Berlin: Büllenüberfall wegen DNA-Zwangsanalyse

SternBurgBrigade / B.A.N.G. 27.08.2004 22:19 Themen: Repression
Berlin: Am heutigen Freitag, 27. August, 16 Uhr, wurde der Aktivist Gunnar K. von einem zehnköpfigen Rollkommando der Berliner Polizei, 13 Einsatzhundertschaft, auf der Straße Unter den Linden abgegriffen und zwecks DNA-Zwangsanalyse ins Polizeipräsidium am Tempelhofer Damm verschleppt. Das Ganze am Rande einer Anti-Hartz-Kundgebung.
Der Hintergrund der ganzen Aktion ist ein dubioses Ermittlungsverfahren wegen einer militanten Soli-Aktion für Carlo Guliani in der Nacht vor dessen zweiten Todestag (19./20. Juli 2003).

Bereits Ende Juli 2003 hatte ein Spitzel die Namen von vier Leuten angegeben, die sich angeblich über diese Aktion unterhalten haben und selbst daran beteiligt gewesen sein sollen. Selbst der Staatsanwaltschaft war jedoch diese Aussage zu vage, sodaß zunächst gegen Unbekannt ermittelt wurde. Kurz vor dem 1. Mai 2004 sollte das Verfahren eingestellt werden, wenn nicht der Spitzel konkretere Aussagen machen könne. Die damit beauftragte Polizei war jedoch nicht in der Lage, die besagte Quelle ausfindig zu machen.

Wenige Wochen später wurde das Verfahren jedoch nicht - wie zu erwarten gewesen wäre - eingestellt, sondern gegen vier namentlich Beschuldigte weitergeführt, darunter auch Gunnar K. Die Staatsanwaltschaft erwirkte beim Amtsgericht Berlin Beschlüsse zur Zwangs-DNA-Analyse gegen die vier Leute. Aufgrund einer diesbezüglichen Vorladung der Bullen erfuhr Gunnar, daß gegen ihn wegen Brandstiftung ermittelt wird. Für die fragliche Nacht aber hat er ein Alibi, daß eine ganze Reihe von Leuten bestätigen können. Also legte Gunnars Anwalt gegen diesen Beschluß beim Landgericht unter Angabe mehrerer Alibi-Zeugen Widerspruch ein. Das Landgericht lehnte diesen Widerspruch ab mit der Begründung, daß es sich bei einer DNA-Analyse um einen "geringfügigen Eingriff" handeln würde. Außerdem habe der "V-Person" genannte Spitzel Gunnar aus einer Reihe von 90 Fotos als eine an dem Gespräch beteiligte Person herausgesucht. Das würde einen ausreichenden Anfangsverdacht ergeben. Ein neuer Termin zwecks "freiwilliger" DNA-Abgabe wurde nicht genannt.

Statt dessen ereignete sich folgendes: Gunnar nahm mit seiner Freundin an der Kundgebung an der HU gegen das 40jährige "Jubiläum" der Unternehmensberatung Mc Kinsey und Hartz IV teil. Die Kundgebung und die Bonzenveranstaltung fanden unter Anwesenheit massiver Polizeikräfte statt. Gegen 15.50 Uhr gingen beide die Straße Unter den Linden Richtung Brandenburger Tor. Als beide außer Sichtweite der noch andauernden Kundgebung waren, stürmten plötzlich zehn uniformierte Bereitschaftscops der 13 EHu einschließlich Doku-Bulle von hinten auf die beiden los, stießen Gunnars Freundin zur Seite, nahmen ihn von hinten in den Würgegriff, schleppten ihn ohne Erklärung in die Wanne und rasten Richtung Russische Botschaft. Dort blieb das Fahrzeug stehen und Gunnar wurde eröffnet, daß es jetzt zur DNA-Abgabe ginge.

Sie fuhren dann wieder in Hörweite der Kundgebung. Dort stieg ein Zivibulle zu und erklärte, daß Gunnar die DNA-Probe auch sofort "freiwillig" in der Wanne abgeben und dann zurück zur Kundgebung gehen könnte. Dafür hätte Gunnar "nur" eine "Freiwilligkeitserklärung" unterschreiben müssen, was er ablehnte. Daraufhin wurde er samt dem Zivi in ein Six-Pack verfrachtet und zum T-Damm (Polizeipräsidium) gekarrt, wo eine Polizeiärztin ihm zwei Speichelproben entnahm.

Gunnar ist ein bekannter politischer Aktivist, auch bekannt bei Bullen und Justiz. Noch immer steht er unter Bewährung, die seit 1997 mehrmals verlängert wurde und im September auslaufen soll.

Wir gehen davon aus, daß aus diesem Grund die heutige Festnahme gefilmt wurde, um Gunnar gegebenenfalls noch "Widerstand pp." anhängen zu können. Erst vor kurzem riefen einige Bullen am Rande einer Demo: "Gunnar, denk' dran, Du hast immer noch Bewährung." Das Ermittlungsverfahren ist von Angang bis Ende konstruiert, was nicht nur uns, sondern auch Bullen und Staatsanwaltschaft klar sein dürfte.

Unsere Einschätzung ist, daß es nicht um "Schuld- oder Unschuldsbeweise" in dem konstruierten Verfahren geht, sondern um möglichst viele DNA-Proben politisch unliebsamer AktivistInnen.

B.A.N.G./SternBurgBrigade
Berlin, August 2004
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Ergänzungen

Polizeiwillkür in Bremerhaven

Pizzo 28.08.2004 - 15:31
Bei uns in Bremerhaven müssen jetzt in einem ganzen Stadteil alle Männer um die 20 und älter eine DNA Probe abgeben. Diese Aktion ist angeblich freiwillig, dient nur um mehrere Vergewaltigung in der Gegend aufzuklären und die Daten werden natürlich nicht gespeichert (weshab auch gleich noch Fingerabdrücke abgegeben werden müssen.)

Das Dumme ist nur, wer nach mehrmaliger Aufforderung nicht hingeht, macht sich Damit Tatverdächtig, und wer Tatverdächtig ist, MUSS eine DNA Probe ageben. Bei einem Freund von mir wurde von der Polizei mehrmals zu Hause und widerholt per Telefon auf dem Handy eingeschüchtert und aufgefordert zur DNA - Abnahme zu gehen. Schließlich wurde er von mehreren Polizisten am Arbeitsplatz unter Androhung von der Benutzung von Handschellen abgeholt und zur DNA - Abnahme geführt.

Da sieht man wie "freiwillig" diese Proben und wie frei dieser Staat sind.

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