Verurteilung wegen Antifa Aktion in Köln!

mir 22.07.2004 16:45 Themen: Antifa Repression
Ein linker Aktivist wurde heute in Köln wegen "versuchter Sachbeschädigung" an einem Saddam Hussein Plakat zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen a 5€ verurteilt.
Um 9:30h fand heute im kölner Amtsgericht der Prozess gegen einen linken Aktivisten wegen "versuchter Sachbeschädigung" statt.
Es fanden sich zwischen 20 und 30 Menschen zur Unterstützung ein.
Ausserdem war Presse (Middle East Times, TAZ Köln, Stadtrevue und Kölner Stadtanzeiger) anwesend.
Bevor die Verhandlung begonnen hatte zeigte der Richter (Klimmer) seine Machtposition in dem er die Leute aufforderte falls sie noch weiterreden wollten den Gerichtssaal zu verlassen.

Der Angeklagte soll versucht haben, am Rande einer Versammlung des "Kampfbund Deutscher Sozialisten" am 20.12. des letzten Jahres unter dem Motto "Freiheit für Saddam!" ein Pappschild mit dem Portrait eben dieses Massenmörders zu zerstören. Dies sei nur durch das schnelle eingreifen der Polizei verhindert worden.

Der angeklagte bestritt in seiner Aussage versucht zu haben das Saddam Schild zu zerstören. Er gab an das Schild aus der Hand des Nazis gezogen und zu Boden geworfen zu haben. Gleichzeitig griff der Angeklagte, der sich selbstverteidigte, in seiner Aussage mehrfach die Staatsanwaltschaft an, da nicht der Nazi die Anzeige erstattet hat sondern die Staatsanwaltschaft "besonderes öffentliches Interesse" in der Strafverfolgung sah.
Nach der Aussage gab es Applaus aus dem Publikum.

Nun wurde ein Polizist aus Bochum in den Zeugenstand gerufen:
Er gab an, dass der Angeklagte in einem überaschenden Moment dem Neonazi das Schild aus der Hand gerissen hatte und er versucht hatte ein Stück wegzukommen und dann von einen Kollegen des Zeugens verhaftet wurde.
Auf die Nachfrage des Richter ob der Angeklagte anstalten gemacht hatte
das Schild zu zerreissen, sagte der Polizist, das er sich nicht daran erinnern könne. Ebenfalls konnte er sich nicht erinnern was mit dem Schild überhaupt passiert ist. Er vermutete lediglich das der Nazi sich das Schild wiedergeholt hatte.
Nach der Aussage wurden dem Angeklagten und dem Polizisten noch Polizeifotos vom Tag gezeigt nud dann wurde die Beweisaufnahme geschlossen.

Die Staatsanwaltschaft forderte eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen a 5€.
Der Richter kam dieser Forderung nach.
Als das Urteil verkündet wurde stand ein Mensch auf und hielt ein Bonbon in der hand. Nun tat er so als würde er es werfen und rief dabei "Kamelle!"
Der Richter Klimmer sprach daraufhin ein Ordnungsgeld aus. Mehrere andere Leute im Publikum argumentierten während der Urteilsbegründung gegen den Richter an. In seiner Begründung meinte er, dass es in der Verhandlung nicht um Saddam ging (was durch mehrere Zwischenrufe in Frage gestellt wurde) sondern um das Versammlungsgesetz, welches auch für Nazis gilt und das es zu schützen gilt, durch solche Urteile.
Nach der Begründung wollte der Richter die Höhe des Ordnungsgeld festlegen, allerdings musste der Richter feststellen das die Person gegen die es verhängt wurde bereits gegangen war ohne das die Personalien festgestellt wurden. Nun ströhmten Justizbeamte aus, diese fanden die Person allerdings nicht mehr.
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Ergänzungen

Die Aussage!

... 22.07.2004 - 16:59
Sehr geehrter Herr Richter Klimmer,
sehr geehrte Frau Staatsanwältin,
meine Damen und Herren!

