zu den Vorgängen Stellung genommen. Die Erklärung eines Beamten stieß beim Vorsitzenden Richter auf Unverständnis.
VON JÜRGEN SCHENK

vollständiger artikel unter:
 http://www.fr-aktuell.de/ressorts/nachrichten_und_politik/deutschland/?cnt=509070

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 3 Kommentare an

olle kamellen — prizessbeobachter

@prizessbeobachter — gotthilf

@prozessbeobachter — Menschenfreund