Der 9.April 2003 bedeutete das Ende einer überlebensgroßen Saddam Statue im Herzen Bagdads. Sie wurde von einem US-amerikanischen Panzer vom Sockel gerissen. Dutzende Irakis tanzten auf dem zerstörten Symbol von Saddam Husseins Terrorherrschaft. Es waren Freudentänze. Unsere Kinder werden von diesem Ereignis in den Geschichtsbüchern lesen.
Warum ich diese Geschichte hier und heute erwähne? Ganz einfach. Stellen wir uns folgendes Szenario vor: Die Frau Staatsanwältin wäre nicht hier bei uns sondern in Bagdad Staatsanwältin. Würde sie dann den Denkmalstürmer wegen Sachbeschädigung anklagen? Ich fürchte es fast. Schließlich hat sie auch mich wegen Sachbeschädigung angeklagt. Das ist der Grund, warum ich heute auf der Anklagebank sitze. Mein „Verbrechen“: Ich habe einem Neonazi ein Saddam Hussein Plakat aus den Händen gezogen und es zu boden geworfen. Ohne große Kraftanstrengung und insbesondere ohne Gewalt. Eine Sachbeschädigung hat nicht stattgefunden. Für den Neonazi war dies kein Grund, Strafanzeige zu stellen. Wahrscheinlich befürchte er, sich lächerlich zu machen. Womit ich natürlich nicht sagen will das sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Anklage lächerlich macht.
Wie gesagt, der Neonazi hat keine Anzeige erstattet. Normalerweise ist Sachbeschädigung jedoch ein Antragsdelikt. Nur in Ausnahmefällen schreitet die Strafvefolgungsbehörde von Amts wegen ein. Und zwar dann wenn ein „besonderes öffentliches Interesse“ an der Strafverfolgung besteht. So legt es § 303 Absatz C des Strafgesetzbuches fest.
Nun, die Staatsanwaltschaft bejaht in diesen meinen Fall ein besonderes öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung. Deswegen wollte sie das Verfahren nicht einstellen. Deswegen sitze ich hier und kann nicht anders als verwundert sein. Ich habe also einem Neonazi das Bild eines Massenmörders aus den Händen gezogen. Eine Sachbeschädigung hat nicht stattgefunden und weder wollte ich eine Sachbeschädigung begehen noch hätte ich eine Sachbeschädigung begehen können weil ich umgeben war von Polizisten.
Neonazi, Massenmörder, keine Sachbeschädigung. Und doch: Die Staatsanwaltschaft sieht ein besonderes öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung. Obwohl der Neonazi keine Anzeige erstattet hat. Und Saddam Hussein meines Wissens nach auch nicht. Euer Ehren, bei allem Respekt: Ich finde das ein wenig befremdlich.

Frau Staatsanwältin, bitte gestatten sie mir, das ich eine Frage an Sie richte. Am 16.3.1988 fand in der irakischen Stadt Halabja der größte Giftgasangriff seit Ende des ersten Weltkrieges statt. 5000 Menschen starben elendig. Der Giftgasangriff von Halabja zählt zu den größten Verbrechen die Saddam Hussein heute zur Last gelegt werden. Wie würden Sie, verehrte Frau Staatsanwältin, einem Überlebenden dieses Giftgasangriffes das besondere öffentliche Interesse an meiner Bestrafung erklären? Wie würden sie ihm erklären, dass in Köln jemand wegen versuchter Beschädigung eines Saddam Hussein Plakates angeklagt wird? Wie würden sie dem Überlebenden von Halabja erklären, dass Neonazis die Freilassung des Massenmörders Saddam Hussein fordern können und nicht die Neonazis vor Gericht kommen sondern ich?
Bitte gestatten sie mir einige Worte zu jener Demonstration an deren Rande die Handlungen stattfanden, die von ihnen, Frau Staatsanwältin, als Straftat bewertet werden. Und zwar als so schlimme Straftat, dass ein besonderes öffentliches Interesse an meiner Bestrafung besteht.
Organisiert wurde die Demonstration vom Kampfbund deutscher Sozialisten. Die Neonazigruppe sieht in Saddam Hussein
- so wörtlich - einen „völkischen, revolutionären Sozialisten“. Zu den Idolen des Kampfbundes zählt nicht nur Saddam Hussein.
Es zählen dazu: NS Reichspropagandaminister Joseph Göbbels. Der nordkoreanische Diktator Kim Jong Il. Und der 1991 verstorbene Michael Kühnen, der einer der wichtigsten, wenn nicht der wichtigste Kader überhaupt des militanten Neofaschismus in Deutschland war.
Der Kampfbund hat auch einen Gau Rheinland. Der ist weites gehend personalidentisch mit der Kameradschaft „Walter Spangenberg“.
Die Kameradschaft ist benannt nach einem SA Schläger.
Der Kampfbund Gau Rheinland hat auch einen Führer: den bekennenden Nationalsozialisten Axel Reitz. Gleichzeitig auch Boss der Kameradschaft Walter Spangenberg.
Reitz verkündete im Juli 1999: „Diejenigen die uns heute bekämpfen, werden einmal auf dem Marktplatz erschossen!“
Und hier schließt sich der Bogen. Axel Reitz sprach auch auf der Pro-Saddam Kundgebung im Dezember letzten Jahres.
Er lobte Saddam Hussein, weil der, genau wie Adolf Hitler, nach der militärischen Niederlage nicht aus seinem Land geflohen sei.
Der Kampfbund ist also eine Neonazigruppe die Mord zumindest verbal propagiert und zu schrägen historischen Analogien neigt.
Frau Staatsanwältin ich wiederhole meine Frage. Herr Richter, ich richte diese Frage nun auch an sie: Warum stehe ich heute vor Gericht?
Und nicht die Neonazis?
Stellt es etwa keine Billigung von Straftaten dar, wenn man ein Saddam Plakat durch die Straßen trägt? Wenn man die Freilassung eines Massenmörders fordert? Ist es in Deutschland legal, eine Organisation in SA Tradition zu gründen, was übrigens kein Geheimnis ist, siehe den aktuellen Verfassungsschutzbericht des Landes NRW?
Warum, Frau Staatsanwältin haben sie diese Neonazis nicht allesamt angeklagt?
Lassen sie mich mal raten:
Daran besteht kein öffentliches Interesse. Ist das so? Bitte missverstehen sie mich nicht: Das sind keine rhetorischen Fragen. Ich würde sie gerne beantwortet bekommen.
Um zum Ende zu kommen:
Ich habe keine Sachbeschädigung begangen. Ich habe es nicht versucht und hätte es auch nicht versuchen können.
Der angeblich „geschädigte“ hat keine Anzeige erstattet und doch stehe ich vor Gericht.
Ich finde das alles nicht sehr einleuchtend.


Ich möchte ihnen daher den folgenden Vorschlag zur Güte unterbreiten:

Das Gericht möge beschließen, mich freizusprechen.
Die Kosten des Verfahrens möge der Staat übernehmen.
Denn der Staat hat, trotz allem, immer noch mehr Geld als ich.

Ich danke für ihre Aufmerksamkeit.

Fehler im Text

mir 22.07.2004 - 19:58
bei der Verhandlung war nicht die Middle East Times anwesend. Der Pressemensch ist zwar von der middle east aber ohne times.
Wer arabischen Schriftzeichen mächtig ist kann ab ca 0:00h auf der verlinkten Seite den Artikel zu der Verhandlung lesen

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 9 Kommentare an

@lol — egal

@egal — dsss

Gähn... — Saddam De Luxe

Nun ströhmten... — Baaaaath

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"Fakten" — mir